Liebe und andere Herrlichkeiten: Dr. Norden Bestseller 469 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration.
Es war noch früh am Morgen, die Dämmerung lag wie ein schmutziggraues Tuch über der gesichtslosen Vorstadtsiedlung, als Anabel Knecht ihren Wagen vor einem unscheinbaren Haus parkte. Als sie die Fahrertür öffnete, schlug ihr die kalte Winterluft ins Gesicht und ließ sie zurückzucken. Aber es nützte nichts. Um nicht mit den Terminen in Verzug zu geraten, musste sie in den sauren Apfel beißen. Tapfer marschierte sie also den schmalen Gartenweg hinunter und drückte mit vor Kälte klammen Fingern auf den Klingelknopf. Beinahe gleichzeitig öffnete sich die Haustür, und eine unsympathische Frau mit spitzem bleichen Gesicht erschien in der Tür. »Guten Morgen, Frau Knecht. Mein Vater wartet schon auf Sie«, begrüßte Sabine Suttner die Krankenschwester mit ihrer schrillen Stimme, die Anabel jedes Mal eine Gänsehaut über den Rücken jagte. »Sie wissen ja, heute ist Waschtag.« »Natürlich, machen Sie sich keine Sorgen. Sie wissen doch, Ihr Vater und ich kommen blendend miteinander aus.« »Bilden Sie sich darauf bloß nichts ein. Vater hatte schon immer ein Faible für blonde, junge Frauen.« Sabine streifte die Krankenschwester mit einem verächtlichen Blick und ließ sie dann ins Haus ein. Ohne sie weiter zu beachten, ging sie voraus und überließ Anabel ihrem Schicksal. Doch statt sich über diese Unfreundlichkeit zu ärgern, seufzte Anabel Knecht erleichtert auf. Sie war froh, diese erste Hürde des Tages erfolgreich gemeistert zu haben. Mit beschwingten Schritten ging sie auf eine Tür am Ende des Flurs zu und klopfte an. Als ein heiseres »Herein«
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Dr. Norden – Die Anfänge
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Buchvorschau
Liebe und andere Herrlichkeiten - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 469 –
Liebe und andere Herrlichkeiten
Patricia Vandenberg
Es war noch früh am Morgen, die Dämmerung lag wie ein schmutziggraues Tuch über der gesichtslosen Vorstadtsiedlung, als Anabel Knecht ihren Wagen vor einem unscheinbaren Haus parkte. Als sie die Fahrertür öffnete, schlug ihr die kalte Winterluft ins Gesicht und ließ sie zurückzucken. Aber es nützte nichts. Um nicht mit den Terminen in Verzug zu geraten, musste sie in den sauren Apfel beißen. Tapfer marschierte sie also den schmalen Gartenweg hinunter und drückte mit vor Kälte klammen Fingern auf den Klingelknopf. Beinahe gleichzeitig öffnete sich die Haustür, und eine unsympathische Frau mit spitzem bleichen Gesicht erschien in der Tür.
»Guten Morgen, Frau Knecht. Mein Vater wartet schon auf Sie«, begrüßte Sabine Suttner die Krankenschwester mit ihrer schrillen Stimme, die Anabel jedes Mal eine Gänsehaut über den Rücken jagte. »Sie wissen ja, heute ist Waschtag.«
»Natürlich, machen Sie sich keine Sorgen. Sie wissen doch, Ihr Vater und ich kommen blendend miteinander aus.«
»Bilden Sie sich darauf bloß nichts ein. Vater hatte schon immer ein Faible für blonde, junge Frauen.« Sabine streifte die Krankenschwester mit einem verächtlichen Blick und ließ sie dann ins Haus ein. Ohne sie weiter zu beachten, ging sie voraus und überließ Anabel ihrem Schicksal. Doch statt sich über diese Unfreundlichkeit zu ärgern, seufzte Anabel Knecht erleichtert auf. Sie war froh, diese erste Hürde des Tages erfolgreich gemeistert zu haben. Mit beschwingten Schritten ging sie auf eine Tür am Ende des Flurs zu und klopfte an. Als ein heiseres »Herein« ertönte, drückte sie die Klinke herunter und musste ein Lächeln unterdrücken. Eine dicke Rauchwolke schlug ihr entgegen und nahm ihr fast den Atem.
»Guten Morgen, Herr Suttner«, begrüßte sie den alten Herrn mit leisem Vorwurf in der Stimme. »Wie oft soll ich Ihnen noch sagen, dass Dr. Norden Ihnen das Rauchen verboten hat?« Kurzerhand nahm sie Friedrich, der gemütlich in seinem Sessel saß, die Pfeife aus der Hand und klopfte den Inhalt in den Aschenbecher.
»Guten Morgen, Fräulein Anabel. Das ist aber gar keine nette Begrüßung«, lachte er sein heiseres, tiefes Lachen, sichtlich unbeeindruckt vom Tadel der Krankenschwester. »Hab’ ich das schon wieder vergessen?« Seine munteren Augen blitzten vor Übermut. »Warum wollen Sie mir armen, alten Mann auch noch die letzte Freude nehmen?«
»Das will ich doch gar nicht. Es geht mir nur um Ihre Gesundheit. Außerdem haben Sie es doch wirklich schön hier. Da brauchen Sie solche Sachen gar nicht.«
»Schön? Ist das Ihr Ernst?« Friedrich verzog angewidert das sympathische, faltige Gesicht. Anabel konnte sich gut vorstellen, dass er in jungen Jahren ein attraktiver, lebenslustiger Mann gewesen sein musste. Leider schienen sich seine Gene nicht bei seiner Tochter durchgesetzt zu haben. »Das Leben mit meiner sauertöpfischen Sabine ist alles andere als schön. Was habe ich verbrochen, dass mich das Schicksal mit so einer Tochter bestraft hat? Sie wären mir da schon viel lieber.«
»Ich hab’ auch so meine Launen, das können Sie mir glauben«, versicherte Anabel ausweichend. Schließlich konnte sie es sich nicht leisten, schlecht über ihre Arbeitgeberin zu sprechen. Stattdessen packte sie ihr Mitbringsel aus und legte es auf den Tisch.
»Hm, was haben Sie mir denn heute wieder Leckeres mitgebracht?« Friedrich betrachtete das in Alufolie gewickelte Päckchen, aus dem es verführerisch roch. Auf einmal erhellte sich seine Miene. »Doch nicht etwa Heidelbeer-Muffins?«
Anabel lachte. Sie war alleinstehend, Vater und Mutter lebten weit weg in einer anderen Stadt. Menschen wie Friedrich oder auch Clementine Reiber, eine andere Patientin, waren ihr deshalb wie Verwandte ans Herz gewachsen. Und mit Freuden bereitete es ihr einen großen Spaß, diese Menschen hin und wieder mit selbst gebackenen Köstlichkeiten zu überraschen.
»Ich weiß doch, was Ihnen schmeckt«, freute sie sich über die gelungene Überraschung. »Aber jetzt wollen wir mal ans Werk schreiten. Heute ist großer Waschtag. Soll ich Ihnen helfen, oder kommen Sie alleine zurecht?«
»Für Ihren Geleitschutz hinüber ins Bad bin ich dankbar. Alles andere schaffe ich noch selbst, auch wenn Sabine mir das nicht abnimmt. Sie behandelt mich wie einen Greis.« Friedrich ergriff den Stock, den Anabel ihm reichte. Gemeinsam machten Sie sich auf den Weg ins Badezimmer. Sie war ihm beim Rasieren behilflich und sorgte dafür, dass Handtuch und Waschlappen bereitlagen, und wartete dann vor der Tür, bis er nach ihr rief. »Sie können sich wieder hereintrauen, Fräulein Anabel.«
»Was soll das denn schon wieder heißen?« lachte Anabel vergnügt. Der allmorgendliche Besuch bei Friedrich Suttner sorgte jedes Mal wieder für Heiterkeit und erinnerte sie daran, warum sie ihren Beruf so sehr liebte.
»Na ja, ein Adonis bin ich wahrlich nicht mehr.« Auch wenn es ihm mit seinen fünfundachtzig Jahren Mühe bereitete, ließ es sich Friedrich nicht nehmen, sich selbst anzuziehen. Als Anabel eintrat, stand er bereits fix und fertig vor dem Spiegel und betrachtete sich zufrieden. »Aber für mein Alter hab’ ich mich ganz wacker geschlagen, finden Sie nicht?«
»Sie sehen großartig aus«, schmeichelte Anabel ihm bereitwillig und musste dafür noch nicht einmal lügen. »Und Ihr Eau de Toilette finde ich umwerfend.« Sie hob die Nase und schnupperte nach dem markanten Duft.
»Ach, das tut gut.« Friedrich seufzte zufrieden und senkte dann verschwörerisch die Stimme. »Sie ahnen gar nicht, wie ärgerlich Sabine darüber ist, dass ich noch so gut zurechtkomme. Dabei kann sie es doch gar nicht mehr erwarten, endlich ihr Erbe anzutreten.«
»Aber Herr Suttner, so schlecht sollten Sie von Ihrer Tochter nicht reden.« Auch Anabel sprach leise, als sie Friedrich über den Flur zurück in sein Zimmer begleitete. Unsicher sah sie sich um, doch von Sabine Suttner war nichts zu sehen. Irgendwo im Haus dröhnte ein Staubsauger, offenbar war sie mit Hausarbeit beschäftigt. »Schließlich kümmert sie sich darum, dass Sie gut versorgt werden.«
»Eigennutz, sonst nichts.« Mit verächtlicher Miene ließ sich der alte Herr wieder in seinen Sessel fallen und griff nach Tabak und Pfeife, um sie neu zu stopfen. »Aber ich werde ihr einen gehörigen Strich durch die Rechnung machen.« Das Lachen, das er ausstieß, war so bösartig, dass Anabel verwundert aufsah und vergaß, ihn von seinem Vorhaben zu rauchen abzuhalten.
»Wie meinen Sie denn das?«
Friedrich maß die junge Krankenschwester mit einem prüfenden Blick.
»Wir kennen uns nun schon ein paar Monate, nicht wahr?«
»Vor sieben Monaten habe ich Ihre Pflege übernommen. Wieso?«
»Kann ich Ihnen vertrauen?« Friedrich zündete seine Pfeife an, stieß den Rauch aus und zog die Augenbrauen zusammen. Anabels Herz klopfte schneller vor Aufregung. »Aber das wissen Sie doch, Herr Suttner.«
»Gut«, brummte der zufrieden und tat einen weiteren Zug. »Dann hören Sie gut zu. Ich habe nämlich nicht vor, Sabine das ganze, schöne Geld zu hinterlassen. Schließlich hab’ ich mir alles eigenhändig hart erarbeitet, was man von meinem Fräulein Tochter nicht behaupten kann. Sie sitzt nur hier und wartet darauf, dass ich das Zeitliche segne. Deshalb hab’ ich beschlossen, mir vor meinem Tod noch ein bisschen Spaß zu gönnen.«
»Was haben Sie vor?«
»Reisen! Ich will noch einmal verreisen.« Wie ein sehnsüchtiger Seufzer kam dieser Satz aus Friedrichs Mund, zusammen mit einer kleinen Rauchwolke.
»Und wo soll die Reise hingehen?«
»Costa de la Luz. Dahin wollte ich mit meiner Frau, aber Gott hat es leider anders gewollt. Die gute Erna! Jetzt ist sie schon seit drei Jahren nicht mehr hier.« Sein Blick wanderte versonnen aus dem Fenster nach draußen, wo sich inzwischen die Sonne tapfer ihren Weg durch die dicke Wolkenschicht gebahnt hatte. Der Tag würde doch nicht so trist werden wie erwartet. Diese Aussicht gab Friedrich Mut, als seine Augen zu Anabel zurückkehrten und ihren Blick festhielten. »Ich habe alles genau mit Nelli und Elisabeth besprochen. In ein paar Wochen ist es soweit. Alles, was wir noch brauchen,