Köchel-Verzeichnis: Kulinarische Erinnerungen und Erfahrungen mit vielen seltenen Rezepten
Von Manuel Gasser und Heinz Edelmann
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Über dieses E-Book
Manuel Gassers Betrachtungen, Anregungen, Rezepte sind nicht nur genussvoll auszuführen, sondern bieten im Voraus schon den vorzüglichen Genuss der Lektüre.
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Buchvorschau
Köchel-Verzeichnis - Manuel Gasser
Über dieses Buch
»Alte Kochbücher sind deshalb in hohem Grade aufschlussreich, weil sie Einblick ins gesellschaftliche Gefüge eines Landes oder einer Zeit gewähren und dabei den Gegenstand von seiner zugleich realsten und schmackhaftesten Seite angehen.« Nach diesem Vorbild verknüpft Manuel Gasser die beschriebenen Gerichte mit Personen und Plätzen, mit amüsanten Begebenheiten und gesellschaftlichen Ereignissen.
Manuel Gassers Betrachtungen, Anregungen, Rezepte sind nicht nur genussvoll auszuführen, sondern bieten im Voraus schon den vorzüglichen Genuss der Lektüre.
»Tischmusik eines hochinteressanten Lebens, mit witzigen Fresssymphonien, appetitlichen Tafel-Sonaten und hinreißenden Brutzel-Konzerten […] Dem Autor sind eine Menge hochinteressanter Zeitgenossen über den Weg gelaufen, mit denen er nicht nur geplaudert, sondern auch gegessen und getrunken hat. Seine handfesten Rezepte von diesen Schwelgereien verpackte er in Geschichten von Koryphäen, die man so aus Kunst und Literatur kennt. Thomas Mann, Picasso, Miró.« (Essen und Trinken)
Der Autor
Manuel Gasser wurde 1909 in Luzern geboren. 1930 ging der Journalist als Frankreich-Korrespondent für das Feuilleton der Neuen Zürcher Zeitung nach Paris. Im November 1933 erschien die erste Nummer der von ihm gemeinsam mit Karl von Schumacher begründeten Weltwoche. Von 1933 bis 1957, unterbrochen von Korrespondententätigkeiten in Berlin und London, war Gasser deren Feuilletonredakteur. 1958 wurde er Chefredakteur der Kulturzeitschrift du und blieb dort bis 1974. Manuel Gasser starb 1979 in Zürich.
Der Illustrator
Heinz Edelmann (1934–2009) hat als Illustrator und Grafikdesigner die internationale Grafik der 1960er und 1970er Jahre stark beeinflusst. Zusammen mit Willy Fleckhaus prägte er mehr als zehn Jahre lang das Gesicht des Jugendmagazins twen. Für den Verlag Klett-Cotta entwarf er zahlreiche Buchumschläge (etwa die Erstausgabe von Der Herr der Ringe), im Gertraud Middelhauve Verlag erschienen mehrere von ihm gestaltete Bilderbücher (so Meta Morfoss nach einer Geschichte von Peter Hacks). 1967/68 war Heinz Edelmann Artdirector des Beatles-Film Yellow Submarine.
Manuel Gasser
Köchel-Verzeichnis
Kulinarische Erinnerungen und Erfahrungen mit vielen seltenen Rezepten
Mit Illustrationen von Heinz Edelmann
Edition diá
Inhalt
Vergnügen mit Kochbüchern
Ein Hauch von Knoblauch
Des Junggesellen Trost
Ferenc kocht einfach und vernünftig
Futter für Löwe und Einhorn
Küchenerinnerungen – anekdotisch-praktisch
Erfahrungen mit Suppen
Cucina povera – Arme-Leute-Küche
Das Huhn von Marengo
Rezepte aus »ersten Kreisen«
Topfgucken auf Reisen
Das Geheimnis des Haushofmeisters
Delikates aus dem Inneren des Kalbes
Kulinarische Gastspiele
Die »Kronenhalle«-Wirtin plaudert aus der Schule
Mein Sonntagsvergnügen, die Ochsenzunge
Zu Tisch im alten Fes
Kochen für ganz feine Gäste
Das Genie bei Tisch
Der Dill- und Sahnefürst
Rezeptregister
Bibliografie
Impressum
Vergnügen mit Kochbüchern
Alte Kochbücher sind deshalb in hohem Grade aufschlussreich, weil sie Einblick ins gesellschaftliche Gefüge eines Landes oder einer Zeit gewähren und dabei den Gegenstand von seiner zugleich realsten und schmackhaftesten Seite angehen. Man kann darum dem Schriftsteller, der eine in der Vergangenheit spielende Geschichte zu schreiben vorhat, nur raten, die einschlägige Kochliteratur zu konsultieren. Er wird dort reizvolle Einzelheiten nicht nur über Essgewohnheiten und Tafelsitten, sondern auch über den Tageslauf der Hausherrin, die Behandlung des Gesindes und tausend andere Dinge herauslesen.
Von Nutzen für die eigenen Kochkünste sind diese Schmöker allerdings nur dann, wenn sie nicht mehr als hundert Jahre alt sind. Was vor 1870 zu Papier gebracht wurde, ist für unsere Verhältnisse meist zu üppig und zeitraubend. Auch wird stets das Vorhandensein eines Holzherdes vorausgesetzt, und da ist dann der Koch, der auf Gas oder Elektrisch angewiesen ist, bald am Ende seines Lateins. Oder versuchen sie einmal in einer modernen Küche den Trick, der darin besteht, dass man den Topf vom Feuer auf die Herdplatte zieht, die weniger als heiß und mehr als nur warm zu sein hat …
Was die modernen Kochbücher betrifft, so verfolge ich die Inflation, die sich auf diesem Gebiet breitmacht, mit Skepsis. Ich kenne Köchinnen und Köche, die sich auf jede Neuerscheinung stürzen und ganze Bibliotheken von bunt bebilderten Rezeptsammlungen besitzen; ihrem Speisezettel aber ist von diesem Überfluss wenig anzumerken. Sie stehen zu ihren Stammgerichten, und die abertausend mexikanischen, balkanischen oder indonesischen Rezepte auf dem Bücherbord sind reine Theorie.
Solche Abneigung gegen das Neue gründet einesteils auf der konservativen Haltung des Kochs, erklärt sich aber andererseits auch aus der Machart dieser Bücher. Wer über einigen Kücheninstinkt verfügt, merkt gleich, dass es sich lediglich um Abgeschriebenes handelt. Ein Rezept aber, das Nachahmung verdient, sollte vom Verfasser nicht einmal, sondern 50 Mal ausprobiert worden sein.
Da lobe ich mir ein umständlich-altmodisches Kochbuch wie »La Cuisine de Madame Saint-Ange« des Verlages Larousse.
Nicht nur, dass Mme. de Saint-Ange nicht die geringste Kleinigkeit auslässt und, beispielsweise, bei ihrer Anleitung zum Abkochen von Artischocken sagt, dass der Stiel nicht abgeschnitten, sondern ausgedreht wird – wir vernehmen auch, wie und vor allem weshalb dieses Ausdrehen zu geschehen hat: um das Eindringen des Kochwassers in den Blütenboden der Artischocke zu gewährleisten.
Für das Rezept für Spiegeleier braucht die Verfasserin anderthalb eng bedruckte Seiten. Denn Eigelb und Eiweiß müssen die genau gleiche Konsistenz haben, und außerdem soll der Dotter mit einer leicht irisierenden Haut, eben dem »Spiegel«, überzogen sein. Das lässt sich aber nur bewerkstelligen, wenn die Eier in einem feuerfesten Geschirr zubereitet werden, das so bemessen ist, dass sich das Weiße vom Ei nicht zu sehr ausdehnen kann und deshalb nicht vorschnell hart wird. Die Prozedur geht dann folgendermaßen vor sich:
Spiegeleier
Auf der heißen Herdplatte oder auf kleinstem Feuer lässt man die Butter schmelzen und schlägt die Eier hinein. Unverzüglich wird dann das Pfännchen in die Bratröhre geschoben, wo die Spiegeleier bei etwas stärkerer Ober- als Unterhitze in 3–4 Minuten zur Vollkommenheit geraten.
Kochanleitungen dieser Art soll man entweder gar nicht oder mit peinlicher Genauigkeit befolgen. Sie sind im Lauf von Generationen zu einer Form herangereift, an der es nichts mehr zu verbessern gibt und die die Bezeichnung klassisch verdient.
Ein klassisches