Der Bergpfarrer 460 – Heimatroman: Ein Brief sorgt für Aufregung
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Das Gewitter stand direkt über dem Wachnertal. Es schüttete, als hätte der Himmel sämtliche Schleusen geöffnet. Ein harter Wind trieb peitschende Regenschauer schräg über das Land. Grelle Blitze zerrissen den aufgewühlten Himmel und der Donner rollte mit mächtigem Grollen durch das Tal. Heiner Ebensberger stand am Fenster in der Küche seines Hofes und starrte nach Westen, wo die Berge mit den dunklen Wolken eins zu werden schienen. Am Herd hantierte Edeltraud, seine Frau. Es ging auf den Abend zu und in dem Raum brannte schon das Licht. Regen prasselte gegen die Fensterscheibe und das Wasser rann in Bächen an ihr hinunter. »Wenn's die ganze Nacht so weiter regnet, dann säuft alles ab«, murmelte der Bauer. »Außerdem legt der Sturm das ganze Getreide flach. Was ist bloß mit dem Wetter los? Erst trocknet wochenlang alles aus, und jetzt hört's nimmer auf zu regnen.« »Irgendwann wird's schon aufhören, es kann ja net …« »Endlich!«, schnitt Heiner seiner Frau das Wort ab. »Die Agnes ist aus Garmisch zurück! Ich hab' mir schon Sorgen gemacht, dass dem Madel bei dem Sturm was passiert sein könnt. Bei so einem Wetter ist's net gut, kilometerweit mit dem Auto fahren zu müssen.« Ein schwarzer Kleinwagen fuhr dicht ans Haus heran, der Motor war wegen des Heulens des Sturms und des Rauschens des Regens kaum zu vernehmen.
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Der Bergpfarrer (ab 375)
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Der Bergpfarrer 460 – Heimatroman - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 460 –
Ein Brief sorgt für Aufregung
Was ist damals wirklich geschehen?
Toni Waidacher
Das Gewitter stand direkt über dem Wachnertal. Es schüttete, als hätte der Himmel sämtliche Schleusen geöffnet. Ein harter Wind trieb peitschende Regenschauer schräg über das Land. Grelle Blitze zerrissen den aufgewühlten Himmel und der Donner rollte mit mächtigem Grollen durch das Tal.
Heiner Ebensberger stand am Fenster in der Küche seines Hofes und starrte nach Westen, wo die Berge mit den dunklen Wolken eins zu werden schienen. Am Herd hantierte Edeltraud, seine Frau. Es ging auf den Abend zu und in dem Raum brannte schon das Licht. Regen prasselte gegen die Fensterscheibe und das Wasser rann in Bächen an ihr hinunter.
»Wenn’s die ganze Nacht so weiter regnet, dann säuft alles ab«, murmelte der Bauer. »Außerdem legt der Sturm das ganze Getreide flach. Was ist bloß mit dem Wetter los? Erst trocknet wochenlang alles aus, und jetzt hört’s nimmer auf zu regnen.«
»Irgendwann wird’s schon aufhören, es kann ja net …«
»Endlich!«, schnitt Heiner seiner Frau das Wort ab. »Die Agnes ist aus Garmisch zurück! Ich hab’ mir schon Sorgen gemacht, dass dem Madel bei dem Sturm was passiert sein könnt. Bei so einem Wetter ist’s net gut, kilometerweit mit dem Auto fahren zu müssen.«
Ein schwarzer Kleinwagen fuhr dicht ans Haus heran, der Motor war wegen des Heulens des Sturms und des Rauschens des Regens kaum zu vernehmen. Unter den Rädern spritzte das Wasser, das sich in großen Pfützen auf dem Hof gesammelt hatte. Die Scheinwerfer gingen aus, dann flog die Autotür auf und eine junge Frau sprang heraus. Sie warf die Tür hinter sich zu, war mit drei langen Schritten bei der Haustür und schließlich auch im Trockenen.
Der Ebensberger ging zur Küchentür und öffnete sie.
Seine Tochter Agnes kam ihm auf dem Flur entgegen. Sie war mittelgroß und schlank, ihre langen Haare waren dunkelblond und am Hinterkopf zu seinem Pferdeschwanz zusammengebunden. Bekleidet war sie mit einem blauen Kostüm, einer weißen Bluse und flachen Pumps.
Obwohl sie nur drei Schritte durch den Regen laufen musste, rann ihr das Regenwasser über das Gesicht und auch ihre Haare waren ziemlich nass. »Puh!«, rief sie. »Was für ein fürchterliches Wetter! Zeitweise hat es dermaßen gegossen, dass es sogar die Scheibenwischer beinahe nimmer geschafft hätten.«
»Ich hab’ mir schon Sorgen gemacht«, sagte ihr Vater. »Komm rein. Was denkst’´? Kriegst’´ die Stelle?« Der Ebensberger trat zur Seite und ließ seine Tochter an sich vorbei.
Die junge Frau ging zum Tisch in der Küche und setzte sich. Sie spürte den ernsten Blick ihrer Mutter fragend auf sich gerichtet.
Heiner Ebensberger setzte sich ihr gegenüber an den Tisch. Auch er verströmte erwartungsvolle Ungeduld. Die Vierundzwanzigjährige seufzte tief. »Ich bekomm noch Bescheid, heißt es, ich denk’ aber, dass ich eine Ablehnung krieg’. Der Mann, bei dem ich mich vorgestellt hab’, ist der Meinung, dass ich zu jung für den Job wär’.«
»Aber du hast doch Prädikatsabschlüsse vorzuweisen, und die sollen doch froh sein, wenn s’ junge Leut’ kriegen. Die Jungen sind doch weitaus belastbarer als die Alten.«
»Manche sind halt der Meinung, dass ein junger Mensch net die nötige Autorität besitzt, um ein Hotel zu leiten. Aber ich will net allzu schwarz malen. Vielleicht gibt man mir eine Chance.«
»Ich werd’ dafür beten«, erklärte Edeltraud, »und wenn du die Stell’ kriegst, dann stift’ ich eine große Kerze.«
»Ob das hilft?«, seufzte Agnes.
»Man muss nur fest dran glauben«, versetzte ihre Mutter.
Der Ebensberger reckte den Hals, etwas im Hof erregte seine Aufmerksamkeit. Durch das Fenster sah er eine Gestalt auf das Haus zueilen, einen schlanken Mann, der einen Regenschirm aufgespannt hatte und ihn gegen den schräg heranpeitschenden Regen hielt, sodass sein Gesicht nicht zu sehen war. Er erkannte ihn trotzdem. »Der Franzl kommt«, stieß er hervor. »Der muss doch auf der Lauer gelegen haben, um es ja net zu versäumen, wenn du heimkommst.«
»Was will denn der schon wieder?«, stieg es fast zornig aus Agnes’ Kehle. »Wie oft muss ich dem noch sagen, dass ich nix von ihm will?«
»Der begreift’s nie«, knurrte ihr Vater. »Manchmal tut er mir schon richtig leid.«
»Der Franzl ist ein guter Bub«, hielt die Mutter dagegen. »Ich seh’ ihn des Öfteren in der Frühmesse.«
Da hörten sie den Burschen auch schon im Hausflur.
»Bitte, nimm du ihn in Empfang, Papa«, flüsterte Agnes. »Mich nervt er nur.«
»Das wär’ der richtige Mann für dich«, rief Edeltraud Ebensberger. »Er ist fleißig, respektiert seine Eltern und erbt einmal einen großen Hof.«
»Bevor ich den nehm’, geh’ ich ins Kloster«, versetzte Agnes.
»Ich halt’ ihn dir vom Leib, Agnes«, versprach ihr Vater und verließ die Küche. Er zog die Tür hinter sich zu.
Gleich darauf vernahm man die gedämpften Stimmen der beiden Männer im Korridor. Aber sie verstummten, als Heiner den Besuch ins Wohnzimmer führte und die Tür schloss.
»Ich dusch mich und zieh mich um«, sagte Agnes zu ihrer Mutter.
»Die beiden alten Kirchlechner hätten auch nix dagegen, wenn du und der Franzl …«
»Vergiss es, Mama«, schnitt Agnes ihrer Mutter das Wort ab. »Langsam kann ich’s nimmer hören. Begreif doch endlich, dass ich den Franz net mag. Lieber …«
»… würdest ins Kloster gehen, ich weiß. Dort wärst’ natürlich auch gut aufgehoben.«
»Ach, Mutti. Ich wollt’ damit nur sagen, dass ich lieber einschichtig bleib’, ehe ich den Franz nehm’.«
»Was du nur gegen den Franzl hast? So zuwider ist er doch auch wieder net.«
»Er ist sympathisch und ich hab’ auch kein Problem, mit ihm ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis zu pflegen. Als Mann aber kommt er für mich net in Frage. Und weil das so ist, bitt’ ich dich, Mama, dieses Thema nie wieder anzuschneiden.«
Edeltraud Ebensberger machte ein beleidigtes Gesicht, aber Agnes ignorierte es und verließ die Küche.
*
Am folgenden Morgen regnete es nicht mehr, aber die Welt war grau. Dunkle Wolken verdeckten den Himmel, aus den Bergwäldern stieg weißer Dampf, auch über den Wiesen und Feldern stiegen wogende Nebelschwaden auf.
Um die Mitte des Vormittags erschien auf dem Ebensbergerhof der Postbote.
Der Bauer war schon lange auf den Feldern und Äckern unterwegs, aber Agnes und ihre Mutter waren zu Hause. Der Briefzusteller klopfte ans Küchenfenster und Agnes öffnete.
»Grüß dich. Was bringst’ denn Schönes? Hoffentlich keine Rechnung.« Agnes lachte gutgelaunt.
»Einen Einschreibebrief hab ich«, antwortete der Zusteller. »Ist der Heiner net da? Ich muss ihm den Brief persönlich übergeben und er muss mir den Empfang mit seiner Unterschrift bestätigen.«
»Der Papa hat bestimmt noch länger auf den Feldern zu tun«, erklärte Agnes. »Können net ich oder die Mama an seiner Stelle unterschreiben?«
Der Postzusteller machte ein wichtiges Gesicht, wiegte den Kopf und gab zu verstehen, dass der Brief nur an den Adressaten persönlich übergeben werden darf. »Ich lass’ für den Heiner eine Benachrichtigung hier«, sagte er. »Er muss den Brief dann innerhalb einer Woche abholen.«
»Von wem ist denn der Brief überhaupt?«, fragte Agnes. »Ist’s vielleicht sogar ein amtliches Schreiben?«
Der Postbote drehte den Brief herum. »Er kommt aus Wien. Absender ist eine Regina Faltermeier.«
Jetzt trat Edeltraud neben ihre Tochter ans Fenster. »Faltermeier«, wiederholte sie nachdenklich den Namen. »Regina Faltermeier. Das sagt