Gesucht: Arzt mit Herz
Von Dianne Drake
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Über dieses E-Book
Der Sturm heult, als Thea mit letzter Kraft den Leuchtturm erreicht. Und welches Glück! Denn ihr ehemaliger Kollege Dr. Philip Kincaid ist vor Ort! Behutsam beginnt er Thea zu wärmen, streichelt ihre eiskalten Hände. Nimmt er sie plötzlich als Frau wahr?
Dianne Drake
Diane, eine relative neue Erscheinung im Liebesromanbetrieb, ist am meisten für ihre Sachliteratur unter dem Namen JJ Despain bekannt. Sie hat mehr als sieben Sachbücher geschrieben, und ihre Magazin Artikel erschienen in zahlreichen Zeitschriften. Zusätzlich zu ihrer Schreibtätigkeit, unterrichtet Dianne jedes Jahr in dutzenden von Schreibkursen. Dianne`s offizieller Bildungshintergrund besteht aus klassischer Musik und Krankenpflege. Beides mit einem Collegeabschluss. Ihre erste Karrierestation war Bassistin in einem Symphonieorchester. Ihre zweite Station war Krankenpflegerin und Anästhesistin. Eine Verletzung machte sie leider dauerhaft Arbeitsunfähig auf diesem Gebiet. Ihr Hobby und ihre Leidenschaft sind Antiquitäten. Sie sammelt antike europäische Öllampen, altmodische amerikanische Küchenutensilien und Broschen aus aller Welt aus dem Zeitraum 1600 - 1900. Neben ihrer Leidenschaft für Antquitäten hat Dianne ein großes Herz für Tiere. All ihre sechs Tiere hat sie aus einem Tierheim zu sich nach Hause geholt. Dianne ist mit Joel verheiratet, und ihre Tochter Jennifer ist College Studentin. Im Jahr 2000 war Dianne die Empfängerin des Daphne du Maurier Award für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet Mystery & Spannung.
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Gesucht - Dianne Drake
IMPRESSUM
Gesucht: Arzt mit Herz erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2007 by Dianne Despain
Originaltitel: „A Child to Care For"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN, Band 30
Übersetzung: Michaela Rabe
Umschlagsmotive: Vladimir Sukhachev, Marcus Millo/GettyImages
Veröffentlicht im ePub Format in 06/2021
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751507318
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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1. KAPITEL
Bayside Regional Hospital
Port Lorraine, Maine, USA
Die Zeichen standen auf Sturm.
So feindselig, wie er sie anstarrte, schwante Thea Quinn nichts Gutes. Denn sonst blickten diese Augen freundlich und aufmunternd. Vor allem dann, wenn er sie beschwichtigen wollte.
Tut mir leid, Thea, im nächsten Vierteljahr stehen uns für Ihre Station leider keine weiteren Mittel zur Verfügung. Machen Sie das Beste daraus. Wir sind überzeugt, dass Sie Ihren Job wie immer hervorragend erledigen.
Seit drei Jahren hörte sie sich diese Sprüche an. Seit drei Jahren ließ sie sich mit einem falschen Lächeln vertrösten. Jetzt war Schluss! Letzte Woche hatten sie einen Patienten verloren, und warum? Weil die Station personell und medizinisch miserabel ausgestattet war. Die Familie des Toten hatte Strafanzeige gegen die Klinik erstattet.
„Seit ich die Verantwortung für die chirurgische Intensivstation übernommen habe, bettele ich bei jeder Vorstandssitzung um mehr Gelder und mehr Personal. Jedes Mal warne ich vor den Folgen einer Ablehnung. Ohne Erfolg."
„Und woher sollen wir die zusätzlichen Gelder nehmen, Miss Quinn?" Dr. George Becton war ein griesgrämiger, mürrischer Mann. Leider ging in diesem Krankenhaus nichts ohne seine Unterschrift. Theas Meinung nach war der Verwaltungsleiter schon viel zu lange ohne echten Kontakt zum medizinischen Alltag. Solange sie hier arbeitete, hatte sie ihn niemals auf den Stationen gesehen.
„Ich schlage vor, dass Sie die Mittel, die für die Renovierung des Verwaltungstraktes vorgesehen sind, der Intensivstation zur Verfügung zu stellen. Warum sollen Sie neue Vorhänge und Polstermöbel bekommen, wenn wir hier dringend mehr Pflegepersonal brauchen, Dr. Becton? Ist Ihnen ein schickes Büro wichtiger als das Leben von Patienten?"
Okay, dafür würde er sie feuern. Aber verflixt, wenn sie schon gehen musste, dann bestimmt nicht kampflos!
„Klingt vernünftig." Dr. Philip Kincaid sah von seiner Patientenkarte auf. Der Chefarzt der Chirurgie war ein viel beschäftigter Mann, und Thea war ihm dankbar, dass er trotzdem an dieser Sitzung teilnahm, um ihr beizustehen.
Dr. Bectons Gesicht verdüsterte sich.
Doch Dr. Kincaid fuhr unbeeindruckt fort: „Eine neue Krankenschwester einstellen oder neue Gardinen kaufen – was für eine schwierige Entscheidung, George. Vielleicht können wir uns auf einen Kompromiss einigen. Sie verzichten auf die Vorhänge, und Miss Quinn bekommt ihre Pflegekraft." Er wandte sich wieder seinen Unterlagen zu und vervollständigte die Patientennotizen.
Der Verwaltungsdirektor ging nicht darauf ein. „Wir haben die Station mit erfahrenen Schwestern besetzt", entgegnete er unwirsch und tippte mit dem Zeigefinger auf einen Bericht, der vor ihm auf dem Tisch lag.
„Nein, mit Zeitarbeitskräften, die keine Erfahrung mit kritischen Situationen haben!, widersprach Thea heftig. „Dr. Becton, Sie weigern sich hartnäckig einzusehen, dass auch Pflegekräfte für einen bestimmten Einsatzbereich qualifiziert sein müssen. Genauso wie Ärzte.
Sie warf einen schnellen Blick auf Philip Kincaid, der immer noch mit seinen Notizen beschäftigt war.
„Stimmt, sagte er, ohne aufzusehen. „Sie als Proktologe, werter Herr Kollege – wie viele Herzoperationen haben Sie denn schon durchgeführt?
Nun erst hob er den Kopf und blickte den sichtlich wütenden Verwaltungsleiter an. „Vergleichbares kann man auch von Krankenpflegern nicht erwarten, denke ich." Dann las er seelenruhig weiter.
Thea unterdrückte ein Lächeln. Schließlich war ihre Lage alles andere als lustig. Entweder würde Becton sie innerhalb der nächsten fünf Minuten vor die Tür setzen, oder sie würde von sich aus kündigen.
Als sie sich entschlossen hatte, Krankenschwester zu werden, hatte sie sich ihren Beruf wirklich anders vorgestellt. Inzwischen hasste sie die ewigen Kämpfe mit der Verwaltung, die einen großen Teil ihrer Arbeitszeit und ihrer Energie beanspruchten.
Jetzt war sowieso alles egal. Thea setzte noch eins obendrauf. „Dr. Becton, wenn Ihnen die Probleme der Intensivstation wirklich am Herzen liegen, dann vergessen Sie Ihre Renovierungspläne, und geben Sie mir zwei Vollzeitpflegekräfte. Oder reduzieren Sie die Anzahl der Patienten, damit wir wenigstens einen Teil anständig betreuen können. Entscheiden Sie sich!"
Philip Kincaid zog die Augenbrauen hoch, schaute aber nicht auf.
„Soll das ein Ultimatum sein?, fuhr Becton sie an. „Hätten Sie sich nicht persönlich um den Patienten kümmern können, anstatt ihn einer Aushilfskraft zu überlassen? Sie hatten Dienst und damit die Verantwortung für die Station!
„Nein, Dr. Becton, es ist kein Ultimatum, sondern eine Warnung. Es wird weitere Todesfälle geben, wenn Sie meine Forderungen nicht erfüllen. Und fürs Protokoll …, Sie sah zur Sekretärin hinüber, die alles mitschrieb. „Zu besagter Zeit hatte ich frei. Außerdem hatte ich meine Vorbehalte gegenüber dieser Aushilfsschwester und habe dies auch geäußert.
„Da habe ich etwas anderes gehört, gab Becton zurück. „Sie hätten gerade Pause gemacht.
„Gerüchte, George, nichts als Gerüchte, sagte Dr. Kincaid ruhig. „Miss Quinn ging lange vorher. Ich habe sie gehen sehen. Schauen Sie in Ihren Dienstplänen nach, wenn Sie mir nicht glauben. Und vielleicht sollten Sie darauf achten, dass Ihre Personalabteilung kompetente Kräfte einstellt.
Thea richtete sich auf. „Ich hatte zu der Zeit bereits meine zweite Schicht hinter mir. Den Vorschriften nach hätte ich auf jeden Fall Feierabend machen müssen."
„Wir sollten die richtigen Prioritäten setzen, meldete sich da Dr. Mordecai Thurgood vom anderen Ende des Tisches. Er war seit Jahren im Ruhestand, gehörte aber dem Vorstand an, und seine Stimme hatte Gewicht. Thea bewunderte den freundlichen alten Herrn aufrichtig. „George, die Ausstattung der Intensivstation muss an oberster Stelle stehen. Aushilfsschwestern einzusetzen, wo hoch qualifiziertes Pflegepersonal gebraucht wird, ist weder angemessen noch sicher. Wenn sich also die Frage stellt, ob der Verwaltungstrakt modernisiert oder zusätzliche Intensivpflegekräfte eingestellt werden sollen …
„Wir respektieren Ihre Meinung, Mordecai, unterbrach Dr. Becton ihn einfach. „Aber ich habe meinen Entschluss bereits gefasst.
Er wandte sich wieder Thea zu. „Sie haben dreißig Minuten Zeit, Ihre persönlichen Sachen zu packen und jegliches Eigentum der Klinik abzugeben, einschließlich der Stationsschlüssel. Ich habe den Sicherheitsdienst angewiesen, Sie zu Ihrem Spind, ins Personalbüro und anschließend zum Wagen zu begleiten."
Philip Kincaid klappte seine Aktenmappe deutlich hörbar zu. „Ich glaube, Sie können Miss Quinn nicht hinauswerfen, Dr. Becton. Sie hat sich nichts zuschulden kommen lassen."
„Klären Sie das mit der Rechtsabteilung. Meine Entscheidung steht."
„Machen Sie sich nicht die Mühe, sich mit ihm anzulegen, mischte Thea sich ein. „Wenn er mich wegen dieser Geschichte nicht feuern kann, findet er irgendwann einen anderen Grund.
Damit stand sie auf, schob ihren Stuhl geräuschvoll unter den Tisch und verließ den Raum.
Zwei Monate später
Cairn Cove, Nova Scotia, Kanada
Der Himmel verdüsterte sich. Für diese frühe Morgenstunde war es viel zu dunkel. Ein Unwetter zog heran. Weiß schäumende Brecher krachten gegen die rauen Felsen, und grelle Blitze zuckten über den Himmel, gefolgt von ohrenbetäubenden Donnerschlägen. Regen peitschte ohne Unterlass gegen das Fenster.
Wie oft war Philip früher vom Sturm geweckt worden und hatte fasziniert das Wüten der Natur beobachtet.
An einem solchen Tag war es geschehen. Der Unfall … Er zwang sich, die Augen weit offen zu halten, denn wenn er sie schloss, sah er alles wieder vor sich. Blitz und Donner, tosende Wellen an den Klippen tief unter ihm.
Wochenlang hatte er an nichts anderes denken können. Immer wieder gegrübelt, in den Zeitungen gelesen, die darüber berichtet hatten. Die örtliche Polizei hatte es für einen schlichten Unfall gehalten, Ursache unbekannt. Ein Toter, zwei Verletzte.
Und der Polizei zufolge war Dr. Philip Kincaid der Fahrer gewesen.
Mehr Informationen gab es nicht, aber Philip brauchte auch keine. Immer, wenn er seine Gedanken schweifen ließ, füllten Bilder die Erinnerungslücken. Und er sah sich hinter dem Steuer sitzen …
Rastlos wanderte Philip vor dem großen Erkerfenster auf und ab. Er liebte diese Aussicht. Hatte sie schon immer geliebt. Die Bucht, den Leuchtturm, die rauen Kliffs, die einsamen Strände.
In den letzten Jahren war er kaum hier gewesen, aber jetzt war es genau der richtige Ort für ihn. Um sich zu verkriechen und dafür zu büßen, dass er seinen Bruder getötet hatte. Die Zeit heilte nicht alle Wunden – auch wenn das allgemein behauptet wurde.
Und jetzt würde Molly kommen, um bei ihm zu bleiben. Wie konnte er ihr ins Gesicht sehen? Er war schuld am Tod ihres Vaters. Unauslöschlich hatten sich die Zeilen des Zeitungsartikels in Philips Gedächtnis gebrannt.
Brett Kincaid starb, seine sechsjährige Tochter erlitt schwere Verletzungen. Dr. Philip Kincaid wurde nur leicht verletzt.
Seufzend blickte Philip auf die Wellen, die sich schäumend am Ufer brachen. Plötzlich fühlte er sich eingesperrt, hatte das Gefühl, in diesem Raum zu ersticken.
Seit er angekommen war, hatte sich das Hausmeisterpaar rührend um ihn gekümmert. Als wäre er noch ein Kind.
Isabelle und Spencer Hanover waren schon immer mehr Mutter und Vater für ihn gewesen als seine eigenen Eltern. Sie meinten es gut, das wusste er. Trotzdem fühlte er sich eingeengt.
„Ich muss hier raus", murmelte er. Die Wände schienen näher zu rücken, die Luft zum Atmen wurde knapp.
Wenn er das Haus fluchtartig durch die Vordertür verließ, würden die Hanovers sich Sorgen machen. Aber wie sollte er ungesehen hinauskommen? Zum Ozean hin waren die Verandatüren zum Schutz vor Feuchtigkeit und Kälte fest verschlossen. Die Fenster ebenfalls. Ohne entsprechendes Werkzeug bekam er sie nicht auf, das wusste er.
Aber er musste weg hier. Weg, um … zu vergessen. Ihm war, als sauge ihm etwas die Lebenskraft aus dem Körper. Als verkümmere der Philip Kincaid, der er einst gewesen war.
Raus hier! Sofort! Voller Wucht trat er gegen die Verandatür. Glas splitterte, Leisten brachen und wirbelten davon.
Philip verschwand im prasselnden Regen.
Besorgt schaute Thea durch die Windschutzscheibe zum Himmel hinauf. Der Sturm kam schnell näher. Würde sie es noch bis Serenity House schaffen?
Sie fröstelte, ihr war furchtbar kalt. Ausgerechnet an diesem Tag musste ihre Wagenheizung streiken. Ein eisiger Nordostwind fegte übers Land, ziemlich ungewöhnlich für die Jahreszeit. Eigentlich sollte es Mitte September um diese Tageszeit noch einigermaßen hell sein, aber es war so