Aus der Traum?: Dr. Norden 92 – Arztroman
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
»Aus der Bahn! Hier kommt Janni Highspeed«, schallte eine Jungenstimme durch den Garten der Nordens. Gleich darauf schoss der jüngste Sohn der Familie um die Ecke. Danny Norden hatte gerade noch Gelegenheit, seine sehbehinderte Freundin Tatjana am Arm zu packen und sie beide mit einem beherzten Sprung in eines von Fees Blumenbeeten zu retten. »Bist du von allen guten Geistern verlassen?«, rief er seinem Bruder nach, der sein Gefährt schließlich am Ende des Gartenwegs mit einer geschickten Drehung zum Stehen brachte. »Wieso denn? Ich hab doch extra gerufen!« Der junge Mann zeigte keinerlei Verständnis für die Aufregung. Und auch Tatjana lachte, als sie aus dem Beet zurück auf den Gartenweg stieg. »Du vergisst, dass wir längst nicht mehr so jung und gelenkig sind wie du. Das heißt, ich vielleicht schon noch«, verbesserte sie sich frech und sah Danny vielsagend an. »Aber dein Bruder wird langsam ein gesetzter Herr.« Bevor sich Danny für diese Einschätzung der Sachlage rächen konnte, bückte sich Tatjana schnell. Diese Gelegenheit nutzte sie gleich, um den im Beet entstandenen Schaden zu begutachten und um die Sträucher wieder aufzurichten. »Gesetzter Herr?«, schnaubte Danny empört und marschierte auf Janni zu, der Helm, Knie- und Ellenbogenschützer trug. »Was ist das überhaupt für ein Ding, mit dem du deine Umwelt da in Lebensgefahr bringst?«
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Dr. Norden – Die Anfänge
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Aus der Traum? - Patricia Vandenberg
Dr. Norden
– 92 –
Aus der Traum?
Patricia Vandenberg
»Aus der Bahn! Hier kommt Janni Highspeed«, schallte eine Jungenstimme durch den Garten der Nordens. Gleich darauf schoss der jüngste Sohn der Familie um die Ecke.
Danny Norden hatte gerade noch Gelegenheit, seine sehbehinderte Freundin Tatjana am Arm zu packen und sie beide mit einem beherzten Sprung in eines von Fees Blumenbeeten zu retten.
»Bist du von allen guten Geistern verlassen?«, rief er seinem Bruder nach, der sein Gefährt schließlich am Ende des Gartenwegs mit einer geschickten Drehung zum Stehen brachte.
»Wieso denn? Ich hab doch extra gerufen!« Der junge Mann zeigte keinerlei Verständnis für die Aufregung.
Und auch Tatjana lachte, als sie aus dem Beet zurück auf den Gartenweg stieg.
»Du vergisst, dass wir längst nicht mehr so jung und gelenkig sind wie du. Das heißt, ich vielleicht schon noch«, verbesserte sie sich frech und sah Danny vielsagend an. »Aber dein Bruder wird langsam ein gesetzter Herr.« Bevor sich Danny für diese Einschätzung der Sachlage rächen konnte, bückte sich Tatjana schnell. Diese Gelegenheit nutzte sie gleich, um den im Beet entstandenen Schaden zu begutachten und um die Sträucher wieder aufzurichten.
»Gesetzter Herr?«, schnaubte Danny empört und marschierte auf Janni zu, der Helm, Knie- und Ellenbogenschützer trug. »Was ist das überhaupt für ein Ding, mit dem du deine Umwelt da in Lebensgefahr bringst?« Er begutachtete das Sportgerät von allen Seiten. Es sah aus wie ein Skateboard, war aber viel länger und hatte größere Rollen.
»Ein Longboard«, erwiderte Janni mit stolzgeschwellter Brust. »Hab ich von Opi bekommen. Fürs gute Zeugnis.«
»Mam und Dad erlauben so was?« Ungläubig schüttelte Danny den Kopf.
»Klar, warum denn nicht? Sport ist gesund!«
»Ich finde, Sport ist Mord«, erklärte Tatjana, die inzwischen auch herangekommen war. »Nicht für viel Geld würde ich mich freiwillig auf so ein Teil stellen.«
Das war die Gelegenheit für Danny, seiner Freundin zu beweisen, dass er noch lange kein gesetzter Herr war.
»Traust dich nicht, was?«, fragte er grinsend von oben herab und stellte das Board in Fahrtrichtung.
»Was hast du vor?« Tatjanas Augen wurden rund und groß.
»Ich werde dir zeigen, was dein ›gesetzter Herr‹ noch alles auf dem Kasten hat!«, triumphierte Danny. »Schließlich war ich früher mal Skateboard-Meister in unserer Straße!« Er stellte den linken Fuß auf das Board und schob mit dem rechten kräftig an. Lautlos glitt es über den Gartenweg. »Ha, da sagst du nichts mehr, was?«, rief Danny. Geschickt hielt er das Gleichgewicht und fuhr elegant um die Kurve, um die sein Bruder eben gekommen war.
»Der kann das ja echt noch!«, bemerkte Janni ein wenig missmutig.
Als jüngster Bruder hatte er es manchmal nicht so leicht, sich gegen die Größeren durchzusetzen, und auch diesmal schien er wieder im Schatten zu stehen, bis ein lautes Poltern, gefolgt von einem Schmerzensschrei, durch den sommerlichen Garten hallte.
»Von wegen ›der kann das noch‹!«, schimpfte Tatjana düster und eilte los, gefolgt von Janni, der sich mehr Sorgen um sein schönes Geschenk denn um die Gesundheit seines ältesten Bruders machte.
»Solange der noch so laut fluchen kann, geht’s ihm nicht richtig schlecht«, kommentierte er die unflätigen Schimpftiraden, die Danny ausstieß.
Flankiert von seinen Eltern saß der junge Arzt auf dem Boden und starrte auf seine rechte Handfläche, die von dem Sturz arg in Mitleidenschaft gezogen worden war.
»Das kommt davon, wenn ältere Männer versuchen, es den Jungen gleichzutun«, bemerkte Daniel augenzwinkernd, nachdem er die Wunde begutachtet hatte.
»So was Ähnliches hab ich auch schon gesagt«, kicherte Tatjana, nachdem sie Daniel und Fee mit einem Kuss auf die Wange begrüßt hatte. Dann kniete sie neben ihrem Freund nieder.
»Wie ist das denn passiert?«, fragte sie zärtlich und ohne Spott in der Stimme, wofür Danny ihr wirklich dankbar war.
»Das blöde Board ist an so einer Kante im Boden hängen geblieben«, brummte er missmutig.
»Das Board kann ja wohl gar nichts dafür«, schimpfte Janni. Er nahm sein Longboard gründlich unter die Lupe und untersuchte es von oben bis unten. »Glück gehabt«, stellte er endlich erleichtert fest. »Nichts passiert.«
»Im Gegensatz zu mir.« Danny hatte sich inzwischen wieder hochgerappelt und zog die blutende Hand zurück, die sein Vater in Augenschein genommen hatte.
»Komm mit rein. Das müssen wir reinigen, desinfizieren und verbinden. Sonst fängst du dir noch eine Infektion ein.«
Danny sah seine Freundin von der Seite an. Der Stachel saß tief, und der Sturz kratzte an seiner männlichen Ehre. Deshalb wollte er wenigstens jetzt nicht wehleidig sein.
»Mach dir keine Umstände. Ich wasch das schnell ab, und dann passt es schon«, winkte er wider jede Vernunft ab und ging an seinen Eltern vorbei in Richtung Terrasse.
»Komm schon!«, versuchte Tatjana, auf ihren störrischen Freund einzuwirken. »Warum lässt du deinen Vater das nicht kurz ansehen?«
»Halb so wild!«, wiederholte Danny noch einmal, diesmal schon energischer, und verschwand im Haus.
Als er wenig später zurückkam, ließ er sich demonstrativ in einen Stuhl fallen. Fast sofort verstummte das Gespräch zwischen Daniel, Fee und Tatjana, und alle sahen ihn fragend an.
»Was denn?«, fragte er sichtlich genervt. »Können wir jetzt endlich Kaffee trinken? Wenn ihr keine Lust habt, dann fang ich eben schon mal allein an.« Er nahm sich einen der Teller vom liebevoll gedeckten Tisch und schnitt sich ein großes Stück von Lennis berühmtem Nusskuchen ab. Fast im selben Moment kreischte Janni auf. Er hatte noch eine Runde mit dem Longboard gedreht und sprang geschickt ab, als er sah, was sein Bruder vorhatte. Keine dreißig Sekunden später saß er neben Danny am Tisch und betrachtete voller Vorfreude das große Kuchenstück, das er für sich in Sicherheit gebracht hatte.
Kopfschüttelnd betrachtete Felicitas ihre beiden Söhne.
»Man könnte meinen, dass das Essen bei uns immer knapp ist.«
»Das glaube ich nicht«, erklärte Tatjana. Bis jetzt hatte sie sich vornehm zurückgehalten. Doch nun siegte auch bei ihr die Anziehungskraft von Lennis köstlicher Küche. »Bei euch schmeckt es einfach zu gut.« Und ehe es sich Daniel und Fee versahen, saß auch Tatjana neben Janni und Danny am Tisch und streckte die Hand nach dem Messer aus, um sich ein Stück Nusskuchen zu sichern.
Lachend folgte das Ehepaar Norden der Freundin ihres Sohnes und setzte sich schließlich mit an den Tisch. Schon bald gesellten sich auch die anderen Kinder der Nordens zu ihnen, und die Luft war erfüllt von munterem Plaudern und Lachen bis tief in den sommerlich-warmen Abend hinein. Dannys Wunde war längst vergessen. Und obwohl sie pulsierte und schmerzte, ignorierte er sie wohlweislich. Für Schmerzen und Krankheit war an diesem schönen Sonntagabend einfach kein Platz.
*
»Wer hat da angerufen?« Die neunzehnjährige Olivia Schamel saß auf der abgeschabten Couch in der Wohnung ihres Freundes. Dort lebte sie seit dem Tod ihrer Großmutter vor einem Jahr. Die Schule hatte sie abgebrochen, als sie Thorsten kennengelernt hatte, und arbeitete seither