Entführt in den Palast des Prinzen
Von Michelle Smart
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Über dieses E-Book
Amalie ist die Richtige! Als Prinz Talos die betörende Violinistin zum ersten Mal spielen hört, beschließt er sofort: Sie muss bei der Jubiläumsgala für den schwer kranken König auftreten. Dass sie sich überraschend weigert, festigt bloß sein Vorhaben. Und wenn er Amalie dafür kaltblütig erpressen und auf seine Insel im Mittelmeer entführen muss! Natürlich nur, weil er mit ihrem Auftritt den Frieden für das Königreich Agon sichern will - nicht, weil er sie mit jedem neuen Tag noch leidenschaftlicher begehrt …
Michelle Smart
Michelle Smart ist ihrer eigenen Aussage zufolge ein kaffeesüchtiger Bücherwurm! Sie hat einen ganz abwechslungsreichen Büchergeschmack, sie liest zum Beispiel Stephen King und Karin Slaughters Werke ebenso gerne wie die von Marian Keyes und Jilly Cooper. Im ländlichen Northamptonshire, mitten in England, leben ihr Mann, ihre beiden Kinder und sie zusammen mit einem niedlichen Cockapoo – einer Kreuzung aus den Hunderassen Cocker Spaniel und Pudel. Was Michelle am meisten am Autorinnen-Dasein liebt, ist, dass sie den ganzen Tag mit Kaffee auf dem Schoß herumsitzen, aber dabei in Gedanken weit weg sein kann … In ihrer eigenen Welt, die sie ganz nach ihrer Vorstellung erschafft.
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Buchvorschau
Entführt in den Palast des Prinzen - Michelle Smart
IMPRESSUM
JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2015 by Michelle Smart
Originaltitel: „Talos Claims His Virgin"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MODERN ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 2266 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Übersetzung: Anike Pahl
Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 01/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733707194
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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1. KAPITEL
Talos Kalliakis senkte den Kopf und rieb sich den schmerzenden Nacken. Die Worte des Arztes hatten ihn bis ins Mark getroffen.
Dann blickte Talos über die Schulter zu seinen beiden Brüdern, deren Gesichter vor Sorge ganz verzerrt waren.
Astraeus Kalliakis – König von Agon und ihr Großvater – lag im Sterben.
Helios, Ältester der drei Brüder und damit Thronfolger, verschränkte die Arme, holte tief Luft und brach das Schweigen. „Wir müssen die Jubiläumsveranstaltung unbedingt vorverlegen."
Ganz Agon brannte darauf, Astraeus’ fünfzigstes Jahr auf dem Thron angemessen zu feiern. Allerdings hatte man als Datum für den großen Tag das Ende des Sommers ins Auge gefasst. Bis dahin dauerte es aber noch sechs Monate.
Und nun teilte ihnen der behandelnde Onkologe ihres Großvaters mit, dass Astraeus vermutlich nicht mehr lange zu leben hatte.
Talos räusperte sich, ehe er sprach. Seine Stimme klang trotzdem entsetzlich heiser. „Ich schlage vor, wir konzentrieren uns auf die Gala und verzichten auf den Rest der Feierlichkeiten – die sind allesamt überflüssig. Lasst uns die Gala zur Kernveranstaltung erklären und dort sein Lebenswerk ehren!"
„Einverstanden, erwiderte Theseus, sein mittlerer Bruder, und nickte. „Wir könnten einen Termin im April festlegen, das wären dann noch drei Monate. Das bringt zwar jede Menge Zeitdruck mit sich, aber das bekommen wir schon hin – mit vereinten Kräften.
Denn wenn nicht, bestand die Gefahr, dass ihr Großvater seine eigene Gala nicht mehr miterlebte. Zwei Monate intensive Chemotherapie sollten ihm etwas Zeit schenken und das Wachstum der Tumore in seinen Organen hemmen. Doch sie würde ihn nicht heilen, dafür war es leider zu spät.
Zwei Monate später
Talos Kalliakis eilte durch den Backstage-Bereich des Opernhauses, in dem das Pariser Nationalorchester gastierte. Er bemerkte die verblasste Tapete, die sich an den Ecken bereits löste, den abgewetzten Teppich und die Feuchtigkeitsflecken an der Decke.
Kein Wunder, dass dieses Gebäude kurz vor dem Abriss stand. Von allen Theaterhäusern, die er während der vergangenen zwei Monate besucht hatte, war dieses bei Weitem das heruntergekommenste.
Aber er war nicht wegen der Ausstattung hier, sondern weil ihm allmählich die Zeit davonlief. Eine spontane Eingebung hatte ihn hierhergetrieben, nachdem ihn die Violinisten der meisten anderen europäischen Orchester maßlos enttäuscht hatten.
Was anfangs wie eine leichte Aufgabe ausgesehen hatte, erwies sich inzwischen als Sisyphusarbeit. Dabei wollte er doch nur einen ganz besonderen Musiker finden, der den Bogen einer Violine auf ebenso elegante und emotionale Art und Weise schwang, wie es seine Großmutter zu ihren Lebzeiten getan hatte. Er war sicher, dass er es sofort heraushören würde, sobald er am Ziel war.
Und der ausgewählte Violinist würde anschließend die Ehre haben, auf der königlichen Gala die letzte Komposition von Talos’ verstorbener Großmutter zum Besten zu geben – begleitet von ihrem oder seinem Orchester.
Im Augenblick reihten sich schätzungsweise ein Dutzend Violinisten des Pariser Nationalorchesters auf der Bühne auf, um für Talos vorzuspielen. Und er wollte nur, dass die Probe schnell vorüber war. Deswegen beeilte er sich, den Flur des Theaters zu durchqueren, um ins Auditorium zu gelangen.
Der schwache Teil seines Charakters versuchte ihm einzureden, einfach irgendeinen Musiker zu engagieren. Immerhin waren sie alle Vollprofis mit musikalischer Ausbildung und einem sicheren Sinn für Töne. Allerdings berührten sie nicht sein Herz, und er war zum ersten Mal in seinem Leben wild entschlossen, eine emotionale Entscheidung zu treffen, anstatt sich ausschließlich von seinem Verstand leiten zu lassen.
Für den Ehrentag seines geliebten Großvaters kam nur das Beste vom Besten infrage. Und auch das Ansehen der ehemaligen Königin verdiente denselben Respekt.
Heute waren der Theaterdirektor, ein Dolmetscher und ein Assistent an Talos’ Seite, während er darauf brannte, dass die Violinisten endlich vorspielten. Die übrigen Musiker saßen ebenfalls im Auditorium.
Ihm ging ununterbrochen im Kopf herum, was er in den vergangenen zwei Monaten alles hatte schleifen lassen. Als hoch qualifizierter Anwalt war er gleichzeitig Chef der Rechtsabteilung seines Familienunternehmens – das er mit seinen beiden Brüdern führte – und musste als solcher sämtliche Käufe, Verkäufe und Fusionen überwachen.
Theseus, der mittlere Kalliakis-Bruder, hatte ein Internet-Start-up entdeckt, in das sie eventuell investieren wollten. Falls die bisherigen Berechnungen stimmten, würde sich ihr Investment innerhalb weniger Wochen vervierfachen. Talos selbst zweifelte allerdings an der Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit ihrer potenziellen Geschäftspartner …
Er hatte fast das Ende des Flurs erreicht, dicht gefolgt von seiner kleinen Entourage, als er plötzlich ein leises Geräusch hinter der Tür zu seiner Linken hörte.
Er blieb stehen und hob die Hand, was die Anwesenden sofort verstummen ließ, und legte ein Ohr an die Tür. Da war es wieder. Das einzige Klassikstück, das er beim Namen kannte.
Ein schwerer Klumpen formte sich in seiner Kehle und wurde mit jedem einzelnen Herzschlag größer und größer.
Einerseits wollte er das Lied klarer hören, andererseits wollte er auf keinen Fall den Musiker stören. Daher drückte er ganz langsam die Klinke hinunter und schob lautlos die Tür auf. Ein Spalt genügte, um die Töne lauter und deutlicher klingen zu lassen.
Seine Brust füllte sich mit Schmerz, und bittersüße Erinnerungen benebelten seinen Verstand.
Er war erst sieben Jahre alt gewesen, als seine Eltern starben. In den darauffolgenden Nächten – bevor seine beiden älteren Brüder aus dem Internat nach Hause kamen – war er untröstlich gewesen.
Königin Rhea Kalliakis, seine geliebte Großmutter, hatte ihn damals auf die einzige Weise beruhigt, die ihr in dieser schrecklichen Situation einfiel. Sie war in sein Kinderzimmer gekommen, hatte sich bei ihm auf die Bettkante gesetzt und ihm Méditation aus Thaïs von Jules Massenets vorgespielt.
An dieses Stück hatte er seit mindestens fünfundzwanzig Jahren nicht mehr gedacht. Das Tempo war anders als das seiner Großmutter, langsamer, doch der Effekt blieb derselbe. Schmerzhaft und tröstend zugleich, wie Balsam für die geschundene Seele … und für Talos fühlte es sich an, als würde er von innen heraus geheilt werden.
Dieser virtuose Musiker hatte es – das gewisse Etwas!
„Dies ist der Richtige", beschloss er und sah dabei den ersten Konzertmeister des Orchesters an.
Der Dolmetscher übersetzte den Satz auf Französisch.
Ohne zu zögern, stieß der Dirigent die Tür ganz auf, und da stand … eine junge Frau. Die Geige hatte sie noch unter ihr Kinn geklemmt, doch der Bogen hing lose in ihrer rechten Hand. Und sie blickte den unerwarteten Besuchern entgegen wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Mit weit aufgerissenen Augen …
Es waren diese Augen.
Sie hatte noch nie etwas Derartiges gesehen. Diese intensive Art, wie er sie angestarrt hatte. Als würde er sie mit seinem Blick durchbohren.
Amalie zitterte immer noch deswegen.
Nervös trat sie aus dem Hintereingang des Theaters hinaus auf den verschneiten, matschigen Parkplatz. Ihren Geigenkasten hielt sie dabei fest umklammert, vor allem deswegen, weil sie den Tragegurt noch nicht hatte reparieren lassen.
Gerade zog sie sich ihre graue Strickmütze tiefer in die Stirn, als eine große schwarze Limousine neben ihr anhielt. Ein dunkler Hüne stieg aus, den sie erst auf den zweiten Blick als Talos Kalliakis erkannte.
Mit seinen aufmerksamen braunen Augen musterte er sie … schon zum zweiten Mal innerhalb der letzten Stunde. Und er löste damit bei ihr ein nervöses Kribbeln aus, genau wie beim ersten Mal!
Als die Tür zum Übungsraum aufgestoßen wurde und sie in lauter fremde Gesichter blickte, war ihr ganz anders geworden. Am liebsten wäre sie vor Scham im Erdboden versunken. Denn sie hatte sich extra nicht für das Vorspielen gemeldet, sondern in aller Abgeschiedenheit darauf gewartet, ob es noch erforderlich war, das gesamte Orchester spielen zu lassen.
Und sie hatte sich versteckt, weil ihre Anwesenheit im Theater zwar Pflicht war, sie der neugierigen Menschenmenge aber unbedingt ausweichen wollte.
Dieser unfassbar attraktive Grieche hatte sie stumm angestarrt, bis sie es kaum noch aushielt, und war dann einfach verschwunden.
Ihr war seine eindrucksvolle Größe gleich aufgefallen. Sie selbst war auch nicht gerade klein, doch er überragte sie noch um mindestens einen Kopf. Und er war extrem muskulös, das konnte nicht einmal sein wollener Wintermantel verbergen.
Ihr Mund wurde trocken.
Sein pechschwarzes Haar trug Talos Kalliakis etwas zu lang, es reichte fast bis auf seine Schultern und lockte sich. Und der dichte Bartschatten betonte sein kantiges Kinn.
Obwohl er bis hinunter zu seinen teuren Lederschuhen maßgeschneiderte Kleidung trug, umgab ihn eine animalische Aura, so als könnte er sich mühelos wie Tarzan im Dschungel von Ast zu Ast schwingen.
Und er sah gefährlich aus. Richtig gefährlich. An seiner rechten Augenbraue zeichnete sich eine Narbe ab, die gut zu seinem entschlossenen Gesichtsausdruck passte.
Mit zwei schnellen Schritten war er bei ihr und streckte ihr seine kräftige Hand entgegen, ohne dabei zu lächeln. „Amalie Cartwright, es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen", sagte er in akzentfreiem Englisch.
Erschrocken fragte sie sich, was er wohl von ihr wollte?
Dann klemmte sie sich hastig ihren Geigenkasten unter den Arm und schüttelte seine Hand, die sich wunderbar warm und stark anfühlte, selbst durch ihren Wollhandschuh hindurch.
„Monsieur Kalliakis", murmelte sie und überlegte verwirrt, in welcher Sprache sie sich unterhalten sollten: Englisch oder Französisch? Denn Griechisch beherrschte sie nicht …
„Ich müsste dringend mit Ihnen sprechen, fuhr er fort. „Bitte steigen Sie ein!
Seine tiefe, etwas heisere Stimme ging ihr unter die Haut. Er wollte, dass sie in sein Auto stieg? Amalies Verwirrung wurde größer, je länger sie darüber nachdachte, wer hier eigentlich vor ihr stand.
Immerhin war er ein königlicher Prinz. Bedurfte es da nicht einiger formeller Umgangsformen? Musste sie vor ihm knicksen? Schließlich war er vorhin verschwunden, ehe sie einander offiziell vorgestellt worden waren.
Schüchtern wich sie einen Schritt zurück und räusperte sich. „Entschuldigen Sie, Monsieur, aber ich glaube nicht, dass zwischen uns Gesprächsbedarf herrscht."
„Ich versichere Ihnen das Gegenteil. Deshalb steigen Sie bitte in den Wagen! Es ist zu kalt, um sich hier draußen zu unterhalten", sagte er entschieden.
„Geht es um das Solo? Ich habe Ihrem Assistenten vorhin schon erklärt, dass ich am Gala-Wochenende verhindert bin. Ein anderes Engagement hat leider Vorrang. Es tut mir leid, wenn Sie diese Nachricht nicht rechtzeitig erreicht hat."
Der Assistent, ein Mann mittleren Alters mit einer unerbittlichen Ausstrahlung, war geradezu entsetzt gewesen, als sie ihm eine Absage erteilt hatte. Und der Konzertmeister hatte