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No Risk, No Fun: Krimikomödie
No Risk, No Fun: Krimikomödie
No Risk, No Fun: Krimikomödie
eBook277 Seiten3 Stunden

No Risk, No Fun: Krimikomödie

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Über dieses E-Book

Das Leben ist ein Spiel - mal gewinnt man, mal endet es tödlich.

Eine Freundin von Schwiegermutter Anke Blum, der "Queen von Bayreuth", wird vermisst, und Kati soll sie ausfindig machen. No risk, no fun!, denkt Kati und stürzt sich in die Ermittlungen.

Dank ihrer ausgeprägten Spürnase dauert es auch nicht lange, bis sie über die Leiche stolpert. Doch schon bald steckt sie mitten in den gefährlichen Kreisen von Bankberatern, Pokerspielern und Kleinkriminellen. Hauptkommissar Lars ist davon wenig begeistert. Als die Gangster Kati schließlich immer näher kommen und sogar Schwiegermutter Anke beherzt eingreift, muss er handeln. Und wieder einmal endet alles im Chaos …

 

"No risk, no fun" ist der 6. Band der Serie „Kati Blum ermittelt”. Ein witzig-skurriler Cosy-Krimi aus der Reihe von Erfolgsautorin Birgit Gruber.

SpracheDeutsch
HerausgeberZeilenfluss
Erscheinungsdatum21. Juli 2022
ISBN9783967142167
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    Buchvorschau

    No Risk, No Fun - Birgit Gruber

    Prolog

    »Und hier in der Friedrichstraße Nummer fünf hat sich Jean Paul achtzehnhundertdreizehn für den Rest seines Lebens einquartiert. Der leider etwas in Vergessenheit geratene Schriftsteller hat siebenmal in seiner Wahlheimat Bayreuth die Wohnung gewechselt, bevor er in diesem Haus sesshaft geworden ist.« Der Nachtwächter in seiner historischen schwarzen Kutte zeigte zu einer Tafel, die an dem alten Sandsteinhaus als Huldigung angebracht worden war.

    Frederike gähnte und zog ihren Mantel fester zusammen. Es hatte zu nieseln begonnen. Außerdem war es kalt und duster.

    Doch was hatte sie erwartet, als sie zugestimmt hatte, mit ihrer alten Bekannten aus ihrer Zeit am Bodensee an einer Stadtführung teilzunehmen? Nun ja, dass es sich dabei um eine Nachtwächterführung handeln würde, damit hatte sie weniger gerechnet. Aber Juliane wollte einen Reiseführer schreiben, der sogenannte ›Geheimtipps‹ enthielt. Als ob es sowas nicht schon längst gab! Spätestens seit dem Internet fand doch jedermann, was ihn besonders interessierte. Doch es war nicht ihre Aufgabe, ihre Bekannte davon in Kenntnis zu setzen. Zumal sich Juliane selbst gerne als extrem schlau bezeichnete. Und solange sie ihr sogar Geld dafür bezahlte, dass sie sie in ihrer Geburtsstadt Bayreuth herumführte, war ihr im Grunde alles recht. Es war ja nicht so, als müsste sie sich ein Bein dafür ausreißen, und ein bisschen Bares konnte sie gerade jetzt gut gebrauchen. Waren doch alle ihre schönen Pläne zerplatzt wie Seifenblasen.

    Der Nachtwächter ging weiter, und die Gruppe von circa fünfundzwanzig Personen folgte ihm. Während Juliane ganz vorne dabei war, um auch ja kein Wort zu verpassen, ließ sich Frederike absichtlich zurückfallen.

    Ihr war nicht nach Geschichten aus der Vergangenheit und Sightseeing. Das meiste davon wusste oder kannte sie eh schon. Schließlich war sie in Bayreuth groß geworden, auch wenn sie den längsten Teil ihres späteren Lebens am Bodensee verbracht hatte. Dort hatte es ihr gefallen, und während ihrer Ehe hatte es ihr an nichts gefehlt. Nur Kinder waren ihr nicht vergönnt gewesen, weshalb sie irgendwann begonnen hatte sich die freie Zeit in Lindau zu vertreiben. Dort hatte sie die perfekte Kombination aus Spaß, Abwechslung und Urlaubsflair gefunden, während ihre Freundinnen ihren Nachwuchs hüteten.

    Damals hatte sie Juliane kennengelernt. Eine aufstrebende Journalistin war sie gewesen, doch auch bei ihr schien über die Jahre nicht alles so gelaufen zu sein, wie sie seinerzeit erwartet hatte. Den Audi TT, den sie ihr damals über ihr gut laufendes Autohaus verkauft hatte, nutzte sie jedenfalls nicht mehr. Andererseits war das schon lange her und somit wenig aussagekräftig.

    Ein vorbeifahrender Wagen brachte die Gruppe vor ihr zum Stehen, als sie den Jean-Paul-Platz überquerten.

    »Was Sie hier vor uns eingehüllt sehen, ist die Stadthalle«, hörte sie den Nachtwächter sagen. »Sie wurde zwischen siebzehnhundertachtundvierzig und siebzehnhundertneunundvierzig vom Hofarchitekten Joseph Saint-Pierre erbaut, der im Übrigen auch für den Bau der Spitalkirche, die wir vorhin gesehen haben, verantwortlich war, und ebenfalls für das Markgräfliche Opernhaus und das Neue Schloss. Aber dorthin kommen wir erst noch. Die heutige Stadthalle wurde von Friedrich dem Dritten, Wilhelmines Ehemann, als Reithalle errichtet. Damals waren dort der Paradeplatz und das westliche Ende der Rennbahn …«

    Sie liefen an dem mit Bauplanen verhängten und eingerüsteten Gebäude entlang. Unter anderen Umständen wäre der Nachtwächter vermutlich stehen geblieben, doch aktuell gab es hier nichts Sehenswertes. Die Stadthalle wurde saniert und würde nach Beendigung sogar einen neuen Namen erhalten.

    Für einen Moment blieb Frederike stehen und überlegte, ob sie sich einfach von der Gruppe abseilen sollte. Gleich neben der historischen Baustelle führte ein Weg in den angrenzenden Hofgarten, hinter dem sich ihr Haus befand.

    Ihre Hände waren kalt, und Juliane würde sie ohnehin nicht vermissen. Sie hatten lediglich zusammen die Führung gestartet. Seitdem hing ihre Freundin dem Nachtwächter an den Lippen und bemerkte gar nicht, dass Frederike sich zurückgezogen hatte. Eine Tasse heißen Kakao mit Schuss wäre jetzt perfekt, dachte sie und beschloss den Heimweg anzutreten.

    Beherzt bog sie ab und betrat den Fußweg in den Park, als sie etwas hörte.

    »Frederike? Frederike sind Sie das?«, fragte eine Stimme wiederholt.

    Überrascht sah sie sich um. Da der Hofgarten nur mäßig mit Laternen am Wegesrand ausgestattet war, konnte sie im Halbdunkel schwerlich etwas erkennen. Doch dann entdeckte sie eine Gestalt, die seitlich, nahe der Baustellenzufahrt der Stadthalle stand und ihr zuwinkte.

    Neugierig trat sie näher.

    1

    Vorsichtig steckte ich den Kopf durch die Hintertür. In der Küche der Blumschen Villa wirkte alles wie immer. Maria, die Haushälterin, stand vor dampfenden Töpfen, und der Tisch war bereits gedeckt. Ich senkte meine Lider und schnüffelte.

    »Kati! Was treibst du denn da?«, störte Maria meine Bemühungen, herauszufinden, welches Gericht sie uns heute vorsetzen würde.

    Ich riss die Augen auf und fühlte mich ertappt.

    »Seit wann schleichst du dich denn so an?«, fragte sie weiter, und ich trat ein. Nicht jedoch, ohne misstrauisch zur Küchentür zu schauen, die in den Hauseingang der Villa führte, auf deren anderer Seite sich der Salon befand – Ankes Reich.

    Maria folgte meinem Blick. »Hab ich irgendwas verpasst?«

    Ich zuckte mit den Achseln und ließ meine Tasche auf einen der Stühle gleiten. »Ich habe eine SMS von Anke bekommen. Sie hat mich eingeladen!«

    »Ist nicht wahr!?« Maria blinzelte mit offenstehendem Mund.

    Ich nickte, teils auch, um mich selbst zu bestätigen. Ich konnte es ebenso wenig glauben. »Doch!«

    Um zu wissen, weshalb dieser Umstand so unfassbar war, sollte ich mich vielleicht zuerst einmal vorstellen.

    Hallo, ich bin Kati, Anfang bis Mitte dreißig und keineswegs eine gebürtige Blum. In diese altehrwürdige Juweliersfamilie schlitterte ich durch die spontane Heirat mit deren einzigem Sohn Thorsten. Anke Blum ist somit meine Schwiegermutter, was womöglich schon einiges erklärt. Aber man muss auch wissen, dass sie in ihrem Wesen, sagen wir einmal, ziemlich speziell ist. Konkret ist Anke Blum überheblich und herrisch. Sie hat mich von Anfang nicht sonderlich gemocht und war noch weniger begeistert davon, dass ich auch nach dem plötzlichen und viel zu frühen Ableben meines Ehemanns vorhatte zu bleiben. Aber nachdem ich vier gemeinsame Jahre mit Thorsten hier gelebt hatte, fühlte ich mich als ›Zugeraste‹ in Bayreuth und am Blumschen Anwesen inzwischen heimisch. Ursprünglich stamme ich nämlich aus dem Harz.

    Ich habe im Laufe der Zeit Bayreuth, die Regierungsstadt von Oberfranken, lieben gelernt. Neben unzähligen kulturellen Sehenswürdigkeiten, die überwiegend auf die Markgrafenzeit zurückzuführen sind, gibt es eine tolle Uni und das weltweit bekannte Festspielhaus, in dem jährlich Richard Wagners Opern neu interpretiert aufgeführt werden. Aber das waren natürlich nicht die Gründe, warum ich nicht mehr von hier wegwollte. Es waren mein Umfeld und die Menschen.

    Ich habe hier Nina gefunden, die beste Freundin, die man sich vorstellen kann! Sie ist zwar etwas wild und ungestüm, liebt das Leben und die Männer und wechselt ständig ihre Haarfarbe – wie praktisch, dass sie Frisörin ist! –, aber wir passen perfekt zusammen. Denn auch ich habe durchaus eine verrückte Seite an mir.

    Besonders dann, wenn es um Mord und Totschlag geht … Das wird Lars – seines Zeichens Kriminalhauptkommissar – sicherlich gern bestätigen. Obwohl ihm meine Schnüffelei ziemlich auf die Nerven geht, sind wir seit geraumer Zeit ein Paar. Und auch wenn er es nicht gerne zugibt, können wir doch ein richtig gutes Team sein. Privat ebenso wie beim Aufklären von Mordfällen.

    Dass ich für knifflige Angelegenheiten durchaus den richtigen Riecher besitze, habe ich herausgefunden, als Marias Mann Richard verschwand. Aber das ist eine andere Geschichte. Maria ist die gute Seele der Blumschen Villa und ebenfalls ein Grund, warum ich mich hier so heimisch fühle. Sie ist für mich eine mütterliche Freundin geworden, die immer für mich da ist und uns regelmäßig mit Essen versorgt. Wie auch heute.

    Mit ›uns‹ meine ich übrigens mich und Erik. Der gehört nämlich ebenso zu meiner zusammengewürfelten Familie im Blumschen Reich. Erik ist etwas jünger als ich, groß, gutgebaut und besitzt langes blondes Haar, das er in der Regel als Pferdeschwanz zusammengebunden hat. Nicht nur sein Name erinnert somit zwangsläufig an einen Wikinger. Nach Richards Tod hat er dessen Platz am Anwesen eingenommen und kümmert sich seitdem um sämtliche handwerkliche Arbeiten, die anfallen.

    Das Blumsche Anwesen umfasst nämlich mehrere tausend Quadratmeter, obwohl es mitten in Bayreuth liegt. Neben der hochherrschaftlichen Villa gibt es noch das kleine Kutscherhäuschen, in dem oben Maria wohnt, in der Kellerwohnung Erik. Und dann befindet sich gleich neben der Einfahrt mein Baumhaus, wie Thorsten und ich unsere kleine Wohnung liebevoll getauft haben. Sie liegt über der Doppelgarage und ist zu ihrem Namen gekommen, weil direkt gegenüber eine große alte Eiche steht, die mit ihren Ästen und Blättern hin und wieder meine Fenster kitzelt.

    Es war kurz vor zwölf Uhr mittags, und ich kam gerade von meiner Arbeit als Frühstücksfee im Hotel Zur Sonne zurück. Der Begriff gefiel mir besser als ›Kellnerin‹ oder ›Bedienung‹. Ich hatte mir den Job gesucht, da ich als freie Mitarbeiterin bei der örtlichen Tageszeitung nicht genug zum Leben verdiente.

    »Hm. Was gibt´s denn heute?« Die Hintertür öffnete sich, und Erik trat schnuppernd ein. Zeitgleich hörten wir durch das gekippte Küchenfenster die Kirchturmuhr läuten. Ohne eine Antwort abzuwarten, ließ er sich auf seinen angestammten Stuhl fallen.

    »Riecht man das nicht?«, meinte Maria und schwang den Kochlöffel.

    Ich hielt ebenfalls nochmals die Nase in die Höhe. Mein Magen knurrte.

    »Um ehrlich zu sein: Nein«, erwiderte ich mit gerunzelter Stirn.

    »Das ist Gulasch!« Unwirsch schüttelte sie den Kopf.

    »Ehrlich?«, fragten Erik und ich wie aus einem Mund.

    »Also …!« Maria schnappte nach Luft.

    Entschuldigend sah ich sie an.

    »Na ja, vielleicht muss noch ein bisschen nachgewürzt werden. Mir fehlt heute irgendwie der richtige Geschmackssinn«, räumte sie schließlich ein.

    Mir fiel auf, dass ihre Wangen übermäßig gefärbt waren und ihre Augen etwas glasig wirkten. »Sag mal, geht´s dir gut?«

    Sie räusperte sich. »Ja. Wieso? Es gibt eben so Tage …«

    »Aber du hast auch ein ganz schön rotes Gesicht.«

    Mit der linken Hand fuhr sie sich über die Stirn. »Das kommt vom Kochen. Steh du mal dauernd vorm Herd«, brummte sie und drückte mir den Kochlöffel in die Hand. »Hier. Du darfst das Gulasch gerne verfeinern.«

    »Okay. Kein Problem. Aber du setzt dich und machst eine Pause«, forderte ich und schob sie sanft auf den nächstbesten Stuhl. Bei der Berührung merkte ich, dass sie sich ziemlich warm anfühlte.

    Ich schaute Erik an. Auch seine Wangen verfärbten sich rot, was aber darauf zurückzuführen war, dass er den Vormittag mit Laubrechen in der Novemberkälte verbracht hatte.

    »Heute ist es wirklich kühl draußen«, bestätigte er, rieb sich die Hände und fügte mit Blick auf Maria hinzu: »Richtiges Erkältungswetter.«

    Die Lippen der Haushälterin bildeten einen Strich. Sie wusste, dass wir es wussten. Sie war krank! Ob ihr das nun passte oder nicht. Und es passte ihr überhaupt nicht! Denn Maria war in sehr vielem gut. Sie konnte kochen, waschen, putzen. Sie war eine wahre Perle im Haushalt und hielt den gehobenen Standard, der in der Blumschen Villa von Anke erwartet wurde, zu jeder Zeit aufrecht. Was sie seit Jahrzehnten tat. Inzwischen näherte sie sich dem Rentenalter, aber ich glaubte nicht, dass sie gewillt war, ihren Job aufzugeben. Das hier war ihr Leben! Das Einzige, was ihr nur schwerlich gelang, war es, stillzusitzen und untätig zu sein. Von dieser Seite betrachtet war sie wirklich geschaffen für ihre Tätigkeit bei der Queen, wie wir meine Schwiegermutter heimlich nannten. Denn Arbeitszeitregelungen waren ihr unbekannt. Ihre Angestellten erhielten ein Festgehalt, darüber hinaus freie Kost und Logis, dafür mussten sie jederzeit abrufbereit sein.

    »Kati! Kannst du nicht warten, bis serviert ist? Was sind denn das für Manieren?«, drang in diesem Moment Ankes Stimme schrill an mein Ohr. Wenn man vom Teufel sprach …

    Vor Schreck ließ ich um Haaresbreite den Esslöffel in den Topf fallen. Da ich mit dem Rücken zur Tür stand, den Kopf über das blubbernde Gulasch gebeugt, hatte ich sie nicht hereinkommen sehen.

    Bis ich mich zu ihr umdrehte, hatte ich mich aber wieder gesammelt. Die Starallüren der Queen waren mir über die Jahre hinweg nur allzu gut bekannt. Nichtsdestotrotz beschlich mich ein Gefühl wie damals zu Schulzeiten, wenn der Lehrer geschimpft hatte.

    Hochherrschaftlich stand sie da, die Arme vor der Brust verschränkt, mit hochgezogenen Augenbrauen und einem stechenden Blick.

    Ich schluckte mein Unbehagen hinunter und leckte mir stattdessen den Soßenrest von den Lippen.

    »Ich nasche nicht, ich sorge nur für den letzten Pfiff«, erklärte ich dann.

    Ankes Stirn legte sich in tiefe Falten. »Dafür ist Maria zuständig!«

    »Heute nicht. Sie fühlt sich nicht wohl. Ist dir das noch nicht aufgefallen?«, fragte ich übertrieben freundlich.

    »Ach so?« Nur widerwillig löste sie ihren Blick von mir und schaute zu meiner mütterlichen Freundin.

    Die schüttelte lahm den Kopf. Doch bevor sie Einspruch erheben konnte, plapperte ich schnell weiter. »Du magst es doch scharf, hoffe ich?«

    Schon griff ich nach dem Pfeffer und ließ etwas von dem schwarzen Pulver in den Topf rieseln.

    »Spinnst du?«, quiekte die Queen.

    »Traust du mir etwa nicht?« Ich gebe zu, ich koche äußerst selten. Es ist nicht unbedingt meine Berufung, was aber nicht bedeutet, dass ich es nicht kann.

    Mit einem Satz war Anke neben mir und stieß mich versehentlich am Arm. Das Gewürzgläschen glitt mir aus der Hand und plumpste in die rotbraune Soße.

    »Ups.«

    »Ups???«, zischte Schwiegermama.

    Mit spitzen Fingern angelte ich nach dem verschmierten Gefäß und schätzte den übrig gebliebenen Inhalt ab. »Da fehlt gar nicht sooo viel.«

    Ankes Augäpfel traten unschön hervor.

    Schockiert wollte Maria sich erheben, aber Erik verhinderte es.

    »Kati macht das schon«, schenkte er mir sein vollstes Vertrauen.

    Meine Schwiegermutter hingegen war nicht so zuversichtlich. »Das soll ich noch essen?!«

    »Wir. Wir alle wollen das Gulasch essen«, verbesserte ich sie. Wie immer schien sich ihr Universum einzig und allein um sie zu drehen.

    »Nun … Ihr könnt euch gerne daran gütlich tun. Ich denke, ich werde heute auswärts zum Lunch gehen«, sagte sie erhaben und reckte ihr Kinn hervor.

    Ich zuckte mit den Schultern und rührte emsig in der Fleischsoße herum, in der auch Zwiebeln und Paprikastücke schwammen.

    »Vielleicht hat Klaus Lust, sich mit mir zu treffen«, brabbelte die Queen vor sich hin und zückte ihr Handy. Wieder musste ich ein Grinsen unterdrücken. Mein Schwiegervater verbrachte sehr viel Zeit in seinem Juweliergeschäft. Mehr als nötig, hatte ich oftmals das Gefühl. Weshalb ich vermutete, es war seine Art, seiner anstrengenden Frau aus dem Weg zu gehen und somit für den Erhalt ihrer vorbildlichen Ehe zu sorgen. Demzufolge würde er sich sicherlich wahnsinnig über ein gemeinsames Mittagessen freuen …

    »Hm. Mailbox«, hörte ich Anke grummeln, als ich gerade einen Löffel zum Kosten in den Mund schob.

    »Und?«, krächzte Maria. Angestrengt musterte sie mich.

    Ohne eine Miene zu verziehen, drehte ich mich zu ihr um, obwohl ich eine kleine Explosion in meinem Gaumen verspürte.

    »Würzig«, erklärte ich leicht keuchend.

    Maria stöhnte. »Glaube ich sofort.«

    Ich sah Erik an, wie sein Vertrauen in mich dahinschmolz.

    »Keine Sorge, das bekomme ich schon wieder hin.« Sofort griff ich in den Kühlschrank, um einen Becher Sahne herauszuholen. Des Weiteren brauchte ich mehr von dem Tomatenmark.

    Während ich die rote Pampe aus der Tube einrührte, schielte Anke verkniffen auf meine Hände. Unbeeindruckt goss ich die weiße Flüssigkeit in den Topf.

    »Sahne? Im Gulasch?«, jaulte sie. Ihr Vorhaben, auswärtig zu essen, schien sie schon wieder vergessen zu haben.

    »Klar. Sahne mildert die Schärfe ab. Nicht wahr?« Bestätigungssuchend guckte ich über die Schulter zu Maria.

    Die nickte schwach. Sei es, weil es ihr zunehmend schlechter ging oder weil sie selbst eine andere Lösung vorgezogen hätte, um das Essen zu retten. Ich war mir nicht sicher, gab mich aber mit ihrer Reaktion zufrieden.

    Ein klackerndes Geräusch auf dem Fliesenboden unterbrach die kurzfristige Stille. Dann tauchte Susi, Ankes Deutsche Dogge, neben mir auf und wedelte freudig mit ihrem Schwanz. Interessiert schaute sie zu den Töpfen auf dem Herd.

    »Also, der Hund findet, dass es hier gut duftet«, erklärte ich zufrieden und zwinkerte Susi verschwörerisch zu.

    »Ja dann … ist wohl alles bestens! Oder wie?« Die Queen warf theatralisch die Arme in die Höhe. »Susi frisst Wildragout aus der Dose!«

    »Hört sich auch nicht schlecht an. Notfalls kannst du heute doch mit ihr tauschen?«, schlug ich geradeheraus vor. Wieder mal war meine Zunge schneller als mein Kopf.

    Prompt verformten sich die Augen der Queen zu Schlitzen. »Jetzt werd nicht frech!«

    Sie sah aus, als würde sie mich gleich erwürgen wollen.

    »Sag mal, aus welchem Grund wolltest du mich eigentlich sprechen?«, wechselte ich schnell das Thema.

    Einen Moment schaute meine Schwiegermutter verdattert drein, dann schien sie sich an die SMS zu erinnern.

    »Ach so, ja …«, erwiderte sie, bevor sich ein professionelles Lächeln über ihre Lippen legte. Es fiel ihr eindeutig nicht leicht, auf Freundlichkeit umzuschalten, was nur eins bedeuten konnte: Sie wollte etwas von mir!

    »Und?«, hakte ich nach. Dabei war ich mir gar nicht sicher, ob ich es überhaupt wissen wollte. Denn die Anliegen oder Aufträge der Queen waren meist nicht nach meinem Geschmack. Aber eins war mir klar, ich hatte plötzlich Oberwasser bekommen.

    »Also …« Sie räusperte sich.

    Ich probierte meine Gulaschkreation und fand sie gar nicht so übel.

    »Etwas pfeffrig, aber wenigstens nicht versalzen«, verkündete ich.

    Anke setzte erneut an. »Kati, ich wollte …«

    »Du wolltest mir sagen, dass ich eben das Salz in deiner Suppe bin. Richtig?«, vollendete ich ihren Satz übermütig und musste mich bemühen, nicht loszuprusten. Erik erging es ähnlich, wie ich aus dem Augenwinkel wahrnahm.

    »Hmpf. Wie wahr!« Anke stöhnte und schaute indigniert zu, wie ich den Topf Gulasch auf den Küchentisch stellte. Dabei fiel mir ein, dass die Queen ihren ›Lunch‹ wie immer im Salon – andere Leute sagten schlicht ›Wohnzimmer‹ dazu – einnahm. In der Küche aßen nur wir drei – das Blumsche Fußvolk. Flugs angelte ich nach dem Teller, den Maria schon bereitgestellt hatte, und schöpfte einen großzügigen Klecks des pfeffrigen ungarischen Gerichts hinein.

    Breit grinsend schob ich mich an ihr vorbei, um ihn drüben zu servieren, so wie Maria es üblicherweise tat. Ich kam dabei nicht umhin, zu bemerken, wie Anke schluckte und nach Beherrschung rang.

    Schließlich gab sie sich einen Ruck und folgte mir. Was auch immer sie von mir wollte, es musste ihr wirklich wichtig sein.

    »Bon Appétit«, säuselte ich und überlegte, ob ich noch einen Hofknicks hinzufügen sollte.

    Schwiegermama klammerte sich an ihrer Stuhllehne fest.

    »Nun?«, fragte ich erwartungsvoll.

    Kurz schaute sie mich wie versteinert an.

    »Kati, ich brauche deine Hilfe. Ich möchte dich engagieren«, sagte sie dann, setzte sich hoheitsvoll und strich ihren Rock glatt.

    Irritiert sah ich auf sie hinab und überlegte. Ich hatte gehört, was sie gesagt hatte, aber wusste nicht wirklich etwas damit anzufangen. Gerade als ich mich nachdenklich hinterm Ohr kratzte, hob sie ihren Blick.

    Ich hielt in der Bewegung inne.

    »Ach ja? Das ist … schön?«, erwiderte ich krächzend,

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