Eine alte Affäre?: Der neue Dr. Laurin 86 – Arztroman
Von Viola Maybach
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Über dieses E-Book
Die Familiengeschichte des Klinikchefs Dr. Leon Laurin tritt in eine neue Phase, die in die heutige moderne Lebenswelt passt.
Da die vier Kinder der Familie Laurin langsam heranwachsen, möchte Dr. Laurins Frau, Dr. Antonia Laurin, endlich wieder als Kinderärztin arbeiten. Somit wird Antonia in der Privatklinik ihres Mannes eine Praxis als Kinderärztin aufmachen.
Damit ist der Boden bereitet für eine große, faszinierende Arztserie, die das Spektrum um den charismatischen Dr. Laurin entscheidend erweitert.
»Ich sollte mich eigentlich freuen, dass ich von Tante Kathi eine Wohnung geerbt habe«, sagte Clara Winkelmann zu ihrer Mutter, »aber irgendwie … ich weiß auch nicht. Ich habe mir immer gewünscht, dass sie noch einmal eine richtig große Freude erlebt, und jetzt denke ich, weil die ausgeblieben ist, ist sie gestorben. Sie war erst Anfang sechzig, Mama!« »Ja, das ist viel zu früh«, bestätigte Julia Winkelmann. »Aber du weißt ja, dass wir kaum Kontakt hatten, Kathi und ich. Sie war zehn Jahre älter als dein Vater und fünfzehn Jahre älter als ich, ihre neue Schwägerin. Aber es war nicht nur der Altersunterschied. Du hattest einen Draht zu ihr, ich nicht.« »Gesehen haben wir uns ja selten, aber telefoniert ziemlich oft. Und wenn wir uns gesehen haben, durfte es nie bei ihr sein, das fand ich immer sehr merkwürdig«, sagte Clara nachdenklich. »Sie hat behauptet, bei ihr sei es ungemütlich, wir sollten uns lieber in einem Café oder bei mir treffen.« »Darüber hast du dich immer gewundert. Ich habe sie seit der Beerdigung deines Vaters nicht mehr gesehen.« Claras Vater war vor einigen Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. »Mochtet ihr euch eigentlich nicht?«, fragte Clara. »Du hast selbst gesagt, der Altersunterschied allein war es nicht, der euch getrennt hat.
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Buchvorschau
Eine alte Affäre? - Viola Maybach
Der neue Dr. Laurin
– 86 –
Eine alte Affäre?
Das Geheimnis von Professor Kayser und Schwester Marie kommt ans Licht
Viola Maybach
»Ich sollte mich eigentlich freuen, dass ich von Tante Kathi eine Wohnung geerbt habe«, sagte Clara Winkelmann zu ihrer Mutter, »aber irgendwie … ich weiß auch nicht. Ich habe mir immer gewünscht, dass sie noch einmal eine richtig große Freude erlebt, und jetzt denke ich, weil die ausgeblieben ist, ist sie gestorben. Sie war erst Anfang sechzig, Mama!«
»Ja, das ist viel zu früh«, bestätigte Julia Winkelmann. »Aber du weißt ja, dass wir kaum Kontakt hatten, Kathi und ich. Sie war zehn Jahre älter als dein Vater und fünfzehn Jahre älter als ich, ihre neue Schwägerin. Aber es war nicht nur der Altersunterschied. Du hattest einen Draht zu ihr, ich nicht.«
»Gesehen haben wir uns ja selten, aber telefoniert ziemlich oft. Und wenn wir uns gesehen haben, durfte es nie bei ihr sein, das fand ich immer sehr merkwürdig«, sagte Clara nachdenklich. »Sie hat behauptet, bei ihr sei es ungemütlich, wir sollten uns lieber in einem Café oder bei mir treffen.«
»Darüber hast du dich immer gewundert. Ich habe sie seit der Beerdigung deines Vaters nicht mehr gesehen.«
Claras Vater war vor einigen Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.
»Mochtet ihr euch eigentlich nicht?«, fragte Clara. »Du hast selbst gesagt, der Altersunterschied allein war es nicht, der euch getrennt hat. Ich meine, sie hätte ja auch so etwas wie eine junge Tante für dich werden können.« Seltsam, fiel ihr in diesem Moment auf, dass sie ihrer Mutter diese Frage erst jetzt stellte.
»Nein, hätte sie nicht«, widersprach Julia. »Sie hat mich, glaube ich, gar nicht richtig wahrgenommen als neues Mitglied der Familie. Dein Vater hat damals gesagt, sie hätte gerade eine schwere Zeit durchgemacht, ich sollte mich einfach gedulden. Er war sicher, dass wir uns irgendwann gut verstehen würden, aber er hat sich getäuscht.«
»Was für eine schwere Zeit denn?«
»Die Frage habe ich ihm auch gestellt, aber keine Antwort bekommen. Mittlerweile denke ich, dass er es selbst nicht wusste. Er hat gesagt, das sei Kathis Angelegenheit, wenn sie darüber sprechen wolle, würde sie es sicher tun. Ich habe nie erfahren, worum es ging, obwohl ich noch einige Male nachgefragt habe. Einmal habe ich mich sogar direkt an Kathi gewandt, da ist sie förmlich erstarrt und hat gesagt, das ginge mich nichts an.«
Julia verstummte, bevor sie mit leiserer Stimme fortfuhr: »Als junge Frau hätte ich sie gern zur älteren Freundin gehabt, bei der ich mir ab und zu Rat hätte holen können, aber sie hatte so eine Art unsichtbarer Mauer um sich herum, und das war schon so, als wir uns kennenlernten. Da kam sie mir auch schon etwas seltsam vor, sie hatte kaum Kontakte, lebte sehr zurückgezogen. Selbst dein Vater ist irgendwann ja nicht mehr an sie herangekommen. Dabei waren sie als Kinder sehr eng gewesen, das hat er mir öfter erzählt, obwohl sie schon bald nach seiner Geburt kein Kind mehr war, sondern eine junge Frau. Aber sie hatten sich offensichtlich sehr gern.«
»Das ist eine komische Geschichte«, sagte Clara.
»Ja, das kann man wohl sagen. Ganz ehrlich: Nach unserer Scheidung habe ich Kathis Existenz mehr oder weniger verdrängt. Ich wollte mit der ganzen Familie nichts mehr zu tun haben. Wären wir vorher Freundinnen gewesen, wäre es sicherlich nicht so gekommen, aber da das nicht der Fall war, habe ich sie, so gut es ging, aus meinem Gedächtnis gestrichen. Aber es hat mich immer gefreut, dass du Kontakt zu ihr hattest, und deinen Vater auch, das weiß ich.«
»Und jetzt vermacht sie mir ihre Wohnung«, murmelte Clara. »Das Haus sieht ganz okay aus, das habe ich mir ja früher schon mal angesehen, die Lage ist auch nicht schlecht, aber ich werde sehr viel Erbschaftssteuer bezahlen müssen, weil sie ja nur meine Tante war.«
»Ich helfe dir. Oder willst du die Wohnung verkaufen? Sie brächte dir sicherlich eine Menge Geld ein.«
»Eine Wohnung in München verkauft man nicht, Mama, die behält man«, erklärte Clara im selben Tonfall, in dem neulich ihre Lieblingsschülerin in der ersten Klasse zu einem offenbar unwissenden Jungen gesagt hatte, Kinder würden den Frauen in den Bauch gepflanzt wie Blumen in die Erde, das wisse doch jeder.
»Stimmt auch wieder«, gab Julia sofort zu. »Lass dir Zeit mit der Entscheidung, du musst ja nichts überstürzen, zum Glück. Und ich helfe dir, so gut ich kann.«
»Ich werde trotzdem einen Kredit aufnehmen müssen, du bist schließlich auch nicht sehr reich, Mama.«
Sie sahen einander an und lächelten gleichzeitig. Wer nicht so genau hinsah, hätte sie für Schwestern halten können: Beide hatten braune Lockenköpfe, braune Augen und eine Haut, die im Sommer schnell etwas Farbe annahm. Beide waren schlank, nicht sehr groß und wirkten lebendig, weil sie, wenn sie redeten, das Gesagte mit Gesten und Mimik unterstrichen. Beide hatten einen Leberfleck auf der linken Wange, schräg über dem Mundwinkel, und beide hatten Gesichter, die man gerne ansah, weil von ihnen so viel abzulesen war.
Erst bei näherem Hinsehen sah man feine Fältchen in Julias Gesicht und die grauen Fäden, die sich durch ihre braunen Locken zogen. Noch waren es wenige, aber es wurden mehr, und noch mochte sie sich nicht damit abfinden, dass sie in wenigen Jahren grauhaarig sein würde. Sie hatte noch immer sehr viel Energie, und die wollte sie auch durch ihr Äußeres ausstrahlen.
Julia führte ein kleines Reisebüro, sie hatte sich nach der Scheidung von Claras Vater selbstständig gemacht, und noch heute war sie über diesen Entschluss froh, obwohl sie zu Beginn hart hatte kämpfen müssen. Sie hatte zwei Mitarbeiterinnen, und was sie zu dritt verdienten, reichte allen gut zum Leben.
»Ich habe die Schlüssel jetzt«, sagte Clara. »Ich könnte also rein in die Wohnung.«
»Aber?«, fragte Julia.
Clara antwortete nicht sofort. »Ich grusele mich davor«, sagte sie dann. »Wer weiß, wie es da aussieht. Und was ich da alles finde, von dem ich mir wünschte, ich hätte es nie gesehen.«
Julia sah ihre Tochter verwundert an. »Was meinst du denn damit?«
»Weiß ich auch nicht so genau. Irgendwelche Sachen, die ich lieber nicht erfahren hätte. Ich mochte Tante Kathi, wirklich, obwohl sie so seltsam war, aber ich bin nicht sicher, ob ich ihre Geheimnisse erfahren möchte.«
»Soll ich mitgehen, wenn du das erste Mal hingehst?«
Langsam schüttelte Clara den Kopf. »Nein, ich mache das allein, das habe ich mir schon überlegt. Ich würde mich auch gruseln, wenn du dabei wärst. Ich muss nur noch etwas Anlauf nehmen. Und du brauchst nichts weiter zu sagen: Ich weiß, dass ich albern bin.«
»Ich finde deine Gefühle nicht albern, wirklich nicht. Und übrigens: Wenn du Kathis Geheimnisse nicht ergründen willst, dann zwingt dich ja niemand, Unterlagen, die du eventuell findest, zu lesen.«
»Wieso hatte Tante Kathi eigentlich eine eigene Wohnung, das frage ich mich schon die ganze Zeit«, sagte Clara. »Sie ist doch vorzeitig in Rente gegangen, weil sie nicht mehr arbeiten