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Lena Warnstetten
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eBook186 Seiten2 Stunden

Lena Warnstetten

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Über dieses E-Book

Hermann Warnstettens ausschweifender Lebensstil führt dazu, dass die Familie schließlich kurz vor dem Bankrott steht. Nun soll es Tochter Lena richten, indem sie den reichen Gutsbesitzer Borkenhagen heiratet. Obwohl sie eigentlich einen anderen Mann liebt, willigt Lena Warnstetten ihrer Mutter zuliebe in die Ehe ein. Als jedoch kurz nach der Hochzeit Lenas Mutter stirbt, verliert die junge Frau ihren Lebensmut ...-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum16. Sept. 2022
ISBN9788726950489
Lena Warnstetten

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    Buchvorschau

    Lena Warnstetten - Hedwig Courths-Mahler

    Hedwig Courths-Mahler

    Lena Warnstetten

    Saga

    Lena Warnstetten

    Coverbild/Illustration: Shutterstock

    Copyright © 1916, 2022 SAGA Egmont

    Alle Rechte vorbehalten

    ISBN: 9788726950489

    1. E-Book-Ausgabe

    Format: EPUB 3.0

    Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

    Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

    www.sagaegmont.com

    Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

    Lena Warnstetten stand bleich und zitternd vor ihrem Vater und starrte ihn mit entsetzten Augen an. War es Wirklichkeit, was sie eben durchlebte? Hatte sie recht gehört? Sie sollte einen Mann heiraten, den sie nicht liebte, der ihr immer unsympathisch gewesen war. Sollte ihn heiraten, um ihre Familie vor Not und Schande zu bewahren, sollte sich opfern, weil der eigene Vater in roher Genußsucht das Vermögen vergeudet, Warnstetten heruntergebracht und selbst seine Ehre in den Staub getreten hatte?

    »Ich kann nicht, Vater, ich kann nicht«, stammelte sie mit blassen Lippen.

    Herr Warnstetten, sah sie mit finsteren Blicken an. »Du mußt! Nur du allein kannst uns retten, hörst du! Denke an deine Mutter . . . an deinen Bruder . . . die liebst du doch so innig. Von mir will ich nicht reden, für mich sollst du es nicht tun — nur für die, die du liebst!«

    Sie fuhr auf. Ein düsterer Blick lag in ihren Augen. Nie hatte sie von ihrem Vater Liebe erfahren — nur immer Spott und Hohn, weil sie anders geartet war als er, weil sie mit schwärmerischer Liebe an der Mutter hing. Die Mutter! Lena schauerte zusammen. In diesem Augenblick lag die Mutter wohl still und bleich unter dem Messer des Chirurgen. Wer konnte wissen, ob sie die schwere, schmerzhafte Operation überstand? Und gerade jetzt, da die Teure abwesend war, da sie in der Klinik des berühmten Professors sich der Entscheidung über Leben und Tod unterwarf — jetzt kam der Vater zu ihr mit dieser Eröffnung! Daß es schlecht um Warnstetten stand, wußte sie längst. Sie wußte auch, daß es nur durch die Schuld des Vaters soweit gekommen war. Mit offenen Augen hatte sie den Verfall kommen sehen. Sie wußte, daß der Vater die Mutter nur des Geldes wegen geheiratet hatte. Er hatte ihr Vermögen verpraßt, wie zuvor das seine. Die zarte, blasse Frau — ihre angebetete Mutter — hatte ein furchtbares Martyrium ertragen an der Seite ihres Vaters. Schon längst wäre es für sie notwendig gewesen, sich einer eingreifenden Kur gegen ihr langjähriges Leiden zu unterziehen. Aber dazu war nie Geld vorhanden gewesen. Geld wurde in Warnstetten nur flüssig gemacht, wenn der Vater eine seiner Vergnügungsreisen nach Berlin unternahm. Für teure Weine und Zigarren war immer noch Geld dagewesen — aber nie für die arme, liebe Mutter. Und nun, da es um Leben und Tod ging, und sie fort mußte, wenn es nicht zu spät sein sollte — nun sagte ihr der Vater: »Ich habe etwas Unehrenhaftes tun müssen, um das Geld für die Operation deiner Mutter zu beschaffen, und wenn du Borkenhagens Gattin nicht wirst, geht ihr als Bettler von Warnstetten und ich ins Gefängnis.«

    Lena wußte, daß dies Lüge war. Nicht für die Mutter hatte der Vater seine Ehre und alles andere dahingegeben, sondern nur für seine eigenen Gelüste und Begierden. Sie wußte, daß die Operation der Mutter und ihr Aufenthalt in der Klinik noch gar nicht bezahlt und daß dazu überhaupt kein Geld mehr vorhanden war. Alles hatte der Vater für sich verbraucht, kaum daß er dem Bruder die knappe Aufwendung zukommen ließ, die er brauchte, um fertig zu studieren. In Warnstetten war alles schon verpfändet, der Wald, die Ernte auf dem Halm — alles. Sie und die Mutter schafften von früh bis spät, sie trugen selbstgefertigte Kleider aus einfachen Wollstoffen und sparten jeden Pfennig. Aber der Vater trank heute noch französischen Champagner, ließ sich Austern und teure Importen kommen und kümmerte sich kaum um die Wirtschaft.

    Und nun sollte sie sich zum Opfer bringen, sollte mit der Liebe zu einem andern im Herzen die Gattin des reichen Borkenhagen werden, der sie schon lange mit seinem Werben verfolgte. Ach — nur das nicht!

    »Nun — entschließe dich«, drängte der Vater mit unruhig flackernden Augen.

    Sie ließ sich kraftlos in einen Stuhl fallen. Was sie vernommen, hatte ihre Kraft zerbrochen. Durfte sie an sich denken, wenn alles um sie her in Trümmer ging? Ihr Vater ein Ehrloser, ihr Name gebrandmarkt, des Bruders Leben zerstört und das der geliebten Mutter doppelt gefährdet. Und in ihre Hand war es gegeben, dies alles zu verhüten. Aber um welchen Preis!

    Warnstetten sah unsicher zu ihr hinüber. In seinen Augen stand die Angst. Was würde sie tun? Würde sie ihn retten wollen? Nein — ihn selbst wohl kaum, das fühlte er. Zum ersten Male tat es ihm leid, daß er ihre Liebe nicht besaß. Aber mit ihm war das Geschick ihrer Mutter und ihres Bruders verknüpft. War die Liebe zu diesen beiden Menschen stark genug, um Lena zu bewegen, das Opfer zu bringen? Keinen Augenblick dachte er daran, ob ihr dies Opfer schwerfallen würde. Hermann Warnstetten sorgte sich nur um eins auf der Welt: um sein eigenes Wohl. Ohne Gewissensbisse wälzte er auf die Schultern der Tochter ab, was ihn drückte. Mit Freuden hatte er Borkenhagens Werbung angenommen. Diese Werbung enthob ihn mit einem Male aller Sorgen. Borkenhagen hatte ihm versprochen, alle seine Verhältnisse zu regeln und ihm noch eine Summe in die Hände zu geben, die ihn wieder flottmachen konnte. Dann war es ihm ein leichtes, die fatale Wechselaffäre aus der Welt zu schaffen, die wie ein Damoklesschwert sein schuldiges Haupt bedrohte. Aber Geld mußte er haben — und alle andern Quellen waren versiegt; sonst hätte er ja nicht diese verwünschte Unterschrift geleistet. Bah — sie mußte — mußte!

    Er raffte sich auf. »Nun?«

    Sie warf die Hände über den Tisch. »Ich kann nicht.«

    Er trat dicht an sie heran. »Weil du in Romitten verliebt bist«, sagte er kalt.

    Sie schrak zusammen und blickte zu ihm auf.

    »Das weißt du?«

    Er zuckte geringschätzig die Achseln. »War nicht schwer zu erraten. Wozu scharwenzelt er so viel hier herum? Deine Mutter hat es unbegreiflicherweise geduldet, diese Vergißmeinnicht- und Mondscheinschwärmerei. Was willst du mit Romitten? Er ist ein armer Schlucker und kann sich selbst kaum ernähren mit seiner Klitsche von Gut. Auf ihn kannst du nicht warten.«

    »Das weiß ich«, sagte sie leise.

    »Nun also. Sei vernünftig. Als Borkenhagens Frau nimmst du eine Stellung ein. Er verfügt über Millionen. Borkenhagen ist das herrlichste Gut im weiten Umkreis. Die Konservenfabriken, die er außerdem noch hat, werfen jährlich allein schon einen bedeutenden Gewinn ab. Du machst eine glänzende Partie.«

    Ein verzweifeltes Lächeln zuckte um ihren Mund.

    »Das alles reizt mich nicht. Borkenhagen ist mir widerwärtig. Ich will ihn nicht — nein — ich will nicht!«

    »Und deine Mutter? Du liebst sie doch so sehr. Willst du, daß sie von Warnstetten ins Elend ziehen muß?«

    Sie sah ihn an mit einem Blick, den er nicht ertrug.

    »Ins Elend? Braucht sie erst dahin zu ziehen, Vater? Meine Mutter wäre die erste, die mir sagen würde: ›Tue es nicht, Lena — verkauf dich nicht.‹«

    »Unsinn! Sentimentalität und kein Ende. Es gibt ein Ding, dem wir uns alle fügen müssen. Das ist die Notwendigkeit. Willst du uns alle opfern? Wenn deine Mutter nach der Operation heimkommt, dann braucht sie Ruhe und Erholung. Willst du von neuem ihr Leben gefährden? Du liebst sie doch so sehr. Ist deine Liebe so schwach, daß du ihr keine Opfer bringen kannst?«

    Lena erhob sich zitternd. »Und wenn meine Mutter stirbt . . . wenn es schon zu spät war . . . wenn die Operation nicht glückt?« frug sie tonlos.

    »Du hast doch auch einen Bruder.«

    »Er ist ein Mann und kann sich selber helfen. Er mag sich einschränken.«

    »Du vergißt, daß auch die Ehre unseres Namens auf dem Spiele steht.«

    Lena schlug die Hände vor das Gesicht.

    »Vater, warum hast du uns das angetan?« schrie sie auf.

    Er zwang einen tragischen Ausdruck in sein Gesicht.

    »Ich sagte dir schon: Weil ich Geld beschaffen mußte für deine Mutter. Die Operation war notwendig — ich kann Opfer bringen«, sagte er großspurig

    Sie starrte ihn an mit einem Blick, vor dem er die Augen niederschlug. Dann schritt sie langsam zur Tür. Ehe sie hinausging, sah sie sich noch einmal um und sagte tonlos: »Ich muß erst zur Klarheit kommen, ehe ich mich entscheide — und erst muß ich wissen, ob meine Mutter lebt. Das entscheidende Telegramm muß ja heute noch eintreffen — dann will ich dir antworten.« Damit ging sie hinaus.

    Er hielt sie nicht und sah ihr mit einem unbeschreiblichen Ausdruck nach.

    Lena suchte ihr Zimmer auf und schloß sich ein. Müde warf sie sich in einen Sessel und starrte mit brennendem Blick vor sich hin. Wild jagten die Gedanken hinter ihrer Stirn und suchten einen Ausweg zur Rettung — vergebens. Sie streckte plötzlich in heißer Sehnsucht die Hände aus. »Mutter — meine Mutter!«

    Ach, daß ihr die Mutter jetzt fehlte. Und doch war es besser so. Allein mußte sie sich durchkämpfen. Die Teure sollte nicht mit ihr leiden. Zuviel Trübes hatte sie schon erfahren.

    Wieder grübelte sie vor sich hin. Sie sah Borkenhagens rotes, grobes Gesicht vor sich mit den dicken Lippen und den lüsternen Augen. Ein Schauer rann ihr über den Körper. Sie sollte die Frau dieses Mannes werden, der ihr durch sein derbes, lautes Wesen, durch die sinnliche Glut in seinen Blicken immer so widerwärtig gewesen war. Und ihr Herz hing doch mit allen Fasern an Heinz Romitten. Heinz Romitten! Sie krampfte die Hände zusammen und drückte sie auf das wild klopfende Herz. Wie sie ihn liebte — sie fühlte es erst jetzt mit aller Wucht ihres starken Empfindens. Und auch er liebte sie, das wußte sie genau, obwohl nie ein Wort von Liebe zwischen ihnen gewechselt wurde. Worte brauchte es nicht zwischen ihnen. Eins wußte vom anderen, daß ihre Seelen zusammengehörten, wenn ihre beiderseitige Armut auch als unübersteigbares Hemmnis zwischen ihnen lag.

    Was sollte Heinz Romitten von ihr denken, wenn sie Borkenhagens Frau wurde? Würde er sie nicht verachten? War es nicht ein Treuebruch an ihm, obwohl ein entscheidendes Wort nicht zwischen ihnen gefallen war? Und doch — Borkenhagen hielt ihr und ihrer Angehörigen Schicksal in den Händen, er hatte das Geld und mit ihm die Macht. Von ihm war Sein und Nichtsein abhängig. Durfte sie Mutter und Bruder dem Verderben preisgeben? War es nicht ihre Pflicht, sich zum Opfer zu bringen? Aber ihr graute namenlos vor dieser Heirat

    Sie mußte wohl diesen schweren Gang antreten und unerhörte Qualen leiden, weil sie nicht gefühllos genug war, an sich selbst zu denken. Wie Haß und Verachtung gegen den Vater stieg es in ihrer Seele auf. Ihm allein verdankte sie diese Pein, wie sie ihm alles verdankte, was das Leben ihr schon Schweres und Trübes gebracht hatte. Sie konnte ihn nicht lieben und achten. Voll leidenschaftlichen Zornes war sie oft Zeuge gewesen, wie schlecht er die geliebte Mutter behandelt, wie er sie gedemütigt und erniedrigt hatte. Schlang sie dann wie schützend die Arme um ihre Mutter, dann verhöhnte er sie beide, nannte ihre Liebe »rosarote Gefühlsduselei« und warf dröhnend die Tür hinter sich ins Schloß.

    Und nun — nun hatte er zu allem auch noch etwas Ehrloses getan, etwas, was sie alle an den Pranger stellen würde, wenn sie nicht einwilligte, Borkenhagens Frau zu werden. Durfte sie ruhig zusehen, daß auch dieses Leid noch über die Mutter kam?

    Sie richtete sich entschlossen auf.

    Nein! Die Mutter sollte es nie erfahren, daß ihr Gatte ein Ehrloser war. Wenn Gott ihr die Mutter erhielt, wenn die Operation glückte, dann wollte sie das Opfer bringen . . .

    Wieder dachte sie mit bangem Schmerz an Heinz Romitten. Er würde sie verachten, wenn er hörte, daß sie Borkenhagens Gattin werden wollte. Verachten — und tausend Schmerzen um sie leiden. Wie er erschrecken würde, wenn er davon hörte! Sie erzitterte. Und dann faßte sie einen festen Entschluß. Nur durch sie selbst sollte er es erfahren — nicht durch andere. Sie selbst wollte ihm mitteilen, daß sie sich bitterem Zwange fügen mußte.

    Lena hatte seit mehreren Stunden das Zimmer nicht verlassen. Ihr Vater lief mit wuchtigen, schweren Schritten unruhig in Hof und Haus herum und wartete auf Nachricht von seiner Frau. Zum ersten Male sorgte und bangte er um ihr Leben und ihre Gesundheit, aber nicht aus Liebe zu ihr, sondern aus Furcht. Starb sie jetzt bei dieser Operation, dann würde sich Lena weigern, Borkenhagens Frau zu werden, dann brach das Verhängnis über ihn herein . . .

    Endlich, nach qualvollen Stunden, sah er den Telegrammboten über den Hof kommen. So schnell er konnte, lief er ihm engegen und entriß ihm voll fieberhafter Aufregung das entscheidende Papier. Mit bebenden Händen öffnete er das Telegramm:

    »Operation glücklich beendet. Patientin sendet Grüße. Ausführlicher Bericht morgen.«

    Er atmete auf und wischte sich die Schweißtropfen von der Stirn. Schnell ging er in das Haus zurück und ließ seine Tochter rufen.

    Lena kam. Er erschrak nun doch, als er sie scheu betrachtete. Sie sah blaß und elend aus. Dunkle Ringe umgaben die Augen, welche, allen Glanzes beraubt, zu ihm hinüberblickten.

    Stumm reichte er ihr das Telegramm. Sie las und drückte das Papier mit einer krampfhaften Bewegung an ihr Herz. Dann strich sie mit der Hand über das schöne dunkle Haar und richtete die großen blauen Augen fest auf des Vaters Gesicht.

    »Gott gibt mir die Mutter wieder! Ich bin nicht egoistisch genug, um nur an mich zu denken. Fred und die Mutter sollen nicht dem Verderben preisgegeben werden«, sagte sie tonlos.

    Von ihm sprach sie nicht. Deutlicher hätte sie nicht zeigen können, wie wenig er ihr war. Aber das kümmerte ihn jetzt nicht.

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