Verliebt in Frankreich
Von Sara Craven
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Über dieses E-Book
Verliebt wie noch nie, kann Sabine anfangs gar nicht fassen, dass der smarte Rohan Saint Yves für sie seine Hochzeitspläne mit Antoinette vergisst. Doch dann erfährt sie, wer ihr wirklicher Vater ist, und dass Rohan es bereits wusste. Sind seine Gefühle für sie echt, oder geht es ihm nur um ihr Erbe?
Sara Craven
Sara Craven war bis zu ihrem Tod im November 2017 als Autorin für Harlequin / Mills & Boon tätig. In über 40 Jahren hat sie knapp hundert Romane verfasst. Mit mehr als 30 Millionen verkauften Büchern rund um den Globus hinterlässt sie ein fantastisches Vermächtnis. In ihren Romanen entführt sie ihre Leserinnen in eine sommerliche mediterrane Welt und sorgt für Stunden voller Unterhaltung und Herzklopfen. Neben ihrer Tätigkeit als Autorin fand sie auch noch die Zeit, sich von 2011 bis 2013 als Vorsitzende der Romance Novelists‘ Association zu engagieren.
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Buchvorschau
Verliebt in Frankreich - Sara Craven
IMPRESSUM
Verliebt in Frankreich erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 1993 by Sara Craven
Originaltitel: „Tower of Shadows"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe EUROMANCE
Band 12 - 1993 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Roy Gottwald
Umschlagsmotive: Shutterstock_El Nariz, GettyImages_sara_winter
Veröffentlicht im ePub Format in 07/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733758325
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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1. KAPITEL
Sabine Russell schloss die Eingangstür auf und betrat das Foyer. Sie blieb eine Weile stehen und schaute sich um, in der Erwartung, irgendetwas zu empfinden, Heimweh vielleicht, oder Trauer. Doch sie fühlte nur eine seltsame Leere. Das Haus war wie ein hohler Raum, der darauf wartete, von neuen Besitzern mit Leben erfüllt zu werden.
Sie fühlte sich hier nicht heimisch. Aber nach dem Tod der Mutter war ihr hier alles fremd geworden. Am liebsten wäre sie gar nicht hergekommen. Mr. Braybrooke hatte jedoch darauf bestanden.
„Sie und Miss Russell müssen sich treffen, um die Aufteilung des Nachlasses zu besprechen. Soweit ich weiß, sind noch immer Kleidungsstücke dort und persönliche Gegenstände, die entfernt werden müssen."
Irgendwie war Sabine vor dem Gedanken zurückgeschreckt. „Man könnte sie einem Wohltätigkeitsverein überlassen", hatte sie vorgeschlagen.
„Gewiss. Aber es gibt doch sicher bestimmte Dinge, die Sie gerne behalten möchten, Gegenstände, an denen Sie besonders hängen und die sie sich als Andenken aufheben möchten."
Sabine hatte mit den Schultern gezuckt. „Nur Mamans Juwelen. Sie hat in ihrem Testament verfügt, dass ich nach Vaters Tod den Schmuck erhalten soll. Nach kurzer Pause hatte sie hinzugefügt: „Ich bin mir nicht sicher, ob Vater gewollt hätte, dass ich irgendetwas anderes bekomme. In den vergangenen Jahren gab es Zeiten, in denen ich das Gefühl hatte, dass er mich hasste. Deshalb bin ich schließlich auch nicht mehr zu ihm gefahren.
Der Anwalt hatte betroffen gewirkt. „Aber Sie sind Mr. Marshalls einziges Kind, meine Liebe. Sie dürfen nicht daran zweifeln, dass er Sie geliebt hat, selbst wenn er es nicht immer deutlich zeigte."
Sabine hatte geseufzt. „Seien Sie ehrlich, Mr. Braybrooke. Er hat das Haus, den einzigen materiellen Vermögenswert, meiner Tante und mir zu gleichen Teilen hinterlassen. Ich nehme an, Sie mussten wie ein Tiger darum kämpfen, mir wenigstens diese Hälfte des Besitzes zu sichern. Mit hochgezogenen Brauen hatte Sabine Mr. Braybrooke angesehen. „So war es doch, nicht wahr?
Seine Betroffenheit war in Verlegenheit umgeschlagen. „Ich kann mich wirklich nicht über die vertraulichen Gespräche mit einem Klienten äußern."
Sabine hatte genickt. „Ich wusste, dass ich recht hatte. Schon gut, Mr. Braybrooke. Es ist mir gelungen, mich mit allem abzufinden. Ich glaube, Dad war jemand, der nur einen einzigen Menschen lieben konnte. Er liebte Maman. Als sie starb, war ihm alles genommen. Ich muss ihn ständig an sie erinnert haben. Wahrscheinlich konnte er das nicht ertragen."
Der Anwalt hatte Sabine eine Weile angesehen. „Ich glaube nicht, meine Liebe, dass Ihr Vater immer ein sehr weiser Mann war", hatte er dann leise gesagt.
Als sie jetzt in der stillen Halle stand, empfand Sabine erneut Schmerz über die Zurückweisung durch den Vater. Langsam krümmte sie die Finger, bis die Nägel sich ihr in die Haut gruben. Sie zuckte zusammen und öffnete die Hände.
Dann straffte sie entschlossen die Schultern, ging zum Salon und machte die Tür auf.
„Du bist also gekommen." Tante Ruth saß im Sessel neben dem Kamin, mit dem unvermeidlichen Strickzeug beschäftigt.
Sabine spürte die Feindseligkeit, die ihr entgegenschlug, und fragte sich, wie groß in den letzten Jahren der Einfluss ihrer Tante auf den Bruder gewesen sein mochte.
„Nicht aus eigenem Antrieb, erwiderte sie. „Das Haus muss leergeräumt werden. Dafür habe ich vollstes Verständnis. Wann wird es verkauft?
„Am Freitag. Flüchtig presste Ruth Russell die Lippen zusammen. „Ich habe eine Aufstellung des Mobiliars gemacht und die Stücke angekreuzt, die mir besonders am Herzen liegen.
„Das war gut so, bemerkte Sabine ruhig. „Den Rest können wir zum Verkauf geben.
Die Tante starrte sie an. „Gibt es denn nichts, das du behalten möchtest?"
Sabine schaute sich in dem vertrauten Raum um. Sie lebte jetzt in einer eigenen Wohnung, die hell und freundlich und mit den Dingen ausgestattet war, die sie sich ausgesucht hatte. Sie lebte ihr eigenes Leben. Sie wollte keine Überbleibsel der Vergangenheit, die ihr die Zukunft überschatteten. Und dennoch …
„Nur Mamans Schmuck", antwortete sie.
„Lächerlich, dieser französische Ausdruck für deine Mutter! Jäh stieg Ruth Russell eine hässliche Röte ins Gesicht. „Dann nimm dir ihren Plunder. Ich will ihn nicht.
„Nein! Du hast sie nie gemocht, nicht wahr?"
„Hugh hätte jede Frau haben können!, erwiderte Ruth verbittert. „Aber nein, er hat eine Ausländerin geheiratet, eine Person ohne Hintergrund und Klasse.
„In Frankreich hat es einmal eine Revolution gegeben, entgegnete Sabine gleichmütig. „Dadurch wollte man diese Denkungsart ausräumen und den Menschen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit geben.
Sie warf einen vielsagenden Blick auf die geschäftigen Hände der Tante. „Auch damals wurde viel gestrickt", fügte sie ironisch hinzu.
„Du bist unverschämt."
„Ja, gab Sabine müde zu. „Aber ich habe lange versucht, höflich zu sein, Tante Ruth. Es hat mir nichts genutzt. Du hast deine Abneigung gegen Maman auf mich übertragen, nicht wahr? Ich habe mich oft gefragt, warum. Schließlich bin ich die Tochter deines Bruders.
„Oh, nein! Das bist du nicht."
Die Worte waren mit solcher Gehässigkeit ausgesprochen worden, dass Sabine entsetzt zurückzuckte. Sie war so maßlos erschrocken, als sei die alte Frau plötzlich aufgesprungen und habe ihr einen heftigen Schlag ins Gesicht gegeben.
„Was hast du gesagt?", fragte sie betroffen.
„Ich sagte, du bist nicht das Kind meines Bruders, antwortete Ruth Russell hämisch. „Deine Mutter, die heiß geliebte Maman, über die du mit solcher Verehrung sprichst, war nichts anderes als eine ganz gewöhnliche Schlampe.
„Tante Ruth!, sagte Sabine zornig. „Ich verbitte mir, dass du so über meine Mutter sprichst!
Ruth Russell verzog verächtlich die Lippen. „Sie war bereits schwanger, als Hugh sie kennenlernte, erwiderte sie ungerührt. „Sie lebte als Au-Pair-Mädchen bei den Drummonds, einer wirklich netten Familie, bei denen er zum Abendessen eingeladen war. Mrs. Drummond war schockiert, als sie Isabelles Zustand bemerkte. Sie warf sie aus dem Haus, und vollkommen zu recht, weil sie Angst hatte, dass Isabelle einen schlechten Einfluss auf die Kinder haben könne. Sechs Monate später hat Hugh deine Mutter dann geheiratet. Ich habe ihn auf den Knien angefleht, das nicht zu tun, doch er war vollkommen in diese Frau vernarrt. Für andere, anständige Frauen hat er nie Interesse gezeigt. Ausgerechnet diese Person musste er heiraten! Und jeder wusste, was mit ihr los war. Jeder hat sich über ihn lustig gemacht.
An der Heftigkeit der Reaktion merkte Sabine, dass die Tante einem jahrelang aufgestauten Groll Luft gemacht hatte.
„Du lügst!, entgegnete sie ruhig. „Ich weiß, dass du lügst. Ich habe meine Geburtsurkunde gesehen. Mein Vater ist Hugh Oliver Russell, auch wenn du diese Tatsache am liebsten leugnen würdest.
„Natürlich ist sein Name eingetragen. Er hat deine Geburt ja angemeldet. Er gab vor, dein Vater sein. Es gab ja auch keinen anderen, der das hätte tun können. Er hatte Isabelle geheiratet. Also übernahm er die Verantwortung für dich. Deine Mutter hatte ihn dazu gezwungen."
Es hatte keinen Sinn, mit der Tante zu streiten und ihrer Behauptung zu widersprechen. Das hatte Sabine inzwischen begriffen. Ruth hatte die Wahrheit gesagt, mit einer so wütenden Überzeugungskraft, die keinen Raum für Zweifel ließ. Obgleich Sabine das Gefühl hatte, innerlich zerrissen zu werden, sträubte sie sich doch nicht gegen die brutale Offenheit der Tante. Dadurch wurden endlich viele Fragen beantwortet, die sie seit langer Zeit belastet hatten.
Sie hatte geglaubt, dass sie den Vater irgendwie enttäuscht habe oder gänzlich unliebenswert sei. Nun wusste sie, dass es nicht so war. Sie selbst hatte er nicht abgelehnt, nur das, an was sie ihn erinnerte. Vielleicht war es ihm im Stillen immer zuwider gewesen, dass er seinen Namen dem Kind eines anderen Mannes gegeben hatte. Möglicherweise hatte es ihn auch vergrämt, dass ihm kein eigenes Kind geboren worden war.
„Ich wünschte, Vater hätte mir das erzählt", sagte Sabine.
„Das hätte er nie getan. Er war deiner Mutter viel zu treu ergeben."
Sabine reckte das Kinn. „Wusste er, wer mein leiblicher Vater war?"
Ruth schüttelte nachdenklich den Kopf „Das hat sie nie verraten. In all den Jahren hat sie sich geweigert, über ihn zu sprechen. Nicht einmal die kleinste Andeutung hat sie gemacht."
„Ich zweifle nicht, dass du alles versucht hast, den Namen herauszufinden", erwiderte Sabine trocken.
„Wir hatten ein Recht zu wissen, wessen Bastard wir aufzogen", sagte die Tante mit kalter Stimme.
„So kann man es natürlich auch sehen, stimmte Sabine ihr zu und holte tief Luft. „Ich nehme an, unter diesen Umständen möchtest du, dass ich Mamans Sachen aus dem Haus entferne.
„Ich wollte, dass Hugh das tat, nachdem Isabelle gestorben war. Alles hätte verschwinden sollen, damit jede Spur von ihr ausgelöscht war. Aber er hat sich geweigert. Ungeachtet dessen, was sie ihm angetan hatte, liebte er sie, der verblendete, uneinsichtige Narr!" Tränen rannen Ruth Russell über die Wangen.
„Ich weiß, sagte Sabine leise. „Und deshalb werde ich die Erinnerung an ihn stets in Ehren halten.
Sie stand auf. „Ich fange oben an. Adieu, Tante Ruth. Es gibt keinen Grund, warum wir uns wieder sehen sollten."
„Nein, nicht den Geringsten", erwiderte Ruth scharf. Ihr Ton zerschnitt auch die letzten Bande, die noch zwischen ihr und der Nichte bestanden haben mochten.
Sabine konnte sich nicht überwinden, der Tante die Hand zu geben, und verließ den Salon.
Als sie zur ersten Etage ging, war Sabine noch immer über die in der vergangenen halben Stunde gehörten Enthüllungen betroffen. Sie war hergekommen, um eine unerfreuliche, aber unerlässliche Aufgabe zu erledigen, doch plötzlich sah sie ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt und alles gefährdet, was ihr bis jetzt Sicherheit gegeben hatte.
Wenn keine Blutsbande sie mit Hugh Russell verbanden, dann hatte sie eigentlich kein moralisches Recht, irgendeinen Teil des Erbes für sich zu beanspruchen. Sie würde mit Mr. Braybrooke darüber sprechen müssen.
Doch jetzt wollte sie nicht darüber nachdenken. Sie wollte sich auf die anstehende Aufgabe konzentrieren und sie so schnell und umfassend wie möglich erledigen.
Als die Mutter noch lebte, hatte sie mit ihrem Mann das nach vorn gelegene Schlafzimmer benutzt. Nach ihrem Tod war Hugh in einen der hinteren Räume umgezogen, und Ruth Russell, die Sabine jetzt wohl kaum noch als Tante bezeichnen konnte, hatte das Schlafzimmer übernommen.
Sabine, die damals vierzehn Jahre alt war, hatte auch weiterhin die geräumige Dachkammer bewohnt, in der sie seit frühester Kindheit lebte. Das war ihr geliebtes eigenes Reich gewesen, das ihr zu einem Zufluchtsort wurde, nachdem Ruth Russell begonnen hatte, den Haushalt nach ihren strengen Maßstäben zu führen.
Schließlich war Sabine froh gewesen, als sie der bedrückenden Stimmung im Haus entfliehen und auf die Universität gehen konnte, wo sie Sprachen studierte. Die zunächst noch daheim verbrachten Ferien wurden von Mal zu Mal unerfreulicher, sodass sie die Besuche einstellte und jeden Ferienjob annahm, bei dem auch die Unterkunft gewährleistet war. Nach dem Studienabschluss entschloss sie sich gegen eine Laufbahn als Lehrerin und entschied sich, freiberufliche Übersetzerin zu werden. Bis jetzt hatte sie den Beschluss nicht bereut.
Es erleichterte sie, dass sie mit den ihr zur Verfügung gestellten Stipendien und dem, was sie in den Ferien verdiente, ausgekommen war und keine zusätzliche Unterstützung von Hugh hatte erbitten müssen. Sie war sich sehr bewusst gewesen, dass Ruth Russell ihr jeden Penny geneidet hatte. Denn für Ruth war sie immer eine Außenseiterin, ein Eindringling, gewesen.