Gib mir eine Heimat: Der Bergpfarrer 231 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
()
Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
»Herr Pfarrer Trenker, bitte«, ertönte die Stimme aus dem Lautsprecher über der Tür zum Gerichtssaal. Sebastian, der auf der Bank wartete, die auf dem Flur des Gerichtsgebäudes stand, erhob sich und nickte dem Justizbeamten, der ihm die Tür geöffnet hatte, freundlich zu und trat ein. Mit schnellem Blick erfasste er den Verhandlungsraum. Auf den Zuschauerbänken saßen kaum Leute, am Richtertisch hatte Dr. Wehler Platz genommen, an den Tischen rechts und links davon saßen der Staatsanwalt, Dr. Gerhard, sowie der Verteidiger Rechtsanwalt Nissen. Neben ihm die Angeklagte. Eben hatte Konrad Wiltinger ausgesagt und sich anschließend auf die Zeugenbank gesetzt. »Grüß Gott«, sagte der Geistliche und blickte Dr. Wehler an. Der Jugendrichter lächelte und deutete auf einen Stuhl vor seinem Tisch. »Grüß Gott, Hochwürden«, erwiderte er. »Nehmen S' doch bitte Platz. Schön, Sie mal wieder zu sehen, wenngleich ich mir auch einen anderen Anlass für dieses Wiedersehen gewünscht hätt'.« »Geht mir net anders«, schmunzelte der gute Hirte von St. Johann und setzte sich.
Mehr von Toni Waidacher lesen
Der Bergpfarrer (ab 375)
Ähnlich wie Gib mir eine Heimat
Titel in dieser Serie (100)
Der Bergpfarrer 79 – Heimatroman: Wo das Edelweiß blüht… Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 102 – Heimatroman: Die Tochter seines ärgsten Feindes… Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 124 – Heimatroman: Ich bringe dir das Glück zurück Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 112 – Heimatroman: Was kümmern uns die Leut'? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 118 – Heimatroman: Wer andere auf die Probe stellt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 105 – Heimatroman: Sagt mir, wer mein Vater ist Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 78 – Heimatroman: Stille Tränen – neues Glück? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 107 – Heimatroman: Intrige aus Liebe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 99 – Heimatroman: Von der Liebe vergessen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 100 – Heimatroman: Geh' nicht am Glück vorbei Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 110 – Heimatroman: Wenn aus Freundschaft Liebe wird Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 116 – Heimatroman: Die Macht der Liebe wird uns helfen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 108 – Heimatroman: Solang du nur zu mir hältst! Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 109 – Heimatroman: Liebe auf den zweiten Blick Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 106 – Heimatroman: Er brach ihr das Herz Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 103 – Heimatroman: Dich hat mir der Himmel geschenkt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 114 – Heimatroman: Er wollte ihr eine Heimat geben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 115 – Heimatroman: Katharinas neues Glück Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 117 – Heimatroman: Weil sie eine Fremde war Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 119 – Heimatroman: Braut für einen Tag Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 101 – Heimatroman: Nimm mich, wie ich bin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 104 – Heimatroman: Der unbeugsame Bergbauer Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 125 – Heimatroman: Maria – eine erfolgreiche Frau Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 113 – Heimatroman: Ein Mann mit vielen Gesichtern Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 123 – Heimatroman: Hochzeit mit Hindernissen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 120 – Heimatroman: Er fühlt sich schuldig Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWeil das Schicksal es so wollte: Der Bergpfarrer 133 – Heimatroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 121 – Heimatroman: Ein teuflischer Plan Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRuf des Herzens: Der Bergpfarrer 138 – Heimatroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWenn sich drei Herzen finden...: Der Bergpfarrer 128 – Heimatroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnliche E-Books
Laurins Zorn: Die Fälle des Major Joschi Bernauer Band 5 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Böse hinterm Deich: Hinterm Deich Krimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Mann im Schatten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 376 – Heimatroman: Finden wir unser Glück? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDrogen, Sex und Drachentöter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDes anderen Herz: Kurzkrimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPalzki ermittelt: 30 Rätsel-Krimis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWilsberg und die Wiedertäufer: Wilsbergs 5. Fall Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Ein ganz besonderer Liebesbote: Toni der Hüttenwirt 156 – Heimatroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 104 – Heimatroman: Der unbeugsame Bergbauer Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein unscheinbarer Mann oder eine Frage der Wahrnehmung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBedford Hope (Bedford Band 1) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Glück wartet auf dich, Elisa!: Der kleine Fürst 158 – Adelsroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Uckerrusse Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Fall Deruga Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStilles Töten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchwedische Gardinen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVom Wedding verweht: Menschliches, Allzumenschliches Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer rätselhafte Feind: Detektiv Asbjörn Krag-Krimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWilli Bruckners Heimkehr: Der Bergpfarrer 337 – Heimatroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Sorgenzerstäuber Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Spiel mit dem Feuer: Der Bergpfarrer (ab 375) 477 – Heimatroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIch halte zu dir, Christian!: Der kleine Fürst 392 – Adelsroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDéjà-vu des Teufels Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Sohn: Aus den Papieren eines Arztes Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZeitbombe: Lenz' achter Fall Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Die verlorene Melodie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWasserGeld: Kampf um den Wassermarkt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRembrandts Geliebte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLangeooger Leiche. Ostfrieslandkrimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Zeitgenössische Romantik für Sie
Mit dir kommt das Glück Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Gefangene der Mafia: Mafia Ménage Trilogie, #1 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWeiße Nächte: Aus den Memoiren eines Träumers (Ein empfindsamer Roman) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEntehrt von einem Highlander Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Geliebte des griechischen Reeders Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDoktorluder Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDem Paradies so nah Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWie erobert man einen Earl? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBlitzhochzeit mit dem arroganten Griechen? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEine Nacht, ein Jahr - ein Leben? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenA Pretty Mess Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUnbedarft: Raw, #1 Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Finnische Träume - Teil 2 | Roman: Eine verbotene Liebe ... Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDu hast mich wachgeküsst Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHot Shot: BDSM Romance Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEntjungfert Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Duke, der mein Herz stahl Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKleines Biest | Kurzgeschichte: Der etwas andere Bar-Besuch Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Komm mit mir nach Caracas Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Flitterwochen mit dem Feind Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Penthouse-Affäre Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLieben Sie mich, Marquess! Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Peiniger: Mein Peiniger, #1 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGestohlene Unschuld Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie verbotene Babysitterin: Ein Milliardär - Liebesroman: Nachtclub-Sünden, #1 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Hilfe: Könige der Linwood-Akademie, #1 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAuf der Suche nach dem Earl ihrer Träume Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFinnische Träume - Teil 1 | Roman: Eine verbotene Liebe ... Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Duke mit dem versteinerten Herzen: Digital Edition Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGeliehenes Glück Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5
Rezensionen für Gib mir eine Heimat
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Gib mir eine Heimat - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 231 –
Gib mir eine Heimat
Endlich auf der Sonnenseite des Lebens?
Toni Waidacher
»Herr Pfarrer Trenker, bitte«, ertönte die Stimme aus dem Lautsprecher über der Tür zum Gerichtssaal.
Sebastian, der auf der Bank wartete, die auf dem Flur des Gerichtsgebäudes stand, erhob sich und nickte dem Justizbeamten, der ihm die Tür geöffnet hatte, freundlich zu und trat ein.
Mit schnellem Blick erfasste er den Verhandlungsraum. Auf den Zuschauerbänken saßen kaum Leute, am Richtertisch hatte Dr. Wehler Platz genommen, an den Tischen rechts und links davon saßen der Staatsanwalt, Dr. Gerhard, sowie der Verteidiger Rechtsanwalt Nissen. Neben ihm die Angeklagte. Eben hatte Konrad Wiltinger ausgesagt und sich anschließend auf die Zeugenbank gesetzt.
»Grüß Gott«, sagte der Geistliche und blickte Dr. Wehler an.
Der Jugendrichter lächelte und deutete auf einen Stuhl vor seinem Tisch.
»Grüß Gott, Hochwürden«, erwiderte er. »Nehmen S’ doch bitte Platz. Schön, Sie mal wieder zu sehen, wenngleich ich mir auch einen anderen Anlass für dieses Wiedersehen gewünscht hätt’.«
»Geht mir net anders«, schmunzelte der gute Hirte von St. Johann und setzte sich.
Er sah zu dem jungen Madel, das, im Gegensatz zu ihrer ersten Begegnung, heute eher ein wenig kleinlaut wirkte. Ganz eingesunken saß Carolin Gerres neben ihrem Verteidiger und harrte der Dinge, die da wohl oder übel kommen mochten.
»Hochwürden, Sie sind als Zeuge geladen«, wandte sich der Richter an den Geistlichen. »Wie Sie wissen, verhandeln wir hier einen Fall von Ladendiebstahl. Bitte schildern Sie dem Gericht, was Sie am Sechsten diesen Monats in der Marktstraße beobachtet haben.«
Sebastian nickte. Er lehnte sich zurück und schloss für einen Moment die Augen.
»Ich hatte eines meiner Pfarrkinder im Krankenhaus besucht«, erzählte er dann. »Da ich noch ein paar Besorgungen zu erledigen hatte, bin ich zu Fuß durch die Stadt gebummelt und war in verschiedenen Geschäften.
Auf dem Weg zurück zum Parkhaus kam ich durch die Marktstraße. Es war so gegen fünfzehn Uhr. An der Ecke Marktstraße/Brauergasse hörte ich plötzlich laute Stimmen. Jemand rief so etwas wie: Halt stehen bleiben! Polizei! Haltet den Dieb!«
Im nächsten Moment stürzte eine Gestalt aus der Tür eines Bekleidungsgeschäftes, direkt in die Arme des Bergpfarrers.
»Hoppla«, sagte Sebastian und griff geistesgegenwärtig zu.
Glücklicherweise, denn ansonsten wäre die sehr junge Frau böse aufs Pflaster geschlagen und hätte sich bestimmt arg verletzt.
Gleich darauf kam ein Mann aus dem Geschäft gelaufen. »Festhalten!«, brüllte er. »Ja, net loslassen!«
Sebastian brauchte nur einen Sekundenbruchteil, um die Situation zu erfassen. Ganz offensichtlich handelte es sich bei dem Teenager um eine Ladendiebin, die Beute, ein dunkles T-Shirt, hielt es noch in der zusammengekrallten Hand.
»Gott sei Dank, Sie haben das kleine Biest!«, japste der Mann erleichtert und versuchte, der Diebin das Kleidungsstück aus der Hand zu zerren. »Los, gib her!«
Sebastian hielt das Mädchen immer noch fest.
»Stimmt das?«, fragte er, obgleich alles dafür sprach, »hast du das T-Shirt gestohlen?«
Die junge Frau schwieg und starrte ihn nur aus dunklen Augen finster an.
Es war ein an sich hübsches Gesicht, wenn auch vielleicht durch ein bissel zu viel Schminke entstellt. Dazu passten indes die Haare, die blond und grün gefärbt in wilden Strähnen vom Kopf abstanden.
»Freilich hat sie’s gestohlen«, ereiferte sich der Ladenbesitzer. »Und getreten hat sie mich obendrein!«
Er rieb sie die Stelle am rechten Schienbein, als bemerke er erst jetzt wieder den Schmerz.
»Aber wart’ nur ab«, setzte der Mann drohend hinzu, »die Polizei ist jeden Moment da!«
Im selben Augenblick bog auch schon der Streifenwagen um die Ecke, und zwei Beamte stiegen aus.
»Na, na, na, Hochwürden«, scherzte Wolfgang Gremser, der schon öfter in St. Johann Max vertreten hatte, »Sie werden doch wohl hoffentlich net vom Pfad der Tugend abgewichen sein?«
»Sicher net«, schmunzelte der Bergpfarrer und reichte den Kollegen seines Bruders die Hand. »Das Madel hier scheint die Übeltäterin zu sein.«
»Ach, Caro!«
Dem Ausruf war zu entnehmen, dass Wolfgang die Ladendiebin nicht nur beiläufig kannte, er hatte wohl schon öfter mit ihr zu tun gehabt.
Der Beamte ließ sich den Tathergang von dem Besitzer des Geschäftes schildern, dann sah er das Madel mit hochgezogener Augenbraue und geschürzten Lippen an.
»Tja, Caro, diesmal wirst’ wohl net um ein paar Monate Jugendarrest herumkommen«, sagte er. »Wiederholter Ladendiebstahl, und heut’ kommt auch noch Körperverletzung hinzu … Da ist die Bewährung schnell dahin.«
Sebastian nahm den Beamten beiseite, während dessen Kollege die Diebin bereits in den Streifenwagen sperrte und anschließend die Schaulustigen vertrieb, die sich, wie immer wenn etwas geschehen war, rasch angesammelt hatten.
»Du kennst das Madel?«, fragte der Geistliche.
Wolfgang Gremser nickte.
»Ja, und es ist eine traurige Geschichte, muss ich dazu sagen.«
Er deutete mit dem Kopf zum Polizeiauto hinter dessen hinteren Seitenscheibe das Gesicht des Mädchens zu sehen war. »Das ist Carolin Gerres, genannt ›Caro‹«, fuhr der Polizist fort. »Ihre Eltern starben, als sie gerade mal drei Jahre alt war. Eine Verwandte, die mit dem Kind nicht fertig wurde, ließ Carolin durch das Jugendamt in ein Heim einweisen. Vor fünf Jahren wurde sie zum ersten Mal auffällig, lief aus dem Heim fort und wurde beim Ladendiebstahl erwischt. Damals war sie ja noch net strafmündig, aber vermutlich wurd’ sie im Heim bestraft.«
Carolin Gerres lief noch viele Male fort, wurde aber meist nach kurzer Zeit wieder aufgegriffen und ins Heim zurückgebracht. Inzwischen strafmündig geworden, erhielt sie vor einigen Monaten eine Jugendstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
»Hat leider net bewirkt, dass sie einsichtig wurde«, schloss Wolfgang Gremser. »Die Fahndung nach ihr läuft seit zwei Wochen. Da ist sie wieder mal aus dem Heim davongelaufen. Und diesmal wird der Richter wohl keine Milde walten lassen.«
*
»Ja, vielen Dank, Herr Pfarrer«, sagte der Jugendrichter, nachdem der Geistliche seine Aussage gemacht hatte. »Das deckt sich im Wesentlichen auch mit der Schilderung des Herrn Wiltinger, dem Geschädigten.«
Lorenz Nissen räusperte sich.
»Darf ich einen Einwand machen, Hohes Gericht«, fragte der junge Rechtsanwalt und sprach weiter, ohne eine Antwort des Richters abzuwarten. »Von einem Geschädigten würd’ ich in diesem Fall net sprechen wollen. Schließlich hat der Herr Wiltinger sein Eigentum ja zurück erhalten.«
Sebastian Trenker lächelte. Der Verteidiger legte sich für seine Mandantin wirklich ins Zeug. Dabei stand fest, dass er an diesem Prozess nicht viel verdienen konnte.
Dr. Wehler sah den Anwalt über den Rand seiner Brille hinweg tadelnd an.
»Und der Schmerz, der dem Herrn Wiltinger zugefügt wurde, zählt net?«
Der Ladenbesitzer nickte nachdrücklich. Der Richter schlug die Mappe zu und verkündete, dass die Beweisaufnahme abgeschlossen sei. Der Staatsanwalt und Anwalt Nissen mögen ihre Plädoyers halten.
Wie nicht anders erwartet, forderte Dr. Gerhard, man möge Carolin Gerres wegen Ladendiebstahls im Wiederholungsfall mit acht Wochen Jugendarrest bestrafen, mit anschließender Einweisung in ein Heim für schwer erziehbare Jugendliche, bis sie das achtzehnte Lebensjahr vollendet habe.
Lorenz Nissen wies auf die schwere Jugend seiner Mandantin hin und bat, das Gericht möge noch einmal Gnade vor Recht ergehen lassen. Der Richter hörte sich alles an und erklärte, das Urteil in einer halben Stunde verkünden zu wollen.
Sebastian Trenker hatte wieder auf der Bank im Flur Platz genommen. Eigentlich hätte er wieder nach St. Johann fahren können, doch er wollte noch abwarten, wie das Urteil ausfiel. Der Geistliche sah erstaunt auf, als der Rechtsanwalt ihn ansprach.