Er ist Billy the Kid!: Wyatt Earp 153 – Western
Von William Mark und Mark William
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Er stieß die Schankhaustür so hart auf, daß sie hinten gegen die Wand prallte und das Glas in Scherben sprang. Mit hängenden Schultern stand er im Türrahmen, und sein Schatten fiel riesengroß auf die staubigen Dielen.
Er war mittelgroß und hatte ein längliches Gesicht mit stark ausgeprägtem, schwerem Kinn, aufgeworfenen Lippen, einer breiten Nase und wässrigen grauen Augen, die aus diesem blassen Gesicht hervorzuquellen schienen. Es war ein ausdruckslos, gewöhnliches, ja, ein gemeines Gesicht. Unter der schmalen Krempe des hohen weichen Filzhutes, um den er ein schmieriges Stoffband gewickelt hatte, wucherte aschblondes struppiges Haar, das hinten bis in den Kragen seiner Jacke reichte. Er trug ein kragenloses graues Hemd, das über der Brust offenstand. Die dunkle Jacke vermochte seine Gestalt auch nicht wuchtiger erscheinen zu lassen, obgleich sie wenigstens zwei Nummern zu groß war. Ausgebeult waren die Taschen, und die Ellbogen mit Flecken besetzt. Seine Hose hingegen war eng und lief unten in die halbhohen Schäfte seiner hochhackigen Westernboots. Er hatte ein kurzläufiges Gewehr in der Rechten, und an der linken Seite im Halfter seines Waffengurts trug er einen Smith & Wesson-Revolver.
Jimmy Dryden, der vierunddreißig-jährige Salooner der Rio Grande Bar, kannte diesen Mann ebenso gut wie viele andere in diesem Lande. Obgleich inzwischen einige Jahre vergangen waren, hatte sich das Bild dieses Mannes nicht verändert. So hatte er ausgesehen, als er damals durch die alten Kistenholzstädte von Texas ritt und überall Angst und Schrecken verbreitete. Es gab sicher keinen Outlaw im Westen, dessen Name bekannter gewesen wäre als der seine. Dieser
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Er ist Billy the Kid! - William Mark
Wyatt Earp
– 153–
Er ist Billy the Kid!
William Mark
Er stieß die Schankhaustür so hart auf, daß sie hinten gegen die Wand prallte und das Glas in Scherben sprang. Mit hängenden Schultern stand er im Türrahmen, und sein Schatten fiel riesengroß auf die staubigen Dielen.
Er war mittelgroß und hatte ein längliches Gesicht mit stark ausgeprägtem, schwerem Kinn, aufgeworfenen Lippen, einer breiten Nase und wässrigen grauen Augen, die aus diesem blassen Gesicht hervorzuquellen schienen. Es war ein ausdruckslos, gewöhnliches, ja, ein gemeines Gesicht. Unter der schmalen Krempe des hohen weichen Filzhutes, um den er ein schmieriges Stoffband gewickelt hatte, wucherte aschblondes struppiges Haar, das hinten bis in den Kragen seiner Jacke reichte. Er trug ein kragenloses graues Hemd, das über der Brust offenstand. Die dunkle Jacke vermochte seine Gestalt auch nicht wuchtiger erscheinen zu lassen, obgleich sie wenigstens zwei Nummern zu groß war. Ausgebeult waren die Taschen, und die Ellbogen mit Flecken besetzt. Seine Hose hingegen war eng und lief unten in die halbhohen Schäfte seiner hochhackigen Westernboots. Er hatte ein kurzläufiges Gewehr in der Rechten, und an der linken Seite im Halfter seines Waffengurts trug er einen Smith & Wesson-Revolver.
Jimmy Dryden, der vierunddreißig-jährige Salooner der Rio Grande Bar, kannte diesen Mann ebenso gut wie viele andere in diesem Lande. Obgleich inzwischen einige Jahre vergangen waren, hatte sich das Bild dieses Mannes nicht verändert. So hatte er ausgesehen, als er damals durch die alten Kistenholzstädte von Texas ritt und überall Angst und Schrecken verbreitete. Es gab sicher keinen Outlaw im Westen, dessen Name bekannter gewesen wäre als der seine. Dieser Name lautete: Billy the Kid!
Ein Name wie ein Brandmal. Ein Name, der mehr Furcht und Panik in der Bevölkerung erweckt hatte, als es die Pest vermocht hätte. Jahrelang hatte Billy the Kid die Menschen dieses Landes gequält. Überall, wo er auftauchte, verkrochen sie sich in ihren Mauselöchern, um ihm ja nicht in die Augen sehen zu müssen; in diese wäßrigen pulvergrauen Augen, die so ausdruckslos schienen und doch so gefährlich waren.
Billy the Kid war ein Mörder! Der brutalste und primitivste Mörder, den es im alten Westen je gegeben hatte.
Es ist sehr viel über ihn geschrieben worden – und leider sehr viel Unsinn. Manche haben aus diesem Verbrecher sogar einen Helden machen wollen. Aber Billy the Kid war nichts als ein Mörder. Er kann den traurigen Ruhm für sich in Anspruch nehmen, der gefürchtetste Killer des Wilden Westens gewesen zu sein. Sein Name wird zwar in den Unionstaaten niemals sterben, aber sein Ruhm ist der eines Scheusals.
Er hieß eigentlich William Bonney, und niemand weiß genau, wann und wo er das Licht dieser Welt erblickt hat. Was man jedoch sehr genau weiß, ist die Zahl derjenigen Menschen, die er ermordet hat. Einundzwanzig Menschenleben hat er ausgelöscht!
Es will schon etwas heißen, daß ein ganzes Land aufatmet, wenn es erfährt, daß ein einundzwanzigjähriger Verbrecher endlich zur Strecke gebracht worden ist. Vor Jahren war durch Texas und die angrenzenden Staaten die Nachricht gegangen, daß Sheriff Patrik Garrett den Mörder William Bonney getötet habe.
Auch der Salooner Jimmy Dryden hatte damals aufgeatmet, denn auch er hatte unter Billy the Kid zu leiden gehabt. Nie konnte er jenen Weihnachtstag vergessen, an dem der Verbrecher plötzlich auf seiner Türschwelle gestanden und aus einer Entfernung von nur knapp drei Yards den Lawyer Jerry Tucker in den Rücken geschossen hatte.
Lächelnd hatte der Verbrecher dagestanden, plötzlich die Arme hochgeworfen und gebrüllt: »Ich bin es, Billy the Kid!«
Wie gelähmt hatten die Menschen in der Schenke den Bravo angestarrt. Er war an die Theke gekommen, hatte sich eine Flasche geholt, und als er sich dann umwandte, stürzten die Gäste aus dem Schankraum. Billy hatte das Gewehr, das er in der Linken gehabt hatte, hochgenommen und eine Rehpostenladung hinter den Flüchtenden hergejagt. Gehacktes Blei in die Rücken flüchtender Menschen!
Er hatte sich damit gebrüstet, jeden zu töten, den er töten wollte.
So hatte er an einem glühendheißen Sommertag mitten auf der Main Street von El Paso den gefürchteten Revolverschwinger Tommy Moore aus einer Distanz von kaum zweieinhalb Yards niedergeschossen. Moore, der noch neben dem Zügelholm gestanden hatte, um auf sein Pferd zu steigen, hatte sich nach Bonney umgedreht. In diesem Augenblick hatte Billy the Kid die Waffe gezogen und Moore das tödliche Blei in die Lunge gejagt.
»Ich bin the King of the Killers«, hatte er johlend über die Straße gebrüllt und war davongeritten.
Ein Geisteskranker? Diese Vermutung wurde niemals gültig bewiesen. Aber sie dürfte der Wahrheit am nächsten kommen. Bonney war zumindest schwer beschränkt, und er konnte weder lesen noch schreiben.
So gut wie jeder andere in diesem Land war der Salooner James Dryden überzeugt, daß Billy the Kid tot war. Und nun stand er plötzlich da im Türrahmen und starrte ihn aus seinen wässrigen, pulvergrauen Augen an.
Genauso hatte er damals dagestanden; reglos, mit hängenden Schultern, leicht vornübergeneigt, eine schmierige Lache um den nach rechts hochgezogenen Mund. Die Rechte hatte er um den Lauf der Büchse gespannt, und die Linke hing steif angewinkelt über dem braunen Hirschhornkolben seines Revolvers.
Es war eine so typische Haltung für Billy the Kid, daß Jimmy Dreyden einen Augenblick den Atem anhielt.
Und was dann geschah, schien endgültig jede Frage überflüssig zu machen. Der Mann im Türrahmen gab sich plötzlich einen Ruck und suchte sich in die Brust zu werfen, denn er wußte, daß er eine spitze Hühnerbrust hatte, die absolut nicht eindrucksvoll wirkte. Dann warf er den Kopf ins Genick und schob sein schweres Kinn vor.
Der Salooner schluckte. Obgleich es für ihn nun keinen Zweifel mehr gab, hatte er doch das Gefühl, einen Spuk zu erleben. Wie paralysiert verharrte er auf dem Fleck, hatte beide Hände auf der Thekenkante liegen und stierte in die wässrigen Augen des Desperados.
Der Verbrecher ging jetzt mit schleppendem Schritt vorwärts, wobei er das rechte Bein etwas nachzog, aber das war so unauffällig, daß es nur ein sehr scharfer Beobachter bemerken konnte.
In der Mitte des Raumes blieb er noch einmal stehen, sah sich nach allen Seiten um, ging dann auf das alte Orchestrion zu, das zwischen zwei Fenstern stand, hob plötzlich mit einer blitzschnellen Bewegung den Gewehrkolben an und schleuderte die eisenbeschlagene Kante gegen eine bestimmte Stelle des Musikkastens.
Rappelnd und stampfend setzte sich das Orchestrion in Bewegung und gab mit jaulenden, quäkigen Tönen den Texas-Song von sich.
Der Outlaw, der breitbeinig vor dem Automaten gestanden hatte, wandte sich nun auf dem linken Fuß um, fixierte den Wirt wieder und kam dann rasch auf die Theke zu. Hier blieb er so stehen, daß er die Flinte neben sich auf die Theke legen und seine Rechte um das Schloß spannen konnte. Die Linke blieb nach wie vor in der Nähe des Revolvers. Mit einem raschen Blick zum Thekenspiegel vergewisserte er sich, daß er von diesem Platz aus den Eingang und eines der Fenster im Auge behalten konnte.
»Whisky«, kam es im hohen Diskant über seine Lippen.
Beim Klang dieser Stimme zuckte der Keeper sichtlich zusammen. Hätte es auch nur noch eine Spur von Zweifel in seiner Seele gegeben, so wäre sie bei dem Ton dieser Stimme völlig ausgelöscht worden.
Das war seine Stimme! Jenes heisere hohe Gekrächze, das einem eine Gänsehaut über den Rücken jagen konnte.
Der Salooner bückte sich, um unter der Theke die Flasche mit dem ›besseren Stoff‹ hervorzuholen, hielt aber mitten in der Bewegung inne, da ein hartes metallisches Geräusch an sein Ohr gedrungen war. Als er aufblickte, sah er die kreisrunde schwarze Mündung des Revolverlaufes auf sich gerichtet.
»Nimm die Hände ganz langsam hoch, Schnapspanscher!«
Dryden richtete sich auf und nahm die Hände in Schulterhöhe.
Bonney schüttelte den Kopf. »Ich habe es nicht gern, wenn irgend etwas unter der Theke hervorgeholt wird.«
»Entschuldigen Sie, Mister –«, stotterte der Wirt, »ich wollte nur die gute Flasche holen.«
»Das werde ich selbst tun«, entschied der Bravo, und schon ging er um die Theke herum, blieb neben Dryden stehen, fixierte ihn einen Moment scharf und ging dann langsam in die Hocke.
Dryden hatte das Gefühl, das Herz müsse ihm stehenbleiben. Dicht vor ihm auf dem obersten Bord, gleich unter der Geldlade lag sein Revolver!
Sekundenlang war es still. Der Outlaw hatte sich wieder aufgerichtet. Jetzt wandte er langsam den Kopf; seine wäßrigen Augen saugten sich am Gesicht des Keepers fest.
Da stieß Dryden hervor: »Wenn Sie genau hinsehen, Mister –, werden Sie sehen, daß die Whiskyflasche da gleich vor mir steht.«
»Ja, und gleich vor dir liegt auch der Revolver!« Der Desperado fletschte die Zähne, und plötzlich holte er mit der Linken zu einem Backhandschlag aus, der den Wirt am Hals traf. Dryden wurde so hart zurückgeschleudert, daß er gegen das Flaschenbord prallte und mehrere Flaschen mit sich zu Boden riß.
Der Tramp hatte inzwischen den Whisky unter der Theke hervorgeholt und mit raschem Griff auch den Revolver an sich genommen. Er schleuderte ihn in eine Ecke des Schankraumes.
Während der Salooner keuchend, mit blassem Gesicht und nach Atem ringend am Boden vor den Borden kauerte, schnauzte ihn der Outlaw an: »Stell dich nicht so an, Giftpanscher! Steh auf und gieß ein, sonst helfe ich nach!«
Obgleich es ihn schwer ankam, erhob Dryden sich, griff nach der Flasche, zog ein sauberes Glas heran und goß es zu einem Drittel voll.
Der Desperado riß es ihm aus der Hand und kippte die Hälfte des Getränkes durch seine Kehle, setzte das Glas aber so hart ab, daß der Whisky hoch aufspritzte.
Es war still im Schankraum der Rio Grande Bar. Nur das harte Ticken der Uhr war zu hören; wie Stockschläge fiel das Geräusch in den Raum.
Der Tramp zog eine Strohhalmzigarre aus dem zinnernen Becher, der wie in allen Kneipen an der Thekenkante stand, dachte aber nicht daran, die beiden Cents, die man dafür in den Becher zu werfen hatte, zu entrichten, riß