Salooner Jenkins: Wyatt Earp 239 – Western
Von William Mark
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Als Ben Jenkins an diesem Morgen die Tür seines neuen Saloons öffnete, glaubte er sicher nicht, dass der Tag so ereignisreich werden würde. Jenkins war ein Mann Mitte der fünfziger mit einem Gesicht, das aussah, als wäre es aus braunem Holz geschnitzt. Hart, wurzelhaft und von Falten zersägt. Seine Augen waren bernsteinfarben, und sein fast in der Mitte gescheiteltes Haar hatte eine rötliche Färbung. Es war ein richtiges Männergesicht, das mehr Energie aufwies, als sie für gewöhnlich ein Schankwirt benötigte. Jenkins trug ein weißes Hemd, eine braune Samtschleife und eine dunkelgraue Weste, die mit hellen Blumenmustern bestickt war. Um die Ärmel trug er braune Schoner, um die Manschetten nicht allzu schnell zu beschmutzen. Die Schürze hatte eine rotbraune Färbung und reichte vom Leib fast bis hinunter zu den Schienbeinen. Wer ihn so gesehen hatte, möchte geglaubt haben, dass er eigentlich gar nicht hierher in diese große Westernstadt passen würde. Und Ben Jenkins stammte auch nicht aus Dodge City. Er kam aus Memphis in Tennessee. Der Weg, der ihn hierher geführt hatte, war lang gewesen. Jedenfalls hatte er in den ersten Märztagen des Jahres 1875 hier am Westrand der Stadt Dodge City eine Schenke eröffnet. Es ist sogar historisch auf den Tag genau belegt. Jenkins hatte das Haus des ehemaligen Silberschmiedes Jack Manchester käuflich erworben und – wie ebenfalls noch dokumentarisch belegt werden kann – in zwei Raten verhältnismäßig schnell hintereinander bezahlen können. Als er an diesem Samstagvormittag gegen acht Uhr die Tür seiner Bar öffnete, herrschte auf der Hauptstraße Dodge Citys, der Front Street, schon reges Leben. Die alte Cowtown am Arkansas River erwachte schon früh. Jenkins blickte die lange Straße hinunter, die hier beidseitig mit Häusern bestanden war, aber kurz hinter der Bridge Street nur noch wenige Häuser aufwies und dann einseitig bis hinunter zu ihrem Ende am Ostrand der Stadt verlief. Es war ein echtes Kuriosum, die Hauptstraße Dodge Citys, und man darf wohl sagen, dass sie die berühmteste Straße im alten Westen war. Jenkins griff in die Westentasche und zog eine Zigarette daraus hervor, die er zwischen die Lippen schob.
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Salooner Jenkins - William Mark
Wyatt Earp
– 239 –
Salooner Jenkins
William Mark
Als Ben Jenkins an diesem Morgen die Tür seines neuen Saloons öffnete, glaubte er sicher nicht, dass der Tag so ereignisreich werden würde.
Jenkins war ein Mann Mitte der fünfziger mit einem Gesicht, das aussah, als wäre es aus braunem Holz geschnitzt. Hart, wurzelhaft und von Falten zersägt. Seine Augen waren bernsteinfarben, und sein fast in der Mitte gescheiteltes Haar hatte eine rötliche Färbung. Es war ein richtiges Männergesicht, das mehr Energie aufwies, als sie für gewöhnlich ein Schankwirt benötigte.
Jenkins trug ein weißes Hemd, eine braune Samtschleife und eine dunkelgraue Weste, die mit hellen Blumenmustern bestickt war. Um die Ärmel trug er braune Schoner, um die Manschetten nicht allzu schnell zu beschmutzen. Die Schürze hatte eine rotbraune Färbung und reichte vom Leib fast bis hinunter zu den Schienbeinen.
Wer ihn so gesehen hatte, möchte geglaubt haben, dass er eigentlich gar nicht hierher in diese große Westernstadt passen würde. Und Ben Jenkins stammte auch nicht aus Dodge City. Er kam aus Memphis in Tennessee. Der Weg, der ihn hierher geführt hatte, war lang gewesen. Jedenfalls hatte er in den ersten Märztagen des Jahres 1875 hier am Westrand der Stadt Dodge City eine Schenke eröffnet. Es ist sogar historisch auf den Tag genau belegt.
Jenkins hatte das Haus des ehemaligen Silberschmiedes Jack Manchester käuflich erworben und – wie ebenfalls noch dokumentarisch belegt werden kann – in zwei Raten verhältnismäßig schnell hintereinander bezahlen können.
Als er an diesem Samstagvormittag gegen acht Uhr die Tür seiner Bar öffnete, herrschte auf der Hauptstraße Dodge Citys, der Front Street, schon reges Leben.
Die alte Cowtown am Arkansas River erwachte schon früh.
Jenkins blickte die lange Straße hinunter, die hier beidseitig mit Häusern bestanden war, aber kurz hinter der Bridge Street nur noch wenige Häuser aufwies und dann einseitig bis hinunter zu ihrem Ende am Ostrand der Stadt verlief. Es war ein echtes Kuriosum, die Hauptstraße Dodge Citys, und man darf wohl sagen, dass sie die berühmteste Straße im alten Westen war.
Jenkins griff in die Westentasche und zog eine Zigarette daraus hervor, die er zwischen die Lippen schob. Er riss ein Zündholz an der Türfüllung an und sog die Flamme tief in die Tabakfäden. Dann stieß er eine blaue doppelte Rauchfontäne durch die Nase aus.
Langsam ging er bis zum Rand des Vorbaus und wandte jetzt den Kopf, um die Straße nach links hinunterzusehen, wo sie schon nach etwa dreißig Yards im Sand der Overland Street mündete.
Well, es war nicht leicht gewesen, hier ein Haus zu finden, in dem er eine Bar eröffnen konnte. Außerdem war es ziemlich aussichtslos gewesen, denn Schenken nach Dodge City zu bringen war gleich sinnlos wie Eulen nach Athen zu tragen. Dodge City besaß mehr Schenken als sonst irgendeine Stadt im Westen. Selbst das lebensfrohe, dreimal so große Santa Fé hatte nicht mehr Schenken aufzuweisen.
Kein Zweifel, Jenkins war hierher gekommen, weil er sich trotzdem eine Chance ausrechnete.
Den Saloon, den er hier eröffnet hatte, konnte man schon als ansehnlichst bezeichnen. Alles war aus geflammtem rohem Holz getäfelt und wirkte wie eine elegante Bauernstube. Selbst die drei Dachträger waren mit geflammtem Holz maskiert. Auch die Bordwand der Theke und die Thekenkante selbst. Das eingelassene gelöcherte Blech schimmerte neu wie die Lampen, neu wie die Thekenborde, wie die Tische und Stühle. Alles war nagelneu. Der Boden war frisch und trug keinerlei Fußspuren.
Aus der offenen Tür strömte der Geruch frischen, bearbeiteten Holzes.
Jenkins hatte sich nicht allzu sehr angestrengt, als er über den Namen für seine Bar nachdachte. Schließlich musste der Name im Marshal Office eingetragen werden.
Es schien übrigens nur so, als hätte er sich nicht allzu viel Mühe gegeben, denn der Name, den er dem stellvertretenden Marshal anbot, schien geradezu nichtssagend zu sein: DODGE CITY SALOON.
Die Stadt hieß schon so, und weshalb sollte man nicht auch eine Schenke so bezeichnen? Schließlich gab es in jeder Stadt Bars, die den Namen ihrer eigenen Stadt trugen.
Dennoch schien es fantasielos zu sein, nur auf diesen Namen zu kommen. Aber es war nicht fantasielos. Es war im Gegenteil ganz geschickt, denn jeder, der den Namen las, glaubte, dass es eine besonders wichtige, große und besuchenswerte Bar sei, die den Namen der Stadt tragen konnte. In der Tat war es das ja auch, denn Jenkins hatte keine Mühe und keine Dollars gescheut, einen ausgezeichneten Schankraum auf die Beine zu stellen. Das Orchestrion, das gleich rechts neben der Tür an der langen Theke stand, hatte allein vierhundert blanke Dollars gekostet. Es war ein gewaltiges Stück Geld für einen Mann, der sozusagen erst anfing.
Fing er wirklich erst an? Mit fünfundfünfzig Jahren? Zu dieser Stunde wusste das noch niemand in Dodge City.
Jenkins hatte beobachtet, wie auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine blondhaarige, sehr üppige hübsche Frau die Tür ihres kleinen Modeshops öffnete und ein kleines Staubtuch ausschüttelte. Es war Mrs Russel, die zusammen mit der etwas jüngeren Jenny Kidd das Geschäft bereits vor sechs Jahren eröffnet hatte. Es ging einigermaßen gut, da die beiden Putzmacherinnen eine Menge von hübschen Hüten und auch von Kleidern verstanden. Es gab in der Stadt eine ganze Reihe von Leuten, die Geld genug hatten, ihre Frauen dorthin zu schicken. Denn auch in den Städten des Mittel-Westens legten die Frauen Wert darauf, gut gekleidet zu sein. Man kann sich das heute schlecht vorstellen, aber es war tatsächlich so. Die Frauen konnten nicht warten, bis der Westen soweit zivilisiert war, dass es sich gelohnt hätte, Geld für teure Kleider auszugeben, sondern sie mussten ihr Leben zu der Zeit leben, in die sie in dieses Leben hineingesetzt worden waren. Und diese Zeit war eben jetzt.
Mrs Russel nahm den Gruß des neuen Nachbarn von gegenüber freundlich an und winkte mit dem Tüchlein. Die spindeldürre Jenny Kidd folgte ihr und winkte mit beiden Händen zurück.
Auch Greg Harlan, der nebenan eine Schneiderei hatte, winkte und Jimmy Siler von nebenan, der mit Sätteln handelte, grüßte den neuen Nachbarn.
Kein Zweifel, die Leute hatten ihn aufgenommen, obgleich ihm niemand eine Chance gab. Es hieß, dass die Kneipen in Dodge City ohnehin nicht mehr so gut gingen wie früher. Wie wollte dieser Mann sich da behaupten.
Natürlich gab es einige Leute, die meinten, es läge daran, weil der Marshal in letzter Zeit so selten in der Stadt wäre, aber das war ganz sicher Unsinn, denn der berühmte Wyatt Earp brachte ja nicht den Betrieb in die Schenken. Natürlich konnte es auch mit daran gelegen haben, denn es kamen ganz sicher nicht wenige Leute nach Dodge City, um den großen Gesetzesmann zu sehen.
Wie gesagt, die Bürger von Dodge City schätzten die Chancen von Ben Jenkins nicht allzu hoch ein.
Er hatte die Grüße angenommen, winkte zurück und wandte sich dann um und hob eines der Fenster etwas an, um dann in die Schenke zurückzugehen.
Er war gerade um den Tresen herumgegangen und hatte das frische rotgewürfelte Handtuch in die Hände genommen, um ein imaginäres Staubkörnchen fortzuwischen, als er den Hufschlag eines Pferdes hörte.
Gespannt blickte er hinaus.
Aber der Reiter, ein älterer Mann, der gebeugt im Sattel saß und dessen Schnauzbart bis zum Kinn hinunterlief, ritt in müder Haltung weiter.
Da griff Jenkins nach einem Glas und füllte es zu einem Drittel mit Whisky. Er kippte sich das beißende Getränk in die Kehle, schluckte und hustete dann.
In diesem Augenblick hörte er die Schritte mehrerer Männer auf dem Vorbau.
Schritte, die näherkamen.
Und dann sah er an einem der beiden Fenster auf der linken Seite der Schankstube drei Männer vorbeikommen.
Schon hatten sie den offenen Eingang erreicht.
Jenkins, der etwas Besonderes bieten wollte, hatte auf die sonst üblichen Schwingarme verzichtet. Niemand sollte auch nur den geringsten Widerstand beim Betreten seines Schankhauses haben. Und für die kühlen Wintertage würde dann eben die Tür geschlossen werden. Aber Schwingarme wollte er nicht haben, um die Leute anzulocken. Sie sollten die Sicht in keiner Weise verdeckt und keinerlei Mühe haben, die Schenke zu betreten.
Die drei Männer, die jetzt im Eingang standen, hätten ganz sicher diese Mühe auch nicht gescheut.
Der Mittlere war ein Mensch von ziemlich hohem Wuchs mit schmalen Schultern und scharf ausrasiertem Kinnbart. Er hatte eine lange Nase, einen strichdünnen Mund und stechende Augen, die zu nahe bei der Nase saßen. Die Jochbeinknochen ragten aus diesem schmalgeschnittenen Gesicht heraus. Ebenso stach der Adamsapfel aus dem ziemlich langen Hals, und die Ohren standen ab.
Kein Zweifel, Billy Liggett war nicht eben eine Schönheit. Er trug einen grauen Anzug, ein schmutziggelbes Hemd und eine grünliche Halsschleife. Unter der Jacke trug er einen breiten Waffengurt, der über dem rechten Oberschenkel einen 38er Revolver hielt.
Billy Liggett war gewiss keine angenehme Erscheinung, und der quäkerhaft breitrandige graue Hut verschönte sein Aussehen gewiss nicht mehr.
Neben ihm links stand ein bulliger Bursche mit breiten Schultern, untersetzter Gestalt, massigem Schädel und Augen, die tief in den Höhlen lagen.
Es war Mary Andrew. Neben Andrew schob sich die ebenfalls untersetzte, etwas verwachsen wirkende Gestalt