Ich habe dich nie vergessen!: Toni der Hüttenwirt 201 – Heimatroman
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"Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser.
Toni und Anna machten ihre gewohnte Vormittagspause. Die meisten Hüttengäste waren zu Wanderungen und Hochgebirgstouren aufgebrochen. Die Morgenarbeit nach dem Servieren des Frühstücks war getan. Toni schenkte zwei Becher Kaffee ein.»Lass uns hinausgehen, Anna!«, sagte er.Anna legte das Küchenhandtuch zur Seite, griff nach dem Kaffeebecher und ging hinaus auf die Terrasse der Berghütte.Der alte Alois saß an einem der Tische, vor sich den Stapel Zeitungen, den Toni ihm am Morgen von der Oberländer Alm mit heraufgebracht hatte. Alois las nicht.Toni und Anna setzten sich zu ihm.»Hast du schon alles ausgelesen? Stand nix Interessantes drin?«, fragte Toni.»Ich habe noch gar net reingeschaut.»So, das wundert mich jetzt aber. Warum? Du bist doch sonst ganz erpicht darauf, zu erfahren, was es Neues auf der Welt gibt.»Ja schon, aber ich habe schlecht geschlafen. Außerdem muss ich über etwas nachdenken«, brummte Alois.»Jetzt verstehe ich.
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Buchvorschau
Ich habe dich nie vergessen! - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt
– 201–
Ich habe dich nie vergessen!
Unverhofftes Wiedersehen auf der Berghütte
Friederike von Buchner
Toni und Anna machten ihre gewohnte Vormittagspause. Die meisten Hüttengäste waren zu Wanderungen und Hochgebirgstouren aufgebrochen. Die Morgenarbeit nach dem Servieren des Frühstücks war getan. Toni schenkte zwei Becher Kaffee ein.
»Lass uns hinausgehen, Anna!«, sagte er.
Anna legte das Küchenhandtuch zur Seite, griff nach dem Kaffeebecher und ging hinaus auf die Terrasse der Berghütte.
Der alte Alois saß an einem der Tische, vor sich den Stapel Zeitungen, den Toni ihm am Morgen von der Oberländer Alm mit heraufgebracht hatte. Alois las nicht.
Toni und Anna setzten sich zu ihm.
»Hast du schon alles ausgelesen? Stand nix Interessantes drin?«, fragte Toni.
»Ich habe noch gar net reingeschaut.«
»So, das wundert mich jetzt aber. Warum? Du bist doch sonst ganz erpicht darauf, zu erfahren, was es Neues auf der Welt gibt.«
»Ja schon, aber ich habe schlecht geschlafen. Außerdem muss ich über etwas nachdenken«, brummte Alois.
»Jetzt verstehe ich. Du bist schon den ganzen Morgen etwas grantig.«
»Red keinen Schmarrn, Toni! Ich bin net grantig, ich mache mir Sorgen. Das ist es.«
Toni und Anna schauten sich überrascht an.
»Du machst dir Sorgen?«, wunderte sich Toni. »Und warum redest du nicht mit uns? Du weißt doch, ›Geteiltes Leid ist halbes Leid und geteilte Freude ist doppelte Freude‹, oder hast du des vergessen?«
»Hör mit deinen schlauen Sprüchen auf, Toni! Ich bin wirklich net gut drauf.«
»Spürst du wieder das Reißen in den Knochen?«
»Himmelsakrament!«, brauste der alte Alois auf. »Das bei alten Leuten immer alles gleich auf die Gesundheit geschoben wird! Des ist deppert. Darf ich nicht einmal einen schlechten Tag haben? Ich habe dir doch gesagt, dass ich wenig geschlafen habe.«
»Dann leg dich hin und mach noch ein Nickerchen«, sagte Anna und lächelte den alten Alois an.
»Ich bin sicher, dass des auch nix bringt. Es ist besser, ich bleibe hier sitzen, als mich drinnen aufs Bett zu legen. Dann grüble ich noch mehr.«
»Herrje, Alois«, schimpfte Toni. »Was bist du heute schwierig. Jetzt sag endlich, was los ist. Vielleicht können wir dir helfen.«
»Sicher net!«
Anna und Toni warfen sich Blicke zu.
»Liegt es an uns? Hast du dich über uns geärgert?«, fragte Anna.
»Rede keinen Unsinn, Anna. Na, mit euch hat des nix zu tun.«
»Sondern?«, hakte Anna nach. »Hast du kein Vertrauen zu uns, Alois? Wir sind doch eine Familie, auch wenn wir net blutsverwandt sind.«
»Ja, wir sind eine Familie«, sagte der Alois. »Aber was mir im Kopf herumgeht, das können auch Hirngespinste sein.«
»Erzähl uns davon, dann sagen wir dir, ob du dir unnötig Sorgen machst«, ermunterte ihn Anna.
Alois stand auf und ging in die Küche und holte sich einen weiteren Becher Kaffee.
Langsam trank er Schluck um Schluck und schaute dabei über das Tal von Waldkogel.
»Heute Nacht bin ich plötzlich aus dem Tiefschlaf aufgewacht und konnte nimmer einschlafen. Vielleicht liegt es auch am Vollmond, obwohl Vollmond mir nie etwas ausgemacht hat. Jedenfalls musste ich plötzlich an die Ella Waldner denken. Sie war schon lange nimmer hier. Sonst ist sie regelmäßig heraufgekommen. Aber seit Wochen hat sie uns nimmer besucht.«
Toni und Anna schauten sich überrascht an.
»Stimmt!«, sagte Toni. »Jetzt, wo du das sagst, fällt es mir auch auf.«
»Siehst du, Toni, und des muss einen Grund haben«, sagte der alte Alois. »Sie bringt immer Waldbeeren herauf für meinen guten Obstler.«
»Willst du wieder Obstler brennen?«
»Na, Toni, es sind noch genug Flaschen da. Ich wundere mich nur. Mei, die Ella ist auch nimmer die Jüngste und ich bin eben in Sorge.«
»Du meinst, sie könnte krank sein?«, fragte Anna.
»Irgendetwas muss sein«, beharrte der alte Alois. »Hast du etwas gehört, Toni?«
»Na, ich kann mich nicht erinnern, dass meine Mutter etwas gesagt hat.«
»Dann frage sie! Frag die Meta, wann sie die Ella das letzte Mal gesehen hat.«
Toni nickte. Er schaute den alten Alois an.
»Du machst dir wirklich Sorgen.«
»Ja, die mache ich mir. Die Ella wohnt ganz allein in ihrer Kate im Wald. Wenn sie – zum Beispiel – gestürzt ist, wer hilft ihr dann?«
»Alois, du steigerst dich da in etwas hinein.«
»Na, des tue ich net. Mein inneres Gefühl sagt mir, dass etwas net stimmt. Auf mein Bauchgefühl konnte ich mich immer verlassen.«
Toni versuchte, den alten Alois zu beruhigen, was wirklich mühsam war. Erst als er ihm versprach, bei seiner Mutter nachzufragen und sich in Waldkogel umzuhören, war der alte Alois etwas beruhigt.
»Aber schieb es net auf die lange Bank! Den Martin, Pfarrer Zandler und Bürgermeister Fellbacher kannst du auch fragen, Toni.«
»Das werde ich, ich verspreche es. Wenn ich heute Mittag hinunterfahre, um Franzi und Basti im Forsthaus abzuholen, dann frage ich auch den Hofer. Er als Förster sieht die Ella öfter als sonst ein Mensch in Waldkogel.«
»Des ist eine gute Idee! Ella trifft den Hofer und die Waldarbeiter sehr oft, wenn sie Beeren im Wald sammelt. Frag sie alle, wann sie die Ella das letzte Mal gesehen haben.«
»Das mache ich. Ich verspreche es dir.«
»Gut!«, sagte der alte Alois.
Er griff nach den Zeitungen und fing an zu lesen.
Toni und Anna warfen sich Blicke zu. Sie tranken schnell ihren Kaffee aus und gingen in die Berghütte.
Als sie außer Alois Hörweite waren, sagte Toni:
»Der Alois hat Angst, es könnte ihr etwas passiert sein. Ausgeschlossen ist es nicht, Anna. Es ist schon beschämend, dass uns nicht aufgefallen ist, wie lange ihr letzter Besuch zurückliegt.«
»Toni, wir haben Hochsaison. Es ist wirklich viel zu tun. Die Tage rauschen nur so vorbei. Da denkt man nicht an alles.«
»Das stimmt, Anna. Ich werde mich um die Sache kümmern. Hofer hat sie bestimmt mal im Wald gesehen. Es ist Beerenzeit und Ella wird sammeln. Sie wird aufbrechen, kaum dass es hell wird, und bis am späten Vormittag Beeren pflücken. Außerdem ist sie nicht mehr die Jüngste. Ich vermute, dass sie ab und zu ein Nickerchen macht. Dann müssen die Beeren noch aufbereitet werden. Das ist nicht wenig Arbeit. Sie macht ihre Tinkturen, den Balsam, kocht Marmelade und Gelee und legt sie ein für den Winter. Sie wird voll beschäftigt sein.«
»Kann sein, Toni!«
»Anna, ich vermute, dass der alte Alois einfach gern mal wieder Besuch aus dem Tal hätte. Er sitzt doch gern mit Ella zusammen. Mit wem kann er sich sonst so gut über die alten Zeiten unterhalten?«
»Vielleicht solltest du ihn einmal mit hinunternehmen, damit er ein paar Leute aus seinem Jahrgang besuchen kann.«
»Das ist eine gute Idee. Ich werde ihn darauf ansprechen, aber nicht heute.«
Anna verstand, was er damit meinte.
»Toni, je weniger wir davon reden, desto besser ist es. Sicher kann mal etwas mit Ella sein. Ich bin in Sorge, wie es Alois aufnehmen würde. Also, je weniger wir sagen, desto besser ist es. Außerdem müssen wir verhindern, dass er sich da hineinsteigert. Ich werde ihm später eine Aufgabe geben. Wenn er beschäftigt ist, grübelt er nicht so viel.«
»Das ist eine gute Idee, Anna!«
Sie waren sich einig.
»Dann machen wir weiter. Soll ich den Generator anwerfen, Anna?«
»Ja, das wäre gut. Dann könnte ich die Wäsche waschen.«
Toni nickte und ging in den Schuppen. Nach der Hochzeit hatte Toni einen Dieselgenerator angeschafft, damit Anna eine Waschmaschine betreiben konnte. Gelegentlich stellte er den Generator auch an, damit Hüttengäste ihr Handy oder ihr Notebook aufladen konnten.
Auf dem Weg in den Schuppen beobachte er den alten Alois. Er blätterte in den Zeitungen, sah aber immer wieder länger auf und schaute über das Tal.
*
Anna legte frische buntkarierte Tischdecken auf die Tische der Terrasse.
Ein Wanderer kam auf die Berghütte