Ehrlich währt am längsten: Der Bergpfarrer Extra 43 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Sein größtes Lebenswerk ist die Romanserie, die er geschaffen hat. Seit Jahrzehnten entwickelt er die Romanfigur, die ihm ans Herz gewachsen ist, kontinuierlich weiter. "Der Bergpfarrer" wurde nicht von ungefähr in zwei erfolgreichen TV-Spielfilmen im ZDF zur Hauptsendezeit ausgestrahlt mit jeweils 6 Millionen erreichten Zuschauern.
Wundervolle, Familienromane die die Herzen aller höherschlagen lassen.
Der Winter lag im Wachnertal und auf den Bergen ringsherum in den letzten Zügen. In höheren Lagen schneite es zwar hin und wieder noch, doch unten, in den Tälern, erfolgten die Niederschläge nur noch in Form von Regen. Oftmals war der Himmel wolkenverhangen, die Berge lagen im Dunst und verschwammen mit dem Horizont, manches Mal brach aber auch die Sonne durch, und ihren wärmenden Strahlen war es zu verdanken, dass das Zweigwerk einiger Büsche bereits ein zartes Grün annahm. Es war Freitag, das Wochenende stand vor der Tür und die Woche konnte ausklingen. Um die Mitte des Nachmittags fuhr Jakob Spranger mit seinem schweren Land Rover auf dem Aderbauerhof vor. Er stellte den Motor ab und stieg aus, dehnte und reckte sich, straffte die Schultern und ging schließlich mit federnden Schritten über den Hof zum Wohnhaus. Jakob war vierundzwanzig Jahre alt, mittelgroß und untersetzt. Umrahmt von dunkelblondem Haar, wirkte sein breitflächiges Gesicht mit den braunen Augen recht gutmütig. In der Küche des Bauernhauses, deren Fenster zum Hof hinauswies, sagte Anneliese Aderbauer zu ihrer Tochter Meike: »Der Jakob kommt, Madel.« »Ich hab' ihn kommen sehen«, antwortete Meike ohne die Spur von Begeisterung. »Was der ständig will?« »Kannst du dir das net denken?«, fragte Anneliese Aderbauer. Meike zuckte mit den Schultern. »Ich lass' ihn herein.« Sie wandte sich vom Tisch ab, auf dem sie Gemüse für einen Eintopf schnitt, und ging zur Tür. Doch ehe sie hinaus auf den Flur trat, holte sie die Stimme ihrer Mutter ein. Anneliese sagte: »Ein bissel mehr Freude könntest aber schon zeigen, Madel. Falls du's nämlich noch net bemerkt haben solltest: Der Jakob kommt ausschließlich deinetwegen.
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Der Bergpfarrer Extra
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Ehrlich währt am längsten - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer Extra
– 43 –
Ehrlich währt am längsten
Leonhard soll in eine böse Falle gelockt werden...
Toni Waidacher
Der Winter lag im Wachnertal und auf den Bergen ringsherum in den letzten Zügen. In höheren Lagen schneite es zwar hin und wieder noch, doch unten, in den Tälern, erfolgten die Niederschläge nur noch in Form von Regen. Oftmals war der Himmel wolkenverhangen, die Berge lagen im Dunst und verschwammen mit dem Horizont, manches Mal brach aber auch die Sonne durch, und ihren wärmenden Strahlen war es zu verdanken, dass das Zweigwerk einiger Büsche bereits ein zartes Grün annahm.
Es war Freitag, das Wochenende stand vor der Tür und die Woche konnte ausklingen. Um die Mitte des Nachmittags fuhr Jakob Spranger mit seinem schweren Land Rover auf dem Aderbauerhof vor. Er stellte den Motor ab und stieg aus, dehnte und reckte sich, straffte die Schultern und ging schließlich mit federnden Schritten über den Hof zum Wohnhaus.
Jakob war vierundzwanzig Jahre alt, mittelgroß und untersetzt. Umrahmt von dunkelblondem Haar, wirkte sein breitflächiges Gesicht mit den braunen Augen recht gutmütig.
In der Küche des Bauernhauses, deren Fenster zum Hof hinauswies, sagte Anneliese Aderbauer zu ihrer Tochter Meike: »Der Jakob kommt, Madel.«
»Ich hab’ ihn kommen sehen«, antwortete Meike ohne die Spur von Begeisterung. »Was der ständig will?«
»Kannst du dir das net denken?«, fragte Anneliese Aderbauer.
Meike zuckte mit den Schultern. »Ich lass’ ihn herein.«
Sie wandte sich vom Tisch ab, auf dem sie Gemüse für einen Eintopf schnitt, und ging zur Tür. Doch ehe sie hinaus auf den Flur trat, holte sie die Stimme ihrer Mutter ein. Anneliese sagte: »Ein bissel mehr Freude könntest aber schon zeigen, Madel. Falls du’s nämlich noch net bemerkt haben solltest: Der Jakob kommt ausschließlich deinetwegen. Er wirbt um dich. Du aber tust, als würd’ dich das net berühren.«
»Ich glaub’ net, dass der Jakob der Mann ist, mit dem ich mein Leben teilen möcht’, Mama«, versetzte die Dreiundzwanzigjährige rundheraus.
»Ja, aber …«
Anneliese brach ab, denn es klingelte und Meike verließ die Küche, um die Haustür zu öffnen. Die Bäuerin schüttelte fassungslos den Kopf. »Und ich war überzeugt«, murmelte sie für sich, »dass das Madel den Jakob gern sieht. Irgendwas muss passiert sein, weil’s in letzter Zeit überhaupt nimmer dergleichen tut.«
Inzwischen hatte Meike die Haustür geöffnet.
»Habe die Ehre, Meike«, grüßte Jakob aufgekratzt und zeigte ein breites Lachen. »Ich hab’ mir gedacht, ich schau mich mal wieder ein bissel um bei euch. Gut schaust aus.« Er maß sie mit Blicken anerkennend von oben bis unten und nickte mehrere Male, wie zur Bestätigung seiner Worte.
Meike verzog keine Miene. »Servus«, erwiderte sie kurz und knapp den Gruß des Burschen. Mit einem Anflug von Ironie im Tonfall fügte sie hinzu: »Du hast dich vorgestern erst ein bissel bei uns umgeschaut, und zwei Tage vorher auch.« Ihre Stimme klang jedoch schon wieder versöhnlich, als sie sagte: »Aber komm’ ruhig herein. Die Mama freut sich immer über ein bissel Gesellschaft.«
Jakobs Lachen wirkte jetzt wie geronnen. »Du freust dich wohl net, wenn ich ein bissel Abwechslung in deinen Alltag bring’?«, fragte er und forschte in ihrem hübschen Gesicht. »Hast vielleicht schlechte Laune, weil du so bissig bist und derart verschlossen dreinschaust?«
»Natürlich freu’ ich mich, wenn ich dich seh’. Schließlich sind wir befreundet, seit ich denken kann. Aber ich muss doch keinen Freudentanz aufführen, wenn du uns besuchen kommst.«
Die Antwort schien Jakob nicht zu gefallen, denn er verzog den Mund. »Freude schaut anders aus«, brummte er, überlegte kurz, ob er sich einfach umdrehen und wieder gehen sollte, setzte sich schließlich in Bewegung und ging an Meike vorbei ins Haus.
Die junge Frau drückte die Tür ins Schloss und folgte ihm in die Küche.
»Grüaß di, Jakob!«, empfing Anneliese den Bauernsohn. »Freut mich, dass du wieder einmal bei uns vorbeischaust.« Sie schoss ihrer Tochter einen intensiven, geradezu hypnotischen Blick zu. »Setz dich. Magst was trinken? Einen Kaffee vielleicht?«
»Servus, Anneliese«, grüßte Jakob und ließ sich am Tisch nieder. »Ein Tasserl Kaffee wär’ net schlecht. Ihr zwei setzt euch doch ein bissel zu mir und trinkt mit mir eine Tasse?«
»Natürlich«, antwortete Anneliese, und wieder fing Meike ihren bedeutungsvollen Blick auf, der ihr signalisierte, dass sie sich dem Burschen gegenüber freundlich und zuvorkommend verhalten sollte. »Bist du so gut, Meike, und kochst eine Kanne voll? Ich räum’ den Tisch ab.«
Meike nickte, ging zur Kaffeemaschine und griff nach der Kanne.
»Wie geht’s denn daheim so?«, fragte Anneliese den Burschen, indes sie das Gemüse, das auf dem Tisch lag, in die Schüssel warf, in die Meike schon einen ziemlichen Teil geschnitten hatte. »Die Eltern sind wohlauf?«
»Alles bestens«, erwiderte Jakob und beobachtete Meike, die sich an der Kaffeemaschine zu schaffen machte. Alles an ihr faszinierte ihn; jeder ihrer Handgriffe, die Art, wie sie sich bewegte, ihre schlanke, biegsame Gestalt, ihre stolze Haltung …
Anneliese wischte mit einem feuchten Lappen den Tisch ab, dann trug sie Kaffeegeschirr auf und setzte sich schließlich.
Nachdem Meike die Kaffeemaschine eingeschaltet hatte und die ersten heißen braunen Tropfen in die gläserne Kanne fielen, kam auch sie zum Tisch. Jakob schaute zu ihr auf und sagte: »Ich fahr’ morgen mit ein paar Kumpels und deren Freundinnen nach München. Die wollen dort ein bissel shoppen. Wie schaut’s aus, Meike, kommst du mit? Ich würd’ mich freuen.«
Meike setzte sich und vermied es, ihre Mutter anzusehen. »Ich glaub’ net, dass ich große Lust auf München hab’«, entgegnete sie. »Es bringt mir nix, von Geschäft zu Geschäft zu laufen und tausend Sachen anzuprobieren. Das ist mir zu stressig. Danke, dass du an mich gedacht hast, Jakob, aber München gibt mir nix.«
Jakob warf Anneliese einen enttäuschten Blick zu. »Ich hab’ gedacht, ich bereit’ dir mit der Einladung eine Freude«, murmelte er.
»Du musst jetzt net enttäuscht sein«, erwiderte Meike, die fast ein wenig Mitleid mit Jakob hatte, »aber ich fahr’ wirklich net gern nach München. Wenn ich was zum Anziehen brauch’, dann krieg’ ich das auch hier oder in Garmisch. Für mich ist das ein verlorener Tag, wenn ich stundenlang zwischen dem Karlstor und dem alten Rathaus auf dem Marienplatz hin und her lauf’. Da weiß ich mit meiner Zeit was Besseres anzufangen.«
»Ich weiß net«, murmelte Jakob, »die anderen Madeln sind alle heiß drauf, in München shoppen gehen zu dürfen. Du aber findest, dass es verlorene Zeit ist. Liegt’s vielleicht an mir, dass du net mitkommen willst? Du bist in letzter Zeit eh ein bissel komisch geworden.«
»Ich bin net anders als sonst immer«, verteidigte sich Meike. »Das hat nix mit dir zu tun, Jakob. Du bist mir lieb und teuer, und das weißt du auch. Wir waren schon als Kinder die besten Freunde, und das hat sich net geändert. Als deine Freundin bin ich immer für dich da.«
Ich will aber mehr sein als nur dein Jungendfreund!, durchfuhr es Jakob, und es hätte nicht viel gefehlt, dann hätte er es ausgesprochen, doch er fühlte instinktiv, dass dieses Bekenntnis in dieser Situation ein großer Fehler gewesen wäre. Für ihn stand schon seit längerer Zeit fest, dass er die Meike irgendwann fragen würde, ob sie seine Frau werden wolle. Mit seinen Eltern hatte er schon darüber gesprochen, und sie hatten keinerlei Einwände gegen seine Absicht vorgebracht. Im Gegenteil! Die Größe des Sprangerhofes würde sich fast verdoppeln, wenn eines Tages der Aderbauerhof angeheiratet werden würde.
Aber auch Anneliese und Theodor Aderbauer, Meikes Eltern, hatten erkennen lassen, dass es ihnen passte, wenn er, Jakob, ihrer Tochter den Hof machte. Als Jakobs Frau würde Meike ausgesorgt haben, die beiden Höfe würden zusammen einen der größten im ganzen Wachnertal ergeben.
Meike schien bis vor Kurzem auch damit einverstanden gewesen, dass er ständig auf den Hof kam und um sie herumscharwenzelte. Erst seit drei, vier Wochen zeigte sie ihm mehr oder weniger die kalte Schulter. Jakob fragte sich, was der Grund dafür war. Liebäugelte sie