Wie eine Flamme im Wind: Der junge Norden 23 – Arztroman
Von Carolin Grahl
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Über dieses E-Book
Alexander kennt nur ein Ziel: Er will Arzt werden und in die riesigen Fußstapfen seines berühmten Onkels, des Chefarztes Dr. Daniel Norden, treten. Er will beweisen, welche Talente in ihm schlummern. Dr. Norden ist gern bereit, Alexanders Mentor zu sein, ihm zu helfen, ihn zu fördern.
Alexander Norden ist ein charismatischer, unglaublich attraktiver junger Mann. Die Frauenherzen erobert er, manchmal auch unfreiwillig, im Sturm. Seine spannende Studentenzeit wird jede Leserin, jeden Leser begeistern!
»Komm, Alex, wir müssen los. Unser erster Einsatz heute«, sagte Dr. Rudolf, während er mit einer Hand das Funkgerät zurück in die Gesäßtasche seiner Jeans steckte und mit der anderen den erst zur Hälfte geleerten Teller mit den Spaghetti zurückschob. Alex runzelte die Stirn. »Jetzt schon? Ich dachte, wir hätten noch Zeit zum Essen«, gab er kauend zurück und warf einen entgeisterten Blick auf seine Armbanduhr. »Jetzt. Sofort. Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?«, knurrte Lars Rudolf. »Wir können unsere Spaghetti später fertigessen, wenn wir nach unserer achtstündigen Schicht hierher in die Rote-Kreuz-Station zurückkommen. Kalte Spaghetti mit ebenso kalter Tomatensoße sind eine Delikatesse, oder wusstest du das etwa nicht?« Alex bedachte Dr. Rudolf mit einem vielsagenden Blick, ließ aber von einer Sekunde auf die andere seine dick mit Nudeln umwickelte Gabel sinken und sprang auf. »Und wohin geht es?«, wollte er wissen. »Ballettschule ›Dancing Queen‹. Eine offenbar hochgradig lampenfiebrige Ballettelevin ist beim Vortanzen vor einem Casting-Team vom Film gestürzt.«
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Der junge Norden
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Buchvorschau
Wie eine Flamme im Wind - Carolin Grahl
Der junge Norden
– 23 –
Wie eine Flamme im Wind
Erst der Unfall, dann die Krankheit: Maritas Leidensweg nimmt kein Ende
Carolin Grahl
»Komm, Alex, wir müssen los. Unser erster Einsatz heute«, sagte Dr. Rudolf, während er mit einer Hand das Funkgerät zurück in die Gesäßtasche seiner Jeans steckte und mit der anderen den erst zur Hälfte geleerten Teller mit den Spaghetti zurückschob.
Alex runzelte die Stirn. »Jetzt schon? Ich dachte, wir hätten noch Zeit zum Essen«, gab er kauend zurück und warf einen entgeisterten Blick auf seine Armbanduhr.
»Jetzt. Sofort. Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?«, knurrte Lars Rudolf. »Wir können unsere Spaghetti später fertigessen, wenn wir nach unserer achtstündigen Schicht hierher in die Rote-Kreuz-Station zurückkommen. Kalte Spaghetti mit ebenso kalter Tomatensoße sind eine Delikatesse, oder wusstest du das etwa nicht?«
Alex bedachte Dr. Rudolf mit einem vielsagenden Blick, ließ aber von einer Sekunde auf die andere seine dick mit Nudeln umwickelte Gabel sinken und sprang auf. »Und wohin geht es?«, wollte er wissen.
»Ballettschule ›Dancing Queen‹. Eine offenbar hochgradig lampenfiebrige Ballettelevin ist beim Vortanzen vor einem Casting-Team vom Film gestürzt.« In aller Eile zog Dr. Rudolf seinen weißen Arztkittel über. »Du hast hoffentlich, ehe du die Spaghetti gekocht hast, den Sanitätswagen vorschriftsmäßig durchgecheckt, Alex?«
»Klar doch«, erwiderte Alex. »Keine Sorge. Es ist alles im grünen Bereich.«
Dr. Rudolf nickte Alex anerkennend zu. »Gut gemacht, aber das habe ich von dir auch nicht anders erwartet.«
Zufrieden grinsend setzte Alex sich hinters Steuer des Sanitätswagens. »Und wohin bringen wir die kleine Ballettratte?«, erkundigte er sich bei Dr. Rudolf, der sich fast zeitgleich in den Beifahrersitz warf und die Tür hinter sich zuschlug.
»In die Behnisch-Klinik. Sie haben dort, wie man mir gesagt hat, in der Notaufnahme im Moment noch Kapazitäten frei.« Er gab Alex einen leichten Schubs mit dem Ellbogen. »Du kannst dich also, falls nötig, während deiner Praktikumsschichten weiter um die kleine Patientin und ihre Angehörigen kümmern. Und auf diese Weise wieder einmal deinen allseits geschätzten Beitrag zur Rettung der Welt leisten.«
Alex zog eine Grimasse und schaltete das Blaulicht ein.
»Martinshorn brauchen wir nicht«, erklärte Dr. Rudolf mit leicht spöttisch verzogenen Mundwinkeln. »Es handelt sich nämlich mit großer Wahrscheinlichkeit nur um einen verstauchten Knöchel. Was für die kleine Ballettratte ein Riesendrama ist, ist für uns eine Lappalie. Die Gewichtung von Ereignissen ist eben immer sehr stark subjektiv geprägt.«
»Der Knöchel könnte genauso gut gebrochen sein. Es könnte sich sogar um einen komplizierten Bruch handeln, der operativ versorgt werden muss«, hielt Alex dagegen.
Dr. Rudolf hob die Augenbrauen. »Mein Mitleid hält sich dennoch in Grenzen«, konstatierte er kühl. »Für diese kleinen Hupfdohlen, die systematisch lernen, ihre Bänder zu überdehnen und ihre Gelenke zu verdrehen, sodass ihr Bewegungsapparat später, wenn sie dreißig oder vierzig sind, Abnutzungserscheinungen aufweist wie bei einer alten Frau, kann ich, offen gestanden nur in sehr geringem Maße Verständnis aufbringen. Wenn ein junges Mädchen seine Gesundheit mutwillig zugrunde richtet oder sich von seiner Möchtegern-Starmutter dazu drängen lässt, kann es nicht auch noch erwarten, dass man ihm eine ganze Wagenladung voll Empathie entgegenbringt.«
»Wie bitte? Soll das etwa heißen, dass …«
Dr. Rudolf fing an zu lachen. »Nein, das heißt es natürlich nicht«, gab er zurück. »Um ehrlich zu sein, wollte ich dich mit meiner Äußerung nur provozieren, mein lieber Alex. Deine Gutmenschen-Entrüstung entzückt mich in solchen Fällen nämlich immer wieder aufs Neue. Ich kann gar nicht genug davon kriegen.«
Alex verdrehte die Augen, sagte aber nichts, weil er hinreichend damit beschäftigt war, den Sanitätswagen sicher über einen belebten Platz zu steuern.
»Abgesehen davon kann ich mich für den künstlerischen Tanz einfach nicht sonderlich begeistern«, fuhr Dr. Rudolf fort. »Ganz im Gegensatz zu meiner überaus gebildeten verflossenen Freundin. Sie hat mich, wenn ich zufällig einmal einen freien Abend hatte und mich ausruhen wollte, immer wieder in die Staatsoper abgeschleppt, weil sie als kulturbegeisterte Frau dort ein halbes Dutzend Abos hatte. Auf diese Weise bin ich eher unfreiwillig in den Genuss verschiedener Ballettaufführungen gekommen, die ich im Grunde aber nicht als Genuss empfunden habe. Diese unnatürlichen Verrenkungen …«
Nur mit Mühe verkniff Alex sich ein Schmunzeln. »Auch ich bin nicht unbedingt der große Ballettfan«, pflichtete er Lars Rudolf dennoch bei. »Aber vielleicht liegt das ganz einfach daran, dass ich zu wenig von dieser Kunst verstehe. Sina hat mir einmal erzählt, dass sie als Schulmädchen ein paar Jahre lang die Ballettschule ›Dancing Queen‹ besucht hat. Die Schule war damals noch nicht lange gegründet, hatte aber bereits einen ausgezeichneten Ruf.«
»Deine Sina als Ballettmädchen?«, prustete Dr. Rudolf los. »Ich glaube es nicht. Hat sie früher etwa von einer Bühnenkarriere geträumt?«
Alex schüttelte den Kopf. »Nein, keineswegs«, gab er zurück. »Ihre Eltern haben sie zwar in die Ballettschule geschickt, aber nicht, um einen Star aus ihr zu machen, sondern nur, damit sie lernen sollte, sich anmutig und geschmeidig zu bewegen. Allerdings hat sich Sinas Begeisterung fürs Ballett, als der Reiz des Neuen vorüber war, in Grenzen gehalten, und so ist das Ganze rasch wieder im Sande verlaufen.«
»Zum Glück. Ein Medizinstudium ist schließlich eine Sache, die Hand und Fuß hat, während endlose Dehnübungen an den Stangen und diese seltsamen Tutus …«
Dr. Rudolf verstummte abrupt, als Alex den Blinker setzte und in den kleinen Parkplatz vor der Ballettschule »Dancing Queen« einbog.
Wenige Minuten später standen die beiden im großen Trainingssaal der Ballettschule, in dem ein ganzer Pulk von Ballettschülerinnen ratlos die verletzte Kollegin umringte. Halb entsetzt und halb mitleidig starrten die Mädchen sie an, versäumten aber trotzdem nicht, immer wieder neugierige Blicke auf das Filmteam zu werfen und dabei eifrig zu wispern und zu tuscheln.
Alex musste für sich und für Dr. Rudolf erst einmal einen Weg durch die aufgeregte Mädchenschar bahnen, um zu der verletzten Tänzerin zu gelangen.
Sie saß in Tränen aufgelöst auf dem Boden. Ihr rechter Fußknöchel war mit einem mit kaltem Wasser getränkten Handtuch umwickelt, um die Schwellung möglichst gering zu halten.
Neben der weinenden Ballettelevin kauerte händeringend und jammernd eine überaus zierliche, beinahe magersüchtig wirkende Frau in mittleren Jahren, die die verletzte Ballettelevin als Marita Seidel und sich selbst als Ballettmeisterin Helene Subklev vorstellte.
Voller Hoffnung richtete die Tanzlehrerin ihre Blicke auf Alex, als er sich ihrer jungen Schülerin näherte.
Dr. Rudolf blieb währenddessen in einigem Abstand stehen und sah zu, wie Alex das Handtuch entfernte und den Knöchel vorsichtig untersuchte. »Und?«, fragte der Notarzt schließlich. »Was wäre dann also deine Diagnose, Alex?«
»Der Knöchel ist wohl gebrochen«, antwortete Alex und fügte dann, an Marita Seidel gewandt hinzu: »Um das endgültig und sicher abzuklären, muss dein Fuß allerdings geröntgt werden, Marita. Wir nehmen dich dafür am besten mit in die Behnisch-Klinik.«
Marita nickte und schaute dann aus ihren verquollenen, verweinten Augen Alex an, als wäre es an ihm, über Leben und Tod zu entscheiden. »Wenn der Knöchel wirklich gebrochen ist … wie lange wird es dauern, bis ich wieder tanzen kann?«, wollte sie wissen.
Alex überlegte.
Er wollte die mit einem neuerlichen Tränenstrom kämpfende Marita nicht unnötig beunruhigen, ihr aber andererseits auch keine Versprechungen machen, die sich später möglicherweise als unerfüllbar herausstellten.
»Ich … ich weiß es nicht«, sagte er schließlich ehrlich. »Das hängt von dem Ergebnis der Röntgenuntersuchung ab. Falls der Knöchel wirklich gebrochen ist, es sich aber nur um einen einfachen, glatten Bruch handelt, bekommst du einen Leichtgips und kannst die Behnisch-Klinik gleich wieder verlassen. Den Gips musst du, je nach Verlauf des Heilungsprozesses, circa vier bis sechs Wochen tragen. Anschließend wird dein Fuß mit Krankengymnastik auf Vordermann gebracht. In einem Vierteljahr etwa kannst du dann Schritt für Schritt wieder mit dem Balletttraining beginnen.«
»In … in einem Vierteljahr?«, vergewisserte sich Marita mit vor Entsetzen geweiteten Augen. »Erst in einem Vierteljahr?«
Alex wusste nicht, was er darauf antworten sollte.
Er hatte seine Worte für eine durchaus hoffnungsvolle Botschaft gehalten. Dass Marita so negativ darauf reagierte, konnte er beim besten Willen nicht verstehen.
Dr. Rudolf, der Alex‘ Unsicherheit bemerkte, beendete mit einer entschlossenen Handbewegung das Schweigen, das nach Maritas Frage in der Luft hing. »Ich würde vorschlagen, dass wir erst einmal eine Trage