Wenn einer plötzlich Vater ist...: Mami Bestseller 37 – Familienroman
Von Karina Kaiser
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Über dieses E-Book
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»Hörst du die Musik, Christian?« fragte Claudia, als sie an einem Frühjahrstag mit ihrem Freund auf der Suche nach Maiglöckchen durch den Wald streifte. Christian schüttelte den Kopf. »Ich höre nichts«, meinte er. »Die Musik kommt aus dem Schloß! Laß uns einmal nachschauen!« bat Claudia. »Meinetwegen. Aber ich sage dir, da ist keine Musik!« versicherte Christian noch einmal mit Nachdruck. Die Kinder liefen zu einer hohen Steinmauer, die den Schloßpark umgab. Sie kletterten auf die ausladenden Äste einer Weide. Von dort aus schwangen sie sich auf die Mauer. »Wie schön«, flüsterte Claudia entzückt. Das weiße Schloß spiegelte sich in einem See, auf dem ein Schwanenpaar seine Runden zog. Plötzlich war auch wieder der leise Klang einer Flöte zu hören. Claudia mußte unwillkürlich lächeln. Sie fühlte sich wie verzaubert.
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Buchvorschau
Wenn einer plötzlich Vater ist... - Karina Kaiser
Leseprobe:
Geheimnisse
LeseprobeGreta van de Jong verließ das Seniorenheim und trat auf die Straße. Es war ein sonniger Septembernachmittag, im nahen Park spielten Kinder. Das Laub der Linden, die am Ufer des Ententeichs wuchsen, färbte sich allmählich bunt. Ein vertrockneter Samenstand segelte wie eine verirrte Erinnerung an den Sommer an ihr vorbei und landete lautlos im Rinnstein. Lichtreflexe sprenkelten das Teichwasser golden. Eine junge Frau saß auf einer Bank und las. Erbeerrosa funkelte das Licht in einem ihrer Ohrringe. »Erbeereis«, murmelte Greta. Noch immer lieferten sich die Gedanken in ihrem Kopf eine Schlacht und wirbelten wild durcheinander. Was war nur los mit der Realität eines ganz normalen Dienstags im September? Eben noch war ihre Welt im Einklang gewesen, sozusagen rund gelaufen wie der Motor eines gut gepflegten Oldtimers. Und jetzt hatte sie das absonderliche Gefühl, von einem übelgelaunten Magier in einen riesigen Staubsauger gezogen worden zu sein, wo alles und jeder in einem irren Kreisel aus Verwirrung und Verrücktheit herumgewirbelt wurde, sozusagen eine Endlosschleife des Wahnsinns. Per war nicht Per. Es gab keine Henni, die er im Heim besucht hatte. Mit wem aber hatte sie, Greta, die letzten Nachmittage im Heim verbracht, mit Einbildungen, Illusionen, Spiegelbildern ihrer Phantasie? Sie lehnte es ab, das auch nur in Erwägung zu ziehen. Sie war so klar im Kopf wie immer und die Bürofrau im Heim eine Lügnerin. Nur so ergab das Ganze ein Bild, auch wenn es scheinbar sinnlos war. Doch wie hatte ihr literarischer Lieblingsdetektiv Sherlock Holmes es immer ausgedrückt?
Mami Bestseller
– 37 –
Wenn einer plötzlich Vater ist...
Marius fängt ein völlig neues Leben an
Karina Kaiser
»Hörst du die Musik, Christian?« fragte Claudia, als sie an einem Frühjahrstag mit ihrem Freund auf der Suche nach Maiglöckchen durch den Wald streifte.
Christian schüttelte den Kopf. »Ich höre nichts«, meinte er.
»Die Musik kommt aus dem Schloß! Laß uns einmal nachschauen!« bat Claudia.
»Meinetwegen. Aber ich sage dir, da ist keine Musik!« versicherte Christian noch einmal mit Nachdruck.
Die Kinder liefen zu einer hohen Steinmauer, die den Schloßpark umgab. Sie kletterten auf die ausladenden Äste einer Weide. Von dort aus schwangen sie sich auf die Mauer.
»Wie schön«, flüsterte Claudia entzückt. Das weiße Schloß spiegelte sich in einem See, auf dem ein Schwanenpaar seine Runden zog. Plötzlich war auch wieder der leise Klang einer Flöte zu hören. Claudia mußte unwillkürlich lächeln. Sie fühlte sich wie verzaubert.
»Ich kann niemanden sehen. Woher die Musik wohl kommen mag«, wunderte sich Christian.
Als Claudia keine Antwort gab, sprang er von der Mauer in den Schloßpark. »Komm doch auch!« forderte er Claudia auf.
Sie besann sich einen kurzen Augenblick, dann tat sie es ihm nach. Von der Musik war nichts mehr zu hören. Es war unglaublich still. Das dichte Laubwerk uralter Bäume ließ die Frühjahrssonne nur an einigen Stellen durchdringen.
»Laß uns lieber wieder zurückgehen, Christian«, meinte Claudia.
Der Junge schüttelte stumm den Kopf. Auch ihm war die ganze Sache nicht geheuer. Zurückgehen kam für ihn trotzdem nicht in Frage. Er ergriff Claudias Hand, und die Kinder gingen ein paar Schritte auf das Schloß zu.
Plötzlich trat hinter dem dicken Stamm einer Eiche ein Junge hervor. Er hielt eine Flöte in seiner rechten Hand.
Claudia wußte, daß er nicht zum Schloß gehörte. Die Gräfin und der Graf, die das Schloß bewohnten, hatten keine Kinder. Außer Zweifel stand für Claudia jedoch, daß dieser Junge ein Prinz war und aus fürstlichem, wenn nicht gar königlichem Hause stammte. Sein schmales, feingeschnittenes Gesicht war von einer Fülle hellblonder Locken umgeben. Am schönsten fand Claudia jedoch seine großen, strahlenden blauen Augen.
»Was machst du denn hier?« fragte Christian herausfordernd.
Der Junge lächelte. »Ich besuche meine Tante und meinen Onkel.«
»Hm«, Christian blickte auf die Flöte in der Hand des anderen Jungen. »Hast du vorhin damit gespielt?«
»Ja.«
»Ich habe dich gehört«, fiel Claudia rasch ein. Ihre Wangen röteten sich. »Es war sehr schön«, fügte sie hinzu.
»Wenn du möchtest, spiele ich das Lied noch einmal. Es ist von Franz Schubert«, entgegnete der Junge.
»O ja! Bitte, sei so nett, und spiele es noch einmal!« bat Claudia begeistert.
Der Junge setzte die Flöte an seinen Mund. Sein Gesicht war sehr ernst und sehr schön. Claudia lauschte entzückt. »Sogar die Schwäne hören dir zu«, meinte sie, als der letzte Ton verklungen war.
Die Kinder sahen zu den Schwänen hinüber, die aus dem See gekommen waren und sich auf dem Rasen in der Sonne niedergelassen hatten.
In diesem Moment ertönte das Gekrächz einer Krähe. »Die fand das bestimmt gar nicht schön«, mutmaßte Christian. Er ärgerte sich, weil er fand, daß Claudia etwas zuviel Getue um den anderen Jungen machte. »Krähen verstehen nichts von Musik. Sonst würden sie nicht immer so häßlich krächzen«, entgegnete Claudia.
In diesem Augenblick erschien auf der anderen Seite des Sees eine weißgekleidete Frau. »Benedikt!« rief sie.
Der blonde Junge lächelte Claudia zu. »Ich muß jetzt gehen«, sagte er bedauernd.
»Spielst du morgen wieder auf der Flöte?« fragte Claudia rasch.
Er schüttelte den Kopf. »Nein, wir fahren heute abend schon wieder nach Hause.«
»Benedikt! Wo bleibst du denn?« rief die Frau vom anderen Ufer des Sees.
»Ich muß jetzt gehen. Auf Wiedersehen«, sagte Benedikt und rannte fort.
»Ein alberner Fatzke!« meinte Christian, als der andere Junge ihn nicht mehr hören konnte.
»Er ist kein Fatzke! Ich finde ihn sehr nett!« widersprach Claudia.
Christian steckte seine Hände in die Taschen seiner Jeans. »Wenn du ihn lieber hast als mich, dann gehe doch zu ihm!« stieß er hervor.
Claudia war beleidigt. Ohne sich um Christian zu kümmern, lief sie zur Mauer zurück. Sie fand jedoch keinen Baum, von dem aus sie auf die Mauer klettern konnte.
Christian war ihr langsam gefolgt.
»Wie sollen wir jetzt über die Mauer kommen?« fragte Claudia.
»Du mußt dich auf meine Schultern stellen. Und wenn du oben bist, hilfst du mir, damit ich auch hinaufklettern kann«, schlug Christian vor.
Claudia stieg auf die Schultern ihres Freundes. »Beeil dich!« stieß Christian keuchend hervor. Obwohl Claudia sehr schmal und zierlich war, schwankte er unter ihrem Gewicht.
Nach einer ganzen Weile gelang es Claudia, die Mauer zu erklimmen. Ohne es zu bemerken, riß sie dabei ein großes Dreiangel in ihr rotes Röckchen.
»Jetzt kommst du an die Reihe!« rief sie Christian zu. Sie beugte sich, so weit es ging, nach vorne und streckte ihm ihre Hand entgegen. Als Christian sie ergriff und sich daran festhalten wollte, zog er Claudia wieder von der Mauer herunter. Sie fiel auf das weiche Moos.
»Hast du dir weh getan?« fragte Christian ganz erschrocken.
»Nein!« Claudia strich sich mit ihren Händen die hellbraunen Haare aus dem Gesicht.
»Wie sollen wir jetzt wieder nach Hause kommen?« meinte Christian beklommen.
»Wir können doch einfach durch das Tor gehen!« schlug Claudia vor.
»Ja! Vielleicht ist es offen!« stimmte Christian zu.
Die Kinder rannten quer durch den Park auf das hohe schmiedeeiserne Tor zu. Es war nicht verschlossen und quietschte, als sie es öffneten.
Claudia lächelte ihrem Freund
zu, und Christian gab das Lächeln zurück. Sie kamen sich vor wie Verschwörer.
»Jetzt haben wir aber gar keine Maiglöckchen. Du wolltest sie doch deinem Vater mitbringen«, erinnerte Christian.
»Ich pflücke morgen für Papa Maiglöckchen. Jetzt muß ich nach Hause gehen. Die Kirchenglocken haben schon geläutet«, antwortete Claudia.
»Ich hole dich morgen zur Schule ab«, meinte Christian.
»Ja! Ich warte auf dich!« rief Claudia, und dann rannte sie los, so daß ihr rotes Röckchen und ihre Haare flogen.
Christian blickte ihr nach, bis er sie nicht mehr sehen konnte.
*
»Claudia, wie siehst du nur wieder aus? Habe ich dir nicht gesagt, daß du auf deine Kleidung aufpassen sollst?« schimpfte Matthias mit seiner kleinen Tochter.
Claudia sah bittend zu ihm auf. »Es tut mir leid, Papa. Ich habe gar nicht gemerkt, daß ich meinen Rock zerrissen habe. Sei mir nicht böse«, bat sie.
»Das sagst du immer! Beeil dich jetzt ein bißchen. Wasch dich und iß dein Abendbrot, damit du ins Bett kommst«, erwiderte Mathias ungeduldig.
»Gehst du heute abend wieder weg, Papa?