Sein interessantester Fall: Dr. Norden Aktuell 11 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben.
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
Zuerst war Fee Norden maßlos enttäuscht gewesen, als das kleine alte Haus auf dem Nachbargrundstück abgerissen wurde. Es war ein großes Grundstück und ein kleines Haus, und niemand hatte sich da drüben je blicken lassen während der Zeit, da die Nordens nun in der stillen Villenstraße wohnten. Sie wohnten noch nicht lange genug da, daß sie jeden Nachbarn gekannt hätten. Erst mit der Zeit wurde Dr. Daniel Norden von fast allen konsultiert, und so kam es dann auch zu nachbarschaftlichen Kontakten mit Fee. Als man dann anfing, das kleine Haus abzureißen, hatte Fee erfahren, daß dort eine alte Dame gewohnt hatte, die vor zwei Jahren gestorben war und die das Grundstück ihrem Neffen, dem Professor Henrik Gollong, vererbt hatte. Dieser hatte nun seine Professur an der Sorbonne in Paris aufgegeben und war in die Heimat zurückgekehrt und wollte sich hier niederlassen. »Hoffentlich sind es wenigstens nette Leute, die nicht gleich bei jedem Kindergeschrei murren«, sagte Fee zu ihrem Mann. Dr Daniel Norden lächelte nachsichtig. »Was gehen uns die Leute an, Feelein. Wenn sie murren, überhören wir es, wir haben ja eine hohe Hecke.« Natürlich war es auch ihm lieber, wenn man mit den Nachbarn gut auskam, denn er war ja den ganzen Tag in der Praxis, während Fee mit den beiden Kleinen Danny und Felix die meiste Zeit daheim sein mußte. Nichts wünschte er so sehr, als daß sie unbehelligt blieb. Jetzt verursachte der Bau des neuen Hauses erst einmal Unruhe, und da konnten sie auch nicht murren. Immerhin schaute Danny sehr interessiert zu, was sich da drüben tat, er war damit manchmal Stunden beschäftigt. Es entstand ein schönes Haus, im ähnlichen Stil wie das, das die Nordens bewohnten, und das machte auch Fee die neuen, noch unbekannten Nachbarn sympathischer, denn sie hatte gefürchtet, daß man da solche Prunkvilla hineinsetzen könnte, wie sie am Ende der Straße gebaut worden war. Schnell wuchs das Haus aus dem Boden. Der Krach hörte auf. Danny hatte nicht mehr viel zu schauen und war deswegen betrübt.
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Sein interessantester Fall - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Aktuell
– 11 –
Sein interessantester Fall
Patricia Vandenberg
Zuerst war Fee Norden maßlos enttäuscht gewesen, als das kleine alte Haus auf dem Nachbargrundstück abgerissen wurde. Es war ein großes Grundstück und ein kleines Haus, und niemand hatte sich da drüben je blicken lassen während der Zeit, da die Nordens nun in der stillen Villenstraße wohnten.
Sie wohnten noch nicht lange genug da, daß sie jeden Nachbarn gekannt hätten. Erst mit der Zeit wurde Dr. Daniel Norden von fast allen konsultiert, und so kam es dann auch zu nachbarschaftlichen Kontakten mit Fee.
Als man dann anfing, das kleine Haus abzureißen, hatte Fee erfahren, daß dort eine alte Dame gewohnt hatte, die vor zwei Jahren gestorben war und die das Grundstück ihrem Neffen, dem Professor Henrik Gollong, vererbt hatte. Dieser hatte nun seine Professur an der Sorbonne in Paris aufgegeben und war in die Heimat zurückgekehrt und wollte sich hier niederlassen.
»Hoffentlich sind es wenigstens nette Leute, die nicht gleich bei jedem Kindergeschrei murren«, sagte Fee zu ihrem Mann.
Dr Daniel Norden lächelte nachsichtig. »Was gehen uns die Leute an, Feelein. Wenn sie murren, überhören wir es, wir haben ja eine hohe Hecke.«
Natürlich war es auch ihm lieber, wenn man mit den Nachbarn gut auskam, denn er war ja den ganzen Tag in der Praxis, während Fee mit den beiden Kleinen Danny und Felix die meiste Zeit daheim sein mußte. Nichts wünschte er so sehr, als daß sie unbehelligt blieb.
Jetzt verursachte der Bau des neuen Hauses erst einmal Unruhe, und da konnten sie auch nicht murren. Immerhin schaute Danny sehr interessiert zu, was sich da drüben tat, er war damit manchmal Stunden beschäftigt.
Es entstand ein schönes Haus, im ähnlichen Stil wie das, das die Nordens bewohnten, und das machte auch Fee die neuen, noch unbekannten Nachbarn sympathischer, denn sie hatte gefürchtet, daß man da solche Prunkvilla hineinsetzen könnte, wie sie am Ende der Straße gebaut worden war.
Schnell wuchs das Haus aus dem Boden. Der Krach hörte auf. Danny hatte nicht mehr viel zu schauen und war deswegen betrübt. Als der Herbst kam und der Wind die bunten Blätter von den Bäumen wehte, war das Haus fertiggeworden, und bald darauf zog Professor Henrik Gollong mit seiner Familie dort ein.
Zum ersten Mal ertappte Fee ihren Sohn Danny dabei, daß er sich heimlich auf die Straße schlich, um dabei zu sein, wie die Möbelwagen ausgeladen wurden. Selbst die aufmerksame Lenni hatte es nicht bemerkt, so raffiniert hatte er es angefangen.
Lenni war in der Küche, Fee versorgte den kleinen Felix, und als sie damit fertig war, suchte sie Danny. Sie lief durch den Garten und rief ihn, aber sie entdeckte ihn wirklich erst, als sie eine warme, dunkle Frauenstimme fragen hörte: »Was willst du denn, kleiner Mann?«
»Zuschauen.« Das war Dannys Stimme, und Fee stürzte auf die Straße. Danny war sogleich schuldbewußt, doch die sympathische dunkelhaarige Frau mittleren Alters lächelte Fee beschwichtigend zu.
»Ich hätte schon aufgepaßt, daß er nicht auf die Straße läuft«, sagte sie. »Ich bin Bettina Gollong.«
»Fee Norden«, sagte Fee, »und das ist unser Sohn Danny.«
»Papis und Mamis Sohn«, erklärte Danny.
»Ein neugieriger Sohn«, sagte Fee.
»Welches Kind ist nicht neugierig«, sagte Bettina Gollong. »Unsere sind groß, aber mich freut es, daß wir in der Nachbarschaft liebe kleine Gesellschaft haben.«
Fee fiel ein Stein vom Herzen. Sie schienen Glück zu haben mit den neuen Nachbarn. Danny bezeichnete Frau Gollong dann auch gleich als nette Dame.
Die übrigen Familienmitglieder lernte sie erst später kennen. Drüben war man beschäftigt, das Haus einzurichten. Das Wetter war regnerisch und manchmal sogar stürmisch. Nur kurze Zelt konnte sie die Kinder in den Garten bringen.
Eine scheußliche Grippe kursierte. Dr. Daniel Norden war ständig auf den Beinen, und er wurde auch bald zum ersten Mal in das Nachbarhaus gerufen. Henrike, die zwanzigjährige Tochter von Professor Gollong, war mit hohem Fieber von der Universität nach Hause gekommen.
Der Anruf erreichte Daniel kurz nach dem Mittagessen, doch der Weg war nicht weit, und er war schnell bei der jungen Kranken.
Er hatte ein sehr geschmackvoll eingerichtetes Haus betreten. Nichts war übertrieben, alles verriet höchste Kultur. Professor Gollong war ein jugendlich und sportlich aussehender Mann, hochgewachsen, drahtig, mit einem sehr interessanten, unregelmäßigen Gesicht, das Daniel faszinierte.
Er war sehr besorgt um seine Tochter, die gerade dabei war, ihre Mutter zu trösten, als Dr. Norden ihr Zimmer betrat, das ganz entzückend eingerichtet war.
»Es ist doch nicht so schlimm, Mami«, sagte Henrike Gollong. »Reg dich doch bloß nicht so auf. Fieber kriegt man schnell mal.«
Sie war in keiner Weise wehleidig, aber es hatte sie tüchtig erwischt, und Daniel Norden verordnete strengste Bettruhe zu den Medikamenten.
Er mußte vorsichtig vorgehen, denn Bettina Gollong sagte ihm, daß Henrike auf Penicillin sehr allergisch reagiere.
Als Dr. Norden sich dann noch mit Professor Gollong unterhielt, dem wohl niemand auf Anhieb angesehen hätte, daß er ein nüchterner Mathematiker war, kam ein junger Mann ins Haus gestürmt.
»Was ist mit Ricky.« rief er erregt aus. »Ich habe gehört, daß sie heimgebracht werden mußte.«
»Immer mit der Ruhe, Ja«, sagte Professor Gollong. »Das ist Dr. Norden, unser Nachbar. Er hat Ricky schon verarztet. Oh, Verzeihung«, sagte er dann zu Daniel gewandt, »dieser ungestüme junge Mann ist unser Sohn Jan.«
Er hätte das nicht zu sagen brauchen. Jan war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten, genauso groß und fast schon so interessant wie er, während Henrike anscheinend ganz der Mutter nachgeriet.
Daniel Norden gewann jedenfalls den Eindruck, daß es sich um eine sehr harmonische Familie handelte, um Eltern, die sehr besorgt waren, um Geschwister, die sich innig zugetan waren.
Das konnte er Fee berichten, die ein bißchen neugierig war.
Eine Woche lang ging er jeden Tag zweimal hinüber ins Nachbarhaus. Morgens, bevor er in die Praxis fuhr, obgleich das noch sehr früh war. Doch Bettina Gollong hatte ihm versichert, daß sie ohnehin Frühaufsteher wären, und sie war glücklich, daß ihre Henrike so fürsorglich von Dr. Norden betreut wurde. Abends kam er dafür manchmal um so später, aber auch das war den Gollongs recht, die ihn bald genauso schätzten wie seine anderen Patienten, für die ›ihr‹ Dr. Norden überhaupt ›der‹ Arzt war.
Henrike erholte sich langsam, aber das war auf ihre sehr zarte Konstitution zurückzuführen. Dr. Norden erklärte, daß etwas getan werden müsse, um ihre Abwehrkräfte zu mobilisieren.
»Sie mutet sich einfach zuviel zu«, meinte Bettina Gollong.
»Sie will immer Schritt halten mit Jan«, sagte der Professor, »aber er ist ein zäher Bursche und sie halt ein zartes Mädchen.«
Äußerlich waren sich die Geschwister wirklich nicht ähnlich, doch dafür hingen sie mit inniger Liebe aneinander. Daran sollten sich die Nordens noch oft freuen können.
Es entwickelte sich zwischen ihnen jedenfalls ein sehr herzlicher nachbarschaftlicher Kontakt, als Henrike dann wieder gesund war und dank der guten Mittel, die Daniel ihr verschrieben hatte, auch gekräftigt.
Bettina kam eines Vormittags zu Fee herüber und sagte, daß nun eigentlich ein Einstand bei ihnen fällig sei, und da sie wüßten, wie beschäftigt Dr. Norden wäre, würden sie sich mit dem Termin ganz nach ihnen richten. Diesen Termin legten sie dann auf Daniels nächsten freien Samstag fest.
Daniel war nicht mal abgeneigt. »Es sind nette Leute«, meinte er. »Ein großer Rummel wird es bestimmt nicht.«
Es wurde kein großer Rummel. Sie waren die einzigen Gäste, aber Bettina hatte alles sehr festlich gestaltet.
Sie saßen sich an einem runden Tisch gegenüber, auf dem silberne, wunderbar ziselierte Leuchter standen, es gab ein französisches Essen, und Fee und Daniel lief schon beim Anblick und dem Duft das Wasser im Munde zusammen.
Die Gollongs waren Menschen, mit denen man vergnügt plaudern und sich ernsthaft unterhalten konnte. Henrike war ein entzückendes Mädchen. Sie neckte ihren Bruder gern. Er ging darauf ein, doch er blieb Kavalier.
Daniel und Fee brauchten es nicht zu bereuen, den Abend mit den Gollongs verbracht zu haben, wenn sie sonst auch lieber jede freie Stunde allein blieben, denn knapp genug waren die in diesen wechselhaften Herbstwochen, die alle möglichen Krankheiten mit sich brachten.
»Ein tolles Paar sind die Nordens«, sagte Henrike. »Sie ist ja hinreißend schön.«
»Sag nur nicht, daß dir Dr. Norden nicht gefällt«, warf Jan ein.
»Natürlich gefällt er mir, aber doch nicht so, wie du gemeint hast«, erwiderte Henrike, »Er sieht schon phantastisch aus, aber ich habe einen schicken Vater und einen schicken Bruder.«
»Danke, Häschen«, sagte Professor Gollong lächelnd. »Und du wirst uns ganz sicher auch mal einen schicken Ehemann ins Haus bringen.« Er machte gern solche Scherze, aber darauf war Jan gar nicht gut zu sprechen.
»Ricky ist noch viel zu jung. Sie soll lieber aufpassen, daß sie nicht an solchen falschen Fuffziger gerät, wie sie heute zu Hunderten herumlungern.«
Solche Themen liebte Bettina gar nicht. Aber Henrike lachte nur.
»Bis jetzt hast du noch jeden vertrieben, der mir nachgestiegen ist, Brüderchen, und bevor ich an einen solchen Schlawiner gerate, werde ich wohl eher eine alte Jungfer. Aber wie ist es bei dir? Rennen dir nicht auch genug Mädchen nach, bei denen man nie weiß, was sie eigentlich wollen?