Nach dieser Nacht will ich mehr
Von Victoria Pade
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Über dieses E-Book
Ein Jahr lang durch fremde Länder bummeln - Carly steht kurz vor der Verwirklichung dieses Ziels, da begegnet ihr Baxter McDermot: Groß, schmalhüftig und mit seegrünen Augen scheint er Carly so ziemlich jede Sünde wert - aber auch den Verzicht auf ihren Lebenstraum …?
Victoria Pade
Victoria Pade ist Autorin zahlreicher zeitgenössischer Romane aber auch historische und Krimi-Geschichten entflossen ihrer Feder. Dabei lief ihre Karriere zunächst gar nicht so gut an. Als sie das College verließ und ihre erste Tochter bekam, machte sie auch die ersten schriftstellerischen Gehversuche, doch es sollte sieben Jahre dauern, bis ihr historischer Debütroman veröffentlicht wurde. Um die Trennung von ihrem Mann zu verarbeiten und aktuelle Themen aufzugreifen, wechselte sie schließlich zu modernen Geschichten, die im Hier und Jetzt spielen. Victoria lebt zusammen mit ihren Eltern und ihrer jüngsten Tochter, die Psychologie studiert, in Colorado. Ihre älteste Tochter studiert in Michigan Medizin.
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Buchvorschau
Nach dieser Nacht will ich mehr - Victoria Pade
IMPRESSUM
Nach dieser Nacht will ich mehr erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2000 by Victoria Pade
Originaltitel: „Cowboy’s Caress"
erschienen bei: Silhouette Books, Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARA
Band 169 - 2001 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Brigitte Marliani-Hörnlein
Umschlagsmotive: GettyImages_BLACKDAY
Veröffentlicht im ePub Format in 04/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733756529
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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1. KAPITEL
„Wie heißt das Sprichwort doch gleich? ‚Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt.‘ Ich denke, der Spruch trifft auf dich zu, Carly."
„Ohne Zweifel", stimmte Carly Winters genervt zu. Sie saß seitlich auf dem Rücksitz im Wagen ihrer Freundin und hatte ihren rechten Fuß hochgelegt.
Im Gegensatz zu Deanas unbeschwertem Kommentar klang Carlys Entgegnung ziemlich niedergeschlagen. Deana war von Carlys Reiseplänen nie begeistert gewesen und freute sich über jeden Aufschub.
„Deshalb blase ich meine Reise aber nicht gleich ab. Sie verzögert sich nur ein wenig, stellte Carly klar, damit ihre Freundin gar nicht erst auf andere Gedanken kam. „Die Ärzte in der Ambulanz haben gesagt, dass ich in einigen Wochen wieder absolut fit sein werde. Und dann geht es los.
Deana sagte nichts dazu. Sie drehte nur das Radio ein wenig lauter und schien darauf zu vertrauen, dass das Leben noch etwas in petto hatte, was Carlys Pläne durchkreuzen würde.
Diese seufzte und lehnte frustriert den Kopf gegen die Rücklehne. Wieder einmal war ihr Leben anders verlaufen als geplant.
Als sie sah, wie die Sonne aufging, seufzte Carly noch einmal. Eigentlich hatte sie heute, an diesem wunderschönen Junitag, Abschied nehmen wollen von Elk Creek, der kleinen Stadt in Wyoming, in der sie vor zweiunddreißig Jahren geboren wurde und wo sie die ganze Zeit ihres bisherigen Lebens verbracht hatte. Jahre, in denen sie davon geträumt hatte, irgendwo anders zu sein.
Aber im Moment entfernte sich Carly nicht von Elk Creek. Im Gegenteil, sie war auf dem Weg dorthin, nachdem sie die Nacht in der Krankenhausnotaufnahme in Cheyenne verbracht hatte, um ihren Knöchel röntgen und verarzten zu lassen.
Glücklicherweise war ihr ein Gipsverband erspart geblieben. Auch wenn die Verletzung im Moment sehr schmerzhaft war und sie an Krücken laufen musste, war Carly dennoch zuversichtlich, dass ihr großes Abenteuer bald beginnen konnte.
Besser spät als nie.
Der Unfall hatte sich auf ihrer Abschiedsparty zugetragen, und die Umstände, die dazu führten, entbehrten nicht einer gewissen Komik. Sie hatte sich gerade von ihren Freunden, Nachbarn und Verwandten verabschiedet, bereit, ein letztes Mal in ihr Bett in Elk Creek zu steigen, als bei ihrer Schwester Hope plötzlich die Wehen einsetzten. Ihre Mutter sprang vom Sessel, um die Hochschwangere zu stützen, war aber so aufgeregt gewesen, dass sie sich mit dem Absatz im Saum ihres eigenen Kleides verfing. Carly erkannte die missliche Lage, hechtete zu ihr, um sie vor einem Sturz zu retten, und knickte dabei selbst um. Während ihrer Mutter nichts passiert war, hatte Carly sich den Fuß unglücklich verdreht.
Hope brachte schließlich mit Hilfe von Tallie Shanahan, Krankenschwester und Hebamme der Stadt, ihren vierten Sohn gesund zur Welt, während Deana Carly ins nächste Krankenhaus in Cheyenne brachte. Tallie hatte den Transport angeordnet, weil sie mit der Geburt selbst alle Hände voll zu tun hatte und weil sie fürchtete, der Fuß könnte gebrochen sein und ärztliche Behandlung erfordern. Und ein Arzt fehlte seit einiger Zeit in Elk Creek – ein Umstand, der sich erst heute ändern würde.
„Vielleicht ist dein Unfall ein Zeichen, dass du nicht reisen sollst", orakelte Deana.
„Quatsch. Es ist nur ein kleiner Aufschub", entgegnete Carly.
Und sie meinte es auch so. Denn nichts – absolut gar nichts – konnte sie davon abhalten, ihren lebenslangen Wunsch endlich in die Tat umzusetzen. Seit ihrem siebten Lebensjahr, als ihre Großtante Laddy zu Besuch gekommen war und Fotos von ihren diversen Reisen mitgebracht hatte, träumte Carly davon, die Welt zu sehen.
Es hatte viele Jahre gedauert, bis sie sich endlich in der Lage sah, sich ihren Traum zu erfüllen.
Zuerst war da ihr Lehramtsstudium in Cheyenne gewesen, wo sie jeden Pfennig dreimal umdrehen musste. Um zu sparen, hatte sie sogar bei Deanas Tante gewohnt, einer schrecklich nervigen alten Dame. Nach Ende ihrer Ausbildung war Carly nach Elk Creek zurückgekehrt, hatte das Fach Erdkunde unterrichtet und jeden Monat eine feste Summe für ihre Reise aufs Sparbuch gebracht. Das letzte Hindernis war ihre Beziehung zu Jeremy gewesen.
Jetzt lag all das hinter ihr. Sie hatte genug Geld gespart und sich für ein Jahr von der Schule beurlauben lassen. Der Zeitpunkt war gekommen, das Leben außerhalb von Elk Creek kennenzulernen.
Sie würde eine Frau von Welt werden.
„Ich will ja nicht für immer von hier fort, versuchte sie ihre Freundin Deana zu trösten. „Ich will nur etwas Neues sehen und erleben, andere Menschen kennenlernen, einfach hinaus aus diesem Nest. Wer weiß, vielleicht bin ich schon nach kurzer Zeit krank vor Heimweh und komme zurück. Deshalb habe ich meinen Job nicht gekündigt und mein Haus nicht verkauft, sondern nur für ein Jahr vermietet.
„Du wirst nicht zurückkommen, wenn wirklich alles so schön und aufregend ist, wie du es dir vorstellst."
„Schön, selbst wenn es so wäre – was für einen Unterschied macht es für uns? Wir werden ständig telefonieren, wir können uns schreiben oder E-Mails schicken. Und es gibt nichts in Elk Creek, was dich davon abhalten könnte, mich dort zu besuchen, wo ich gerade bin."
„Es ist etwas anderes, wenn man Tür an Tür lebt."
Natürlich hatte ihre Freundin recht. Und Carly würde Deana schrecklich vermissen. Sie kannten sich seit ihrem vierten Lebensjahr. Damals war Deana mit ihrer Familie in das Nachbarhaus gezogen. Alles hatten sie gemeinsam erlebt, von den ersten Küssen bis hin zu den Begräbnissen ihrer Väter, die beide in einem Zeitraum von drei Monaten verstorben waren.
Carlys Abschied bedeutete, dass sie sich nicht mehr jeden Tag sahen und jedes Erlebnis, sei es auch noch so unbedeutend, miteinander teilen konnten. Keine nächtlichen Eiscremegelage mehr, wenn eine von ihnen nicht schlafen konnte und barfuß und im Schlafanzug über den Rasen gelaufen kam. Kein gegenseitiges Trösten am Ende eines schlimmen Tages. Kein Doppelrendezvous mehr. Keine Gesellschaft, wenn man sich einsam fühlte. Keine Popcornorgien am Samstagabend bei schnulzigen Liebesfilmen im Fernsehen. Keine spontanen Shoppingtouren oder Renovierungsaktionen, kein gemeinsamer gemütlicher Abend am Feuer, wenn draußen ein Schneesturm wütete. Die Trennung bedeutete, einfach nicht mehr da zu sein, wenn der andere einen brauchte.
Aber daran wollte Carly jetzt nicht denken. Stattdessen träumte sie von San Francisco und New York. Vom Altweibersommer in Vermont. Von den verschneiten Wäldern in Alaska, den Stränden von Hawaii. Von den ägyptischen Pyramiden, von London, Rom – und von Paris. Oh, wie gern würde sie den Eiffelturm sehen!
„Ich wünschte nur, du kämst mit." Carly seufzte abermals.
Deana schüttelte den Kopf. „Es gibt nichts, das ich in Elk Creek nicht auch finden könnte."
„Was ist mit dem Herzallerliebsten?", erinnerte Carly sie.
„Der wird schon irgendwann aufkreuzen, erwiderte Deana überzeugt. „Und wenn es so weit ist, möchte ich nicht irgendwo anders sein und mir gerade Türme, olle Ruinen oder Pyramiden ansehen.
So ähnlich sie sich auch waren, in einem unterschieden sie sich grundlegend: Deana war durch und durch heimatverbunden.
Und Carly eben nicht.
Zumindest wollte sie es nicht sein.
Sie erreichten Elk Creek. Deana steuerte den Wagen über die noch menschenleere Hauptstraße der Kleinstadt, vorbei an der alten Molner Villa, dem jetzigen ärztlichen Versorgungszentrum, wo auch Krankenschwester Tallie arbeitete.
Schließlich bog sie in die Einfahrt zu Carlys Haus ein. Deren Mutter hatte es ihr überschrieben, als sie nach dem Tod ihres Mannes zu ihren zwei unverheirateten Schwestern gezogen war.
Das geräumige zweigeschossige Holzhaus war in einem hübschen Gelb gestrichen, Fenster, Türen und Dachfirst waren weiß abgesetzt. Auf der großen, säulengestützten Veranda entdeckten sie einen Mann und ein kleines Mädchen.
„Du scheinst Besuch zu haben", bemerkte Deana.
„Er sollte doch erst morgen Vormittag hier eintreffen!" Carly stöhnte.
„Tja, aber er ist schon da."
„Und ich sehe wahrscheinlich grässlich aus."
Deana klappte die Sonnenblende an der Beifahrerseite hinunter, damit Carly vom Rücksitz aus einen Blick in den Spiegel werfen konnte.
Damit sie ihre widerspenstigen, schulterlangen rotbraunen Haare nicht immer im Gesicht hängen hatte, hatte sie sie zu einem Knoten gedreht und einen Bleistift hindurchgesteckt. Mittlerweile hatten sich jedoch viele Strähnen gelöst und standen ihr jetzt in alle Richtungen vom Kopf ab.
Von dem Rouge, das sie extra für die Party aufgelegt hatte, war nichts mehr übrig. Doch glücklicherweise hatte Carly einen etwas dunkleren Teint, sodass sie auch ohne Wangenrot nie ungesund wirkte. Ihr malvenfarbener Lippenstift gehörte ebenfalls der Vergangenheit an. Nur die langen Wimpern, die ihre rauchtopasfarbenen Augen rahmten, waren noch schwarz getuscht. Insgesamt aber machte Carly einen ziemlich mitgenommenen Eindruck.
„Nichts zu machen", sagte sie seufzend zu ihrem Spiegelbild, als Deana den Wagen abstellte und ausstieg.
„Wenn Sie Carly Winters suchen, hier kommt sie, rief die Freundin den beiden auf der Veranda zu. „Lassen Sie ihr einen Moment Zeit.
Sie öffnete die hintere Tür und holte dann aus dem Kofferraum die Krücken, während Carly ans Ende der Sitzbank rutschte und dort wartete.
„Hallo", begrüßte sie ihre Gäste lahm.
Der Mann hob die Hand und winkte zum Gruß.
„Wow!" Staunend reichte Deana ihrer Freundin die Krücken und nickte dann vielsagend in Richtung des Mannes, um anzudeuten, dass ihm ihre Begeisterung galt.
Als wenn Carly das nicht erraten hätte!
Er war groß, mindestens einsfünfundachtzig, und sah eher wie ein Cowboy als wie ein praktischer Arzt aus.
Seine Haare waren hellbraun und kurz geschnitten. Sein attraktives Gesicht wies die für die McDermots typische Familienähnlichkeit auf, die Carly nur zu gut kannte, da seine Brüder in Elk Creek wohnten: hohe Wangenknochen, edel geformte Nase, markantes Kinn. Seine Lippen waren schmal und wirkten freundlich und ironisch zugleich und viel verführerischer, als Carly lieb war.
„Brauchen Sie Hilfe?", fragte er, als er Carlys Handicap erkannte. Mit langen Schritten kam er auf sie zu. Er sah aus, als hätte er mehr Zeit auf dem Rücken eines Pferdes verbracht als in einer Arztpraxis.
Er trug verwaschene Jeans und dazu ein knapp sitzendes weißes T-Shirt. Carlys Herz machte einen Satz beim Anblick seines breiten Oberkörpers und seiner muskulösen Arme.
„Ich schaffe es schon", erwiderte sie und versuchte sich daran zu erinnern, was man ihr im Krankenhaus über die Handhabung der Krücken gesagt hatte.
„Sie müssen Baxter McDermot sein", meinte sie, um Zeit zu gewinnen.
„Nennen Sie mich Bax", bat er und nickte.
„Doktor McDermot", sagte Deana kokett, was Carly ganz verlegen machte.
So sagte sie nur: „Ich bin Carly Winters, und das ist Deana Carlson."
„Entschuldigen Sie bitte, dass ich schon so früh hier aufgetaucht bin. Wir sind ja aus Denver und hatten eigentlich für die Nacht ein Hotelzimmer gebucht, doch im Zimmer neben uns wurde offenbar gerade ein neuer Weltkrieg ausgetragen. Da bei dem Lärm an Schlaf nicht zu denken war, sind wir einfach weitergefahren."
„Natürlich … Äh, es gibt hier nur ein winziges Problem", sagte Carly und stützte sich mit ihrem ganzen Gewicht auf die Krücken.
„Sie verlassen die Stadt noch nicht", riet er mit einem Blick auf ihren bandagierten Fuß.
„Ich hatte gestern Abend leider einen kleinen Unfall und muss meine Reise verschieben, bis die Verletzung ausgeheilt ist."
„Schon gut. Dann quartieren wir uns eben solange auf der Ranch ein",