Seine rätselhafte Kollegin: Dr. Norden Aktuell 1 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben.
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
Dicht lag der Nebel über dem Flugplatz. Die riesige Düsenmaschine kreiste schon zwanzig Minuten über der Stadt. Ein anderer Platz hatte nicht angewiesen werden können, denn überall herrschte der gleiche dichte Nebel. In Rom war man bei strahlendem Sonnenschein abgeflogen, und nun das. Die Besatzung wusste schon, dass mit Schwierigkeiten zu rechnen war. Die Passagiere wussten es nicht. Der Winter neigte sich zwar dem Ende zu, aber es wurde sehr früh dunkel, und einige Minuten Verspätung musste man einkalkulieren. München war nicht Rom, wo der Frühling sich schon sehr deutlich bemerkbar machte. »Wenn das nur gut geht«, murmelte die Stewardess Gwendolin, die von ihren Kollegen Wendy genannt wurde. Sie war ein apartes Mädchen mit tiefschwarzem Haar und leuchtend blauen Augen. Sie hatte sich oft gegen mehr oder minder eindeutige Anträge männlicher Fluggäste zu wehren, doch für Wendy gab es nur einen Mann, und der trug jetzt die Verantwortung für einhundertdreißig Menschen. »Du wirst doch nicht nervös werden«, sagte die blonde Anja, die das fröhliche Pendant zu der sanften Gwendolin war. »Die Passagiere werden nämlich schon hektisch. Wir werden zu tun bekommen.« Ja, es machte sich Nervosität breit. Die Stewardessen wurden mit Fragen bestürmt und gaben immer die gleiche beruhigende Antwort, dass man noch auf die Landeerlaubnis warten müsse. Flugkapitän Holger Herwart fluchte leise vor sich hin. »Lange können sie sich jetzt nicht mehr Zeit lassen«
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Dr. Norden – Die Anfänge
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Buchvorschau
Seine rätselhafte Kollegin - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Aktuell
– 1 –
Seine rätselhafte Kollegin
Patricia Vandenberg
Dicht lag der Nebel über dem Flugplatz. Die riesige Düsenmaschine kreiste schon zwanzig Minuten über der Stadt. Ein anderer Platz hatte nicht angewiesen werden können, denn überall herrschte der gleiche dichte Nebel. In Rom war man bei strahlendem Sonnenschein abgeflogen, und nun das.
Die Besatzung wusste schon, dass mit Schwierigkeiten zu rechnen war. Die Passagiere wussten es nicht.
Der Winter neigte sich zwar dem Ende zu, aber es wurde sehr früh dunkel, und einige Minuten Verspätung musste man einkalkulieren. München war nicht Rom, wo der Frühling sich schon sehr deutlich bemerkbar machte.
»Wenn das nur gut geht«, murmelte die Stewardess Gwendolin, die von ihren Kollegen Wendy genannt wurde. Sie war ein apartes Mädchen mit tiefschwarzem Haar und leuchtend blauen Augen. Sie hatte sich oft gegen mehr oder minder eindeutige Anträge männlicher Fluggäste zu wehren, doch für Wendy gab es nur einen Mann, und der trug jetzt die Verantwortung für einhundertdreißig Menschen.
»Du wirst doch nicht nervös werden«, sagte die blonde Anja, die das fröhliche Pendant zu der sanften Gwendolin war. »Die Passagiere werden nämlich schon hektisch. Wir werden zu tun bekommen.«
Ja, es machte sich Nervosität breit. Die Stewardessen wurden mit Fragen bestürmt und gaben immer die gleiche beruhigende Antwort, dass man noch auf die Landeerlaubnis warten müsse.
Flugkapitän Holger Herwart fluchte leise vor sich hin.
»Lange können sie sich jetzt nicht mehr Zeit lassen«, sagte er. »In spätestens zehn Minuten müssen wir unten sein.«
»Aber wie«, brummte sein Kopilot Conny Dahm. »Adieu, Fränzi.«
»Halt die Goschen«, fauchte ihn Holger an. »Es ist nicht das erste Mal…« Er sprach nicht weiter, sondern lauschte angestrengt auf die Kommandos.
Unter den Fluggästen befand sich eine schlanke junge Frau, deren tief gebräuntes Gesicht verriet, dass sie aus noch weit südlicheren Gefilden als Rom kommen musste. Sie saß still, mit gefalteten Händen, ganz in sich versunken auf ihrem Platz und zeigte keinerlei Nervosität. Wie es in ihrem Innern aussah, hätte niemand ergründen können.
Vielleicht soll es so sein, dachte Miriam Perez. Vielleicht ist es für mich sogar besser so, wenn alles schnell zu Ende ist. Aber die anderen, dachte sie dann und hob den Kopf, als ein Schluchzen an ihr Ohr drang. Neben ihr saß ein junges Mädchen, höchstens sechzehn Jahre alt.
Sie war während des ganzen Fluges genauso still gewesen wie Miriam, und diese hatte das als sehr angenehm empfunden. Sie selbst war nicht von mitteilsamer Natur und mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt. Manche Menschen waren so geschwätzig, dass sie lästig werden konnten.
Jetzt aber siegte ihr Mitgefühl. Sie griff nach der Hand des Mädchens, die eiskalt und feucht war.
»Nicht aufregen«, sagte sie beruhigend. »Wir werden bald landen.«
»Ich fürchte mich so«, schluchzte das Mädchen. »Es geht schief. Ich werde Papi nie wiedersehen, und ich habe mich doch so auf ihn gefreut.«
»Sie werden Ihren Papi bestimmt wiedersehen«, sagte Miriam tröstend. Sie hatte im Augenblick vergessen, welche Gedanken sie eben noch gehegt hatte.
»Kann ich behilflich sein?«, fragte Wendy leise.
»Vielen Dank«, erwiderte Miriam. »Ich bin Ärztin. Ich kann mich um die junge Dame kümmern.«
Mit tränenfeuchten Augen blickte das Mädchen sie an. »Sie können ruhig du zu mir sagen. Ich bin erst fünfzehn.«
Miriam legte ihren Arm um das zarte Geschöpf und fühlte durch den dünnen Pullover nur Knochen und dann einen Arm, den sie fast mit der Hand umschließen konnte.
Jetzt machte sie sich Vorwürfe. Da bin ich nun schon so lange Ärztin, dachte sie. Eigentlich hätte ich merken müssen, dass da ein krankes Wesen neben mir sitzt. Aber sie war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, und nun in den Sekunden wirklicher Gefahr erst erwachten ihre Lebensgeister wieder.
»Ich heiße Carolin«, flüsterte das Mädchen. »Papi nennt mich Carry. Er wartet auf mich. Endlich darf ich zu ihm und nun …«
»Pssst«, machte Miriam. »Nicht so schwarz sehen, Kleines. Ich habe schon sehr viel stürmischere Flüge erlebt, und wie du siehst, lebe ich immer noch.« Aber wie, dachte sie für sich. Doch sofort dachte sie dann wieder nur an dieses noch halbe Kind an ihrer Seite, das sich jetzt angstvoll an sie klammerte.
»Nonna wollte mich nicht zu Papi lassen«, sagte Carry stockend. »Oh, sie hat immer so böse von ihm gesprochen, und bestimmt trifft mich ihr Fluch, dass ich ihn nie wiedersehen soll.«
»Kind«, sagte Miriam erschüttert, »denk nicht so was.«
Nonna nannte man in Italien die Großmutter, und für Miriam war ihre Großmutter der Mensch, den sie in liebevollster Erinnerung behalten hatte.
»Sie hat das Flugzeug verflucht«, flüsterte Carry. »Bestimmt hat sie das. Sie wird nie richtig tot sein, ihr Hass bleibt lebendig. Das hat sie selbst gesagt.«
»Meine Damen und Herren, Ladies und Gentlemen«, sagte da Wendys Stimme, »wir setzen jetzt zur Landung an. Wir bitten Sie, Ruhe zu bewahren. Wegen der Schlechtwetterlage haben wir keine guten Bedingungen. Ich bitte Sie, sich vornüberzukauern und die Gurte so fest wie möglich zu ziehen. Bitte, geraten Sie nicht in Panik. Unser Flugkapitän hat sehr viel Erfahrung und wird bemüht sein, alle Schwierigkeiten zu meistern.«
Totenstille herrschte eine Sekunde, dann hörte man Schluchzen, Gebete und Flüche durcheinander, und niemand wusste wohl selbst so recht, was er tat und sagte.
*
Jonas Henneke rannte wie ein gefangener Tiger in der Halle des Flughafens hin und her. Sein flächiges, markantes Gesicht war kreidebleich. Seine Hände zu Fäusten geballt, bohrten sich in die Manteltaschen. Carry, dachte er, Liebling, ich will dich behalten, ich will dich endlich wiedersehen, für mich allein. Es darf nichts geschehen. Herrgott, beschütze mein Kind. Lass es nicht zu, dass ein Unglück geschieht. Ich will Carry nicht verlieren, ich will ihr alle Liebe geben, die ich ihr bisher nicht geben konnte.
Und wie er dachten viele in dieser Halle an andere geliebte Menschen, die sehnsüchtig erwartet wurden.
Und auch anderswo waren Menschen in Sorge. Dr. Daniel Norden war im Schritt durch den Nebel heimgefahren. Man konnte kaum die Hand vor den Augen sehen. Als er aus seinem Wagen stieg, hörte er das dumpfe Motorengeräusch des Flugzeuges und blickte unwillkürlich zum Himmel, von dem man aber nichts sehen konnte. Undurchdringlich waren die Nebelschwaden.
Mein Gott, ging es ihm durch den Sinn, da wird doch kein Unglück geschehen. Wie soll sie denn herunterkommen bei diesem gemeinen Wetter?
Seine Frau Fee empfing ihn mit einem erleichterten Lächeln.
»Gott sei Dank, dass du heil da bist«, sagte sie, »und wie bin ich froh, dass vorgestern nicht solch ein scheußlicher Nebel war, als Katja und David aus London kamen.«
»Da oben kreist eine Maschine«, sagte Daniel Norden gedankenvoll. »Hoffentlich kann man sie an einen anderen Platz weiterleiten.«
»Vorhin sagten sie im Radio, dass die Flughäfen Frankfurt und Nürnberg auch gesperrt seien, und wahrscheinlich sieht es auf anderen Plätzen auch so aus«, sagte Fee. »Schrecklich! Ich möchte nicht wissen, was diese Leute für Angst ausstehen, die in solcher Maschine sitzen. Da kann man schon froh sein, wenn man sich nicht um einen Angehörigen sorgen muss.«
»Es ist einfach abscheulich, dass da aller technischer Fortschritt versagt und man nur auf den Allmächtigen die letzte Hoffnung setzen kann«, sagte Daniel. »Wollen wir hoffen, dass wir nicht eine Schreckensnachricht hören müssen, Liebes.«
Er ahnte nicht, dass in jenem Flugzeug eine Frau saß, die in diesem Augenblick an ihn dachte.
Du hast einmal zu mir gesagt, Daniel Norden, dachte Miriam Perez, solange Leben in einem Menschen ist, darf man die Hoffnung nicht aufgeben.
Sie hielt ihren Arm schützend über Carry. Sie dachte nicht an ihr eigenes Leben. Mit diesem hatte sie doch eigentlich schon abgeschlossen. Mit ihrem Körper wollte sie Carry schützen, die sich nach ihrem Vater sehnte und vor Angst bebte. Carry, die den Fluch der Nonna fürchtete und sich an Miriam klammerte, die doch vor wenigen Stunden noch eine Unbekannte für sie gewesen war. Miriam hatte in wenigen Minuten erfahren, dass Carry sich niemals in die liebevollen Arme einer Mutter hatte flüchten können, Carrys Mutter war kurz nach deren Geburt gestorben. Miriam hielt jetzt dieses junge Geschöpf fest an sich gepresst, ohne noch an sich oder irgendjemand zu denken, der ihr selbst nahegestanden hatte und hatte nur einen Gedanken, dass diese junge Carry ihren Vater wiedersehen müsse, nach dem sie sich sehnte, nach dem sie immer wieder rief. »Papi, Papi, liebster Papi.« Ein Kind voller Angst war sie, und doch hörte ihre Stimme nur Miriam, denn in dem Dröhnen der Maschinen und dem Geschrei angstvoller und auch in Hysterie ausbrechender Menschen ging diese zitternde Stimme unter.
Herr, betete Miriam im Stillen, beschütze dieses Kind. Nimm mein Leben für ihres. Mich wird niemand vermissen, und mir kann doch niemand helfen, auch nicht Daniel.
Nein, auch sie wurde sich nicht bewusst, welche Gedanken sie bewegten, als die Maschine nun hart aufsetzte und über die Landebahn holperte. Zusammengekauert hockten sie alle, bis die Maschine zum Stehen kam. So recht begreifen konnte es wohl keiner, dass sie nun aussteigen konnten, zitternd, bleich die meisten, doch manche schon wieder lächelnd, als hätten sie nicht auch gezweifelt und Angst gehabt.
»Na also«, brummte Holger Herwart, »nun kannst