Ein Leben in seiner Hand: Dr. Norden Aktuell 37 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben.
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
Auf schnellstem Wege fuhr Dr. Daniel Norden zu Frank Michel, dessen junge Frau aufgeregt in der Praxis angerufen hatte. Da er Reni Michel kannte, war der Arzt überzeugt, dass es sich tatsächlich um einen Notfall handelte, denn das junge Ehepaar war keinesfalls zimperlich oder wehleidig. »Er kann nicht mehr sprechen«, sagte Reni Michel bebend, als sie Dr. Norden die Tür öffnete. »Mein Gott, er erstickt.« Dr. Norden konnte sich gleich überzeugen, dass der junge Mann tatsächlich nahe am Ersticken war. Und ihm kam ein entsetzlicher Gedanke, als Reni hastig sagte, dass es gestern mit leichtem Fieber angefangen hätte, nicht schlimm genug, dass man ihn rufen wollte. Aber nun glühte Frank Michel und war nicht mehr ansprechbar. Dr. Norden überlegte nicht lange, er redete auch nicht, er bestellte den Notarztwagen. »Ihr Mann muss auf schnellstem Wege in eine Spezialbehandlung, Frau Michel«, sagte er überstürzt. »Ich kann hier momentan gar nichts machen.« Sechs Minuten später schon wurde der Kranke mit Blaulicht und Martinshorn in die Klinik gefahren. Er kam sofort auf die Intensivstation und wurde völlig isoliert. Dr. Norden hatte dem Chefarzt Dr.
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Buchvorschau
Ein Leben in seiner Hand - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Aktuell
– 37 –
Ein Leben in seiner Hand
Patricia Vandenberg
Auf schnellstem Wege fuhr Dr. Daniel Norden zu Frank Michel, dessen junge Frau aufgeregt in der Praxis angerufen hatte. Da er Reni Michel kannte, war der Arzt überzeugt, dass es sich tatsächlich um einen Notfall handelte, denn das junge Ehepaar war keinesfalls zimperlich oder wehleidig.
»Er kann nicht mehr sprechen«, sagte Reni Michel bebend, als sie Dr. Norden die Tür öffnete. »Mein Gott, er erstickt.«
Dr. Norden konnte sich gleich überzeugen, dass der junge Mann tatsächlich nahe am Ersticken war.
Und ihm kam ein entsetzlicher Gedanke, als Reni hastig sagte, dass es gestern mit leichtem Fieber angefangen hätte, nicht schlimm genug, dass man ihn rufen wollte. Aber nun glühte Frank Michel und war nicht mehr ansprechbar.
Dr. Norden überlegte nicht lange, er redete auch nicht, er bestellte den Notarztwagen.
»Ihr Mann muss auf schnellstem Wege in eine Spezialbehandlung, Frau Michel«, sagte er überstürzt. »Ich kann hier momentan gar nichts machen.«
Sechs Minuten später schon wurde der Kranke mit Blaulicht und Martinshorn in die Klinik gefahren. Er kam sofort auf die Intensivstation und wurde völlig isoliert.
Dr. Norden hatte dem Chefarzt Dr. Poll seine Vermutung mitteilen können. »Legionella pneumophila«, so wurde diese Krankheit bezeichnet, oder schlicht Legionärskrankheit. Und Dr. Norden war nur auf diese Vermutung, die er selbst nicht als Diagnose bezeichnen wollte, gekommen, weil er sich erst vor ein paar Tagen mit dieser seltsamen, schrecklichen Erkrankung befasst hatte, als ein mysteriöser Todesfall bekannt geworden war, bei dem die gleichen Symptome verzeichnet wurden wie bei Frank Michel.
Obgleich dieser ein junger, kräftiger, sportlicher und widerstandsfähiger Mann war, konnte jetzt noch niemand sagen, ob man ihm Rettung bringen könnte, zu rätselhaft war diese Krankheit. Dr. Norden wusste nicht, wie er Reni Michel trösten sollte, die im dritten Monat schwanger war.
Tief in sorgenvolle Gedanken versunken, verließ er das Krankenhaus, nachdem ihm die Kollegen versprochen hatten, ihn auf dem Laufenden zu halten. Er stieß mit einem schlanken Mann zusammen.
»Verzeihung«, murmelte Daniel Norden, dann starrten sich die beiden Männer an.
»Daniel Norden«, sagte er staunend.
»Günter Marschall«, staunte Daniel nicht weniger. »Wieder im Lande?«
»Seit gestern. Habe eine Patientin aus Bombay hergebracht, die ich gerade besuchen will.«
»Ich habe es gerade furchtbar eilig«, sagte Daniel. »Bin aus der Sprechstunde weg. Musste auch einen Patienten herbringen. Aber Sie kommen mir gerade wie gerufen! Könnten Sie mich besuchen, Günter?«
»Aber gern. Ich habe viel Zeit«, erwiderte der andere müde.
»Gleich heute Mittag, in der Privatwohnung? Ich sage meiner Frau Bescheid. Sie wird sich freuen.«
»Abgemacht«, erwiderte Günter Marschall. »Ich weiß, wie gefragt Sie sind. Von mir kann man das ja nicht sagen.«
Es klang bitter. Aber Dr. Norden hatte keine Zeit, jetzt auch noch über ihn nachzudenken. Sie würden sich ja sehen und miteinander sprechen können. Er musste zu seinen Patienten und er musste auch noch Reni Michel Bescheid sagen.
Aber er wusste auch, dass Dr. Günter Marschall, der eigentlich Chirurg war, sich sehr mit Viruskrankheiten befasst hatte. Freude über das Wiedersehen konnte er noch immer nicht empfinden, denn dazu waren seine Gedanken zu sehr bei Frank Michels rätselhafter Erkrankung.
Gestern hat es angefangen, dachte er, vielleicht haben wir dann noch eine Chance. In Fällen, die ihm bekannt waren, hatte man immer erst eine Grippe vermutet und die entsprechende Behandlung durchgeführt. Wenn man jetzt sich gleich auf die Lunge konzentrierte, konnte man vielleicht doch noch etwas für Frank Michel tun.
Loni, seine Arzthelferin, sah es ihm sofort an, wie besorgt er war. Da sagte sie lieber gar nichts. Es gab auch noch genug zu tun, obgleich ein paar Patienten das Warten zu lang geworden war, wenngleich sie für den geplagten Dr. Norden alles Verständnis aufbrachten. Sie wussten, dass er niemanden im Stich ließ, aber er konnte nicht überall gleichzeitig sein.
Daniel hatte auch keine Zeit, seine Frau Fee anzurufen, aber wenn der Besuch auch überraschend kam und zum Essen bleiben sollte, würde Fee ganz schnell noch etwas Besonderes zaubern.
So war es denn auch. Wenigstens konnte Daniel zehn Minuten vor Dr. Günter Marschall da sein, und die gute Lenni trat in der Küche gleich voll in Aktion.
Fee dachte jetzt etwas anderes. »Wir werden die Kinder zu Lenni in die Küche schicken«, sagte sie. »Günter braucht nicht gleich wieder an seine Tragödie erinnert zu werden.«
Und da die drei kleinen Nordens sowieso nicht begeistert waren, wenn ein Doktor kam, noch dazu einer, den sie nicht kannten, verzogen sie sich auch rasch, als es läutete. Da wurde ja sowieso nur was geredet, was sie nicht verstanden. Da war es bei Lenni gemütlicher.
Lenni fühlte sich keineswegs gekränkt, obgleich sie sonst auch immer am gemeinsamen Tisch mitaß. Sie wusste, dass es einen triftigen Grund haben musste, wenn die Kinder ausgeschlossen wurden, doch den sollte sie erst später erfahren.
Fee begrüßte Günter Marschall herzlich. »Wir freuen uns, Günter«, sagte sie. »Bleiben Sie in der Heimat?«
»Vorübergehend«, erwiderte er.
»Und wenn wir jemanden wüssten, der Sie mit Kusshand nehmen würde?«
»Mich doch nicht«, sagte er bitter. »Reden wir lieber davon, was Daniel auf dem Herzen hat.«
»Aber später kommen wir darauf zurück«, sagte Fee. Und sie wollte nicht, dass beim Essen von schweren Krankheiten gesprochen wurde.
Günter schmeckte es. »Ewig nicht mehr so gut gegessen«, sagte er anerkennend und dankbar. »Bei Ihnen scheint alles in Ordnung zu sein.«
»Wir sind zufrieden«, sagte Fee.
Er fragte nicht nach den Kindern, und sie wusste zu gut, warum er das nicht tat. Er hatte nicht verwunden, was ihn aus der Heimat in die Fremde getrieben hatte.
Beim Kaffee sprach Daniel dann von Frank Michels mysteriöser Krankheit, und er erwähnte auch, welche Vermutungen er hegte.
»Ich kann es nicht beurteilen, wenn ich den Patienten nicht gesehen habe«, sagte Günter, »aber mir ist bekannt, dass mehrere Fälle dieser Legionärskrankheit aufgetreten sind.«
»Würden Sie mir genau sagen, was Sie darüber wissen?«, fragte Daniel.
»Aber gern, so unerfreulich das Kapitel auch ist. Aber jetzt wird es höchste Zeit, dass etwas unternommen wird, denn die Fälle häufen sich.«
Er trank den köstlichen Mokka aus, denn der sollte ja nicht kalt werden. Dann begann er. »Es ist Ihnen ja bekannt, dass man zum ersten Male über diese Krankheit erfuhr, als sich die Teilnehmer am Vietnam-Krieg trafen und nach einer Woche neunundzwanzig gestorben waren. Daher hat die Krankheit auch die Bezeichnung bekommen.«
»Ja, das ist mir bekannt, und auch, dass man ein Jahr später feststellte, dass der Erreger eine kleine Stäbchenbakterie ist. Aber bis heute weiß man doch nicht, woher dieser Erreger kommt und wie er entsteht.«
»Es wäre ein Segen, wenn das herausgefunden würde«, sagte Günter Marschall. »Die Bakterie kann man jetzt schon als Killer bezeichnen. Vermutungen werden genügend angestellt. Aber das Tragische ist ja, dass man diese Bakterie erst mit Sicherheit nach dem Tod im Lungengewebe feststellen kann. Und es gibt kein typisches Krankheitsbild. Erscheinungen wie bei der Grippe, doch selbst auf Penicillin sprechen die Patienten nicht an. Die Meinungen gehen so weit auseinander, dass sich die Kollegen schon zu streiten beginnen, und ich möchte mich in einen solchen Streit nicht einmischen.«
»Aber uns können Sie doch sagen, was Sie meinen, Günter«, bat Fee.
»Was ich meine, ist nicht zu beweisen. Ich glaube sogar, dass die Krankheit eventuell durch Umweltverschmutzung hervorgerufen wird, durch Stoffe, gegen die wir wiederum noch keine Abwehrstoffe im Körper entwickelt haben. Manche vermuten, dass Klimaanlagen schuld sein könnten. Ich meine eher, dass gewisse Materialien im Nährboden sind, vielleicht Giftstoffe. Aber ich tappe auch im Dunkeln. Jedenfalls kann man nur helfen, wenn die Lunge befreit werden kann, wenn man verhindert, dass das Gewebe aufquillt und die Luftröhrchen abquetscht, und wenn man dann noch Glück hat und das zentrale Nervensystem nicht angegriffen wird.«
»Von der Hand zu weisen ist es nicht, dass Klimaanlagen buchstäblich zu Bakterienschleudern werden können«, sagte Daniel. »Der Überzeugung bin ich schon lange und finde es bei vielen Patienten bestätigt, die nur bei künstlicher Belüftung und Beleuchtung arbeiten. Aber es werden ja immer mehr solche Bunker gebaut, oder auch Hochhäuser mit vielen Fenstern, die man aber nicht öffnen kann. An die Menschen, die darin arbeiten müssen, wird zuletzt gedacht.«
»Ich kann schon in kein Kaufhaus mehr gehen, weil ich da Platzangst kriege«, sagte Fee.
Daniels Gedanken waren schon vorausgeeilt. »Wissen Sie ein Mittel, was diesem jungen Mann helfen könnte, Günter?«, fragte er drängend. »Irgendetwas muss man doch tun. Seine Frau erwartet ein Baby.«
Günter Marschalls Gesicht verdüsterte sich. »Und wenn ich eines wüsste, würde man es mir nicht abnehmen. Mir nicht, Daniel. Karen hat ganze Arbeit geleistet. Man betrachtet mich schon mit Misstrauen, wenn ich eine Patientin besuche, der ich glücklicherweise das Leben retten konnte.«
»Diese Patientin, die Sie vorhin besuchen wollten?«
»Ja, Dorrit Vanhoven.«
»Die Industriellenwitwe?«, fragte Fee.
»Ja, sie starb fast an einem Insektenstich, und zufällig war ich zur Stelle. Aber hier schaut man mich an, als hätte ich sie töten wollen, um dann als ihr Retter dazustehen.«
»Sind Sie nicht zu misstrauisch, Günter?«, fragte Daniel.
»Einem Mann, dem von seiner Frau nachgesagt wird, dass er das Leben seines Sohnes auf dem Gewissen hat, traut man alles zu. Ich musste mich an den Gedanken gewöhnen, aber ich kann es nicht. Darüber werde ich nie hinwegkommen.«
»Niemand hätte ihn retten können«, sagte Daniel, »das ist doch erwiesen.«
»Aber Karen gibt keine Ruhe. Sie will nicht zur Ruhe kommen.«
»Vielleicht deshalb, weil sie