Mein Kind gehört nur mir: Sophienlust 195 – Familienroman
Von Marisa Frank
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Über dieses E-Book
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Der hoch aufgeschossene Junge sah dem Mädchen entgegen, das atemlos angerannt kam.»Entschuldige!«, rief Pünktchen schon von Weitem. »Ich weiß, ich habe mich verspätet.»Das kann man wohl sagen«, erwiderte Dominik von Wellentin-Schoenecker, genannt Nick. »Eine halbe Stunde warte ich nun schon.Betreten senkte Pünktchen den Kopf. Selbst ihre vielen Sommersprossen, denen sie ihren Namen verdankte, schienen jetzt nicht so unternehmungslustig zu funkeln wie sonst.»Ich kann doch nichts dafür. Ich wurde Heidi einfach nicht los.« Es war Pünktchen so peinlich, dass Nick hatte warten müssen. Sie hing sehr an dem Erben und Besitzer von Sophienlust, einem Kinderheim, in dem sie aufwuchs. Sie war erst dreizehn Jahre alt, aber trotzdem träumte sie schon davon, einmal Nicks Frau zu werden.»Macht ja nichts«, tröstete der Junge gutmütig. Trotz seiner sechzehn Jahre handelte er oft selbstständig, wenn es darum ging, einem Kind zu helfen. Noch verwaltete seine Mutter, Denise von Schoenecker, das Kinderheim. Doch Nick war stolz auf Sophienlust und verbrachte seine Freizeit meist dort.Mit Pünktchen hatte er sich an diesem Tag auf der Pferdekoppel verabredet, die gleich hinter den Wirtschaftsgebäuden von Gut Schoeneich begann und bis nahe an Sophienlust heranreichte. Die beiden Jungendlichen wollten ausreiten. Nick war ein ausgezeichneter Reiter und Besitzer eines eigenen Pferdes.
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Buchvorschau
Mein Kind gehört nur mir - Marisa Frank
Sophienlust
– 195–
Mein Kind gehört nur mir
Sein Vater soll nie etwas von der kleinen Jenny erfahren
Marisa Frank
Der hoch aufgeschossene Junge sah dem Mädchen entgegen, das atemlos angerannt kam.
»Entschuldige!«, rief Pünktchen schon von Weitem. »Ich weiß, ich habe mich verspätet.«
»Das kann man wohl sagen«, erwiderte Dominik von Wellentin-Schoenecker, genannt Nick. »Eine halbe Stunde warte ich nun schon.«
Betreten senkte Pünktchen den Kopf. Selbst ihre vielen Sommersprossen, denen sie ihren Namen verdankte, schienen jetzt nicht so unternehmungslustig zu funkeln wie sonst.
»Ich kann doch nichts dafür. Ich wurde Heidi einfach nicht los.« Es war Pünktchen so peinlich, dass Nick hatte warten müssen. Sie hing sehr an dem Erben und Besitzer von Sophienlust, einem Kinderheim, in dem sie aufwuchs. Sie war erst dreizehn Jahre alt, aber trotzdem träumte sie schon davon, einmal Nicks Frau zu werden.
»Macht ja nichts«, tröstete der Junge gutmütig. Trotz seiner sechzehn Jahre handelte er oft selbstständig, wenn es darum ging, einem Kind zu helfen. Noch verwaltete seine Mutter, Denise von Schoenecker, das Kinderheim. Doch Nick war stolz auf Sophienlust und verbrachte seine Freizeit meist dort.
Mit Pünktchen hatte er sich an diesem Tag auf der Pferdekoppel verabredet, die gleich hinter den Wirtschaftsgebäuden von Gut Schoeneich begann und bis nahe an Sophienlust heranreichte. Die beiden Jungendlichen wollten ausreiten. Nick war ein ausgezeichneter Reiter und Besitzer eines eigenen Pferdes. Das Reiten wurde auf Sophienlust und auf Gut Schoeneich großgeschrieben. Die Ponys der Kinder von Sophienlust hatten auch auf dieser Koppel ihren Auslauf.
Nick wollte gerade galant wie er war, Pünktchen in den Sattel helfen, als ein freudiges Gebell laut wurde. Da schoss auch schon ein Bernhardiner-Rüde heran.
»Barri, wirst du zurückgehen!«, schimpfte Pünktchen. Verzweifelt sah sie Nick an. »Nun ist er mir doch nachgelaufen. Womöglich kommt Heidi auch noch.«
»Das glaube ich nicht.« Nick beugte sich zu dem Hund hinab und kraulte dessen weißbraunes Fell. »Dann wäre Heidi auch schon hier. Barri ist wirklich ein sehr kluger Hund. Er hätte die Kleine nicht allein zurückgelassen.«
Es schien, als habe der Hund ihn verstanden. Er bellte kurz auf und sah Nick mit seinen hellen Augen dankbar an.
»Was machen wir nur mit ihm?« Pünktchen stemmte ihre Hände in die Seiten. »Wenn wir ihn zurückbringen, dann können wir das Ausreiten für heute vergessen. Ich hatte genug Schwierigkeiten wegzukommen. Heidi wollte unbedingt mit. So lieb sie ist, sie kann ein Quälgeist sein.«
»Daran seid ihr selbst schuld. Ihr verwöhnt Heidi. Keiner von euch kann ihr etwas abschlagen«, meinte Nick.
»Und du, kannst du es vielleicht?« Herausfordernd blickte Pünktchen den Freund an. »Erinnere dich nur an vorgestern Abend! Eigentlich wollten wir Boot fahren, aber dann hast du mit Heidi Puppen gespielt.«
»Na ja, sie ist nun mal mit ihren fünf Jahren das jüngste Dauerkind in Sophienlust.«
»Aber sie muss nicht überall dabeisein.« Nick gegenüber empfand Pünktchen ein wenig Eifersucht. Sie war sonst sehr liebevoll und kümmerte sich in der nettesten Weise um die Kleinen von Sophienlust. Heidi hatte sie genau, wie alle anderen Kinder, in ihr Herz geschlossen. Der Kleinen mit den hellblonden Rattenschwänzen und den blauen Augen konnte einfach niemand böse sein. Aber Pünktchen hatte noch nicht vergessen, dass Nick sie vor zwei Tagen wegen Heidi versetzt hatte.
»Was machen wir nun mit Barri? Können wir jetzt wieder nicht ausreiten?« Herausfordernd hob das Mädchen seine Stupsnase.
»Er soll einfach mitkommen. Bewegung schadet ihm sicher nicht.« Nick wandte sich an Barri, der schwanzwedelnd vor ihm stand. »Was meinst du dazu? Willst du mit den Pferden um die Wette laufen?«
Der Hund sprang an ihm hoch und führte eine Art Freudentanz auf.
»Na, bitte, er versteht mich. Er will!« Nick lachte, ergriff Pünktchen bei den Hüften und hob sie auf ihr Pferd.
Zuerst ging es gemütlich durch den großen Park, der zu Schoeneich, dem Stammsitz der Familie von Schoenecker, gehörte. Der Park war gepflegt und hatte einen alten Baumbestand. Mittendrin stand das Gutshaus. Pünktchen war oft dort zu Gast. Sie war das einzige Kind von Sophienlust, das Alexander von Schoenecker, Nicks Stiefvater, Onkel nannte. Denise von Schoenecker wurde dagegen von allen Kindern zärtlich Tante Isi genannt.
Pünktchen und Nick ritten diesmal an dem schlossartigen Bau mit seinem Turm vorbei. Pünktchen sah die dunklen Mauern, an denen sich wilder Wein emporrankte, nur von Weitem. Vorbei ging es auch an der kleinen Schlosskapelle, die zu dem Gut gehörte, und an dem gepflegten Tennisplatz. Dort trugen gerade Angelika und Fabian, ein schmächtiger Junge, ein Match aus.
»Pünktchen«, schrie Angelika mit voller Lautstärke, »wollt ihr nicht mitspielen? Fabian macht bereits schlapp.«
»Nein, du siehst doch, wir reiten aus!«, rief Pünktchen, deren wirklicher Name Angelina Dommin war, über die Schulter zurück. Dann gab sie ihrem Pferd die Sporen, damit Nick es sich nicht vielleicht doch noch anders überlegen konnte.
Seit vierzehn Tagen freute sich Pünktchen auf diesen Ausritt, denn vor zwei Wochen war sie mit Nick das letzte Mal ausgeritten. Immer war seitdem etwas dazwischen gekommen. Einmal hatte sie keine Zeit gehabt, dann war es wieder Nick gewesen, der nicht erschienen war.
»Was reitest du wie eine Verrückte?«, fragte Nick, der sein Pferd ebenfalls angetrieben hatte und nun an Pünktchens Seite weiterritt.
»Ich wollte nicht, dass du anhältst. Am Ende hätte Angelika dich noch herumbekommen, und du hättest Tennis gespielt.«
»So ein Quatsch! Du weißt doch, wie gern ich mit dir ausreite.«
Pünktchen errötete. Tief beugte sie sich über den Hals ihres Pferdes. »Los, wer ist zuerst am Waldsee?«, rief sie dann glücklich und schwenkte die Hand.
Seite an Seite galoppierten die beiden über die Wiesen. Einmal war Nick eine Pferdelänge voraus, dann wieder Pünktchen. Schließlich gelang es Nick doch, seine Freundin um einige Längen abzuhängen. Er ließ sich gerade aus dem Sattel gleiten, als Pünktchen angaloppiert kam.
»Das war herrlich!« Pünktchen strahlte. Ehe Nick ihr behilflich sein konnte, stand sie schon auf dem Waldboden. Aus ihrer Hosentasche holte sie ein Stück Zucker und hielt es dem Pferd hin.
»Du warst brav.« Sie tätschelte die schweißnassen Flanken. »Einmal werden wir Nick schon schlagen.«
»Du reitest ausgezeichnet«, lobte Nick sie und gab seinem Pferd einen leichten Schlag.
Hier konnten sie die beiden Tiere ungehindert herumstrolchen lassen. Sie liefen nicht weg, sondern blieben stets in der Nähe.
Mit heraushängender Zunge kam Barri angetrabt. Er wollte natürlich auch gelobt werden. Fordernd bellte er und rieb seinen Kopf an Pünktchens Beinen.
»Na, hat es dir Spass gemacht?« Spielerisch gab Pünktchen ihm einen Klaps. »Aber das nächste Mal bleibst du zu Hause, wenn ich es dir befehle«, setzte sie streng hinzu.
Barri stieß einen klagenden Laut aus und drehte ihr ostentativ sein Hinterteil zu.
Nick lachte. »Er ist wirklich ein kluges Tier.«
Kurze Zeit saßen die Kinder am Rand des kleinen Sees und zielten abwechselnd mit kleinen Steinen nach Seerosenblättern. Dann suchten sie nach Erdbeeren, aber sie fanden nur weiße Blüten oder unreife Beeren.
»Wenn es so schön bleibt, haben wir vielleicht nächste Woche mehr Glück.« Nick richtete sich auf und pfiff seinem Pferd. »Wollen wir noch zum Forsthaus reiten?«
»Gern!« Pünktchen war begeistert. Das Forsthaus gehörte zu den beliebtesten Ausflugszielen. Der alte Oberförster Bullinger, der dort mit seiner Frau Frieda im Ausgedinge wohnte, hatte es den Sophienluster Kindern angetan. Er sah mit seinem langen weißen Vollbart nicht nur wie eine Märchenfigur aus, sondern konnte auch die wunderbarsten Geschichten erzählen.
»Barri, komm, es geht weiter!«
Barri gehorchte, aber er strafte Pünktchen mit Verachtung. Er hielt sich zunächst dicht hinter Nicks Pferd. Doch dann schien er plötzlich die Lust dazu verloren zu haben. Übermütig sprang er hinter einem Zitronenfalter her. Schließlich verschwand er hinter einer Baumgruppe.
Nick pfiff dem Hund, aber Barri reagierte nicht. Nur sein Bellen war zu hören. Irgendetwas musste seine Aufmerksamkeit erregt haben.
»Barri, Fuß!« Nick und Pünktchen riefen es abwechselnd, doch ohne Erfolg.
»Er hat etwas gefunden. Lass uns nachsehen.« Nick trieb sein Pferd auf die Baumgruppe zu.
Barri verbellte eine junge Frau, die zusammengekauert auf der Erde saß. Mit großen ängstlichen Augen starrte sie auf den Bernhardiner.
Nick sprang ab und ergriff Barri an seinem Halsband. »Sie brauchen keine Angst zu haben. Er tut keinem etwas zuleide.«
Pünktchen glitt ebenfalls aus dem Sattel. Besorgt näherte sie sich der jungen Frau, der das lange blonde Haar wirr um das Gesicht hing. »Ist Ihnen nicht gut. Können wir etwas für Sie tun?«
»Nein.« Die junge Frau stöhnte und drehte sich zur Seite. »Geht, verschwindet«, zischte sie dann.
»Was hat sie?« Nick war entsetzt. Die Frau – eigentlich war es noch mehr ein Mädchen – schien große Schmerzen zu haben.
Pünktchen kniete neben ihr nieder und strich ihr das schweißverklebte Haar aus dem Gesicht. Dabei sah sie, dass die Lippen der Fremden blutig gebissen waren.
Wie wild schlug die junge Frau jetzt mit den Fäusten um sich. »Lasst mich doch in Ruhe. Ich brauche niemanden …«