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Planlos ins Chaos: Krimikomödie
Planlos ins Chaos: Krimikomödie
Planlos ins Chaos: Krimikomödie
eBook268 Seiten3 Stunden

Planlos ins Chaos: Krimikomödie

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Über dieses E-Book

Eine übelgelaunte Schwiegermutter, zwei Morde und jede Menge Zähneknirschen für Kati

Kati Blum hat ein Problem. Ihre Schwiegermutter hat Zahnweh und ist noch unausstehlicher als üblich. Blöd nur, dass gerade jetzt ihr Zahnarzt tot aufgefunden wird.

Das wiederum ruft den attraktiven Kommissar Lars auf den Plan. Obwohl Kati nicht gerade unglücklich darüber ist, Zeit mit ihm zu verbringen, kann sie an seine Raubmordtheorie nicht so recht glauben.

Zeit zu handeln, beschließt sie deshalb und stellt ihre eigenen Ermittlungen an. Das Chaos ist perfekt, als sie zusammen mit Freundin Nina knietief im Müll steckt und zu allem Überfluss ihre Schwiegermutter plötzlich selbst in Lebensgefahr gerät. 

Kati hat ein für alle Mal genug und schwört, nicht zu ruhen, bis sie der Sache ein Ende gesetzt hat!

 

Charmant, lustig, skurril – einzigartige Buchmomente mit dem Wohlfühlkrimi aus Bayreuth!

Dieser Roman ist in sich abgeschlossen. Alle "Kati Blum ermittelt"-Romane können unabhängig voneinander gelesen werden.

LeserInnenstimme zu KATI BLUM ERMITTELT: Witzig, skurril, spannend - lesenswert!

SpracheDeutsch
HerausgeberZeilenfluss
Erscheinungsdatum4. März 2020
ISBN9783967140651
Planlos ins Chaos: Krimikomödie

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    Buchvorschau

    Planlos ins Chaos - Birgit Gruber

    Planlos ins Chaos

    Kati Blum ermittelt – Band 3

    ____________________________________________________________________

    Birgit Gruber

    Dies ist ein Roman.

    Die Namen der behandelten Personen sind frei erfunden. Eventuelle Ähnlichkeiten mit real existierenden (lebenden oder toten) Menschen wären reiner Zufall.

    1

    Die kleinen Schnurrhaare zitterten aufgeregt, aber sie rührte sich nicht von der Stelle. Wie eine Statue saß die kleine Katze auf meiner Sofalehne und starrte mir geradewegs in die Augen. Es schien, als würden wir spielen: Wer zuerst blinzelte oder wegschaute, hatte verloren. Ein massiver Fortschritt, wenn man bedachte, dass das Kätzchen vor drei Tagen bei mir eingezogen war und sich seitdem unter meinem Bett versteckt hatte. Nun jedoch fixierten mich seine grünen Augen und zogen mich regelrecht in den Bann. Das grau-weiße Fell schimmerte in den Sonnenstrahlen, die durchs Fenster hereinfielen. So, wie die Katze dasaß, mit den langen Haaren und dem anmutenden Gesichtchen, strahlte sie regelrecht etwas Erhabenes aus. Dabei musste es sie eine ungeheure Kraft kosten, sich mir derart zu stellen, so scheu, wie sie sich seit unserem ersten Aufeinandertreffen verhalten hatte. Sie besaß meine Hochachtung dafür.

    Ich lehnte mich etwas vor, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, und streckte meinen Arm ganz langsam aus, um sie zu streicheln. Sie war nur etwas größer als meine Handfläche. Zarte zwölf Wochen alt, und genaugenommen war ›sie‹ ein Kater und gehörte zur Rasse ›Norwegische Waldkatze‹. So jedenfalls hatte man es mir im Tierheim mitgeteilt, als sie mir übergeben worden war. Dabei war ich eigentlich nur beruflich dort gewesen, um ein paar Fotos zu knipsen.

    Ich bin Kati Blum, arbeite freiberuflich bei der örtlichen Tageszeitung und werde immer dann losgeschickt, wenn Firmenjubiläen oder Festlichkeiten eine kurze Erwähnung in der Zeitung finden sollen, möglichst mit Foto.

    Genau aus diesem Grund hatte ich vor drei Tagen dem Tierheim einen Besuch abgestattet. Eine edle Spenderin hatte sich gefunden und dem Verein eine großzügige Summe in Höhe von zweitausend Euro zukommen lassen. Das wollte natürlich publik gemacht werden – vielleicht mit dem Hintergedanken, weitere tierliebe Menschen auf die Idee zu bringen, es ihr gleichzutun. Also schoss ich ein hübsches Foto von einem überdimensionalen Scheck zusammen mit ein paar Hunden und Katzen, darunter das kleine Fellknäul, das mir nun gegenübersaß. Katzen- und Hundebabys kamen schließlich immer gut an.

    Dann beging ich den Fehler, einer Mitarbeiterin gegenüber zu erwähnen, dass ich mit Katzen großgeworden war, und nein, ich hätte derzeit kein Haustier. Vielleicht irgendwann einmal. Langer Rede kurzer Sinn: Eins führte zum anderen. Anfangs hatte ich mich noch gegen eine spontane Lebensgemeinschaft mit dem kleinen Kater gesträubt, denn seitdem nach nur dreijähriger Ehe mein Mann plötzlich an einem bislang unerkannten Herzfehler verstorben war und mich zur jungen Witwe gemacht hatte, lebte ich auch gut ohne einem männlichen Mitbewohner an meiner Seite. Aber die Tierheimmitarbeiterin hatte nicht mehr lockergelassen und die Mitleidskarte des süßen, armen kleinen Findelkinds ausgespielt, zumal es sich um eine Rassekatze handelte. Ein echter Glücksfall! Wir wären einfach füreinander bestimmt … und so weiter und so fort. Er war aber auch süß.

    Da saßen wir also, der Kleine und ich. Zum ersten Mal, seit ich ihn in meinem Baumhaus abgesetzt hatte, durfte ich ihn nun tatsächlich berühren und spürte das seidig-glatte Fell unter meinen Fingern, während ich ihn sanft streichelte. Langsam schloss er seine Augen und begann zu schnurren. Zuerst leise, dann immer lauter.

    »Wow! Für so einen kleinen Kerl hast du ein ganz schön lautes Organ«, stellte ich überrascht fest. »Was hältst du von Max? Ich meine, irgendwie muss ich dich ja nennen. Jetzt, nachdem wir doch noch Freundschaft geschlossen haben.«

    Er öffnete einen Spaltbreit die Augen, bevor er sie wieder zufallen ließ und die Streicheleinheiten weiterhin sichtlich genoss. Ich wertete seine Reaktion als Zustimmung. Somit war es beschlossene Sache.

    Ich warf einen Blick auf die Uhr. Max‘ Schnurren im Zusammenspiel mit den hereinfallenden wärmenden Sonnenstrahlen hatte eine beruhigende und einschläfernde Wirkung auf mich. Das konnte aber auch daran liegen, dass ich bereits seit fünf Uhr auf den Beinen war. Da meine Einkünfte aus dem Zeitungsjob nicht für den Lebensunterhalt ausreichten, war ich seit einiger Zeit auch im Frühstücksservice im Hotel Zur Sonne tätig.

    Ich merkte, wie meine Glieder schwer wurden, und die Aussicht auf ein kleines Mittagsschläfchen war mehr als verlockend.

    Gerade als ich mich wohlig aufs Sofa kuschelte, schwang mit Wucht die Wohnungstür auf und ein Tornado namens Anke wehte herein. Erschrocken fuhr ich hoch und Max konnte sich gerade noch mit seinen kleinen Krallen festhalten, bevor er von der Lehne fiel.

    »Tot! Tot! Und warum muss ich sowas aus der Zeitung –«, bellte sie, bevor sie innehielt und mit spitzem Finger auf Max zeigte. »Was ist DAS?!«

    Ich sah von ihr zu Max, der nun doch auf dem Boden gelandet war, sich elegant abrollte und verschwand. Schnell beeilte ich mich aufzustehen und die Tür, die immer noch offenstand, hinter Anke zu schließen, bevor mein kleiner Mitbewohner das Weite suchen konnte. Bei Ankes Anblick hätte ich es ihm nicht verübeln können.

    »Eine Katze.«

    »Das sehe ich! Du weißt aber schon, dass laut Mietvertrag keine Haustiere erlaubt sind?«

    Anke, ihres Zeichens meine Schwiegermutter und Vermieterin, war wie immer herzallerliebst. Wir kannten uns nun seit gut fünf Jahren, und ebenso lange wohnte ich hier, in der kleinen Wohnung über der Garage, die ich liebevoll ›mein Baumhaus‹ nannte. Baumhaus deshalb, weil sie gleich neben der Einfahrt zum Blum’schen Anwesen lag und direkt gegenüber eine große alte Eiche stand, die mit ihren Ästen und Blättern hin und wieder meine Fenster kitzelte. Das Blum’sche Hoheitsgebiet umfasste mehrere tausend Quadratmeter, lag fast mitten in Bayreuth und war vermutlich seit Anbeginn der Zeitrechnung in Familienbesitz. So führte sich meine Schwiegermutter auch auf. Die Blums waren alteingesessene Bürger, besaßen seit Urzeiten das Juweliergeschäft der Stadt, schwammen in Geld und gehörten zur Bayreuther High Society. Ankes Lebensaufgabe war es zu regieren, aber ›aufplustern‹ würde es meiner Meinung nach wohl besser treffen. Als ich ihren geliebten Sohn Thorsten spontan im Urlaub kennengelernt und gleich geheiratet hatte, war sie not amused gewesen. Aber über die Jahre hinweg hatten wir einen Weg gefunden miteinander auszukommen. Nach Thorstens überraschendem Tod durfte ich gnädigerweise hier wohnen bleiben, jedoch nicht ohne eine kleine monatliche Mietzahlung. Und da ich mich inzwischen in meinem Baumhaus heimisch fühlte, tat ich das auch.

    »Mietvertrag?«, fragte ich. Mir war nicht bekannt, dass ein solches Papier überhaupt existierte. Ich bereute aber sofort, überhaupt darauf eingegangen zu sein.

    »Hatschi!« Ankes Niesen war ohrenbetäubend. »Was?« Glücklicherweise schien sie meine Nachfrage nicht gehört zu haben. »Du weißt, dass ich Katzen nicht ausstehen kann. Jetzt bin ich anscheinend sogar gegen die Viecher allergisch!« Sie schniefte wenig damenhaft und trat den Rückzug an.

    Ich unterdrückte ein Grinsen. Ein weiterer Grund, Max auf jeden Fall zu behalten, wenn das bedeutete, dass Anke nicht mehr hier auftauchen würde. Zumal sie so gut wie nie anklopfte und immer wieder einfach hereinschneite, wie es ihr gefiel. So wie heute. Zugegeben, das kam nur selten vor, aber wenn ihr etwas auf dem Herzen lag, war meiner Schwiegermutter Privatsphäre – zumindest, was mich betraf – gänzlich unbekannt. Zum Glück lag zwischen meinem Baumhaus und der Blum’schen Villa eine lange Auffahrt und damit ein gewisser Sicherheitsabstand zwischen uns.

    ***

    Maria, die gute Seele des Blum’schen Haushalts, saß mit einem Kaffee in der Hand auf der Terrasse und beobachtete versonnen Erik, der gerade dabei war, Laub zu rechen. Es war ein richtig warmer Herbsttag. Der goldene Oktober, wie man so schön sagte.

    »Hast du Anke gesehen?«, fragte ich und setzte mich zu ihr. 

    »Schade, dass die heißen Sommertage vorbei sind.« Sie seufzte, ihren Blick weiterhin auf Erik geheftet.

    Ich lächelte meine mütterliche Freundin verschmitzt an. »Du meinst, weil nun wieder Klamotten angesagt sind?«

    »Könnte man so sagen«, gab sie zu.

    Heute trug Erik Jeans und T-Shirt, während er in den vergangenen Monaten meist mit nacktem Oberkörper schweißtreibende Arbeiten verrichtet hatte. Auch ich kam nicht umhin, ein wenig enttäuscht zu sein, beneidete Maria aber gleichzeitig dafür, dass sie sich das kleine Angestelltenhäuschen seit dem Sommer mit diesem blonden, jungen und absolut heißen Adonis teilte.

    In gespielter Entrüstung schüttelte ich den Kopf. »Maria! Er könnte dein Sohn sein.«

    »Was? Ich mag alt sein, aber ich bin nicht blind!« Sie lächelte und sah mir endlich in die Augen. »Schauen darf man doch.«

    Ich lachte. »Stimmt!«

    Nachdem im letzten Winter Marias Mann Richard verstorben war, hatte Anke nach einigem Hin und Her Erik ins Haus geholt, der die Hausmeistertätigkeiten übernahm. Zuerst war Maria wenig begeistert gewesen, ihr kleines Häuschen direkt neben der Villa mit einem anderen Mann teilen zu müssen, zumal er halb so alt war wie sie selbst. Aber das hatte sich relativ schnell geändert.

    »Magst du auch einen Kaffee?«

    »Eigentlich suche ich Anke.«

    »Ha!« Noch ehe Maria antworten konnte, tauchte meine Schwiegermutter im Türrahmen auf und zeigte mit spitzem Finger auf mich. Dann griff sie nach etwas, und im nächsten Moment warf sie die Tageszeitung vor mich auf den Tisch. Mit verschränkten Armen sah sie mich abwartend an, während ich die Schlagzeile las.

    Zahnarzttod auf Praxisstuhl, lautete der reißerische Titel.

    Das hatte sie also gemeint, als sie vorhin bei mir hereingefegt war. Ich wusste doch, dass ich das Wort ›tot‹ vernommen hatte, bevor unser Gespräch dank Max in eine andere Richtung gelenkt worden war und Anke so schnell, wie sie gekommen war, wieder verschwand.

    Stirnrunzelnd blickte ich auf. Den Mund gespitzt, mit den Fingern auf ihren Arm klopfend, stand sie vor mir und erinnerte mich unwillkürlich an einen Marineoffizier, der gewillt war, mich vors Kriegsgericht zu zerren.

    »Was habe ich damit zu tun?«, wagte ich die tollkühne Frage.

    Maria verzog wissentlich das Gesicht.

    »Ich glaube, ich hol‘ mal Kaffee«, warf sie ein und stand auf.

    »Dr. Hammerbichel! Es handelt sich um Dr. Hammerbichel, Herrgott noch mal!« Mit schriller Stimme warf meine Schwiegermutter dramatisch die Hände in die Höhe.

    »Was? Er hat einen Patienten umgebracht?«

    »Nein! Du meine Güte! Er ist tot! Dr. Hammerbichel ist tot.« Frustriert zog sie einen Stuhl heran und ließ sich drauffallen.

    »Hat er jemandem den letzten Nerv geraubt?«, fragte ich in einem Anfall von Galgenhumor.

    Anke rollte mit den Augen. Zum Glück stellte Maria eine dampfende Tasse Kaffee vor ihr ab. Meine Schwiegermutter konnte jetzt sichtlich einen Schluck gebrauchen.

    Ich überflog derweil den Zeitungsartikel. Laut Angaben der Polizei wurde Dr. Hammerbichel gestern Morgen in seiner Zahnarztpraxis tot aufgefunden. Nach dem aktuellen Stand gingen die zuständigen Ermittler von Raubmord aus.

    Prompt wanderten meine Gedanken zu Lars. Ob er einer der besagten Ermittler war? Immerhin war er seit einigen Monaten Kriminalhauptkommissar bei der Kripo Bayreuth. In meinem Magen spürte ich ein seltsames Ziehen, das öfters auftrat, wenn ich an ihn dachte. Aber wie immer ignorierte ich es. Abgesehen von einigen Küssen war noch nie mehr zwischen uns passiert. Das lag vermutlich daran, dass ich einen Hang dazu hatte, ihm gehörig auf die Nerven zu gehen, indem ich mich in Angelegenheiten einmischte, die mich seiner Meinung nach nichts angingen, und er leider allzu oft den Macho heraushängen ließ.   

    »Warum muss ich sowas aus der Zeitung erfahren?«, nahm meine Schwiegermutter das Gespräch wieder auf und setzte die Tasse geräuschvoll auf dem Tisch ab.

    »Wie ›Warum‹?« Ich war heute aber auch wieder schwer von Begriff. »Vielleicht, weil deine Connections zur Polizei doch nicht so gut sind, wie du dachtest? Offensichtlich stehst du nicht auf der Liste der als erstes zu informierenden Personen, wenn in Bayreuth etwas passiert.«

    »Hmpf.« Ankes Augen verformten sich zu Schlitzen. Mir war durchaus klar, dass ihr das als Queen – wie Maria und ich sie insgeheim nannten – missfiel. »Ich meinte«, zischte sie, »warum du mir das nicht gesagt hast!«

    »Ich?« Völlig verdattert blinzelte ich meine Schwiegermutter an. »Woher hätte ich davon wissen sollen?« Anke hatte keine Ahnung, dass ich mich gelegentlich in Polizeiangelegenheiten einmischte. Lars hatte sie zwar einmal flüchtig kennengelernt, aber ich war mir ziemlich sicher, dass ihr seine berufliche Tätigkeit nicht bekannt war. Oder irrte ich mich, und die Queen wusste Bescheid?

    Wie auch immer mein Verhältnis zu Lars sein mochte, er würde sich lieber einen Strick nehmen, als mich über irgendwelche Vorfälle zu informieren – das war so sicher wie das Amen in der Kirche.

    »Arbeitest du jetzt bei der Zeitung oder nicht? Du musst davon gewusst haben, schon bevor der Artikel in den Druck ging.«

    »Ich bin eine kleine freie Mitarbeiterin. Glaubst du im Ernst, ich würde brandheiße News vorab erfahren?«

    Meine Schwiegermutter räusperte sich. »Stimmt, hatte ich vergessen. Ist ja klar, dass du es nicht fertigbringst, dir eine ansehnliche und respektable Position zu erarbeiten. Eine, die der Familie Blum und deren Status angemessen ist. Mein Fehler.«

    Wäre ich nicht im Laufe der Zeit gegen Ankes Spitzen immun geworden, hätte ihr Vorwurf sicherlich eine tiefe Kerbe in mein Selbstbewusstsein gegraben. So aber …

    »Macht ja nichts. Ich freue mich immer, wenn ich deinen Erwartungen entsprechen kann.«

    Kopfschüttelnd fuhr sie fort. »Aber du warst immerhin letzte Woche als Pressefotografin zum Praxisjubiläum vor Ort. Allein deshalb hätte ich erwartet, dass du im Bilde bist.«

    »Was für ein schönes Wortspiel. Aber nein, tut mir leid.«

    Ich blickte meine Schwiegermutter über den Rand ihrer Kaffeetasse hinweg an. Dr. Hammerbichel war seit Jahrzehnten der Zahnarzt ihres Vertrauens. Abgesehen davon, war der gute Doktor auch in den oberen gesellschaftlichen Reihen eingegliedert und somit nicht nur der Leibarzt ihres Gebisses, sondern auch ein Freund gewesen. Jedenfalls sofern meine Schwiegermutter überhaupt so etwas wie Freunde hatte. Aber das wollte ich nicht beurteilen.

    Erst Ende vergangener Woche hatte Dr. Hammerbichel sein dreißigjähriges Praxisjubiläum gefeiert. Sämtliche Praxisräume waren zu diesem Zweck herausgeputzt worden. Zur abendlichen Feier erschien das Bayreuther Who is Who, und meine Wenigkeit war als Vertreterin der Presse dabei. Bereits als ich eintraf, standen überall Geschenke und bombastische Blumenarrangements. Es gab Champagner und feine Häppchen. Sogar eine Cellistin war auf dem Stuhl hinter dem Empfangstresen platziert worden und sorgte für stimmungsvolle musikalische Unterhaltung. Zuerst überrascht über ein derartiges Aufhebens – dreißigjähriges Praxisjubiläum hin oder her – wurde ich kurz darauf darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Doktor nur wenige Tage zuvor auch einen runden Geburtstag hatte feiern dürfen. Somit waren die Feierlichkeiten an diesem Abend zusammengelegt worden.

    Anke war natürlich auch mit von der Partie gewesen. Sie hatte regelrecht mit Adleraugen darüber gewacht, welche Fotos ich schoss, und mich instruiert, auch ja einen denkwürdigen Artikel für die Zeitung zu entwerfen. Naja, was man eben aus einem Foto samt Vierzeiler herausholen kann, hatte ich bei mir gedacht, aber brav genickt. Durch die Aufgabe einer größeren Anzeige des Herrn Dr. Hammerbichel entstanden schlussendlich doch einige Wörter und Zeilen mehr. Insgesamt mit Fotos, Text und Anzeige eine dreiviertel Seite. Sehr zur Zufriedenheit meiner Schwiegermutter.

    »Hier steht etwas von Raubmord.« Ich schob die Zeitung über den Tisch. »Vielleicht hat sich jemand für die vielen Geschenke interessiert, die er bekommen hat.«

    Anke rieb sich mit den Händen müde über die Augen und seufzte. »Vermutlich.«

    Der Tod dieses Mannes schien ihr wirklich nahezugehen. »Wer soll sich denn jetzt bitteschön um meine Zähne kümmern?«, stieß sie dann hervor. »Roland war der Beste, um nicht zu sagen eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Ich geh doch nicht zu einem dieser dahergelaufenen Scharlatane.«

    Na gut, vielleicht täuschte ich mich auch. Wie immer ging es meiner Schwiegermutter wohl nur um sich selbst. Aber ich kam nicht umhin, ihre Zähne näher in Augenschein zu nehmen. So unauffällig wie möglich natürlich! Hatte ich da was verpasst? Was hatte Schwiegermutti denn alles machen lassen? Die Haare auf den Zähnen hatte jedenfalls selbst Dr. Hammerbichel nicht entfernen können.

    2

    »Hast du gehört? Es gibt wieder eine Leiche. Also eine ermordete Leiche. Leichen gibt´s ja jeden Tag.« Nina redete aufgeregt auf mich ein.

    Gemütlich schlenderten wir Richtung Innenstadt. Nina hatte mich nach meiner Frühstücksschicht vor dem Hotel Zur Sonne abgefangen, bereit für eine verfrühte Mittagspause und mit einem unbändigen Redefluss. Seitdem sie mit mir –beziehungsweise durch mich – mit zwielichtigen Ganoven in Kontakt gekommen war, schien sie regelrecht darauf zu brennen, mal wieder etwas Außergewöhnliches zu erleben. Ich konnte das nur bedingt verstehen, da ich selbst gefühlt immer nur irgendwie in solche ›Situationen‹ hineinrutschte.

    »Also, schieß los. Was weißt du?«, bohrte sie nach und zappelte neben mir auf und ab. Gemächlich schob ich mein Hollandrad. »Nicht mehr, als in der Zeitung steht«, gestand ich.

    »Wirklich? Keine Details? Was ist mit Lars? Was sagt der?«

    »Woher soll ich das wissen? Den hab‘ ich seit längerem nicht gesehen.« Genauer gesagt, seit dem Tag, als er Erik auf meiner Terrasse entdeckt hatte. Die hatte unser neuer ›Mann für alles‹ des Blum’schen Anwesens nämlich für mich angelegt. Zum Dank hatte ich ihn zum Abendessen dort eingeladen. Und das war wirklich ein großes Dankeschön. Denn wer mich kannte, wusste, dass das Kochen nicht unbedingt meine Leidenschaft war. Ich hatte mich an einem Rumpsteak mit Bohnen und Kartoffelschnitzen probiert. Auf dem Teller hatte es auch richtig gut ausgesehen, auch wenn ich es geschmacklich als etwas zäh empfunden hatte. Aber Erik hatte nichts dergleichen gesagt, sondern geduldig an dem Stückchen Fleisch herumgesäbelt, mich mit seinen blauen Augen und dem Hundertwattlächeln angesehen und mich damit regelrecht in Verlegenheit gebracht. Das schaffte man auch nicht so schnell.

    Nina, die eigentlich unbedingt an diesem Abend mit von der Partie sein wollte, hatte leider kurzfristig absagen müssen, weil sie mit Migräne im Bett gelegen hatte. Ich wusste, dass ihr die Absage vermutlich noch größere Kopfschmerzen bereitet hatte. Seitdem sie Erik zum ersten Mal gesehen hatte, war sie derart verzückt von ihm, dass sie gar nicht anders konnte, als ihre Fühler nach ihm auszustrecken. Doch sie hielt sich für ihre Verhältnisse ziemlich zurück. Vielleicht lag das an dem obligatorischen Freundinnenkodex – schließlich wohnte Erik in meinem Hoheitsgebiet.

    Nun ja, jedenfalls hatten Erik und ich gerade bei einem Glas Wein gesessen, als Lars unangekündigt bei mir aufgetaucht war. Obwohl er sich zu uns gesetzt hatte und die beiden Männer ein unterhaltsames Gespräch geführt hatten, war ich Lars seither nicht mehr begegnet. 

    »Dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt, wieder Kontakt aufzunehmen«, forderte Nina ohne Umschweife.

    Vehement schüttelte ich den Kopf. »Das glaube ich nicht.«

    »Sag nur, dich interessiert nicht, was mit dem Zahnklempner passiert ist!« Abrupt blieb Nina stehen und sah mich ungläubig an.

    »Was soll schon mit ihm passiert sein? Er wurde ausgeraubt,

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