Des anderen Herz: Kurzkrimi
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Über dieses E-Book
Und während sie liest, entsteht vor ihrem inneren Auge eine Geschichte, die so erschreckend berührend ist, dass sie selbst ein Teil dieser Geschichte wird.
Sie liest von einem Mord in einem tristen Mehrfamilienhaus, und dass es sich bei dem im Treppenhaus Erstochenen, um den Herzchirurgen Prof. Dr. Herbert Kirch handelt. Dieser befand sich, so ermitteln die Kommissare schließlich, auf dem Wege zu einer Patientin – Frau Ziemann –, die er für Geld überredet hatte, sich ein neues Herz einsetzen zu lassen, ungeachtet der Tatsache, dass es bei ihr nicht wirklich notwendig war.
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Buchvorschau
Des anderen Herz - Siegfried Ahlborn
Siegfried Ahlborn
Des anderen Herz
Kurzkrimi
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VerlagslogoInhaltsverzeichnis
Titel
Des anderen Herz
Impressum neobooks
Des anderen Herz
Als die Richterin Paula Erdmann an diesem Morgen ihr Büro betritt, fällt ihr Blick auf eine Akte – vom Sekretär auf ihrem Schreibtisch zur Beurteilung abgelegt –, die sie aufmerken lässt. Sie schlägt sie auf, überfliegt den Inhalt, und beginnt dann zu lesen. Und von Wort zu Wort, und mehr und mehr, gestaltet sich der Inhalt der Akte zu einem Roman, der sie mitreißt und zu einem Teil ihrer eigenen Seele wird. Sie liest:
Es geschah an einem Mittwoch am helllichten Tage, dass dem gut gekleideten Herrn, der eben von der Straße kommend in das triste Mehrfamilienhaus getreten war, ein Messer von hinten ins Herz gestoßen wurde, und dass sich gleich darauf trippelnd-schlurfende Schritte eilig entfernten.
Das geschah wie gesagt am helllichten Tage, im schmucklosen Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses, gerade um die Mittagszeit, wo sich die Bewohner des Hauses bei der Arbeit befanden oder in der Küche beschäftigt waren.
Doch gerade einmal eine halbe Stunde später stolperte, im wahrsten Sinne des Wortes, Frau Kuhnast auf dem Weg in den Keller über den Herrn, der in einer Blutlache vor ihrer Türe am Fuße der Treppe lag. Vor Entsetzen stieß sie einen hellen Schrei aus, woraufhin sich eine Tür weiter oben im Treppenhaus öffnete und ein Student herausschaute.
»Markus!«, rief Frau Kuhnast atemlos, »kommen Sie schnell, ich glaube der Herr hier ist gestürzt.«
Markus kam die Treppe herab, um dem Fremden zu helfen, schreckte aber zurück, als er das viele Blut sah. Er bückte sich vorsichtig und berührte ihn: »Hallo!«, rief er. »Hallo, sind Sie gestürzt?«
Der Mann rührte sich nicht und das Ganze sah sehr unheimlich aus. »Schnell!«, sagte er dann zu Frau Kuhnast, indem er sich wieder aufrichtete, »rufen Sie einen Krankenwagen, und am besten auch gleich die Polizei, da stimmt was nicht.«
Frau Kuhnast eilte in ihre Wohnung zurück, froh, etwas tun zu können und zu wissen, dass sie die Verantwortung für diese Situation abgeben konnte.
Markus blieb bei dem gestürzten Fremden und harrte aus. Er setzte sich auf die Stufen der Treppe, die nach oben ging und betrachtete den leblosen Körper. Dieser lag mit dem Bauch nach unten und man konnte gut sehen, dass das Blut nicht aus einer Kopfverletzung kam, sondern durch die Jacke am Rücken nach unten gelaufen war.
Was war geschehen? Ein Mord? Aber warum? Und warum hier?
Da kam ihm plötzlich ein furchtbarer Verdacht. Hatte die Dame in der Wohnung ihm gegenüber nicht gestern gesagt, dass ein Herzspezialist kommen wolle, um sie zu beraten wegen ihres Herzens, welches schon lange so schlecht sei, dass sie wohl ein neues brauche, und dass dieser Spezialist kommen wolle, um sie dahingehend zu überreden. – Ja, so hatte sie gesagt: Überreden
. Fast scherzhaft hatte es geklungen. Könnte der Tote da dieser Spezialist sein? Wollte jemand diese Unterredung oder Überredung
verhindern – durch einen Mord?
Er überlegte, ob er bei seiner Nachbarin klingen solle, da diese nichts gehört zu haben schien. Doch da kam in diesem Moment Frau Kuhnast zurück, blieb in ihrer Tür stehen, als habe sie Angst näher zu kommen und sagte: »Rettungsdienst und Polizei kommen sofort.«
Markus nickte und sie fragte nach einer kleinen Pause: »Ist er ermordet worden?«
»Wie kommen Sie darauf?«, fragte Markus zurück.
»Ich weiß nicht", sagte sie leise, »vielleicht sehe ich zu viele Krimis.«
»Kann sein«, antwortete er »Aber ich glaube auch, dass er ermordet wurde. Vielleicht ist es der Herzspezialist, der Frau Ziemann besuchen wollte.«
»Frau Ziemann?», fragte Frau Kuhnast ungläubig. «Warum denn Frau Ziemann? – Ach ja, wie dumm von mir, wegen des Herzens. Wollte der denn heute kommen?«
»Ja«, sagte Markus, während sich ein Martinshorn näherte, und gleich darauf mehrere Autos vor der Tür hielten.
Markus stieg vorsichtig über den reglosen Körper und öffnete die Tür den anstürmenden Sanitätern und der ihnen folgenden Polizei.
Und während sich der mitgekommene Notarzt über den am Boden Liegenden beugte, fragten die Polizisten, die aber erst einmal in der Tür stehen geblieben waren: »Ist das jemand aus diesem Hause?«
»Nein«, antworteten Markus und Frau Kuhnast wie aus einem Munde.
Da schaute der Notarzt auf, schüttelte den Kopf und sagte zu den Polizisten: »Da kann ich nichts mehr tun. Ein Unfall war es aber nicht. Er ist erstochen worden.«
Markus und Frau Kuhnast zuckten zusammen, und einer der Polizisten meinte ganz ruhig: »Dann müssen die Kollegen vom Mord kommen.« Und zu den Bewohnern gewandt: »Gehen Sie bitte in Ihre Wohnungen zurück. Man wird sich bei Ihnen melden.«
»Und uns anhören wollen Sie nicht?«, fragte Frau Kuhnast ganz enttäuscht.
»Es reicht, wenn Sie uns Ihre Namen nennen«, antwortete er und sein Kollege ergänzte: »Die Kollegen vom Mord werden sich später um Sie kümmern.«
Also gaben sie bereitwillig ihre Namen zu Protokoll, und gingen dann in ihre Wohnungen zurück.
Gleich darauf und gemeinsam mit dem Pathologen und der Spurensicherung, trafen die Kommissare ein. Es waren der Kommissar Stern und sein Assistent Olaf Kindel. Zwei vollkommen unterschiedliche Typen, die sich aber derart aufeinander eingespielt hatten, dass man sie in ihren Kreisen, wenn sie gemeinsam auftraten, nur den „Kindel-Stern" nannte.
Ach, denkt Richterin Paula Erdmann, diese Herren kenne ich, und liest gespannt weiter:
Der Kommissar war ein mittelgroßer, stämmiger Mann mit kurzen Haaren, Dreitagebart und wachen, ruhigen Augen. Olaf hingegen, war jung, schlank, lebhaft mit hellen, schnellen Augen und blonden Haaren, welche die Ohren wellig bis zur Hälfte bedeckten. Er war im Gegensatz zu dem Kommissar, der freundlich, nüchtern und realitätsbewusst war, ein Schnelldenker mit der Neigung zum Übersinnlichen.
Sie besprachen sich kurz mit den Polizisten, bekamen die Namen der Augenzeugen, betrachteten den Ermordeten, hörten sich an, was der Pathologe zu sagen hatte und machten sich ihre Gedanken und Notizen. Dann schauten sie nach, ob er etwas bei sich hatte. Das waren: Brieftasche mit Ausweis und Visitenkarte, Portemonnaie und ein Handy. Und im Ausweis stand: Herbert Kirch, geboren am 12. Dezember 1969.
»Fünfzig Jahre«, murmelte der Kommissar und las laut, was auf dem Visitenkärtchen stand: »Prof. Dr. Herbert Kirch, Herzchirurg, Paulsklinik.«
»Was will ein Herzchirurg hier?«, fragte er dann seinen Assistenten Olaf – fuhr aber, ohne eine Antwort abzuwarten, fort: »Das ist das Erste, was wir jetzt herausfinden müssen.«
Olaf nickte, zuckte dann aber mit den Schulter und meinte versonnen: »Das ist aber auch noch nicht alles, was wir herausfinden müssen.«
»Wie, noch nicht alles«, wunderte sich der Kommissar.
»Also«, fuhr Olaf fort, »ich meine, das ist noch nicht alles, was uns interessieren muss. Ich meine ... da ist eine Aura, die passt nicht.«
»Eine Aura...«, wiederholte der Kommissar langsam und gedehnt.
»Ja«, bestätigte Olaf. »Eine Aura der Gier.«
»Aha?«
»Ja, also, ich meine, der wollte etwas hier, was er selbst nicht wollte, aber aus Gier wollen musste.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte der Kommissar geduldig, weil er gelernt hatte seinem Assistenten zuzuhören.
»Ja«, sagte nun dieser etwas kleinlaut. »Erklären kann ich das auch noch nicht.«
»Gut«, meinte der Kommissar, »dann halten wir uns erst einmal an die Fakten. Wir klingeln jetzt an allen Wohnungen und fragen, zu wem er wollte. Die zwei Augenzeugen befragen wir anschließend.«
Das taten sie, und die einzige Wohnung in der sich jemand meldete – abgesehen von Markus Schirmer und Frau Kuhnast, den beiden Augenzeugen –, war die Wohnung von Frau Ziemann. Aber es dauerte lange, bis sie öffnete. Dann standen sie vor einer schwer von Krankheit gezeichneten Frau.
»Haben Sie nichts gehört von dem, was hier im Treppenhaus los war?«, fragte der Kommissar die alte Dame.
Frau Ziemann schüttelte den Kopf und sagte: »Mir geht es nicht so gut. Es will auch gleich jemand kommen, um mir zu helfen.« Dann schwieg sie.
Der Kommissar schaute sie fragend an: »Wer will denn kommen?«
»Ein Professor Kirch wegen meines Herzens,« antwortete sie bereitwillig.
»Dürfen wir reinkommen?«, fragte er, zeigte seinen Ausweis und stellte Olaf als seinen Assistenten vor.
»Natürlich«, antwortete sie und ließ sie passieren.
»Was will denn der Professor von Ihnen«, fragte Olaf noch im Flur der kleinen Wohnung.
»Mich zu einem neuen Herzen überreden«, antwortete die alte Dame etwas atemlos und fuhr fort: »Aber warum fragen Sie. Will er denn nicht mehr kommen?«
»Er kann nicht mehr kommen, Frau Ziemann, es tut mir leid«, sagte der Kommissar. »Professor Kirch hatte einen Unfall im Treppenhaus.«
»Oh je«, rief Frau Ziemann aus. »Ist ihm etwas passiert?« Dabei war sie ihnen mühsam atmend ins Wohnzimmer gefolgt.
»Ja, leider«, sagte Olaf. Es ist ihm etwas passiert. Wir glauben, dass er umgebracht wurde.«
»Was?«, rief sie fassungslos. »Er wollte mir ein neues Herz geben.«
»Und das wollten Sie auch?«, fragte der Kommissar, nachdem er sich interessiert umgeschaut hatte.
»Nein, eigentlich nicht«, sagte sie und fiel müde in ihren Sessel. »Aber er meinte, es sei wichtig. Und ich hoffte schon, dass er mir helfen würde – mit meinem Herzen.«
Das Wohnzimmer der Frau Ziemann war sauber und einfach eingerichtet. So, wie man es in vielen Wohnungen fand. Tisch, Sessel, Fernsehschrank, Blumen am Fenster.
»Hätte er sie denn überreden können?«, fragte Olaf.
Sie zögerte und sagte dann: »Er hatte