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Wenn Wünsche töten könnten
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Wenn Wünsche töten könnten
eBook216 Seiten3 Stunden

Wenn Wünsche töten könnten

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Über dieses E-Book

Während eines Aufenthalts auf einem Luxusdampfer begegnet der bekannte Künstler Heinz Wartegg Linda Rittberg. Der Witwer ist sofort von der jungen und hübschen Frau angetan. Tochter Roberta findet sie hingegen von Anfang an unsympathisch. Dennoch bleibt Heinz Wartegg mit der schönen Reisebekanntschaft in Kontakt und die beiden heiraten schließlich. Linda wähnt sich am Ziel ihrer Träume. Doch dann erfährt sie, dass ihr Ehemann gar nicht so vermögend ist, wie sie eigentlich dachte. Die junge Frau ist außer sich ...-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum16. Sept. 2022
ISBN9788728472927
Wenn Wünsche töten könnten

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    Buchvorschau

    Wenn Wünsche töten könnten - Hedwig Courths-Mahler

    Hedwig Courths-Mahler

    Wenn Wünsche töten könnten

    Saga

    Wenn Wünsche töten könnten

    Coverbild/Illustration: Shutterstock

    Copyright © 1925, 2022 SAGA Egmont

    Alle Rechte vorbehalten

    ISBN: 9788728472927

    1. E-Book-Ausgabe

    Format: EPUB 3.0

    Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

    Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

    www.sagaegmont.com

    Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

    I

    Roberta Wartegg schritt an dem Arm ihres Vaters über die Promenade des großen Luxusdampfers. Die Schiffskapelle spielte, und viele Passagiere waren auf Deck. Eine internationale Gesellschaft reiste auf dem mit allem Komfort versehenen Riesenschiff, das Leben an Bord glich einem einzigen Fest. Da das Wetter günstig war, konnte man die Seereise voll auskosten.

    Heinz Wartegg war ein bekannter Maler. Sein Name hatte einen guten Klang bekommen, seit vor Jahren sein Bild »Die schöne Spanierin« preisgekrönt wurde. Man sah Abbildungen seines Gemäldes in allen Kunsthandlungen. Es war sein größter Erfolg, keines seiner späteren Bilder hatte nur annähernd soviel von sich reden gemacht. Er war sehr von Stimmungen abhängig und konnte nur arbeiten, wenn kein Muß hinter ihm stand. Es wäre ihm nicht möglich gewesen, von seinem Einkommen das luxuriöse Leben zu bestreiten, das er führte, aber er hatte eine Frau geheiratet, die ein Riesenvermögen in die Ehe gebracht hatte.

    Bevor er sie kennenlernte, war er ein unbekannter Maler gewesen, von dem niemand sprach. Das wurde mit einem Schlag anders, als er seine schöne junge Frau heimführte. Sie stellte ihn überall vor, führte ein großes Haus, um ihn mit maßgeblichen Persönlichkeiten bekannt zu machen. Sie begeisterte ihn durch ihre Schönheit und Grazie und gab ihm so die Bedeutung, die er ohne sie nie erreicht hätte. Er malte sie als Spanierin, und dies Bild machte seinen Namen bekannt. »Die schöne Spanierin« war in aller Mund, aber vielleicht hatte das bezaubernde Modell mehr Verdienst am Gelingen dieses Werkes als der Meister selbst. Es lag eine Art suggestiver Kraft in der Liebe der schönen und klugen Frau zu ihrem Gatten.

    Heinz Wartegg hatte Isabella Carena auf einem Blumenfest in Nizza kennengelernt. Den Besuch ermöglichte ihm sein Freund, der Bildhauer Walter Goebel, der durch den unerwartet günstigen Verkauf seiner letzten Schöpfung zu Geld gekommen war.

    Auf dem Balkon eines Hotels hatte der junge Maler die schöne Südländerin zum ersten Mal erblickt und sich auf der Stelle in sie verliebt.

    Isabella sah den schlanken, hochgewachsenen Deutschen überall in ihrer Nähe auftauchen, und seine bewundernden Blicke nahmen sie gefangen. Isabella Carena machte mit ihrer Mutter eine Reise durch Europa. Ihr Vater, ein Spanier, besaß große Plantagen in Brasilien, und dort hatte Isabella ihr bisheriges Leben verbracht. Mutter und Tochter liebten sich zärtlich. Kurz vor seinem Tod hatte Isabellas Vater den größten Teil seiner Ländereien gut verkauft und das Geld sicher angelegt. Nur seine schönste Hazienda hatte er behalten. Diese Hazienda blieb in Isabellas Besitz, und sie hatte die Absicht, nach der Reise durch Europa wieder dahin zurückzukehren. Aber es sollte anders kommen.

    Heinz Wartegg, der Isabella lange Zeit nur aus der Ferne hatte bewundern können, fand eines Tages Gelegenheit, sich beiden Damen vorstellen zu lassen. Die Liebenden verlebten herrliche Zeiten miteinander. Walter Goebel, der die schöne Isabella auch bewunderte, aber neidlos dem Freund ihre Liebe gönnte, lenkte die Mutter ab. Aber der Aufenthalt der beiden Freunde näherte sich seinem Ende.

    »Wir müssen heim, Heinz. Nun sieh zu, daß — du mit Isabella ins reine kommst.«

    Aber obgleich Heinz der schönen Spanierin seine Liebe deutlich gezeigt hatte, wagte er nicht, um ihre Hand anzuhalten. Was war er schon, was hatte er dem schönen und reichen Mädchen zu bieten?

    Da kam ihm ein Zufall zu Hilfe. Isabella und ihre Mutter hatten einen Ausflug im Wagen gemacht. Heinz trieb die Sehnsucht, der Geliebten nachzugehen. Auf der am Meer entlangführenden Straße sah er den Wagen der Damen in rasendem Tempo daherkommen. Die Pferde waren scheu geworden und jagten einer gefährlichen Stelle zu.

    Heinz Wartegg erkannte die Gefahr, sprang beherzt den durchgehenden Tieren entgegen und hängte sich mit seiner ganzen Kraft in die Zügel. In seiner liebenswürdig ritterlichen Art stellte er sich dann den Damen zur Verfügung, glückselig, daß die Geliebte unversehrt war.

    Sie küßten sich, vom Augenblick bezwungen, und Isabellas Mutter reichte Heinz Wartegg die Hand. So war Heinz Wartegg Isabellas Verlobter geworden. In der Nacht wurde er in das Hotel gerufen, in dem die beiden Damen wohnten. Isabellas Mutter hatte Herzkrämpfe bekommen. Sie fühlte ihr Ende nahen. Sie bat Heinz, ihre Tochter nicht zu verlassen und sie glücklich zu machen. Señora Carena starb noch in dieser Nacht. Nach der Beisetzung folgte Isabella den beiden Freunden nach Deutschland, und in Düsseldorf wurde sie Heinz Warteggs Frau. Sie schenkte ihrem Gatten eine Tochter, die Roberta getauft und von ihren Eltern Berty genannt wurde. Als Berty fünfzehn Jahre alt war, erkrankte ihre Mutter an einer schweren Lungenentzündung und starb nach wenigen Tagen in den Armen ihres verzweifelten Gatten.

    In der Düsseldorfer Villa Wartegg, die Isabella nach ihrer Verheiratung ganz nach dem Geschmack ihres Gatten hatte erbauen lassen, wurde es sehr still. Vater und Tochter schlossen sich noch inniger aneinander, Berty übertrug alle ihre Liebe nun auf den Vater und sah in ihm, wie die Verstorbene es sie gelehrt, das Höchste und Beste, die Verkörperung aller Tugenden.

    Immer wieder suchte sie Trost und Beruhigung bei ihm, immer wieder zog sie ihn in die Zimmer der Mutter, wo das Bild hing, das seinen Namen bekanntgemacht hatte und von dem sie sich niemals trennen wollte.

    Berty Wartegg war ihrer Mutter von Jahr zu Jahr ähnlicher geworden, und mit zwanzig Jahren war sie zur vollen Schönheit erblüht. Sie besaß alle Reize ihrer Mutter, nur nicht deren schwarzes Haar. Sie hatte das blonde Haar des Vaters geerbt.

    Fünf Jahre waren seit dem Tod ihrer Mutter vergangen, und in dieser Zeit hatte ihr Vater sie sehr verwöhnt, wie sie selbst ja auch alles tat, ihm die Wünsche schon von den Augen abzulesen. Er war ihr Ideal und füllte ihr Herz vollständig aus. Sie hatte noch an keinem anderen Mann Interesse gezeigt. Niemand hielt den Vergleich mit dem Vater aus. Aber Heinz Warteggs Leben war nicht mehr ganz ausgefüllt. Wohl hatte er sie herzlich lieb, er hatte auch seine Frau ehrlich und tief betrauert. Aber als sie starb, war er ein Mann in der Mitte der Vierzig, er hatte noch nicht mit dem Leben abgeschlossen. Nachdem er den ersten Schmerz über den Verlust Isabellas verwunden hatte, wurden andere Wünsche in ihm wach.

    Berty jedoch war überzeugt, daß der Vater der Mutter die Treue hielt über das Grab hinaus und daß nie wieder eine Frau eine Rolle in seinem Leben spielen würde. Heinz Wartegg hütete sich, seinem Kind diese Illusion zu rauben. Im Grunde war er weit davon entfernt, dem Ideal zu gleichen, das Berty aus ihm gemacht hatte. Er war wohl ein liebenswürdiger, aber doch ziemlich oberflächlicher Mensch, der das Glück hatte, immer überschätzt zu werden.

    Er hatte außer der »Schönen Spanierin« noch einige gute Bilder gemalt, alle unter dem Einfluß seiner Frau. Sehr produktiv war er nie gewesen, nie frei von einer etwas glatten, weichlichen Manier, der das kraftvoll Gestaltende fehlte. Zu Lebzeiten Isabellas hatte ihre Seele auf sein Schaffen vertiefend und veredelnd gewirkt, wie auf seine ganze Persönlichkeit. Seit ihrem Tod aber war er mehr und mehr verflacht, und man ließ ihn höchstens noch als liebenswürdiges Talent gelten. Daß er wenige Bilder verkaufte, kümmerte ihn nicht, da er darauf nicht angewiesen war. Allerdings war Berty von ihrer Mutter zur Universalerbin eingesetzt worden, aber ihm stand bis zu seinem Tod der Zinsgenuß aus einer halben Million zu und das Recht, in Villa Wartegg ein bleibendes Domizil zu behalten. Damit hatte Isabella den Gatten keineswegs übergehen wollen. Sie hatte sich mit Einverständnis Warteggs lediglich das Testament ihres eigenen Vaters zum Muster genommen. Und es war ihr selbstverständlich erschienen, daß ihr Gatte mehr an Bertys Zukunft denken würde als an sich selbst. Außerdem hoffte sie ja damals auf eine lange Dauer ihrer Ehe.

    Heinz Wartegg war das Testament nicht sehr wichtig erschienen. Er sah, daß für seine persönlichen Bedürfnisse gesorgt war, alles weitere kümmerte ihn in seiner leichtlebigen Art nicht.

    Einige Monate nach der Mutter Tod war Berty in ein Genfer Pensionat gegangen. Der Vater hatte in ihrer Abwesenheit seine Junggesellengewohnheiten wieder aufgenommen und ein vergnügliches Leben geführt, während Berty ihm aus Genf noch immer rührende Trostbriefe schrieb. Als sie dann heimkehrte, spielte er ihr geschickt eine kleine Komödie vor, als habe er den Verlust seiner Gattin noch nicht verschmerzt. Wenn seine Tochter längst im tiefen Schlummer lag, saß er noch lustig im Kreise seiner Freunde und Freundinnen und amüsierte sich. »Ich kann doch meine Tage nicht als Klosterbruder beschließen«, sagte er zu sich selbst.

    II

    Roberta sollte in die Gesellschaft eingeführt werden. Aber sie sehnte sich nicht aus dem stillen Frieden ihres Hauses und fürchtete sich davor, daß eine Hausdame engagiert werden müsse, die störend zwischen sie und ihren Vater treten würde.

    Heinz Wartegg eilte es erst recht nicht, seine erwachsene Tochter auszuführen. Er galt gern für jünger, als er war. Schließlich sagte er zu seiner Tochter, er wolle mit ihr nach Brasilien reisen, sie müsse ihre Hazienda kennenlernen. Man könne sich einige Monate drüben aufhalten und dann erst nach der Heimkehr Berty offiziell in die Gesellschaft einführen. Berty griff diesen Gedanken mit Eifer auf. Sie hatte schon lange den Wunsch gehabt, die Heimat ihrer Mutter kennenzulernen.

    Vier Monate hatten Vater und Tochter auf der reizenden Hazienda verbracht. Das fremdartige Leben und Treiben hatte Berty lebhaft interessiert, und auch Heinz Wartegg hatte es eine Zeitlang »da drüben« ganz amüsant gefunden. Ab und zu hatte er einen kleinen Abstecher nach Rio gemacht, wenn es ihm langweilig wurde. Er gab dann vor, Geschäfte zu haben. Wenn er wiederkam, war er von neuem guter Laune und hielt es wieder einige Wochen aus.

    Er malte auch ein neues Bild und gab Berty fleißig Unterricht. Es zeigte sich bei ihr ein bemerkenswertes Talent, sie war eine eifrige Schülerin ihres Vaters geworden. Heinz Wartegg hatte in diesen Monaten seine Tochter gemalt, in einer Hängematte unter Granatbäumen sitzend. Sie trug ein schlicht herabfallendes weißes Gewand, hatte das wundervolle Haar gelöst und blickte mit einem verträumten Lächeln ins Weite.

    Dies Bild war ihrem Vater wieder einmal besser gelungen als alles, was er seit dem Tod seiner Frau geschaffen hatte. Als das Bild fertig war, kam für ihn die Langeweile. Er hatte vorläufig genug von Brasilien und von ländlicher Zurückgezogenheit.

    Mit dem Vorwand, er müsse sein Bild selbst der Jury einreichen, begründete er vor Berty seinen Wunsch, nach Düsseldorf zurückzukehren.

    Vater und Tochter hatten also die Hazienda verlassen. Aber in Rio de Janeiro hatte der Vater plötzlich geäußert, man könne doch noch einige Wochen hierbleiben. Sie wohnten in einem Hotel, und hier war der lebenslustige Maler in ein galantes Abenteuer mit einer glutäugigen Kreolin geraten. Fast hätte diese Episode durch den eifersüchtigen Gatten der Schönen ein ungemütliches Ende genommen, wenn sich Heinz Wartegg nicht schleunigst auf den nächsten Dampfer begeben hätte.

    Froh, allen unangenehmen Folgen dieses Abenteuers, von dem seine Tochter natürlich keine Ahnung hatte, entgangen zu sein, sah er zu dem Land zurück, als das Schiff die Anker lichtete. Berty stand neben ihm an der Reling und schob ihre Hand unter seinen Arm. »Es war doch schön hier, Vater. In zwei oder drei Jahren fahren wir wieder herüber auf unsere Hazienda.«

    Er sah sie lächelnd an. »Auf deine Hazienda, Berty.«

    Sie drückte seinen Arm. »Was mein ist, das ist doch auch dein, lieber Vater.«

    Er nickte lächelnd. »Nun gut, Berty, streiten wir nicht darüber. Vorläufig, das muß ich sagen, habe ich genug von Brasilien und freue mich auf unser deutsches Vaterland. Ich möchte nach all den brünetten Schönheiten einmal wieder blondes Haar und blaue Augen sehen.«

    »Mit blondem Haar kann ich dienen, Herzensvater, und wenn du blaue Augen sehen willst, brauchst du nur in den Spiegel zu schauen.«

    Mit einem Lächeln blickte er auf sie herab. Seine unschuldsvolle Tochter ahnte nicht, daß seine Sehnsucht blonden Frauen mit blauen Augen galt.

    Unter den Passagieren befand sich eine junge Dame, die blond, blauäugig und sehr schön war. Daß ihre Augen zuweilen einen grünlichen Schimmer hatten und wie Nixenaugen blickten, entging ihm. Ihm jedenfalls sahen diese Augen stets mit strahlendem Leuchten entgegen, und schon nach wenigen Tagen stand sein flatterhaftes Herz für diese blonde Frau in hellen Flammen.

    Sie hieß Linda Rittberg. Gleich in der ersten Stunde an Bord hatte sie Interesse für Heinz Wartegg und seine Tochter gezeigt. Es hatte hart und entschlossen in den Nixenaugen aufgeblitzt, als sie die beiden Menschen erblickte.

    Noch an demselben Tag trat sie mit sanftem Lächeln an Roberta Wartegg heran, als diese eine Weile allein war, und sagte zu ihr: »Verzeihung, mein Fräulein, daß ich Sie so ohne weiteres anspreche. Aber ich bin ebenfalls Düsseldorferin und freue mich sehr, Landsleute hier auf dem Schiff zu treffen.«

    Überrascht blickte Roberta zu ihr auf. Etwas in diesen lächelnden Augen stieß sie innerlich ab. Aber sie sagte ruhig und höflich: »Da Sie wissen, daß ich Düsseldorferin bin, scheinen Sie mich zu kennen. Ich aber kann mich nicht entsinnen, Ihnen jemals begegnet zu sein.«

    Fräulein Rittberg bemerkte sehr wohl, daß in diesem Augenblick Heinz Wartegg herantrat. Sie gab sich aber den Anschein, ihn nicht zu sehen, und erwiderte lächelnd: »Mein Name ist Linda Rittberg. Ich habe Sie an der Seite Ihres Vaters gesehen, und wer sollte den berühmten Meister Heinz Wartegg nicht kennen?«

    Wartegg fühlte sich durch ihre Worte geschmeichelt. Mit einem Erobererblick auf Fräulein Rittberg mischte er sich lächelnd ins Gespräch: »Dann brauche ich mich Ihnen nicht vorzustellen, gnädiges Fräulein«, sagte er.

    Die junge Dame erschrak scheinbar und wandte sich ihm in anmutiger Verwirrung zu: »Ach, verzeihen Sie, Meister — ich — ich —«

    Mit weltmännischer Gewandtheit half er ihr über ihre vermeintliche Verwirrung hinweg und sah bewundernd in ihr schönes Gesicht.

    Kurzum, Fräulein Rittberg hatte mit Geschick die Bekanntschaft von Heinz Wartegg und seiner Tochter gemacht. Und noch im Verlauf dieses Tages gab sie mit trauriger, müder Stimme Auskunft über ihr Schicksal. Sie war darauf angewiesen, sich ihr Brot zu verdienen. Ihr Vater war gestorben, als sie noch zur Schule ging. Ihre Mutter hatte zum zweiten Mal geheiratet, war aber bald wieder verwitwet und hatte ein Asyl bei einer Schwester annehmen müssen, die nur ein bescheidenes Heim und ebenso bescheidene Einkünfte besaß. Darum ergab sich für Linda die Notwendigkeit, sich ihren Unterhalt zu verdienen. In ihrer ersten Stellung hatte sie in Wiesbaden die Bekanntschaft einer Brasilianerin gemacht, die mit ihrem aus Deutschland stammenden Gatten in ihre Heimat zurückkehren wollte. Als deren Gesellschafterin war sie nach Brasilien gegangen. Daß sie diese Stellung verloren hatte, weil sie mit dem Gatten ihrer Herrin kokettierte, verriet Linda natürlich nicht.

    Wäre Fräulein Rittberg bei der Wahrheit geblieben, hätte ihr Bericht wohl ein wenig anders lauten müssen. Sie stellte sich als verfolgte Unschuld hin, und das genügte, auf Heinz Wartegg Eindruck zu machen. Er hätte das schöne Mädchen gern getröstet. Roberta hatte mit freundlicher Teilnahme Lindas Erzählung gelauscht, aber es erging ihr seltsam. Sie, die sonst so mitleidig und hilfsbereit war, fühlte ihr Herz immer kälter werden. Sie spürte instinktiv, daß Unwahres im Wesen der jungen Dame war.

    Obwohl sie selbst reserviert blieb, war Linda Rittberg von nun an die unzertrennliche Begleiterin von Vater und Tochter. Sie war nicht die Person, die Chancen einer solchen Bekanntschaft ungenutzt zu lassen, seitdem sie wußte, daß Wartegg Witwer, sehr reich und Besitzer einer herrlichen Villa war.

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