Zwei, die sich nicht mögen: Mami Classic 64 – Familienroman
Von Gisela Reutling
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Über dieses E-Book
»Mein Enkel ist ein Genie«, sagte Livia Langenfeld und drapierte ein pflaumengroßes Seidentuch um ihre frisch geliftete Kinnpartie, »er soll nicht nur herumklimpern, sondern den besten Unterricht erhalten, der für Geld zu haben ist.« Axel Bloomendal, Direktor der Musikhochschule, Leiter des exquisiten ›Kleinen Orchesters‹ und Gründer des Kulturvereins der Stadt Westertal zwischen Ruhr und Rhein, neigte höflich den Kopf und strich sich mit der schmalen Hand über die graue Schläfe. »Ich sehe, wir verstehen uns«, fuhr Livia liebenswürdig fort, »niemand außer Ihnen, lieber Maestro, kommt als Lehrer meines Enkels in Frage.« Axel Bloomendal ließ die Hand sinken und starrte angestrengt durch den halb geöffneten Fensterflügel auf die zart sich begrünenden Rosenbeete, denen die Villa ihren Namen verdankte. War es zu fassen? Wollte ihn diese exzentrische alte Schachtel wahrhaftig als Klavierlehrer eines mäßig begabten, unerzogenen Jungen verpflichten? Ein Blick in ihr eisern entschlossenes Gesicht genügte. Sie wollte. Was Livia Langenfeld wollte, das hatte sie ein Leben lang durchgesetzt. Ihrem ehernen Willen, ihrem enormen Vermögen und ihrem unbegrenzten Einfluß widerstand niemand. Unter ihrer Schirmherrschaft standen alle kulturellen Einrichtungen im Umkreis von hundert Kilometern, ohne ihre Unterstützung hätte es kein Theater mehr gegeben und kein Orchester. »Nun«, sagte Axel Bloomendal und zwang sich zu einem interessierten Lächeln, »wie alt ist der Kleine inzwischen?« »Sieben«, erwiderte Livia, »und wie Sie wissen, ist er mein einziger Enkel. Schon mit fünf Jahren konnte er das Forellenquintett auswendig spielen. Ein kleiner Mozart, sage ich Ihnen! Leider wurde seine musikalische Ausbildung vernachlässigt, weil er in die Schule kam.
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Mami Classic
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Buchvorschau
Zwei, die sich nicht mögen - Gisela Reutling
Mami Classic
– 64 –
Zwei, die sich nicht mögen
Gisela Reutling
»Mein Enkel ist ein Genie«, sagte Livia Langenfeld und drapierte ein pflaumengroßes Seidentuch um ihre frisch geliftete Kinnpartie, »er soll nicht nur herumklimpern, sondern den besten Unterricht erhalten, der für Geld zu haben ist.«
Axel Bloomendal, Direktor der Musikhochschule, Leiter des exquisiten ›Kleinen Orchesters‹ und Gründer des Kulturvereins der Stadt Westertal zwischen Ruhr und Rhein, neigte höflich den Kopf und strich sich mit der schmalen Hand über die graue Schläfe.
»Ich sehe, wir verstehen uns«, fuhr Livia liebenswürdig fort, »niemand außer Ihnen, lieber Maestro, kommt als Lehrer meines Enkels in Frage.«
Axel Bloomendal ließ die Hand sinken und starrte angestrengt durch den halb geöffneten Fensterflügel auf die zart sich begrünenden Rosenbeete, denen die Villa ihren Namen verdankte.
War es zu fassen?
Wollte ihn diese exzentrische alte Schachtel wahrhaftig als Klavierlehrer eines mäßig begabten, unerzogenen Jungen verpflichten?
Ein Blick in ihr eisern entschlossenes Gesicht genügte.
Sie wollte.
Was Livia Langenfeld wollte, das hatte sie ein Leben lang durchgesetzt.
Ihrem ehernen Willen, ihrem enormen Vermögen und ihrem unbegrenzten Einfluß widerstand niemand. Unter ihrer Schirmherrschaft standen alle kulturellen Einrichtungen im Umkreis von hundert Kilometern, ohne ihre Unterstützung hätte es kein Theater mehr gegeben und kein Orchester.
»Nun«, sagte Axel Bloomendal und zwang sich zu einem interessierten Lächeln, »wie alt ist der Kleine inzwischen?«
»Sieben«, erwiderte Livia, »und wie Sie wissen, ist er mein einziger Enkel. Schon mit fünf Jahren konnte er das Forellenquintett auswendig spielen. Ein kleiner Mozart, sage ich Ihnen! Leider wurde seine musikalische Ausbildung vernachlässigt, weil er in die Schule kam. Er braucht eine feste Hand, die ihn leitet, Maestro, und natürlich muß er motiviert werden.«
»Sicher, gnädige Frau. Darf ich fragen, wie Sie sich das vorstellen?«
»Er braucht Ziele wie jeder junge Mensch. Klare, hehre Ziele! Halten Sie ihm vor Augen, was aus ihm werden kann!«
Axel Bloomendal griff in die Innentasche seines Jacketts, nahm ein ledernes Büchlein und einen silbernen Stift heraus und seufzte leicht.
»Nun, dann wollen wir zum schwierigsten Punkt kommen, nämlich der Terminfrage. Ich bin ziemlich eingeengt…«
»Yannik hat nur dienstags und donnerstags nachmittags Zeit«, stellte sie ohne Umschweife fest, »am besten nehmen wir beide Tage, damit er wieder in den Takt kommt. Wo werden Sie ihn unterrichten? Hoffentlich nicht in einem dieser Gemeinschaftsräume der Hochschule!«
»Ich muß es mir überlegen, gnädige Frau.«
»Ach was, Verehrtester. Sie lassen ihn zu sich nach Hause kommen und geben ihm jeweils eine Klavierstunde. So haben wir das früher auch gehandhabt. Wir wollen doch keine künstlichen Probleme schaffen! Der Junge wird gebracht und abgeholt und dazu angehalten, täglich zu üben. Alles andere ist Ihre Sache, und ich bin davon überzeugt, Sie werden sie gut machen! Brillant! Heute ist Freitag. Am kommenden Dienstag fangen wir an. Zwei Uhr dreißig. Notieren Sie’s in Ihrem Terminkalender. Und geben Sie mir Ihre Kontonummer.« Livia erhob sich, zum Zeichen, daß sie das Gespräch als beendet betrachtete. »Das Honorar wird monatlich überwiesen.«
Axel Bloomendal blieb nichts anderes übrig, als sich resigniert zu verneigen, die dargebotene welke Hand mit den vielen Ringen an die Lippen zu führen und sich zu verabschieden. –
Livia wartete, bis er durch die Halle hinausgegangen war. Dann fegte sie in ihrem knöchellangen Phantasiegewand aus gestreifter Seide hinüber in den kleinen Salon, wo ihre Freundin Ortrud Mahler bereits frische Croissants auf den zierlich gedeckten Teetisch stellte.
»Du schuldest mir eine Flasche Sekt!« rief Livia und schwenkte das pflaumenblaue Seidentuch.
»Heißt das, er hat angenommen?«
»Widerspruchslos. Wie ich erwartet habe. Mir war klar, daß ich diese Wette gewinnen würde.«
»Mir nicht«, erwiderte Ortrud Mahler düster, »wie korrumpiert muß ein Hochschuldirektor sein, daß er sich als Klavierlehrer anheuern läßt!«
»Vergiß nicht, daß der Schüler mein Enkel ist«, sagte Livia triumphierend, »ein junges Genie, eine bisher unbekannte Größe, die in den Konzertsälen der Zukunft Furore machen wird. Wieviel Kalorien hat Pierre in diesen Croissants versteckt?«
»Keine fünfzig. Wenn du Süßstoff nimmst, kannst du zwei davon essen.«
»Ich hasse Süßstoff! Das Zeug kann nicht gesund sein. Du hattest übrigens recht. Er wollte ein großes Getue wegen der Termine machen.«
»Wozu du ihn gar nicht erst kommen ließest, stimmt’s?«
»Natürlich nicht. Ich habe ihm Yanniks freie Nachmittage genannt und ihm überlassen, sich darauf einzustellen.«
»Und darauf ist er eingegangen?«
»Ja, sag ich doch.«
»Der Mann hat einfach kein Rückgrat«, murmelte Ortrud Mahler und schüttelte ihr fahlblondes Haar. Sie war nur wenig jünger als Livia, aber sie hielt sich viel darauf zugute, die Siebzig noch nicht erreicht zu haben. Auch hatte sie einen gänzlich anderen Lebenshintergrund als ihre Freundin, aber das störte die Verbundenheit nicht. Sie kannten sich seit ihrer Kindheit, und keine von ihnen konnte allein sein.
Jede brauchte die Gesellschaft der anderen, und die Villa Rosengarten bot die bestmögliche Umgebung. Während Livia mit den Pfunden kämpfte und sich gern auffallend kleidete, war Ortrud dünn wie ein Strich und gab sich am liebsten mädchenhaft. Im Gegensatz zu Livia, die schon seit Jahren zu Perücken greifen mußte, hatte Ortrud immer noch sehr schönes volles Haar, das sie so oft wie möglich aufgelöst trug und flattern ließ. Sie hatte zwar eine eigene Wohnung in Düsseldorf, aber die meiste Zeit verbrachte sie in der Villa Rosengarten, wo sie als rechte Hand der Hausherrin fungierte. Außer ihr gab es einen französischen Koch namens Pierre und eine leicht betagte Wirtschafterin namens Tilde, die sich mit wechselnden Hilfskräften herumschlug.
Der Rosengarten unterstand Livia persönlich, und wenn man ihren Worten glauben wollte, wurden alle die prächtigen Sonderexemplare von ihr und ihrem Sohn Maxim eigenhändig gehegt, gepflegt, gegossen, gedüngt, gejätet und beschnitten.
Ebenso verhielt es sich mit dem Familiengrab, das ebenfalls als kleiner Rosengarten angelegt war und bereits zwei Namen auf der monumentalen Marmortafel aufwies, nämlich den des Familienoberhauptes Georg Maximilian Langenfeld, und den der früh verstorbenen Schwiegertochter Vanessa Langenfeld, geborene