Ramon, ein süßer Fratz: Kinderärztin Dr. Martens Classic 54 – Arztroman
Von Britta Frey
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Über dieses E-Book
Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen liebenswerten Charme.
Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert!
Dr. Camillo Olegra streifte seinen weißen Kittel ab und sah auf die Uhr. Es war ungefähr siebzehn Uhr, und sein Dienst in der Kinderklinik war für diesen Tag beendet. Jetzt stand ihm noch ungefähr eine Stunde Fahrt mit dem Wagen nach Celle bevor, wo er ein hübsches Apartment bewohnte, und dann konnte er seinen wohlverdienten Feierabend genießen. Nach ein paar freundlichen Worten mit Martin Schriewers an der Aufnahme verließ er guter Laune die Kinderklinik Birkenhain und ging zu seinem Wagen. Augenblicke später fuhr er vom Klinikgelände. Dr. Olegra fuhr nur in mäßigem Tempo über die Landstraße, da ihn die herrliche Landschaft, durch die er heimwärts fuhr, immer wieder aufs neue faszinierte. Jetzt im Spätsommer, wo sich das Laub der Bäume langsam bunt zu färben begann und die weitläufigen Heideflächen in voller Blüte standen, war es besonders reizvoll. Eine Melodie vor sich hinpfeifend, fuhr er nun durch ein Gebiet, in dem weder rechts noch links der Straße Häuser standen. Auf der einen Seite lag Wald, auf der anderen breiteten sich weite Heideflächen aus, unterbrochen von Laub und Tannenwäldern. Plötzlich sah Camillo Olegra aus den Augenwinkeln, daß etwas auf die Straße taumelte. Um Gottes willen, das war doch ein Kind, durchfuhr es ihn, und er trat voll auf die Bremse. Das Bremsmanöver war so hart, daß es ihm sekundenlang den Atem nahm, so stark wurde sein Oberkörper gegen das Lenkrad gepreßt. Doch dann kam Leben in ihn. Er stieß die Wagentür auf und sprang mit einem Satz auf die Straße. Ein, zwei Schritte und er war vor seinem Wagen. Nur fünfzig Zentimeter vor der Stoßstange seines Wagens sah er das Kind auf der Straße sitzen. Ein völlig verstörter kleiner Junge, den Camillo auf höchstens vier Jahre schätzte. Gott sei Dank, es ist noch einmal gut gegangen, dem Kind ist nichts passiert, fuhr es dem Arzt durch den Kopf, und schon im nächsten Augenblick kniete er neben dem Kleinen.
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Kinderärztin Dr. Martens
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Buchvorschau
Ramon, ein süßer Fratz - Britta Frey
Kinderärztin Dr. Martens Classic
– 54 –
Ramon, ein süßer Fratz
Britta Frey
Dr. Camillo Olegra streifte seinen weißen Kittel ab und sah auf die Uhr. Es war ungefähr siebzehn Uhr, und sein Dienst in der Kinderklinik war für diesen Tag beendet. Jetzt stand ihm noch ungefähr eine Stunde Fahrt mit dem Wagen nach Celle bevor, wo er ein hübsches Apartment bewohnte, und dann konnte er seinen wohlverdienten Feierabend genießen.
Nach ein paar freundlichen Worten mit Martin Schriewers an der Aufnahme verließ er guter Laune die Kinderklinik Birkenhain und ging zu seinem Wagen. Augenblicke später fuhr er vom Klinikgelände.
Dr. Olegra fuhr nur in mäßigem Tempo über die Landstraße, da ihn die herrliche Landschaft, durch die er heimwärts fuhr, immer wieder aufs neue faszinierte. Jetzt im Spätsommer, wo sich das Laub der Bäume langsam bunt zu färben begann und die weitläufigen Heideflächen in voller Blüte standen, war es besonders reizvoll. Eine Melodie vor sich hinpfeifend, fuhr er nun durch ein Gebiet, in dem weder rechts noch links der Straße Häuser standen. Auf der einen Seite lag Wald, auf der anderen breiteten sich weite Heideflächen aus, unterbrochen von Laub und Tannenwäldern.
Plötzlich sah Camillo Olegra aus den Augenwinkeln, daß etwas auf die Straße taumelte.
Um Gottes willen, das war doch ein Kind, durchfuhr es ihn, und er trat voll auf die Bremse. Das Bremsmanöver war so hart, daß es ihm sekundenlang den Atem nahm, so stark wurde sein Oberkörper gegen das Lenkrad gepreßt. Doch dann kam Leben in ihn. Er stieß die Wagentür auf und sprang mit einem Satz auf die Straße. Ein, zwei Schritte und er war vor seinem Wagen.
Nur fünfzig Zentimeter vor der Stoßstange seines Wagens sah er das Kind auf der Straße sitzen. Ein völlig verstörter kleiner Junge, den Camillo auf höchstens vier Jahre schätzte.
Gott sei Dank, es ist noch einmal gut gegangen, dem Kind ist nichts passiert, fuhr es dem Arzt durch den Kopf, und schon im nächsten Augenblick kniete er neben dem Kleinen.
»Mami, ich will meine Mami.«
Tränen kullerten über ein verweintes und verschmutztes Gesichtchen.
»Ist ja gut, mein Kleiner, es ist nichts passiert. Wo ist denn deine Mami? Komm, ich bring dich zuerst in meinen Wagen, dann werde ich nachsehen, wo deine Mami ist. Nun weine nicht mehr. Wie heißt du denn?«
»Wo ist meine Mami? Wo ist meine Mami?« jammerte der kleine Bub erneut und sah sich verstört um. Er wehrte sich auch nicht, als Camillo ihn hochhob und auf den Rücksitz seines Wagens setzte. Betroffen bemerkte Camillo dabei, daß dieses kleine, bedauernswerte Geschöpf offenbar völlig unterernährt war. Es war sehr ärmlich gekleidet und verschmutzt.
Einen Moment war Camillo Olegra ratlos. Wie kam dieses Kind in die einsame Gegend? Was sollte er tun? Konnte er das Kind allein im Wagen lassen, um sich etwas umzusehen? Es mußte sich doch eine Person in der Nähe befinden, zu der der Kleine gehörte.
Er mußte sich umsehen, es blieb ihm überhaupt keine andere Wahl. Er warf noch einen Blick auf den Jungen, der erneut nach seiner Mami jammerte, dann machte er sich auf die Suche.
Fast eine Viertelstunde suchte er rechts und links der Straße nach einem Erwachsenen, rief laut in den Wald hinein und mußte schließlich doch einsehen, daß seine Mühe vergeblich war.
Was sollte, was konnte er mit dem Kleinen tun, der nun überhaupt nicht mehr reagierte, sondern noch verstörter wirkte?
Dr. Camillo Olegra überlegte nicht lange. Ihm schien das einzig richtige in diesem Augenblick die Kinderklinik Birkenhain zu sein.
Ja, ihm blieb überhaupt in der augenblicklichen Situation nichts anderes übrig, als das Kind zunächst in die Obhut der Klinik zu bringen. Von dort aus würde man weitersehen müssen. Wichtig war jetzt zuerst das Kind, das unbedingt Hilfe brauchte.
Kurzerhand setzte sich der Arzt hinter das Lenkrad, wendete den Wagen und fuhr zur Klinik zurück. Dieses Mal fuhr er in einem schnelleren Tempo. So rasch es ging, wollte er die Klinik erreichen. So hatte er sich an diesem Tag seinen Feierabend nicht vorgestellt.
Als er zwanzig Minuten später mit dem verstörten Jungen, der schon wieder nach seiner Mami rief, die Eingangshalle der Kinderklinik betrat, sah Martin Schriewers ihm betroffen entgegen.
»Was ist passiert, Herr Dr. Olegra?«
»Bitte informieren Sie sofort Frau Dr. Martens. Das Kind wäre mir unterwegs fast unters Auto gekommen. Ich bringe den Kleinen schon ins Untersuchungszimmer. Eine Schwester brauche ich auch.«
Camillo Olegra ging mit seiner federleichten Last rasch weiter, während Martin Schriewers schon nach dem Telefonhörer griff, um im Doktorhaus anzurufen.
»Hier bei Dr. Martens«, meldete sich Jolande Rilla, die Haushälterin.
»Ich bin es, Martin Schriewers, Frau Rilla. Ich möchte Frau Dr. Martens sprechen, es ist wichtig.«
»Einen Augenblick, ich hole sie an den Apparat.«
Kurze Zeit später war Hanna am Telefon.
»Was gibt es, Martin? Die Füchsin sagte, daß es dringend sei.«
»Ist es auch, Hanna. Kannst du bitte sofort in die Klinik rüberkommen? Dr. Olegra ist gerade mit einem Kind zurückgekommen. Er sagte, daß ihm der Junge fast unter die Räder gekommen sei. Mehr weiß ich auch noch nicht.«
»Danke für den Anruf, Martin. Ich bin in wenigen Minuten drüben. Wo ist Dr. Olegra mit dem Kind?«
»Er ist ins Untersuchungszimmer gegangen.«
»In Ordnung, bis gleich.«
Im nächsten Moment eilte Hanna aus der Wohnung, durch den Park hinüber ins Klinikgebäude.
*
Mit eiligen Schritten betrat Hanna ein paar Minuten später das Untersuchungszimmer.
Schwester Dorte war gerade damit beschäftigt, behutsam das völlig verschmutzte Gesicht eines kleinen Jungen zu reinigen. Hanna sah sofort, daß sich der Kleine, den auch sie auf höchsten vier Jahre schätzte, in einem erbarmungswürdigen Zustand befand.
»Was ist geschehen, Dr. Olegra? Was ist das für ein flügellahmes Vögelchen, was Sie uns ins Haus gebracht haben?«
In kurzen Worten klärte Camillo Olegra seine Chefin über den Vorfall auf und sagte: »Ich hatte keine andere Wahl, als das Kind hierherzubringen. Es ist alles so eigenartig, so ungewöhnlich.«
»Sie haben sich wirklich gründlich umgesehen?«
»Natürlich, Frau Dr. Martens, ich habe die ganze Umgebung abgesucht. Es ist mir völlig unerklärlich, wie das Kind allein da herumlaufen konnte.«
»Das ist mir auch ein Rätsel, aber Sie haben richtig entschieden. Der Kleine sieht ja zum Erbarmen aus. Ich werde ihn mir mal näher anschauen, und anschließend braucht er wohl ganz dringend die Badewanne. Wollen Sie wieder fahren?«
»Auf keinen Fall, Frau Doktor. Ich fände jetzt sowieso keine Ruhe. Ich könnte mir vorstellen, daß der Kleine davongelaufen ist und inzwischen längst gesucht wird. Mir scheint er allerdings völlig unterernährt zu sein.«
»Scheint mir auch so. Nun, ich werde ja gleich feststellen, ob mit ihm sonst noch etwas nicht in Ordnung ist. Hat der Junge irgend etwas gesagt, was vielleicht einen Hinweis geben könnte?«
»Nein, er jammerte nur nach seiner Mami und ist, wie Sie selbst sehen, völlig verstört. Es ist nichts aus ihm herauszubringen.«
Bevor Hanna mit der Untersuchung begann, sagte sie zu Schwester Dorte: »Sagen Sie bitte auf der Krankenstation Bescheid, damit gleich ein Bett zur Verfügung steht. Außerdem sorgen Sie für ein Bad und frische Wäsche. Es tut mir leid, wenn sich Ihr Feierabend dadurch noch etwas verschiebt.«
»Das macht überhaupt nichts, Frau Doktor. Es ist eine Selbstverständlichkeit. Mein Mann hat ja noch zwei Stunden Dienst, ich fahre später mit ihm gemeinsam nach Hause.«
Nachdem Hanna den Kleinen untersucht hatte, sagte sie zu Camillo Olegra, der ihr dabei zur Hand gegangen war: »Der Kleine ist in der Tat unterernährt. Aber was mir noch weniger gefällt, ist, daß er so völlig teilnahmslos alles mit sich geschehen läßt. Er scheint mir Temperatur zu haben. Wir werden das sofort genauer überprüfen.«
Camillo Olegra reichte Hanna ein Fieberthermometer, und ein paar Minuten später sahen beide, daß die Temperatur siebenunddreißig fünf überschritten hatte.
»Gut sieht das nicht gerade aus, nicht wahr, Frau Dr. Martens?«
»Kann man wohl sagen. Ich habe auch überhaupt kein gutes Gefühl bei der Sache. Wer weiß, was da noch auf uns zukommt! Wir werden den Kleinen zunächst ständig beobachten.