Glück im zweiten Anlauf?: Der Bergpfarrer 344 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Julia stand am Fenster und sah Manfreds Auto vom Parkplatz des Hotels rollen. Sie hätte jubeln können, denn von einer Minute auf die andere hatte sich für sie alles zum Guten gewendet. Ihre letzte Aussprache in der vergangenen Nacht, als sie von ihrem Rendezvous mit Dieter Winkler zum Hotel zurückgekehrt war, schien den Ausschlag gegeben zu haben. Dass Manfred sich bei ihr entschuldigt und ihr sogar noch Glück gewünscht hatte, steigerte das himmelhoch jauchzende Gefühl in ihr. Der Wagen mit der Münchener Zulassungsnummer verschwand aus ihrem Blickfeld. Am liebsten wäre Julia auf die Straße gelaufen und hätte ihre überschäumende Freude laut hinaus geschrien; sie wollte ihr Glück mit der ganzen Welt teilen. Jürgen Deininger wusste Bescheid. Manfred selbst hatte ihn in Kenntnis gesetzt, dass er seine Konsequenzen zieht und das Feld räumt. Sie hatte eben Pfarrer Trenker darüber informiert, dass Manfred Vernunft angenommen und es aufgegeben hatte, um sie zu kämpfen. Der vergangene Tag, an dem sie mit dem Pfarrer oben bei der Kachlachklamm war, kam ihr in den Sinn. Und sogleich auch der anschließende Abend mit Dieter, den sie nach einem Sturz mit dem Mountainbike hilflos im Wald liegend aufgefunden hatte. Mit dem Pfarrer und Dieter hatte ihr das Schicksal zwei Menschen zugeführt, die es gut mit ihr meinten. Ihr Herz wurde vor Glück ganz leicht und weit. Ein Gedanke trübte ihre Freude, sie hatte Dieter erklärt, noch nicht vollkommen mit der Vergangenheit abgeschlossen zu haben und daher für sie lediglich eine gute Freundschaft in Frage kommen könne. Diese vermeintliche Fessel hatte sie abgestreift, als sie eben Manfreds Auto aus den Augen verloren hatte. Sie fühlte sich jetzt fast genauso frei wie am Tag zuvor oben auf dem Berg, als sie mit Pfarrer Trenker zu der Klamm marschierte. ›Du musst Dieter Bescheid sagen! ‹, durchfuhr es sie. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es halb neun Uhr war. Einen Moment zögerte sie, weil sie sich fragte, ob sie ihn stören durfte, aber diese Bedenken warf sie über Bord und wählte seine Handynummer.
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Buchvorschau
Glück im zweiten Anlauf? - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 344 –
Glück im zweiten Anlauf?
Julias Begegnung mit dem Schicksal
Toni Waidacher
Julia stand am Fenster und sah Manfreds Auto vom Parkplatz des Hotels rollen. Sie hätte jubeln können, denn von einer Minute auf die andere hatte sich für sie alles zum Guten gewendet. Ihre letzte Aussprache in der vergangenen Nacht, als sie von ihrem Rendezvous mit Dieter Winkler zum Hotel zurückgekehrt war, schien den Ausschlag gegeben zu haben. Dass Manfred sich bei ihr entschuldigt und ihr sogar noch Glück gewünscht hatte, steigerte das himmelhoch jauchzende Gefühl in ihr. Der Wagen mit der Münchener Zulassungsnummer verschwand aus ihrem Blickfeld.
Am liebsten wäre Julia auf die Straße gelaufen und hätte ihre überschäumende Freude laut hinaus geschrien; sie wollte ihr Glück mit der ganzen Welt teilen.
Jürgen Deininger wusste Bescheid. Manfred selbst hatte ihn in Kenntnis gesetzt, dass er seine Konsequenzen zieht und das Feld räumt.
Sie hatte eben Pfarrer Trenker darüber informiert, dass Manfred Vernunft angenommen und es aufgegeben hatte, um sie zu kämpfen. Der vergangene Tag, an dem sie mit dem Pfarrer oben bei der Kachlachklamm war, kam ihr in den Sinn. Und sogleich auch der anschließende Abend mit Dieter, den sie nach einem Sturz mit dem Mountainbike hilflos im Wald liegend aufgefunden hatte. Mit dem Pfarrer und Dieter hatte ihr das Schicksal zwei Menschen zugeführt, die es gut mit ihr meinten. Ihr Herz wurde vor Glück ganz leicht und weit.
Ein Gedanke trübte ihre Freude, sie hatte Dieter erklärt, noch nicht vollkommen mit der Vergangenheit abgeschlossen zu haben und daher für sie lediglich eine gute Freundschaft in Frage kommen könne. Diese vermeintliche Fessel hatte sie abgestreift, als sie eben Manfreds Auto aus den Augen verloren hatte.
Sie fühlte sich jetzt fast genauso frei wie am Tag zuvor oben auf dem Berg, als sie mit Pfarrer Trenker zu der Klamm marschierte.
›Du musst Dieter Bescheid sagen!‹, durchfuhr es sie. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es halb neun Uhr war. Einen Moment zögerte sie, weil sie sich fragte, ob sie ihn stören durfte, aber diese Bedenken warf sie über Bord und wählte seine Handynummer.
»Winkler«, erklang es, nachdem das Rufzeichen einige Male erklungen war.
»Ich bin’s, Julia. Guten Morgen, Dieter. Ich hoff’, ich stör’ dich net.«
»Ah, du, Julia. Nein, du störst mich net.« Man konnte dem warmen Klang seiner Stimme entnehmen, wie sehr er sich über ihren Anruf freute. »Hast du denn schon ausgeschlafen?«
»Ich hab’ sogar schon gefrühstückt. Ich ruf’ dich aus zwei Gründen an. Zum einen wollt’ ich mich noch einmal für den sehr schönen Abend gestern bedanken, zum anderen wollt’ ich dir sagen, dass Manfred vor fünf Minuten abgereist ist. Er hat endlich eingesehen, dass die Kluft zwischen uns zu tief ist, um noch einmal geschlossen werden zu können. Er hat sich bei mir für sein schlechtes Benehmen entschuldigt und mir sogar für die Zukunft alles Gute gewünscht.«
»Toll!«, stieß Dieter hervor. »Das heißt im Umkehrschluss, dass du in St. Johann bleiben wirst. Weiß Deininger denn schon Bescheid?«
»Ja. Manfred selber hat Jürgen Deininger informiert. Ich kann dir gar net sagen, wie befreit ich mich fühl’. Manfred hat mir gestern Abend, als ich zum Hotel gekommen bin, aufgelauert. Nie im Leben hätt’ ich geglaubt, dass er sich über Nacht besinnt und meine Entscheidung akzeptiert. Ich hab’s auch heut’ Früh erst gar net glauben wollen, als er mir eröffnet hat, dass er das Feld hier in Frieden räumen will.«
»Das war auch schwer zu glauben, nach allem, was geschehen war«, murmelte Dieter. Seine Stimme hob sich etwas. »Ich freu’ mich für dich, Julia. Willst du jetzt vielleicht auf mein Angebot mit der Wohnung bei meiner Tante zurückkommen?«
»Wenn’s noch gilt, gern. Ich hab’ mit Pfarrer Trenker gesprochen. Er kennt deine Tante gut und ist bereit, gegebenenfalls ein gutes Wort für mich einzulegen.«
»Natürlich gilt es noch. Ich ruf’ sie sofort an.« Dieter zögerte ein wenig, dann fügte er hinzu: »Du glaubst net, Julia, wie sehr mich diese positive Entwicklung freut. Ich hab’ dir doch gestern Abend schon gebeichtet, dass du mir net gleichgültig bist. Ich hab’ aber auch deine Zurückhaltung verstehen können. Jetzt seh’ ich jedoch ein Licht am Ende des Tunnels.«
Julia lachte. Es war ein glückliches Lachen, sie sah es genauso.
»Ich telefonier’ gleich mit meiner Tante. In zehn Minuten meld’ ich mich wieder. Ist das in Ordnung?«
»Ich danke dir. Ich glaub, es ist ein Glücksfall, dass ich dich im Wald gewissermaßen aufgeklaubt hab’.«
»Das will ich doch hoffen«, lachte Dieter. »Bis dann also, Julia.«
»Tschüss.« Julia unterbrach die Verbindung und legte das Handy weg.
Draußen schien die Sonne, der Herbst zeigte sich den Menschen im Wachnertal mit all seinen Vorzügen. Sonnig war aber auch Julia zumute, denn ihr Traum schien sich zu erfüllen. In dieser wunderbaren Umgebung wollte sie leben, glücklich sein und alt werden. Der Anfang war gemacht. Und sollte Dieter in wenigen Minuten mit einer positiven Antwort aufwarten, würde ihr Glück perfekt sein. Beim Gedanken an ihn fiel ihr ein Zitat ein: ›Das Schönste hier auf Erden ist, lieben und geliebt zu werden.‹ Sie hatte keine Ahnung, von wem es stammte, doch das war auch gar nicht wichtig. Sie wusste, dass sie geliebt wurde, und unwillkürlich stellte sie sich die Frage, ob sie in der Lage war, wieder zu lieben.
Als sie Manfred damals kennenlernte, war sie davon überzeugt gewesen, der großen Liebe begegnet zu sein. Nun, nach etwas über drei Jahren, war ihre Liebe erloschen. Übrig geblieben waren Sympathie und Respekt, mehr nicht. Und selbst diese Gefühle hatte Manfred um ein Haar verspielt, als er sie mit seiner Eifersucht und unterschwelligen Rachegedanken attackiert hatte.
Alles schien sich in Wohlgefallen aufgelöst zu haben.
Als ihr Telefon klingelte, zuckte sie zusammen und griff nach dem Apparat.
»Hallo«, sagte Dieter. »Ich hab’ eine erfreuliche Nachricht für dich. Die Tante Gisela hat nix dagegen, wenn du die Wohnung in ihrem Haus beziehst. Sie würd’ dich aber gern persönlich kennenlernen. Ich geb’ dir ihre Adresse, und wenn du Zeit hast, gehst du zu ihr. Sie ist auf jeden Fall den ganzen Tag daheim und du kannst kommen, wann es dir passt.«
Julia war geradezu gerührt. »Es war wirklich eine Fügung des Schicksals«, lachte sie überglücklich, »als ich dir begegnet bin. Ich weiß gar net, wie ich dir danken soll.«
»Indem du mit mir den gestrigen Abend wiederholst, Julia.«
»Dann übernehme aber ich die Rechnung«, bestimmte sie.
»Darüber reden wir zu gegebener Zeit«, erwiderte er und Julia glaubte ihn verschmitzt grinsen zu sehen. »Hast du was dagegen, wenn ich dich heut’ Abend besuch’? Wir könnten im Hotel was trinken und über deinen Umzug sprechen.«
»Warum net? Komm ruhig vorbei, Dieter. Ich kenn’ ja sonst niemand hier in St. Johann, und es wird mir sicher guttun, mit jemand reden zu können.«
»Ich werd’ kommen. Passt es dir so gegen sieben Uhr?«
»Freilich. Ich freu’ mich schon.«
»Ich sag’ dir jetzt die Adresse der Tante. Hast du was, um sie zu notieren?«
Julia kramte aus ihrer Handtasche einen kleinen Notizblock und einen Kugelschreiber. »Okay, nenn’ sie mir.«
*
Julia verlor keine Zeit. Sie prägte sich die Adresse der Tante von Daniel ein, zog ihre leichte Übergangsjacke an