Deine Mami, du und ich: Kinderärztin Dr. Martens Classic 49 – Arztroman
Von Britta Frey
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Über dieses E-Book
Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen liebenswerten Charme.
Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert!
Der Blick, den Arthur Sievers, der Grundschullehrer von Ögela, seinem Freund Jens Butenbrink, seines Zeichens Kriminalkommissar in Wismor, zuwarf, war ausgesprochen mitleidig, wenn nicht sogar schon ein wenig verächtlich. »Sei mir nicht böse – aber deine panische Angst vor Ärzten ist schon krankhaft«, sagte er jetzt und lachte den Freund einfach aus. Jens Butenbrink schüttelte lebhaft den Kopf und beteuerte: »Du verstehst mich nicht, Arthur. Es ist keine Angst im üblichen Sinne – ich habe nur schon zuviel gehört und gesehen. Ich achte Ärzte, ich bewundere sie sogar. Nur, finde ich, ich sollte sie mir zehn Schritte vom Leibe halten. Chirurgen ganz besonders. Ich kenne da welche, bei denen ich ein ganz besonders unangenehmes Gefühl habe. Ich fühle mich von ihnen taxiert, wenn du verstehst, was ich meine.« »Und aus diesem Grund schlägst du dich seit Jahren mit deinen Magenschmerzen herum«, ergänzte Arthur spöttisch. Jens hob die Hand und sagte erbost: »Ich bin bei drei verschiedenen Ärzten gewesen. Bei einem in Lüneburg, bei einem in Celle und sogar bei einem in Hannover. Und alle drei haben gesagt, daß mir nichts fehlt. Was glaubst du, wie ich mir vorgekommen bin? Ich bin schließlich kein Simulant. Und alle meine Sinne habe ich auch noch zusammen.« »Wenn man Schmerzen hat, dann haben diese Schmerzen auch ihre Ursache«, erklärte Arthur Sievers energisch.
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Kinderärztin Dr. Martens
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Buchvorschau
Deine Mami, du und ich - Britta Frey
Kinderärztin Dr. Martens Classic
– 49 –
Deine Mami, du und ich
Die Sorge hat uns fest zusammen geschmiedet
Britta Frey
Der Blick, den Arthur Sievers, der Grundschullehrer von Ögela, seinem Freund Jens Butenbrink, seines Zeichens Kriminalkommissar in Wismor, zuwarf, war ausgesprochen mitleidig, wenn nicht sogar schon ein wenig verächtlich.
»Sei mir nicht böse – aber deine panische Angst vor Ärzten ist schon krankhaft«, sagte er jetzt und lachte den Freund einfach aus. Jens Butenbrink schüttelte lebhaft den Kopf und beteuerte: »Du verstehst mich nicht, Arthur. Es ist keine Angst im üblichen Sinne – ich habe nur schon zuviel gehört und gesehen. Ich achte Ärzte, ich bewundere sie sogar. Nur, finde ich, ich sollte sie mir zehn Schritte vom Leibe halten. Chirurgen ganz besonders. Ich kenne da welche, bei denen ich ein ganz besonders unangenehmes Gefühl habe. Ich fühle mich von ihnen taxiert, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Und aus diesem Grund schlägst du dich seit Jahren mit deinen Magenschmerzen herum«, ergänzte Arthur spöttisch. Jens hob die Hand und sagte erbost: »Ich bin bei drei verschiedenen Ärzten gewesen. Bei einem in Lüneburg, bei einem in Celle und sogar bei einem in Hannover. Und alle drei haben gesagt, daß mir nichts fehlt. Was glaubst du, wie ich mir vorgekommen bin? Ich bin schließlich kein Simulant. Und alle meine Sinne habe ich auch noch zusammen.«
»Wenn man Schmerzen hat, dann haben diese Schmerzen auch ihre Ursache«, erklärte Arthur Sievers energisch. »Wahrscheinlich bist du nicht bei den richtigen Ärzten gewesen. Könnte doch sein, daß deine dauernden Magenschmerzen psychischer Natur sind.«
»Ach, hör mir doch auf mit diesem Unsinn. Ich bin das, was man in Süddeutschland ein gestandenes Mannsbild nennt. Ich habe nur manchmal Magenschmerzen. Meinetwegen nervöse Magenschmerzen, aber ich brauche keine psychische Behandlung, wenn du das meinst. Was ich brauche, ist der Tee von Kitty Born. Der hat mir bisher immer noch am besten geholfen.«
Der Lehrer griff das Thema bereitwillig auf.
»Die alte Kräuter-Kitty«, sagte er versonnen. »Sie versteht wirklich was von ihrer Sache. Sie sieht zwar aus, wie man sich als Kind eine böse Hexe vorgestellt hat, aber sie ist eine Seele von Mensch. Kaum zu glauben, daß Kitty auch mal jung und hübsch und begehrenswert gewesen ist. Kein Mensch weiß, wie alt oder wie jung sie eigentlich ist. Ich glaube fast, sie weiß es schon selbst nicht mehr. Kitty lebt nicht in der Vergangenheit, und in der Zukunft schon gar nicht. Das einzige, was für sie zählt, ist die Gegenwart. Und sie lebt sie sehr bewußt und ist mit ihrem Los zufrieden.«
»Solche Leute mußt du dir erst mal suchen, ich meine solche, die mit ihrem Los zufrieden sind. Ich könnte dir auf Anhieb nicht einen einzigen vorweisen, mich schon gar nicht.«
»Es ist ja auch eigentlich normal, daß ein Mensch immer weiter vorwärtsstrebt und so schnell nicht zufrieden ist. Das ist eben mal so eingerichtet. Aber ich würde trotzdem, wäre ich an deiner Stelle, noch einmal zu einer Untersuchung gehen.«
»Die dann doch nichts bringt und mich verunsichert, bis ich mich selbst fragen muß, ob ich vielleicht irgendeinen psychischen Knacks habe, was? Nein, danke.« Butenbrink stand auf. Nun sah man erst, wie groß er war, mindestens einsneunzig. Er war breit in den Schultern und schmal in den Hüften. Seine Figur war durchtrainiert, denn Butenbrink trieb viel Sport und war stolz, von sich selbst sagen zu können, daß er kein Gramm Fett zuviel auf den Rippen hatte.
Sein dunkles, in leichten Wellen fallendes Haar wies noch keine einzige graue Strähne auf. Die Nase war gerade, nicht zu kurz, nicht zu lang, der Mund energisch und die Augen stahlblau. Man konnte sich bei ihm schon sehr gut vorstellen, daß unter dem Blick dieser stahlblauen Augen so mancher Ganove schon zu zittern begonnen hatte. Dabei wußte jeder in der näheren und weiteren Umgebung, daß Jens Butenbrink zwar erfolgreich als Kriminalist war, aber niemals die Menschlichkeit vergaß. Menschlichkeit wurde bei ihm ganz groß geschrieben. Und er pflegte dann und wann zu betonen, daß die Paragraphen zwar sein müßten, daß sie aber von Leuten gemacht worden seien, die schon lange nicht mehr wüßten, was Menschlichkeit eigentlich bedeutete. Vielleicht war sein beruflicher Erfolg nur dieser Einstellung zu verdanken, wer weiß das schon?!
Arthur Sievers begleitete seinen Freund bis zum Gartentor. Butenbrink winkte ihm noch einmal zu und ließ den Wagen stehen. Ein Spaziergang zu der alten Kräuter-Kitty, die am Rande des Moors in einem kleinen Haus lebte, würde ihm guttun. Er saß sowieso viel zu lange am Schreibtisch und kam viel zu wenig an die frische Luft.
Seine Augen leuchteten auf, als er wenig später ein hellblaues Kleid erkannte und einfach am Gartenzaun stehenblieb. Minutenlang beobachtete er die hübsche junge Frau, die eifrig Unkraut aus dem Blumenbeet zupfte und dabei nicht ein einziges Mal aufschaute.
Erst, als er zu sprechen begann, sah sie auf, richtete sich aus ihrer gebückten Haltung auf und kam zum Gartenzaun.
»Ihr Blumengarten ist mit Abstand der schönste und bunteste im ganzen Ort«, erklärte er voller Überzeugung und sah sie lächelnd an. Heide Wahlbusch strich sich das helle Haar aus der Stirn und lächelte sanft.
»Das sollten Sie nicht so laut sagen, Herr Kommissar. Meine Nachbarn könnten sonst ärgerlich werden.«
»Den Kommissar habe ich heute daheimgelassen, Frau Wahlbusch. Ich bin ganz privat in Ögela.«
Heide lachte ihn an. Butenbrink sah begeistert auf die beiden Grübchen, die sich dabei in ihren Wangen bildeten. Er schwärmte für die junge Witwe. Um ganz ehrlich zu sein, Jens Butenbrink war schon lange in Heide Wahlbusch verliebt. Nur – er wußte nicht, ob seine Gefühle erwidert wurden. Und er wußte auch nicht, wie er es anfangen sollte, das Gespräch auf dieses so ungeheuer wichtige Thema zu bringen. Mit einem Wort – der erfolgreiche Kommissar Jens Butenbrink war Heide Wahlbusch gegenüber schüchtern und unbeholfen. Daran änderte auch sein Ärger darüber nichts.
Heide war seit vier Jahren Witwe. Von ihrer Ehe hatte sie eigentlich nicht viel gehabt, denn gleich nach der Geburt der kleinen Silke war Klaus Wahlbusch krank geworden. Zuerst war es nur ein leichtes Unwohlsein, aber dann, als die argen Schmerzen dazugekommen waren, war Heide mit ihm nach Celle ins Krankenhaus gefahren, damit er sich untersuchen ließ. Von dort war er nie mehr wieder heimgekommen. Erst hatte man ihn geröntgt, dann hatte man ihm eröffnet, er leide an einem Magengeschwür. Und dann hatte man ihn operiert. Einen Tag nach der Operation hatte der Chefarzt Heide zu sich gebeten und ihr eröffnet, das vermeintliche Magengeschwür sei eine bösartige Krebsgeschwulst gewesen, die man entfernt habe. Aber es stehe zu befürchten, daß Klaus Wahlbusch das nächste halbe Jahr nicht mehr erleben werde, denn man habe lauter Tochtergeschwülste in seinem Körper festgestellt. Inoperabel hatte man es genannt. Heide war wie vor den Kopf gestoßen gewesen. Sie liebte Klaus, sie wollte ein Leben lang mit ihm zusammenbleiben. Sie hatte den Chefarzt ganz fest angesehen und ihn gebeten, Klaus nichts von dieser vernichtenden Diagnose zu sagen.
Es hatte lange gedauert, bis Heide sich vom Tod ihres Mannes erholt hatte. Die Nachbarn hatten ihr alles abgenommen, alles für sie erledigt und sie abgeschirmt, so weit es eben ging. Dafür war Heide ihnen noch heute dankbar.
Damals hatte sie auch Jens Butenbrink kennengelernt, denn er kam öfter zu Arthur Sievers, dem Lehrer. Und er ging öfter zu der alten Kräuter-Kitty, mit der Heide gern zusammen war, weil die alte Frau für ihre Begriffe abgeklärt und weise war und beruhigend auf sie wirkte.
Butenbrink hatte sie des öfteren heimbegleitet. Und eines Tages hatte Heide ihn gebeten, auf eine Tasse Kaffee mit hineinzukommen. Er hatte Silke kennengelernt, und seither verband sie alle drei eine gute Freundschaft miteinander. Jeder wünschte sich heimlich, es möge mehr daraus werden, aber keiner wagte, die Initiative zu ergreifen. Und so blieb es denn bei den heimlichen Wünschen.
»Haben Sie Lust auf eine kalte Orangenlimonade?« fragte Heide und wurde tatsächlich rot. Manchmal empfand sie es wie Verrat an ihrem toten Mann, weil sie an Butenbrink ganz anders dachte als zum Beispiel an Arthur Sievers.
Jens Butenbrink ließ sich das nicht zweimal sagen. Er öffnete das Gartentor und sah sich suchend um.
»Wo ist denn Silke?« fragte er und wunderte sich, daß das kleine Mädchen nicht zu sehen war.
»Oh, sie wollte das Mittagsgeschirr in den Schrank