Bärbel will keinen Stiefvater: Sophienlust 212 – Familienroman
Von Susanne Svanberg
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Über dieses E-Book
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Das kleine Mädchen blieb stehen. Verwundert schaute es auf das blitzende kleine Ding, das da auf dem Waldboden lag. Es wurde voll von den schräg durch die Tannen fallenden Sonnenstrahlen getroffen und funkelte geheimnisvoll.
Heidi bückte sich und streckte ein wenig ängstlich die Hand aus. »Ein Ring«, murmelte sie. Staunend betrachtete sie ihren Fund von allen Seiten.
»Heidi, wo bleibst du denn?«, rief ein großer dunkelhaariger Junge. Er stand mit einigen anderen Kindern bereits beim Forsthaus, das die muntere Schar zum Ziel ihres Ausflugs gewählt hatte.
Das Mädchen mit den hellblonden Zöpfchen und den großen blauen Kinderaugen blieb stur stehen. Mit einer raschen Bewegung strich es sich die Haare aus der Stirn. Das tat Heidi Holsten immer, wenn sie aufgeregt war. »Schau doch mal, was ich habe«, rief sie halblaut.
Heidi war noch zu klein, um von den anderen voll anerkannt zu werden. »Komm schon«, riefen Fabian Schöller und Henrik von Schoenecker im Chor.
Doch Heidi dachte gar nicht daran, der Aufforderung nachzukommen. Sie betrachtete noch immer staunend ihren Fund. Sie konnte fast nicht glauben, etwas so Schönes durch Zufall aufgestöbert zu haben.
»Was ist denn?«, mahnte nun auch Pünktchen ungeduldig. Eigentlich hieß das hübsche zierliche Mädchen Angelina – Angelina Dommin. Doch die kessen Sommersprossen auf der Stupsnase hatten ihm den Spitznamen Pünktchen eingebracht. Seit Jahren schon lebte Pünktchen im Kinderheim Sophienlust. Es war ihr zur zweiten Heimat geworden. Mit großer Selbstverständlichkeit kümmerte sie sich stets um die jüngeren Kameraden.
So lief sie auch jetzt den Weg zurück, um Heidi zu holen.
»Schau mal!« Heidi hielt ihr stolz
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Buchvorschau
Bärbel will keinen Stiefvater - Susanne Svanberg
Sophienlust –212–
Bärbel will keinen Stiefvater
Roman von Susanne Svanberg
Das kleine Mädchen blieb stehen. Verwundert schaute es auf das blitzende kleine Ding, das da auf dem Waldboden lag. Es wurde voll von den schräg durch die Tannen fallenden Sonnenstrahlen getroffen und funkelte geheimnisvoll.
Heidi bückte sich und streckte ein wenig ängstlich die Hand aus. »Ein Ring«, murmelte sie. Staunend betrachtete sie ihren Fund von allen Seiten.
»Heidi, wo bleibst du denn?«, rief ein großer dunkelhaariger Junge. Er stand mit einigen anderen Kindern bereits beim Forsthaus, das die muntere Schar zum Ziel ihres Ausflugs gewählt hatte.
Das Mädchen mit den hellblonden Zöpfchen und den großen blauen Kinderaugen blieb stur stehen. Mit einer raschen Bewegung strich es sich die Haare aus der Stirn. Das tat Heidi Holsten immer, wenn sie aufgeregt war. »Schau doch mal, was ich habe«, rief sie halblaut.
Heidi war noch zu klein, um von den anderen voll anerkannt zu werden. »Komm schon«, riefen Fabian Schöller und Henrik von Schoenecker im Chor.
Doch Heidi dachte gar nicht daran, der Aufforderung nachzukommen. Sie betrachtete noch immer staunend ihren Fund. Sie konnte fast nicht glauben, etwas so Schönes durch Zufall aufgestöbert zu haben.
»Was ist denn?«, mahnte nun auch Pünktchen ungeduldig. Eigentlich hieß das hübsche zierliche Mädchen Angelina – Angelina Dommin. Doch die kessen Sommersprossen auf der Stupsnase hatten ihm den Spitznamen Pünktchen eingebracht. Seit Jahren schon lebte Pünktchen im Kinderheim Sophienlust. Es war ihr zur zweiten Heimat geworden. Mit großer Selbstverständlichkeit kümmerte sie sich stets um die jüngeren Kameraden.
So lief sie auch jetzt den Weg zurück, um Heidi zu holen.
»Schau mal!« Heidi hielt ihr stolz den Ring mit dem großen glitzernden Stein entgegen.
»Wo hast du denn das her?« Pünktchen blies anerkennend die Backen auf.
»Es lag da.« Heidi deutete auf den mit Moos und Tannennadeln bedeckten Waldboden.
»Das gibt es doch gar nicht. So ein schöner Ring liegt doch nicht im Wald.« Pünktchen sah sich nach allen Seiten um. Weit und breit war niemand zu entdecken – außer den Kameraden natürlich, die nun ebenfalls neugierig näher kamen.
Beim Anblick des Schmuckstücks pfiff Nick, der älteste Junge der Gruppe, laut durch die Zähne. Das tat er nur, wenn er etwas besonderes beachtenswert fand.
»Das ist ein Brillant«, schnaubte sein jüngerer Bruder Henrik. »So einen Ring hat Mutti auch. Er war furchtbar teuer.«
»Der kostet mindestens hunderttausend Euro«, keuchte Fabian aufgeregt.
»Ausgeschlossen«, meinte Nick mit der Überlegenheit des Älteren. »Er kostet höchstens zehntausend.«
»Zehntausend«, wiederholte Vicky fast andächtig. »Das ist ja furchtbar viel Geld. Darf Heidi ihn behalten?« Aufmerksam schaute sie in die Gesichter der Kameraden.
Die Kinder standen im Kreis um Heidi herum und starrten alle auf den kostbaren Fund.
»Der Ring gehört doch Heidi überhaupt nicht«, belehrte Angelika ihre jüngere Schwester. »Jemand hat ihn verloren, und man muss ihn zurückgeben.«
»Aber wer hat ihn verloren?« Ratlosigkeit spiegelte sich auf Heidis süßem Kindergesicht.
»Vielleicht Frau Bullinger«, platzte Henrik heraus. »Na ja, ich meine nur, weil Heidi den Ring ganz in der Nähe des Forsthauses gefunden hat.«
»Fragen wir sie doch«, entschied Nick und stürmte los.
Die Buben und Mädchen von Sophienlust rannten hinter ihm her. Niemand dachte jetzt noch daran, dass sie den alten Oberförster eigentlich nur besuchen wollten, um eine seiner spannenden Jagdgeschichten zu hören.
Der pensionierte Förster hatte seine jungen Freunde längst gehört und trat gerade ins Freie. Gemütlich zog er an seiner Pfeife. Der Tabakdunst verfing sich in seinem dichten weißen Vollbart.
Aufgeregt trug die kleine Schar ihm ihr Anliegen vor. Es quasselten wieder einmal alle durcheinander. Deshalb hob Oberförster Bullinger, der wie ein gütiger Opa aus einer längst vergangenen Zeit wirkte, abwehrend beide Hände. »Mit eurem Lärm verscheucht ihr ja alle Tiere«, meinte er, lachte dabei aber verständnisvoll.
Sofort verstummten die lebhaften Buben und Mädchen. Nun sprach nur noch Nick, dem niemand seine Vorrangstellung streitig machte, denn schließlich war er der künftige Erbe von Sophienlust, auch wenn er das nie erwähnte oder betonte.
Auch angesichts der aufgeregten kleinen Schar verlor Oberförster Bullinger nichts von seiner Gemütlichkeit. Er nahm den Ring mit dem funkelnden Stein in die Hand und betrachtete ihn eingehend. »Ich verstehe nichts von solchen Dingen«, brummte er. »Aber es kann schon sein, dass der Ring sehr wertvoll ist. Jedenfalls besitzt meine Frieda kein so kostbares Stück. Das weiß ich genau.«
»Vielleicht hat ihn jemand verloren, der bei Ihnen zu Besuch war«, überlegte Henrik laut. Mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Bewunderung schaute er zu dem alten Mann empor.
Lachend schüttelte der Alte den Kopf. »Ausgeschlossen. So vornehme Leute kommen nicht zu uns ins Forsthaus.«
»Aber wie kommt dann der Ring in den Wald?«, forschte Fabian.
»Das kann ich euch auch nicht sagen, Kinder.« Oberförster Bullinger wiegte bedächtig den Kopf hin und her. »Kein bisschen schmutzig ist er, der Ring. Deshalb kann er noch nicht lange im Wald liegen. Das ist sonderbar, denn ich habe keinen gesehen, der ihn verloren haben könnte.«
»Du hättest es bestimmt bemerkt, weil du hier immer aufpasst«, piepste die kleine Heidi. Sie kam sich sehr wichtig vor, denn schließlich hatte sie die Kostbarkeit entdeckt.
»Wenn der Ring keinem gehört, dann darf Heidi ihn auch behalten«, folgerte Fabian, der eigentlich lieber eine Geschichte des alten Försters gehört hätte.
»Dann ist sie so reich wie eine Prinzessin«, rief Vicky Langenbach, die eine Vorliebe für romantische Märchen hatte.
Heidi bekam ein rotes Köpfchen. »Nein. Ich schenke den Ring Tante Isi«, verkündete sie laut. Tante Isi, das war die von allen Kindern heiß geliebte Denise von Schoenecker, die Mutti von Nick und Henrik und die Verwalterin des ehemaligen Gutes Sophienlust. Denise von Schoenecker lebte mit ihrer Familie auf dem benachbarten Gut Schoeneich. Doch sie ließ es sich nicht nehmen, täglich nach ihren Schützlingen zu sehen und alle wichtigen Fragen mit der Heimleiterin, Frau Rennert, zu besprechen.
Denise opferte viel Zeit für die meist elternlosen Kinder und hatte großes Verständnis für sie. Mit allen Anliegen konnten die Kleinen zu ihr kommen. Tante Isi wusste immer Rat, hatte Trost für jede Situation. Die Kinder spürten sehr genau, dass Denise sie gern hatte.
»Das geht nicht«, widersprach Angelika ihr sofort. »Was man findet, darf man nicht behalten. Das hat die Lehrerin in der Schule zu uns gesagt. Du musst den Ring zum Fundamt bringen.«
»Was ist denn das?«, erkundigte sich Heidi enttäuscht. Sie hatte sich schon vorgestellt, wie sehr sich die geliebte Tante Isi über das schöne Geschenk freuen würde.
»Dort werden alle Fundsachen gesammelt und an die Verlierer zurückgegeben, sofern sie sich melden«, erklärte Nick.
Heidi konnte mit dieser Darstellung nicht viel anfangen. »Ich will aber nicht«, meinte sie trotzig. Sie nahm Fabian blitzschnell den Ring ab und ließ ihn in der Tasche ihrer dunkelblauen
Jeans verschwinden.
»Dann bekommst du auch keinen Finderlohn.« Nick schaute voll gutmütiger Überheblichkeit auf die Kleine.
»Und was ist das?«, wollte Heidi wissen. Sie zog ihre gerundete Kinderstirn in viele Falten.
»Geld«, belehrte Pünktchen die Kleine.
»Viel Geld?«, tuschelte Heidi vertrauensvoll.
»Mehr als du zählen kannst.« Fabian kam sich der Kleinen gegenüber schon sehr erwachsen vor.
»Dann bring ich ihn doch zum Finderbüro. Aber nur, wenn ihr mitkommt.« Heidi zog ihren Schatz wieder hervor.
»Na klar!«, ertönte es von allen Seiten.
»Da fällt mir etwas ein, was sich zugetragen hat, als ich noch ein junger Forstgehilfe war«, sagte Oberförster Bullinger, dem die Anwesenheit der Kinder stets viel Freude machte. So lebhafte, aufgeweckte Enkelkinder hatte er sich immer gewünscht. Doch leider war sein Wunsch nicht in Erfüllung gegangen. Um so mehr freute er sich, wenn Nick und dessen Kameraden auftauchten.
»Bitte, erzählen Sie!« Pünktchen schaute den Oberförster aus tiefblauen Augen treuherzig an.
»Dann setzt euch einmal dort auf die Bank.« Der alte Mann nahm den Tabakbeutel aus der Tasche, um seine Pfeife neu zu stopfen.
Für die Kinder war das ein sicheres Zeichen dafür, dass es eine lange spannende Geschichte werden würde. Erwartungsvoll ließen sie sich im Halbkreis vor der Bank nieder.
*
Die Musik klang aus, der Tanz war zu Ende. Ein bisschen außer Atem blieb Elke Steinhoff neben ihrem Partner stehen.
»Ich hätte nie gedacht, dass mir das Tanzen noch einmal so viel Spaß machen könnte.« Paul Tanner, der berühmte Dirigent, der mit seinem Orchester ganz Europa bereiste, hatte an diesem Abend nur Augen für seine hübsche jugendliche Partnerin. Gut sah er aus im dunklen Gesellschaftsanzug und blütenweißem Hemd. Wäre seine beachtliche Größe nicht gewesen, hätte man ihn für einen Südländer halten können. Denn Paul Tanner hatte fast schwarzes lockiges Haar, blitzende dunkle Augen und einen Charme, der die Herzen der Damen im Sturm eroberte.
»Daran ist nur die stimmungsvolle Atmosphäre dieses Abends schuld«, meinte Elke lächelnd. Begeistert schaute sie sich im festlich geschmückten Saal des Kurhauses um. Wie lange war sie nicht mehr ausgegangen? An diesem Tag hatte sie sich von einem befreundeten Ehepaar dazu überreden lassen. Doch nur, weil Bärbel, ihr vierzehnjähriges Töchterchen, an diesem Wochenende im Landschulheim war.
»Nein, das liegt an meiner bezaubernden Partnerin«, widersprach Paul Tanner ihr. »Sie sind nicht nur die eleganteste, Sie sind auch