Ein Mann im Zwiespalt: Dr. Norden 23 – Arztroman
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
»Wolltest du nicht mal an einem Hindernislauf teilnehmen?«, fragte Fee Norden ihren ältesten Sohn Danny, der sich trotz gedrängtem Arbeitstag Zeit genommen hatte, seine Mutter im Café ›Schöne Aussichten‹ zu treffen. Auch die Haushälterin Lenni war mit von der Partie. Seit es im Hause Norden immer weniger Arbeit gab, freute sie sich über jede Abwechslung. Die Familie saß an einem der Tische im gemütlichen Café von Dannys Freundin Tatjana. Heimeliges Murmeln erfüllte den Raum, Geschirr und Besteck klapperten, hier und da war leises Lachen zu hören. Die silberfarbene, gehämmerte Decke reflektierte den Schein der Kronleuchter und tauchte das Café trotz des grauen Himmels draußen in behagliches Licht. Nach einem anstrengenden Vormittag in der Klinik lehnte sich Fee entspannt in die gemusterten Kissen der Bank. Sie hatte den Flyer vom Regal am Eingang mitgebracht und betrachtete skeptisch die Fotos, die allesamt schlammbeschmierte, erschöpfte, nasse Menschen zeigte. »Übermorgen findet in München so ein Rennen statt. 16 Kilometer durch Wassergräben, über Holzwände, Brücken und Stock und Stein. Sieht aus wie die ultimative Herausforderung.« »Die ultimative Herausforderung ist das Zusammenleben mit dieser Frau«, erwiderte Danny und deutete auf Tatjana, die neben ihm saß und sich ihre Erdbeer-Joghurt-Torte schmecken ließ. Sie lachte mit vollem Mund und trank einen Schluck Tee. »Und den Hindernislauf kann er beim Einrichten unserer Filiale in der Klinik absolvieren. Ich hätte nie gedacht, wie viele Waren in so einen kleinen Kiosk passen.« »Richtig, die Eröffnung ist ja am Samstag«, erinnerte sich Fee. Zu ihrer Überraschung wiegte Tatjana den Kopf.
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Buchvorschau
Ein Mann im Zwiespalt - Patricia Vandenberg
Dr. Norden
– 23 –
Ein Mann im Zwiespalt
Jag wird sich entscheiden müssen
Patricia Vandenberg
»Wolltest du nicht mal an einem Hindernislauf teilnehmen?«, fragte Fee Norden ihren ältesten Sohn Danny, der sich trotz gedrängtem Arbeitstag Zeit genommen hatte, seine Mutter im Café ›Schöne Aussichten‹ zu treffen. Auch die Haushälterin Lenni war mit von der Partie. Seit es im Hause Norden immer weniger Arbeit gab, freute sie sich über jede Abwechslung. Die Familie saß an einem der Tische im gemütlichen Café von Dannys Freundin Tatjana. Heimeliges Murmeln erfüllte den Raum, Geschirr und Besteck klapperten, hier und da war leises Lachen zu hören. Die silberfarbene, gehämmerte Decke reflektierte den Schein der Kronleuchter und tauchte das Café trotz des grauen Himmels draußen in behagliches Licht. Nach einem anstrengenden Vormittag in der Klinik lehnte sich Fee entspannt in die gemusterten Kissen der Bank. Sie hatte den Flyer vom Regal am Eingang mitgebracht und betrachtete skeptisch die Fotos, die allesamt schlammbeschmierte, erschöpfte, nasse Menschen zeigte. »Übermorgen findet in München so ein Rennen statt. 16 Kilometer durch Wassergräben, über Holzwände, Brücken und Stock und Stein. Sieht aus wie die ultimative Herausforderung.«
»Die ultimative Herausforderung ist das Zusammenleben mit dieser Frau«, erwiderte Danny und deutete auf Tatjana, die neben ihm saß und sich ihre Erdbeer-Joghurt-Torte schmecken ließ.
Sie lachte mit vollem Mund und trank einen Schluck Tee.
»Und den Hindernislauf kann er beim Einrichten unserer Filiale in der Klinik absolvieren. Ich hätte nie gedacht, wie viele Waren in so einen kleinen Kiosk passen.«
»Richtig, die Eröffnung ist ja am Samstag«, erinnerte sich Fee.
Zu ihrer Überraschung wiegte Tatjana den Kopf.
»Ich bin ja halb blind. Aber um zu wissen, dass noch das reinste Tohuwabohu herrscht, reicht mein Augenlicht vollkommen aus.«
Lenni, die bis jetzt mit ihrem Schokokuchen beschäftigt war, wurde hellhörig.
»Ich könnte doch helfen«, schlug sie vor. »Bevor ich zu Hause noch völlig vereinsame …«
»Was soll denn das heißen?«, fragte Felicitas mit leisem Vorwurf in der Stimme dazwischen. »Ist das hier etwa keine nette Ablenkung? Und die Canastarunde jeden Dienstagnachmittag …«
»Jaaa, schon«, erwiderte die langjährige Haushälterin, die inzwischen längst zur Familie gehörte. »Trotzdem passiert in meinem Leben nichts mehr Aufregendes. Eigentlich könnte ich genausogut den Löffel abgeben.« Ihre düstere Miene sprach Bände.
Empört starrte Fee sie an.
»Na, hören Sie mal, so etwas dürfen Sie noch nicht mal denken, geschweige denn sagen.«
Danny setzte auf eine andere Taktik. Er legte tröstend den Arm um ihre Schultern und zog sie an sich.
»Na, hör mal! Für eine Midlife Crisis bist du ein paar Jährchen zu alt, Lennilein«, bemerkte er lächelnd.
Doch auch von ihm wollte sie sich nicht trösten lassen.
»Mach dich nur lustig über mich! Wenn du mal so alt bist wie ich, wirst du schon sehen, wie das ist.«
»Ich hoffe doch sehr, dass ich dann endlich Zeit hab, meinen Hobbys nachzugehen.« Danny dachte nicht dran, sich ins Bockshorn jagen zu lassen. Er grinste frech. »Hindernislauf zum Beispiel.«
»Mach dich nur lustig über mich. Wirst schon sehen, was du davon hast«, schnaubte Lenni. Sie fühlte sich nicht ernst genommen und wandte sich beleidigt ab.
»Hören Sie nicht auf ihn«, versuchte Tatjana, sie zu beschwichtigen. »Manchmal hat Danny so viel Feingefühl wie eine Straßenwalze. Ich freue mich, wenn Sie mir mit dem Kiosk helfen. Sonst muss ich die Eröffnung verschieben.«
»Besser als ein Schaufelradbagger«, warf Danny ein. Inzwischen kannte er die Komplimente seiner Freundin und lachte belustigt.
Tatjana musterte ihn aus schmalen Augen.
»Findest du? Darüber müssen wir noch diskutieren.«
Fee hob beide Hände.
»Das könnt ihr tun, wenn wir weg sind. Ich für meinen Teil bin bei der Arbeit genug Sticheleien ausgeliefert, als dass ich das in meiner Freizeit auch noch bräuchte.« Diese Anspielung galt ihrem ungeliebten Stellvertreter Dr. Volker Lammers, der es auf ihren Posten abgesehen hatte. Um an sein Ziel zu kommen, ließ er keine Gelegenheit aus, sie zu schikanieren. Bisher ohne Erfolg. »Dann ist es also abgemacht«, kam Fee auf das ursprüngliche Thema zurück. »Sie helfen Tatjana in den nächsten beiden Tagen im Kiosk, und ich spiele die Dompteurin und bringe drei Kinder dazu, den Haushalt zu schmeißen.« Sie schwang eine imaginäre Peitsche und schnalzte mit der Zunge.
Auch Lenni tat ihr den Gefallen und setzte endlich ein freundlicheres Gesicht auf.
»Das schadet den dreien bestimmt nicht.« Sie wandte sich an Tatjana. »Wann soll es losgehen?«
»Am besten heute Nachmittag, wenn die Aushilfe gekommen ist.« Tatjana sah auf die Uhr. »Sie müsste in einer halben Stunde hier sein.«
»Dann nehme ich Sie gleich mit in die Klinik«, schlug Fee vor.
Lenni war einverstanden. Ihre Augen begannen, unternehmungslustig zu leuchten. Sie schob den Teller weg und machte Anstalten aufzustehen.
»Na los! Worauf warten Sie noch?« Sie sah ihre Chefin herausfordernd an.
Fee war sichtlich überrumpelt.
»Wenn ich nicht als Zechprellerin verhaftet werden will, sollte ich vorher noch bezahlen.«
»Ach was!« Wie aus einem Munde winkten Tatjana und Danny ab. Sie sahen sich an und lachten.
Spontan legte er den Arm um ihre Schulter, zog sie an sich und küsste sie. Seit sie ihre Krise überwunden hatten, waren sie sich näher als je zuvor und genossen dieses Gefühl in vollen Zügen.
Lennis gedankenvoller Blick ruhte auf dem jungen Glück. Es war so lange her, dass sie selbst so gefühlt hatte wie das Paar, und für den Bruchteil einer Sekunde blitzte die Frage auf, ob ihr das Leben noch einmal eine solche Chance bot.
*
»Einen wunderschönen Nachmittag wünsche ich!« Gut gelaunt kehrte Janine Merck aus der Mittagspause zurück. An ihrem Arm baumelten zwei Einkaufstaschen, die zweifelsohne aus einem renommierten Modegeschäft stammten.
Ihre Freundin und Kollegin Wendy saß schon wieder am Schreibtisch und blätterte in einem Magazin.
»Das muss sich erst noch zeigen, ob der Nachmittag wunderschön wird«, murrte sie schlecht gelaunt. Schon den ganzen Tag lang war ihre Stimmung so grau wie der Himmel. Daran hatte auch die Mittagspause nichts geändert.
Janine stellte die Taschen ab und hängte ihre Jacke auf. Sie verschwand in der Toilette und kehrte ein paar Minuten später in der obligatorischen Praxiskleidung – weiße Hose und farbiges Shirt – zurück.
»Du solltest einkaufen gehen. Das hebt die Laune entscheidend!«, gab sie Wendy einen Tipp.
»Um mir da draußen noch mehr verliebte Turteltauben anschauen zu müssen?« Sie hielt das Magazin hoch, auf dessen Titelseite ein küssendes Pärchen abgebildet war. »›Liebesglück im April!