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Privatdetektiv Tony Cantrell Sammelband #3 - Fünf Krimis in einem Band
Privatdetektiv Tony Cantrell Sammelband #3 - Fünf Krimis in einem Band
Privatdetektiv Tony Cantrell Sammelband #3 - Fünf Krimis in einem Band
eBook752 Seiten8 Stunden

Privatdetektiv Tony Cantrell Sammelband #3 - Fünf Krimis in einem Band

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Über dieses E-Book

Privatdetektiv Tony Cantrell - 5 Krimis in einem Band
Band 3

Der Umfang dieses Buchs entspricht 589 Taschenbuchseiten.

Tony Cantrell, ein Privatdetektiv und Rechtsanwalt aus Chicago, wird mit seinem Ermittler-Team oft in den besonders heiklen Fällen engagiert. Gemeinsam mit dem Capital Crime Department machen sich Cantrell und seine Mitarbeiter an die Ermittlungsarbeit. Es gilt Serienmörder, Bankräuber und Erpresser zu überführen...

Dieses Buch enthält folgende fünf Tony Cantrell Krimis:

A. F. Morland: Die Bleiboys

A. F. Morland: Die Puppenfänger von Chicago

A. F. Morland: Mord vor hundert Augen

Cedric Balmore: Am Friedhof führt kein Weg vorbei

Cedric Balmore: Der Mann, der immer wieder schoss
SpracheDeutsch
HerausgeberAlfredbooks
Erscheinungsdatum25. Sept. 2017
ISBN9783745200799
Privatdetektiv Tony Cantrell Sammelband #3 - Fünf Krimis in einem Band
Autor

A. F. Morland

A. F. Morland schrieb zahlreiche Romane und ist der Erfinder der Serie Tony Ballard.

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    Buchvorschau

    Privatdetektiv Tony Cantrell Sammelband #3 - Fünf Krimis in einem Band - A. F. Morland

    Privatdetektiv Tony Cantrell – 5 Krimis in einem Band

    Band 3

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 589 Taschenbuchseiten.

    Tony Cantrell, ein Privatdetektiv und Rechtsanwalt aus Chicago, wird mit seinem Ermittler-Team oft in den besonders heiklen Fällen engagiert. Gemeinsam mit dem Capital Crime Department machen sich Cantrell und seine Mitarbeiter an die Ermittlungsarbeit. Es gilt Serienmörder, Bankräuber und Erpresser zu überführen...

    Dieses Buch enthält folgende fünf Tony Cantrell Krimis:

    A. F. Morland: Die Bleiboys

    A. F. Morland: Die Puppenfänger von Chicago

    A. F. Morland: Mord vor hundert Augen

    Cedric Balmore: Am Friedhof führt kein Weg vorbei

    Cedric Balmore: Der Mann, der immer wieder schoss

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.

    © by Author

    © dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Die Bleiboys

    Privatdetektiv Tony Cantrell #11

    von A. F. Morland

    In Chicago tobt zwischen zwei Banden ein mörderischer Machtkampf. Es werden die ansässigen

    Geschäfte um Schutzgeld erpresst. Jede Gang will ein größeres Revier haben. Auf der Bahnfahrt nach Chicago wird einer der Gangsterbosse von einem angeheuerten Killer kaltblütig erschossen. Dann sickern Gerüchte durch, dass der Gangsterboss noch lebt. Das Cantrell-Team nimmt die Ermittlungen auf...

    1

    Der Express raste mit monotonem Geratter durch die Nacht. Einer der Schlafwagenpassagiere hieß Hugh Dehner. Er war der Chef einer Gang, die nicht nur in Chicago operierte. Natürlich reiste Dehner nicht allein. Das wäre zu gefährlich gewesen. Er hatte seinen besten Mann als Leibwächter dabei.

    Eben schlich ein Schatten durch den schmalen Schlafwagengang.

    Der Mann blieb vor Dehners Abteil stehen und sah sich nach beiden Seiten um. Niemand außer ihm war im Korridor. Die Gelegenheit war also äußerst günstig.

    Der Mann grinste zufrieden. Es würde wohl kaum Schwierigkeiten geben. Wahrscheinlich schliefen Dehner und sein Gorilla bereits fest. Dass ihnen hier und jetzt jemand nach dem Leben trachtete, konnten sie nicht wissen. Die Kugeln würden sie im Schlaf überraschen. Schneller und einfacher ging es nicht.

    Der Mann holte einen Nachschlüssel aus der Tasche und öffnete damit den Riegel. Dann holte er seinen Revolver aus dem Schulterholster. Ohne sichtliche Eile schraubte er den Schalldämpfer auf.

    Das Rattern des Zuges verschluckte das schwache Geräusch, das die Tür verursachte.

    Das Licht fiel aus dem Korridor in das Schlafwagenabteil. Genau in das Gesicht des schnarchenden Leibwächters.

    „Hank!", brüllte plötzlich Hugh Dehner. Er hatte nicht geschlafen und bemerkt, was vor sich ging.

    Hank schnellte hoch.

    Sie lagen in Stockbetten. Dehner oben, Hank unten.

    Der Gorilla reagierte instinktiv. Seine Hand fuhr zur Waffe, die er unter dem Kopfpolster liegen hatte. Er sah den Schatten und wollte feuern.

    Doch der Killer war wesentlich schneller. Sein Revolver spie grelle Mündungsblitze. Die Kugeln richteten ein schreckliches Blutbad an.

    Sowohl Hank als auch Hugh Dehner wurden von den heißen Projektilen in die Polster zurückgeschleudert.

    Dehner bäumte sich mit einem gurgelnden Laut noch einmal auf und kippte dann über den Bettrand. Er fiel schwer auf den Boden.

    Der Killer jagte ihm noch eine Kugel in den Rücken. Dann wandte er sich hastig um, warf die Tür hinter sich zu und trachtete, so schnell wie möglich einen anderen Waggon zu erreichen.

    2

    Nun schwitzte der Killer . Es war trotz allem keine leichte Arbeit gewesen. Hugh Dehner hätte schon mehrere Male ins Gras beißen sollen, doch immer waren es die Killer gewesen, die daran glauben mussten.

    Endlich hatte es geklappt. Über das verschwitzte Gesicht des Mannes huschte ein zufriedenes Lächeln.

    Sein Kurs würde steigen. Er war jetzt jemand. Immerhin hatte er es geschafft, Hugh Dehner zu zwingen, den Löffel wegzulegen. Und Hank Snow auch, den besten Gorilla der Dehner-Gang.

    Nun musste der Killer zusehen, den Zug so schnell wie möglich zu verlassen. Noch bevor die beiden Leichen entdeckt wurden.

    Der Killer lief durch den Verbindungsgang zwischen zwei Waggons.

    Er wollte sich eben um die Ecke drücken, da sah er die Uniform des Schaffners, der auf seinem Routinegang durch die Waggons war.

    Der Killer wollte mit dem Uniformierten auf keinen Fall zusammentreffen. Später würde sich der Kerl vielleicht an ihn erinnern und den Bullen eine genaue Beschreibung seines Gesichts liefern.

    Das lag nicht im Interesse des Killers. Deshalb schlüpfte er hastig in die Toilette. Er drückte die Tür zu, warf den Riegel herum und wartete.

    Das Rattern war so laut, dass man die Schritte des Schaffners nicht hören konnte. Der Mann wusste nicht, ob der Schaffner schon vorbeigegangen war oder nicht.

    Aus diesem Grund ließ er sicherheitshalber fünf Minuten verstreichen. Es fiel ihm nicht leicht, in dem kleinen Raum, in dem das Rattern des Zuges verstärkt wurde, ruhig abzuwarten. Er zündete sich eine Zigarette an, um sich zu beruhigen. Mehrmals sah er auf die Armbanduhr.

    Schließlich hielt er es nicht mehr länger in der Toilette aus.

    Er öffnete vorsichtig die Tür und spähte nach draußen. Als Gegner der Luftverschmutzung hatte er mit dieser Luft seine Freude. Sie war im Augenblick nämlich rein.

    Der Mann eilte weiter. Nun war keine Zeit mehr zu verlieren. Die anderen warteten sicher schon.

    Er öffnete eine Tür. Der kühle Fahrtwind riss sie auf und ließ sie gegen die Zugwand krachen. Der Mann schwang sich gelenkig nach draußen. Unter ihm jagte der Gleiskörper hindurch. Wenn er jetzt abrutschte, würde er unter den Zug geraten. Ungefähr zwanzig Waggons würden über ihn hinweg rollen.

    Der Mann hantelte sich von der Griffstange zur Eisenleiter hinüber. Der Fahrtwind nahm ihm den Atem. Das Rattern des Zuges zerrte an seinen Nerven.

    Behände kletterte er die Eisenleiter hinauf. Kurz darauf hatte er das Dach des Waggons erreicht. Er hob das schweißnasse Gesicht und blickte keuchend zum tintigen Nachthimmel hinauf.

    Da waren sie.

    Da war der Hubschrauber, der ihn abholen sollte.

    Die riesige Libelle schwebte zu ihm herunter. Sie wurde schnell größer. Der Killer stand geduckt auf dem Dach des durch die Nacht rasenden Zuges. Der Wind zerzauste sein Haar. Er wartete gespannt auf die Strickleiter, die sie zu ihm herablassen mussten.

    Der Helikopter hatte nun dieselbe Geschwindigkeit wie der Zug. In einer Höhe von ungefähr drei Metern.

    Das Geknatter der Rotorblätter war ohrenbetäubend laut. Dazu kam der Wind, den der riesige Rotor erzeugte. Er war so heftig, dass er den Killer beinahe vom Dach geblasen hätte.

    „Lasst doch endlich die verdammte Strickleiter herunter!, brüllte der Mann mit wutverzerrtem Gesicht, obwohl er sicher sein konnte, dass ihn die Hubschrauberbesatzung nicht hörte. „Macht doch endlich!

    Da kam die Strickleiter.

    Sie zitterte im Wind. Als sie länger wurde, begann sie hin und her zu baumeln.

    Der Killer richtete sich auf. Als die letzte Sprosse der Nylonleiter in Reichweite war, fasste er blitzschnell zu.

    Die Leiter spannte sich. Der Killer kletterte wieselflink nach oben. Wenige Augenblicke später schlüpfte er in die Pilotenkanzel.

    Kurz darauf wurde die Strickleiter eingeholt. Dann hob sich die riesige Libelle in Sekundenschnelle und flog direkt in den krähenschwarzen Nachthimmel hinein.

    3

    „Eine anständige Frau hat viel Ähnlichkeit mit dem schiefen Turm von Pisa, mein Freund. Sie zeigt zwar ihre Neigung, aber sie fällt nicht. Das ist mein Motto. Danach lebe ich", sagte die aufgedonnerte Ziege im Speisewagen.

    Sie hatte brandrotes Haar, das jeden Feuerwehrmann dazu verleitet hätte, einen Eimer Wasser darauf zu gießen. Ihr Gesicht war schwammig. Die wulstigen Lippen waren knallrot, so dass man sie nicht einmal bei einer Mondfinsternis verfehlen konnte. Ihr Alter bewegte sich zwischen dreißig und vierzig. Natürlich war der Schmuck, der ihren Ausschnitt zierte, so echt wie Frank Sinatras Zähne.

    Die Frau saß ihrer Reisebekanntschaft gegenüber und kicherte den Mann beschwipst an.

    Er hatte schon ziemlich heftig aus der Brieftasche geblutet. Und nun machte ihm die Frau diese Eröffnung. Eine Fehlinvestition? Das war natürlich ärgerlich.

    „Ich kann noch so blau sein, sagte die Frau nicht ohne Stolz, wobei sie die Schultern nach hinten riss und die Brüste aus dem giftgrünen Kleid quellen ließ. „Du kannst mir eine Gallone Whisky in die Figur gießen ... Wenn ich nicht will, kommst du auch dann nicht zum Ziel.

    Der Mann zerbiss ärgerlich seine Zigarre.

    „Dann entschließ dich doch endlich, verdammt noch mal! Nun erzählst du mir schon seit zwei Stunden, was für eine anständige Frau du bist. Bewiesen hast du es aber noch nicht. Du hast nur gesoffen  auf meine Kosten!"

    Die Aufgedonnerte verlor alle Farbe unter der dicken rosa Puderschicht.

    Sie starrte den Kavalier entrüstet an.

    „Sie halten mir vor, was ich getrunken habe, Mister?"

    „Sicher!", murrte der Mann. Er war Geschäftsmann. Bei ihm hieß es: Geld gegen Ware. Das Geld hatte er gegeben. Wo blieb die Ware?

    „Sie haben mich eingeladen, Mister!", fauchte die Frau wütend.

    „Stimmt, Baby, sagte der Mann mit einem dreckigen Grinsen. „Ich habe dich eingeladen. Mit einer ganz bestimmten Absicht. Und du hast von Anfang an den Eindruck erweckt, als wären wir uns in diesem Punkt vollkommen einig.

    „Wissen Sie, was Sie in meinen Augen sind?"

    „Interessiert mich nicht."

    „Ein Schwein sind Sie. Jawohl, ein Schwein."

    „Hör mal, Baby. Ich setze beim Rennen auch nicht auf ein Pferd, das überhaupt nicht an den Start geht."

    Nun hatte die Frau genug. Sie fuhr auf.

    Alle Gesichter wandten sich ihr zu. Sie war zu zornig und empört, um es zu bemerken.

    „Sie unverschämter Kerl!", kreischte sie und schlug im selben Moment zu.

    Klatsch!

    Die Ohrfeige saß. Dem Mann wäre beinahe der Kopf von den Schultern gefallen.

    Ehe er reagieren konnte, wandte sich die Frau um und eilte aus dem Speisewagen.

    Die Gäste grinsten zu dem Mann hinüber. Man sah es im allgemeinen gern, wenn eine Frau einen Mann ohrfeigte. Auch der dunkelhäutige Kellner grinste so breit, dass seine Ohren von den Mundwinkeln Besuch bekamen.

    Die Frau wankte durch den Korridor. Sie merkte erst jetzt, wie viel sie getrunken hatte. Und sie machte sich deshalb Vorwürfe. Sie hätte nicht so viel trinken sollen. Und überhaupt: Sie hätte sich von diesem unverschämten Kerl nicht einladen lassen sollen.

    Sie wankte weiter, stolperte über ihre eigenen Füße und fiel gegen eine Schlafkojentür.

    „Hoppla!, kicherte sie und taumelte durch die offene Tür in das Abteil hinein. „Ich will auf gar keinen Fall stö...

    Ihre Augen weiteten sich entsetzt.

    Mit einem Mal war sie nüchtern. Der Boden, das Bettzeug, die Wände alles war voll Blut.

    Und die beiden Männer, die sie sah, waren tot. Erschossen!

    Sie fasste sich an die schmerzend pochenden Schläfen und stieß einen gellenden Schrei aus ...

    4

    Ein halbes Jahr später .

    Vincent Anderson war fast sechzig. Er hatte schmale Schultern, einen kleinen Bauch, etwas trübe gewordene Augen und eine dicke Brille auf der Nase, ohne die er kaum einen halben Meter weit sehen konnte.

    Er führte mit viel Geschick ein kleines Lebensmittelgeschäft und spürte kaum die erdrückende Konkurrenz der Supermärkte, die sich in unmittelbarer Nähe etabliert hatten.

    Die Kunden, die zu ihm kamen, waren an einem kleinen Schwätzchen interessiert. Sie schätzten den persönlichen Kontakt zwischen Käufer und Verkäufer mehr als die unpersönlichen Supermarktregale, mit denen man zwar reden konnte, wenn man verrückt genug war, aber von denen man niemals eine Antwort bekam.

    Vincent Anderson war stolz auf seinen Laden, den er nun schon seit dreißig Jahren besaß.

    Vor zwei Jahren hatte er ihn völlig umbauen lassen. Schließlich wollte man mit der Zeit gehen.

    Nun war er noch stolzer auf seinen Besitz. Auf die blanken Regale, auf die neue Registrierkasse, auf den spiegelnden Kunststoffbodenbelag.

    Zwei junge Burschen traten ein.

    Er konnte ihre Gesichter noch nicht genau erkennen. Die dicke Brille war nicht mehr stark genug.

    Anderson wartete, bis die beiden näher an seinen Ladentisch herantraten.

    Der eine war groß und blond.

    Der andere war groß und dunkelhaarig.

    Sie machten keinen vertrauenerweckenden Eindruck. Anderson bedachte sie trotzdem mit einem freundlichen Lächeln. Er hoffte, dass sie seinen Laden so schnell wie möglich wieder verließen.

    „Womit kann ich dienen?"

    „Stillgestanden, Opa!", bellte der Blonde.

    Anderson erschrak ein wenig. Er straffte seinen alten, ein wenig gekrümmten Rücken.

    „Was soll denn das heißen?"

    Der Dunkelhaarige zauberte mit einer blitzschneller Bewegung eine Pistole aus der senffarbenen Jacke und hielt sie dem alten Mann unter die Nase.

    „Das soll heißen, dass ich dir eine heiße Hummel in den weißen Arbeitskittel jage, wenn du dich nicht steif wie ein Brett machst, während mein Freund sich hier ein bisschen umsieht."

    Anderson blickte die beiden Jungen verstört an.

    „Was soll das?, presste er mühsam hervor. „Was wollen Sie von mir?

    Der Dunkelhaarige grinste höhnisch.

    „Wir haben erfahren, dass du verdammt viel Gips im Schädel hast, Opa."

    „Ich verstehe nicht..."

    „Das liegt wohl an meinem Nuscheln. Der Dunkelhaarige grinste noch höhnischer. Er winkte ab. „Macht aber nichts. Spätestens nach unserem dritten Besuch weißt du, wo der Hase im Pfeffer liegt.

    „Sollte dann noch ein vierter Besuch nötig sein, siehst du dir das Gemüse von unten an", sagte der Blonde. Er grinste ebenfalls. Die beiden schienen das furchteinflößende Keepsmiling in der Unterwelt gelernt zu haben.

    Der Schwarzhaarige nickte dem Blonden zu.

    Der Kumpel ging zur Registrierkasse und öffnete sie.

    Er bediente sich ohne Eile und stopfte alles Geld in seine Taschen.

    Obwohl der Alte immer noch von dem anderen Ganoven mit der Waffe bedroht wurde, konnte er nicht tatenlos zusehen, wie ihm dieser Kerl die Tageseinnahmen wegnahm.

    „Sagen Sie, was fällt Ihnen ein?"

    Er wollte losrennen. Doch der Dunkelhaarige war darauf vorbereitet.

    Seine Hand zuckte hoch. Die Waffe sauste auf den Kopf des Alten nieder. Ein dumpfes Geräusch folgte.

    Vincent Anderson fiel ächzend zu Boden.

    An der Stirne klaffte eine hässliche Platzwunde, die sofort heftig zu bluten begann. Die Wunde brannte wie Feuer. Anderson tastete mit zitternden Fingern danach. Er spürte das klebrige Blut und hatte plötzlich schreckliche Angst vor den beiden Kerlen.

    Der Schwarzhaarige flankte über den Ladentisch.

    Er kniff die Augen wütend zusammen und zischte: „Ich sagte, steif wie ein Brett, Opa. Seit wann bewegt sich ein Brett?"

    Seine Züge wurden hart wie Granit. Er hob die Waffe und zielte auf Andersons Stirn.

    Der Alte schüttelte bestürzt den schmerzenden Kopf.

    „Nein! Nein! Um Himmels willen, tun Sie das nicht. Ich flehe Sie an ..."

    Angstschweiß brach dem Mann aus den Poren.

    Der Junge ließ die Waffe grinsend sinken.

    „Na schön, ich tu’s nicht. Weil du so schön bitten kannst, Opa. Aber merk dir eines: Wenn wir zum vierten Mal hier auftauchen, nützt alles Bitten nichts mehr."

    Der Ganove machte einen schnellen Schritt vorwärts.

    Anderson riss entsetzt die Arme hoch. Doch der Junge tat ihm nichts zuleide. Er zerrte ihn nur hoch, stellte ihn auf die schlotternden Beine und lehnte ihn an die Regalwand.

    „So, sagte der Kerl dann. „Und jetzt sieh mal genau zu, was wir machen.

    Der Verbrecher kniff ein Auge zu. Das war das Zeichen für den Blonden.

    Sie begannen beide, eifrig zu arbeiten. Sie fegten sämtliche Babynahrungsmittel von den Stellagen. Sie warfen Honig und Marmeladengläser auf den Boden. Sie verstreuten Suppenwürfel, Mehl und Zucker.

    Sie schufen in wenigen Minuten ein Chaos, bei dessen Anblick sich Vincent Andersons Herz schmerzend zusammenkrampfte.

    Dann bedienten sie sich grinsend mit Kaugummi und Mentholbonbons.

    Anderson lehnte verzweifelt an der Wand.

    Der Dunkelhaarige schüttelte kichernd den Kopf.

    Er sah sich im Laden um und meinte zu seinem Freund: „Eine Unordnung ist das hier. Gehört mal gründlich aufgeräumt, der Saustall. Was meinst du?"

    „Dass hier überhaupt noch jemand reinkommt, ist ein Wunder", erwiderte der andere lachend.

    Dann gingen sie.

    5

    Als die Tür hinter den beiden Verbrechern zugefallen war, bedeckte Vincent Anderson sein Gesicht mit seinen zitternden Händen. Das Blut lief am rechten Auge vorbei über die Wange, und tropfte auf den weißen Arbeitsmantel.

    Er spürte den Schmerz im Augenblick nicht. Seine Wut war größer.

    „Warum ist man nur so machtlos gegen diese Leute?", flüsterte er.

    Benommen starrte er auf den Trümmerhaufen.

    Wie sollte er das wieder in Ordnung bringen? Es war unglaublich viel kaputtgegangen. Die beiden Gangster hatte ihm schweren Schaden zugefügt.

    Die Tür ging erneut auf.

    Anderson erschrak. Er glaubte, die beiden wären noch einmal zurückgekommen. Doch soviel er durch die dicke Brille sehen konnte, handelte es sich um zwei elegant gekleidete Männer in mitternachtsblauen Anzügen.

    Ihre Schuhe knirschten.

    Als Anderson die beiden erkannte, wusste er, dass er keinen Grund hatte aufzuatmen. Im Gegenteil. Er erschrak heftig.

    Anderson kannte ihre Namen nicht. Aber sie waren schon einmal hier gewesen.

    „Hier sieht es aus, als wäre ein Zyklon durch den Laden gefahren", sagte der breitschultrige Kerl mit den stechenden Augen und der blonden Bürstenfrisur.

    Er hatte schiefe Zähne, schmale Lippen und selbst beim Grinsen einen grausamen Ausdruck um den Mund. Er war Killer von Beruf. Sein Name war Jimmy Slyde und er arbeitete für den Mann, der neben ihm stand: Tito Villari.

    Villaris Gesicht war schmal. Er hatte hohe Backenknochen, einen bleistiftstrichdünnen Schnurrbart auf der Oberlippe und eine lange Nase.

    Villari kniff die Augen zusammen. Er musterte den verängstigten Ladeninhaber und meinte kopfschüttelnd: „Sieh dir nur unseren lieben Mr. Anderson an. Er ist kaum wiederzuerkennen, der Gute. Wenn er nicht die Brille tragen würde... Er muss irgendwo angestoßen sein, der Ärmste. Nicht wahr, Mr. Anderson, Sie sind doch irgendwo angestoßen?"

    Vincent Anderson brachte keinen Ton hervor. Er wollte den beiden ins Gesicht schreien, sie sollten sich zum Teufel scheren. Doch seine Kehle wurde von einer unsichtbaren Faust zugeschnürt.

    Tito Villari ging zu dem Alten. Er packte ihn am Arbeitsmantel und schüttelte ihn kräftig.

    „Ich habe Sie etwas gefragt, Mr. Anderson!"

    Der Alte nickte erschrocken.

    „Ja. Ja, ich habe mich gestoßen."

    Villari nickte zufrieden.

    „Schwarz!, sagte er eindringlich. „Ihnen ist ganz plötzlich schwarz vor den Augen geworden. Nicht wahr, Mr. Anderson?

    Der Alte nickte verzweifelt.

    „Ja. Ja, so war es." Er hatte nicht den Mut, zu widersprechen. Er hatte Angst, sie würden ihn töten, wenn er nicht sagte, was sie hören wollten.

    „Sie können sich an nichts mehr erinnern, Mr. Anderson. Habe ich Recht?", fragte Tito Villari.

    „Ja, Sie haben Recht."

    Villari warf Slyde einen mitleidsvollen Blick zu.

    „Ist es nicht ein Jammer, wie der Mensch abbaut, wenn er alt wird? Nun fällt der Ärmste schon ohne jeden Grund hin."

    Slyde setzte ein gemeingefährliches Grinsen auf. „Da gibt’s nur eines."

    „Was denn?"

    „Notschlachten."

    Tito Villari wiegte grinsend den Kopf.

    „Aber, aber! Unser Mr. Anderson lebt doch genauso gern wie wir. Ist es nicht so, Mr. Anderson?"

    Der Alte nickte verzweifelt.

    „Ja. Bitte..."

    „Siehst du, fiel Villari dem Mann ins Wort. „Jeder Mensch lebt gern. Außerdem musst du dir immer vor Augen halten, dass auch du mal sechzig wirst. Wie unser lieber Mr. Anderson. Er hat es verdammt schwer, das weißt du.

    Jimmy Slyde wies auf den Trümmerhaufen.

    „Er sollte sein Geschäft ein bisschen mehr in Schuss halten. Sonst bleiben die Kunden weg."

    Villari klopfte Anderson auf die schmale Schulter.

    „Er wird das schon wieder hinkriegen. Du darfst Mr. Anderson nicht unterschätzen. Er hat es nur, wie gesagt, verdammt schwer. Es gibt Rowdys in unserer Stadt, die überhaupt keine Ehrfurcht vor dem Alter haben. Im Gegenteil. Gerade solche Leute suchen sie sich aus, um ihren Übermut abzureagieren. Ich finde das nicht richtig. Aber Mr. Anderson hat zum Glück ja gute Freunde, die ihm selbstlos helfen würden, wenn er will. Leider hat er bis heute die hilfreiche Hand, die wir ihm entgegengestreckt haben, nicht beachtet. Ich bin aber überzeugt, dass sich das demnächst ändern wird."

    Anderson wusste, dass er dieses Chaos den beiden Männern, die vor ihm standen, verdankte. Eine wahnsinnige Wut fraß sich durch seinen Bauch und ergriff immer mehr von ihm Besitz.

    Er wusste, dass diese Wut sehr gefährlich war, doch er konnte nichts dagegen tun.

    „Das Leben ist verdammt hart und voller Fußangeln, fuhr Tito Villari fort. Er sprach wie ein Priester, der von der Kanzel herunter predigte. „Als Einzelgänger ist man allem und jedem schutzlos ausgeliefert. Mr. Anderson wird das sehr bald einsehen.

    Jimmy Slyde nickte, ohne sich dabei ein spöttisches Grinsen zu verkneifen.

    Tito Villaris Züge erstarrten in diesem Moment jedoch zu Eis.

    „Kommen wir zur Sache, Mr. Anderson. Geiz ist etwas Hässliches. Bei unserem ersten Besuch haben wir Ihnen einen Vorschlag unterbreitet. Sie hätten sich diesen Ärger ersparen können. Er wies auf den Trümmerhaufen. „Sie aber haben uns hinausgeworfen. Das war natürlich Ihr gutes Recht, Mr. Anderson. Es ist schließlich Ihr Laden. Mittlerweile hatten Sie genügend Zeit, über die Sache in aller Ruhe nachzudenken. Wir sind hierhergekommen, um zu hören, wie Sie heute über unser Angebot denken.

    Obwohl Vincent Anderson die beiden Männer fürchtete, sagte er tapfer: „Ich habe meine Ansichten noch nicht geändert. Scheren Sie sich aus meinem Laden!"

    Villari hob warnend den Finger. „Sie sind sehr unvernünftig, Mr. Anderson."

    „Ich werde keine Schutzgebühr bezahlen! Niemals!", schrie Anderson wütend.

    Tito Villari gab sich gelassen.

    „Sie sind erregt, Mr. Anderson. Er sah Jimmy Slyde an. „Ich glaube, wir haben den falschen Zeitpunkt für unseren Besuch gewählt. Nun sah Villari wieder den Alten an. „Sie sollten etwas für Ihre Wunde tun, Mr. Anderson. Sieht ja schrecklich aus." Sie ließen den alten Mann einfach stehen, stapften über die Trümmer hinweg und verließen grußlos den Laden.

    6

    „Also das Ganze noch einmal in Kurzform, Miss Anderson", sagte Tony Cantrell.

    Er nippte an seinem Kognak. Das Mädchen ahmte diese Bewegung ungewollt nach.

    Dann sagte Cantrell: „Unbekannte Gangster versuchen bei Ihrem Vater, eine Schutzgebühr zu erpressen. Er hat sich geweigert zu bezahlen. Daraufhin kamen zwei Kerle, die aus dem Laden Ihres Vaters einen Trümmerhaufen gemacht haben. Sie kündigten an wiederzukommen und sie haben eine ernst zu nehmende Morddrohung ausgesprochen."

    Sylvia Anderson nickte.

    „So ist es, Mr. Cantrell." Ihr hübsches Gesicht zeigte Besorgnis. Sie hatte kurzes blondes Haar, das ihren Kopf wie eine gelbe Badehaube bedeckte. Ihre Augen waren meergrün und leicht schräggestellt.

    Cantrell schätzte sie auf dreiundzwanzig.

    Sie trug ein zyklamfarbenes Kleid mit einer raffinierten Drapierung vor dem kleinen festen Busen.

    „Ich habe Angst um meinen Vater, Mr. Cantrell", sagte das Mädchen eindringlich.

    „Sie wären eine schlechte Tochter, wenn Sie diese Angelegenheit kalt ließe", erwiderte der Anwalt lächelnd. Er schob das Mundstück seiner Pfeife zwischen die Zähne und sog mehrmals genüsslich den Rauch ein.

    „Ich habe ihm geraten, zur Polizei zu gehen, sagte Sylvia Anderson. „Aber Vater sagte, da könnte er sich gleich selbst eine Kugel in den Kopf schießen.

    Cantrell nahm die Pfeife aus dem Mund und nickte nachdenklich.

    „Da hat Ihr Vater wahrscheinlich Recht."

    „Er weiß nicht, dass ich hier bin, sagte das Mädchen. „Er wäre selbstverständlich auch dagegen gewesen.

    Cantrell legte die Pfeife weg.

    „Es ist verständlich, dass er Angst hat und alles vermeiden möchte, was die Gangster reizt, Miss Anderson."

    „Aber er kann doch nicht einfach den Kopf in den Sand stecken. Das geht doch nicht", ereiferte sich das Mädchen. „Die Gangster werden wiederkommen. Wahrscheinlich werden sie es dann noch ärger treiben ...

    „Das ist leider anzunehmen", sagte Cantrell.

    „Irgend jemand muss das doch verhindern."

    „Das ist richtig, Miss Anderson."

    „Mein Vater ist allein nicht in der Lage, den Gangstern die Stirn zu bieten. Er ist fast sechzig."

    Cantrell verschränkte die Finger ineinander.

    „Wir werden Ihrem Vater helfen. Miss Anderson." .

    Sylvias Augen strahlten begeistert.

    „Ich wusste, dass Sie nicht ablehnen würden, Mr. Cantrell."

    „Unter einer Voraussetzung allerdings", sagte der Anwalt und hob die Hand.

    „Und die wäre?", erkundigte sich das Mädchen. Sie war bereit, jede Bedingung zu erfüllen, sofern sie die Möglichkeit dazu hatte. Sie liebte ihren Vater. Und sie fürchtete nicht zu Unrecht um sein Leben.

    „Ihr Vater muss damit einverstanden sein, Miss Anderson. Er muss sich helfen lassen wollen."

    Sylvia nickte zuversichtlich.

    „Überlassen Sie das getrost mir, Mr. Cantrell. Ich bin sicher, dass er damit einverstanden sein wird."

    „Alte Leute können manchmal sehr widerspenstig sein", gab Cantrell zu bedenken.

    Sylvia lächelte.

    „Und junge Leute können ziemlich energisch sein, Mr. Cantrell."

    Der Anwalt betrachtete das sympathische Mädchen schmunzelnd.

    „Davon bin ich überzeugt."

    7

    Jack O'Reilly richtete sich seufzend auf.

    „So. Das wär’s, Mr. Anderson."

    Der alte Mann nickte stumm.

    „Wenn die beiden Knaben, die Ihnen eins übergezogen haben, aus der Versenkung auftauchen, treten Sie einfach auf diesen Knopf."

    Er wies auf den weißen Knopf des schwarzen Trittschalters.

    Nach langer Zeit hatte er wieder einmal beweisen dürfen, welch großes Talent er zum Basteln hatte. Er konnte aus einem Volkswagen einen Fernsehapparat machen, wenn es sein musste.

    Nun erklärte er, wie die Anlage funktionierte.

    „Wenn Sie auf den Knopf treten, was die Buhmänner ja nicht sehen können , geht uns beiden dort drinnen ein Licht auf."

    Er wies über die Schulter auf die Tür, die in den Nebenraum führte.

    Dort würden sich Morton Philby und er auf die Lauer legen und warten. Jeden Tag. Von morgens bis abends. Ein langweiliger Job. Aber äußerst wichtig für Anderson. Sie würden solange auf der Lauer liegen, bis die Kerle sich hier wieder blicken ließen.

    Dann würden sie dafür sorgen, dass es heiß herging.

    „Sobald uns dort drinnen das Licht aufgeht, kommen wir heraus, erledigen die Sache in Ihrem Sinn und stampfen die Vögel in den Boden. Sie brauchen die beiden dann nur noch mit wetterfester Farbe zu überpinseln und sie als Gallionsfiguren feilzubieten."

    Vincent Anderson war zwar froh darüber, dass ihm die beiden Detektive helfen wollten, doch er wagte sich noch nicht zu freuen. Er würde sich erst freuen, wenn dieses schlimme Abenteuer überstanden war.

    Er putzte sich geräuschvoll die Nase.

    Butch nickte freundlich und wies Philby an, nach nebenan zu gehen.

    „Probe!", sagte Butch.

    Silk grinste.

    „Hoffentlich zersplittert der Knopf nicht, wenn du mit deinen dreihundert Pfund drauf trittst."

    „Halt den Mund!, knurrte Butch ärgerlich. „Probe!

    Er trat auf den Knopf, sobald Silk nebenan war.

    „Nun? Wie klappt es?"

    „Ausgezeichnet", sagte Philby, als er wiederkam.

    „Hat die Birne geleuchtet?"

    „Meine Birne?"

    „Nein, die Glühbirne."

    „Ach die. Ja, die hat geleuchtet."

    „Ist gut, sagte Butch. „Wenn du mal leuchten würdest, wäre das eine mittlere Sensation.

    Silk grinste breit. „Ich verstehe. Du willst mich wieder mal beleidigen."

    „Kann man denn so etwas wie dich überhaupt beleidigen?"

    „Leute können es. Frösche nicht."

    „Willst du damit sagen, dass ich ein Frosch bin?", rief Butch.

    „Ich will damit sagen, dass du mich nicht beleidigen kannst", gab Morton Philby grinsend zurück.

    Butch winkte mürrisch ab. Er wies auf den Knopf und auf das Kabel, das von hier nach nebenan lief.

    „Das Ding lasse ich patentieren."

    „Die Leute im Patentamt werden denken, dass du sie auf den Arm nehmen willst, sagte Silk schmunzelnd. „Wieso?

    „Weil es diese Erfindung seit ungefähr achthundert Jahren gibt."

    „Blödsinn. So lange gibt’s doch noch nicht mal Elektrizität."

    „Ich sagte, ungefähr."

    „Heute bist du wieder besonders komisch", meinte O'Reilly und stapfte nach nebenan.

    Silk folgte ihm.

    Anderson blieb draußen im Laden. Kunden kamen und er bediente sie. Es hatte ihn eine Menge Geld gekostet, den Laden wieder in seinen alten Zustand zu versetzen. Nun war von dem Chaos, das die beiden Ganoven angerichtet hatten, nichts mehr zu sehen.

    Butch und Silk setzten sich an einen Tisch. O'Reilly hatte an alles gedacht. Er hatte sogar die Karten mitgebracht.

    Sie begannen zu pokern. Butch gewann. Die Stunden verrannen. Butch hatte seinem Freund inzwischen knapp hundert Dollar abgewonnen. Silk sah wehmütig zu seinen Scheinen hinüber und ärgerte sich insgeheim darüber, dass er sich zum Spielen hatte überreden lassen. Denn Butch hatte das Glück gepachtet.

    Plötzlich flammte die Lampe auf.

    Die Männer erstarrten. Sie sahen sich erstaunt an.

    „Mann!, stieß Butch erregt hervor. „Das geht ja wie nach Wunsch.

    Er schnellte hoch.

    „Und ich habe mich schon wochenlang hier mit dir eingesperrt gesehen", seufzte Silk erleichtert.

    Sie eilten zur Tür.

    8

    „Da sind wir wieder , Opa", knurrte der Dunkelhaarige, während der Blonde sich in der Rolle des übermütigen Grinsers gefiel.

    „Man hat uns gesagt, du wärst wieder viel zu frech gewesen", sagte der Dunkelhaarige mit drohend zusammengekniffenen Augen.

    Obwohl Anderson die beiden Detektive im Nebenraum wusste, hatte er furchtbare Angst, denn noch war er allein.

    Sein Fuß drückte immer wieder auf den Schalter. Wo blieben denn die beiden so lange? Warum kamen sie nicht endlich heraus?

    Der Dunkelhaarige wies auf das Pflaster, das auf Andersons Stirn klebte.

    „Hast dich irgendwo gestoßen, wie?"

    „Ja", sagte Anderson schnell. Er stand steif vor den beiden Gangstern und spürte, dass ihm der Schweiß über die Wangen lief. Seine Knie zitterten. Seine Nerven vibrierten. Am liebsten hätte er laut los gebrüllt, um den schrecklichen Druck loszuwerden, der auf seiner alten Brust lastete.

    Wenn das nur gutgeht! hämmerte es in Andersons Kopf.

    „Diesmal werden wir etwas gründlicher vorgehen, Opa", kündigte der Dunkelhaarige an.

    „Wir steigern uns, verstehst du?, fügte der Blonde hinzu. „Von Mal zu Mal.

    „Wie ich schon sagte, beim vierten Besuch legen wir dich dann um", sagte der Dunkelhaarige mit Spott in der Stimme.

    Wenn das nur gutgeht! dachte Anderson.

    Als der Dunkelhaarige seinen Revolver hervorholte, dachte Anderson, seine letzte Stunde hätte geschlagen.

    Wieso griffen die beiden Detektive immer noch nicht ein? Hatte die von O'Reilly installierte Alarmanlage im entscheidenden Augenblick versagt?

    Wieder trat Anderson verzweifelt mehrmals auf den Knopf.

    Wo blieben seine Schutzengel nur so lange?

    Der Dunkelhaarige zielte auf das rechte Glas von Andersons Brille, während der Blonde mit einem begeisterten Grinsen zur Registrierkasse ging.

    Der Junge setzte sich auf das langgestreckte Ladenpult und drückte auf den Öffner.

    Plötzlich wurde er steif wie ein Gebilde aus Gussstahl.

    Etwas Kaltes hatte sich hinter sein Ohr gelegt und übte nun einen unverkennbaren harten Druck auf seinen Schädelknochen aus.

    Dazu kam die Stimme O'Reillys: „Wenn du auch nur einen einzigen Cent klaust, Freund, fällt dein Hirn als Wechselgeld in die Kasse."

    9

    Eine böse Überraschung an einem so schönen Tag! Das hatte der Blonde nicht erwartet.

    Ihm flogen vor Angst beinahe die Augen aus dem Kopf. Sein Atem ging schnell. Er zitterte, als hätte er plötzlich sehr hohes Fieber.

    „Tonio!", brachte der Junge bestürzt hervor.

    Tonio verstand augenblicklich. Zudem traten Silk und Butch aus ihrer Deckung hervor. Es konnte gar kein Missverständnis mehr geben.

    Tonio wirbelte herum und schoss sofort. Laut bellte der Schuss. Butch zuckte zurück und brachte sich hinter dem Blonden in Sicherheit.

    Silk ließ sich fallen und feuerte.

    Der Gangster glaubte, etwas Kluges zu tun, als er sich blitzschnell zur Seite warf.

    Es war aber gerade das, was er auf keinen Fall hätte tun dürfen. Denn er kam genau in die Flugbahn von Silks Kugel, die ihn eigentlich nur kampfunfähig machen sollte.

    Der Bursche stieß einen jaulenden Schrei aus. Die Kugel schleuderte ihn zurück. Er versuchte, sich auf den Beinen zu halten, indem er nach hinten rannte.

    Augenblicke später stieß er mit dem Rücken gegen das große Glas der Auslagescheibe.

    Das Glas barst. Das Klirren ließ den Laden erzittern.

    Vincent Anderson schlug die Hände auf die Brille, um das Schreckliche nicht sehen zu müssen.

    Tonio fiel rücklings auf die Straße hinaus und blieb vor den Füßen der Passanten inmitten von unzähligen Glasscherben tot liegen.

    „Tonio!, ächzte der Blonde. „Tonio!

    Doch Tonio konnte nicht mehr antworten.

    Draußen rannten Leute herbei. Sie kamen wie auf ein stummes Kommando von allen Seiten.

    „Ihr Mörder!, brüllte der Blonde außer sich vor Wut. „Ihr verdammten Mörder! Ihr habt Tonio umgelegt!

    Butchs Rechte schnellte vor und krallte sich in das Jackett des Blonden. Er zerrte den Kerl vom Ladentisch und stellte ihn neben sich ab.

    Nun hielt er ihm die geballte Faust unter die Nase.

    „Mörder!", schrie der Blonde wie verrückt.

    „Wenn du nicht augenblicklich still bist, lockere ich dir die Schneidezähne, damit der Kariesteufel daran schaukeln kann!", fauchte O'Reilly den hysterischen Kerl an.

    Der Blonde verstummte sofort.

    10

    Immer mehr Leute drängten sich um den toten Gangster. Sie gafften mit bleichen Gesichtern durch die zerschlagene Vitrine herein, starrten Silk, Butch, Anderson und den zweiten Ganoven wie Wesen von einem anderen Stern an.

    Gemurmel erhob sich.

    Natürlich gab es auch sofort jemand, der genau wusste, was vorgefallen war, wer geschossen hatte, warum und dergleichen mehr, obwohl er ebenso wenig wusste, wie die anderen.

    Er wurde umringt. Man hing an seinen Lippen, hörte sich an, was er zu sagen hatte.

    Silk unternahm die nötigen Schritte.

    Er rief Lieutenant Harry Rollins an. Immerhin hatte es einen Toten gegeben, den man nicht einfach unter den Teppich kehren konnte.

    Butch übernahm den schwierigeren Teil der Arbeit. Doch nicht ohne Vergnügen.

    Er schleppte den Blonden in den Nebenraum und schleuderte ihn so kraftvoll in den Sessel, dass der Junge fürchten musste, jetzt würde es ihm an den Kragen gehen.

    Der Blonde zitterte erbärmlich. Von Mut hielt er im Moment soviel wie die Nutte vom Gottesdienst.

    Er starrte Butch mit schreckgeweiteten Augen an und erwartete jede Sekunde eine Ohrfeige, die ihn enthaupten würde.

    „So, du Wanze!", knurrte Butch.

    Der Blonde rührte sich nicht.

    „Wir wollen die Zeit, bis die Polizei hier eintrifft, nicht ungenutzt lassen."

    Butch durchsuchte den Gangster schnell und gründlich. Dabei fand er einen Colt. Auch ein Springmesser fiel ihm in die Hände. Beides legte er dort hin, wo dieser es nicht erreichen konnte.

    „Weißt du, was ich in meiner Freizeit mache, Junge?", fragte Butch.

    Der Blonde schüttelte den Kopf.

    „Ich drücke den Ganoven die Schädel ein. Kostet mich ungefähr so viel Anstrengung, wie wenn du ein Wachtelei zerdrückst. Damit wir uns gleich richtig verstehen. Und jetzt reden wir Tacheles. Hast du keine Papiere bei dir?"

    Der Blonde schüttelte den Kopf. Er schien durch den Schock, die Stimme verloren zu haben. Er hatte mit allem gerechnet, aber doch nicht damit, dass Tonio die große Reise antreten und er hier landen würde.

    „Du weißt, was ich wissen will", sagte Jack ernst.

    „Was?"

    „Alles."

    Der Junge schüttelte den Kopf.

    „Ich sage kein Wort."

    Butch funkelte ihn wütend an.

    „Du möchtest wohl zum Aufwärmen ein paar heiße Ohren haben, wie? Kannst du haben!"

    „Lassen Sie mich in Ruhe. Ich habe eine Frau und vier Kinder."

    „Nun rede schon, sagte Butch Der Blonde schüttelte den Kopf. „Ich sage nichts.

    „Mach mich nicht rasend!", drohte Butch.

    „Ich bin nicht lebensmüde."

    „Pass auf, Junge. Wenn ich mir deinetwegen einen Katarrh hole, geht es dir schlecht. Wie heißt du?"

    „Max."

    „So. Max. Und wie noch?"

    „Jay."

    ,Also schlicht und ergreifend Max Jay. Leben deine Eltern noch?"

    „Nur meine Mutter."

    „Na, sie hätte besser daran getan, eine Stunde spazieren zu gehen, als dir die Chance zu geben, auf die Welt zu kommen."

    „Lassen Sie meine Mutter aus dem Spiel!"

    Butch grinste.

    „In Ordnung, Mr. Jay. Wie heißt dein Freund dort draußen?"

    „Tonio Horky."

    „Auch verheiratet? Auch vier Kinder?"

    Der Blonde senkte den Blick.

    „Wir sind beide nicht verheiratet", sagte er kleinlaut.

    „Das habe ich mir gleich gedacht. Ihr hattet den Auftrag, in Mr. Andersons Laden ein wenig Unordnung zu machen, wie? Sollte wohl ein ganz tolles Happening werden."

    „Ihr habt Tonio einfach umgelegt!", presste der Junge mit weinerlicher Stimme hervor.

    „Wir wollen doch mal eines klarstellen. Er hat zuerst geschossen, sagte O'Reilly scharf. „Du weißt ganz genau, dass es Notwehr war. Wir sind schließlich keine Killer. Wir nicht.

    „Ich doch auch nicht."

    „Wenn wir dich heute nicht erwischt hätten, wäre vielleicht schon bald einer aus dir geworden. Wenn dein Freund nicht so verrückt los geballert hätte, säße er jetzt quicklebendig neben dir. Er würde dir Gesellschaft leisten und dir womöglich auf die Sprünge helfen, wenn du nicht mehr weiterweißt. Für wen arbeitest du?"

    Der Blonde starrte Butch ängstlich an. Er hatte Furcht vor seinen großen Fäusten. Doch er fürchtete sich noch mehr vor dem, was geschehen würde, wenn er den Mund jetzt zu weit auf machte.

    „Ich ich weiß es nicht", sagte er schließlich schwitzend.

    „Du meinst, du willst es nicht sagen", stellte O'Reilly klar.

    „Ja!, schrie der Blonde, in die Enge getrieben. „Verdammt!

    Butch grinste breit, aber unfreundlich. Er puffte den Jungen einmal kurz in die Rippen.

    Der Blonde verzog sofort das Gesicht.

    Hält wohl nicht viel aus, dachte Butch.

    „Nun hör mir mal genau zu, Max Jay: in einer Minute ist die Polizei da. Harry Rollins ist der fähigste Lieutenant, den ich kenne. Der röstet dir den Hintern so lange, bis du ihm die Lebensläufe sämtlicher Leute, die du kennst, vorgesungen hast. Du könntest dir eine Menge Ärger ersparen, wenn du jetzt schon auspacken würdest."

    Max Jay zog die hellen Augenbrauen über der Nasenwurzel zusammen und schüttelte entschlossen den Kopf.

    „Ich sage nichts mehr. Überhaupt nichts mehr."

    Butch zuckte die Achseln.

    „Na schön. In einer Demokratie hat jeder das Recht auf eine eigene Meinung. Ich bin aber überzeugt, dass du diese Meinung schon sehr bald revidieren wirst. Rollins kennt ein paar Tricks, da steigen dir die Tränen unter den Scheitel, mein Junge."

    11

    Draußen im Laden ging es drunter und drüber. Harry Rollins gab knappe Befehle. Seine Männer führten sie aus.

    Polizisten drängten die neugierigen Gaffer ab. Der erschossene Gangster wurde in eine Zinkwanne gelegt, nachdem sich der Polizeiarzt um ihn gekümmert und der Fotograf seine Bilder geschossen hatte.

    Vincent Anderson kam sich in seinem eigenen Laden ein wenig verloren vor. Soviel Betrieb war er nicht gewöhnt. Er konnte kaum atmen. Zudem wirkte die ausgestandene Angst nach.

    Er saß mit eingesunkenen Schultern auf einem Stuhl und blickte hilflos um sich.

    Es war zwar alles gutgegangen. Die Ganoven hatten ihm nichts anhaben können und hatten auch keinen Schaden in seinem Geschäft angerichtet, wenn er von der zerschlagenen Scheibe absah, die von der Versicherung bezahlt werden würde. Trotzdem wagte Vincent Anderson nicht aufzuatmen.

    Er spürte, dass die Gefahr durch diese Schießerei noch nicht gebannt war.

    Es folgte sicher noch etwas. Das dicke Ende, wie es so schön hieß.

    Silk informierte Harry Rollins. Dann gingen sie nach nebenan.

    Max Jay war mit Handschellen gefesselt. Ein Cop übernahm den blonden Jungen.

    „Bringen Sie ihn nach draußen", ordnete der Lieutenant an.

    Rollins war fünfunddreißig und trotz der wenigen Winter, die er erlebt hatte, schon Leiter der Chicagoer Mordkommission. Er war hochgewachsen, schlank, blond und blauäugig. Nur der Hüne Jack O'Reilly überragte ihn noch ein wenig.

    Rollins bat Anderson und die beiden Detektive in sein Büro.

    Sie wollten eben gehen, als das Telefon im Laden anschlug.

    Vincent Anderson erschrak und blickte den Lieutenant fragend an.

    Der Lieutenant lächelte freundlich.

    „Gehen Sie denn nicht ran, Mr. Anderson?"

    „Darf ich?", fragte der Alte furchtsam.

    „Das hier ist nach wie vor Ihr Laden", erwiderte Harry Rollins.

    „Ja, murmelte Anderson achselzuckend. „Ja, da haben sie eigentlich recht.

    Er ging zum Wandapparat und nahm den Hörer vom Haken. Er nannte seinen Namen und wurde gleich darauf bleich.

    Er kannte die Stimme des Anrufers. Soeben sagte sie: „Sie haben etwas verdammt Unvernünftiges getan, Mr. Anderson. So etwas rächt sich natürlich irgendwann einmal."

    12

    „Ausschreiten ist nicht immer das beste Mittel, um vorwärtszukommen, sagte Butch grinsend zu seinem Freund Morton Philby. „Merk dir den Spruch für den Fall, dass du wieder gegen die Abschaffung der seidenen Krawatten demonstrieren gehst.

    Sie saßen zu Hause im Cantrellschen Bungalow.

    Silk warf Jack einen ärgerlichen Blick zu.

    „Du trägst doch deshalb so ungern Krawatten, weil sie um deinen feisten Stiernacken herum viel zu kurz werden."

    Sie erwarteten Harry Rollins zum Tee. Seit dem Zwischenfall in Andersons Laden war ein Tag vergangen.

    Heute war ein herrlicher Tag. Butch liebäugelte bereits mit dem Gedanken, ein wenig auf dem Michigansee herumzusegeln. Doch er wollte unbedingt wissen, was Harry Rollins zu erzählen hatte, wenn er hier eintraf.

    Carol Cantrell, die hübsche blonde Frau des Anwalts, hatte bereits Teegebäck in großen Mengen aufgetragen.

    Ein Grund mehr für Butch, den schönen Nachmittag zu Hause zu verbringen.

    Carol lächelte Silk und Butch schelmisch an.

    „Versucht, euch heute ausnahmsweise zu vertragen, wenn Harry kommt. Was soll er denn von euch denken, wenn ihr euch andauernd in den Haaren liegt?"

    „Es lässt sich leicht sagen, was er denkt, meinte Butch überheblich. „Von mir das Beste und von Mort das Gegenteil.

    Philby kam nicht mehr dazu, sich ins Zeug zu legen, denn in diesem Augenblick traf Rollins ein.

    Carol servierte den Tee.

    Man trank und langte tüchtig zu. Butch achtete darauf, dass er weder beim Tee noch beim Gebäck zu kurz kam.

    Die Unterhaltung kam langsam in Gang.

    .Rollins berichtete zunächst von Anderson. Der alte Mann hatte seinen Laden vorübergehend geschlossen und war mit seiner Tochter aufs Land gefahren. Er wohnte bei Verwandten und er hatte die Absicht, so lange dort zu bleiben, bis er seinen Laden wieder gefahrlos öffnen konnte. Ein kluger Entschluss.

    Ein Entschluss, der dem alten Mann von Tony Cantrell nahegelegt worden war.

    Der Anwalt freute sich zu hören, dass Anderson seinen Rat befolgt hatte.

    „Hat Max Jay endlich gesungen?, wollte Butch wissen. „Bei mir hat sich der scheue Junge sehr geziert.

    „Er hat mir gesagt, was er weiß", sagte Harry Rollins bescheiden.

    Butch klatschte Beifall und rief: „Bravo. Musstest du ihm zuvor die spanischen Stiefel anziehen?"

    „Er wurde sehr kleinlaut, als sich die Zellentür hinter ihm schloss. Er wünschte sich auf einmal nichts sehnlicher, als sein Gewissen zu erleichtern. Ich lieh ihm mein Ohr."

    Butch nickte. „Natürlich. Max ist schließlich kein Unmensch."

    „Eben."

    „Und welche Brocken hat er dir auf den Teller gelegt?"

    „Brocken, die kaum zu schlucken sind", sagte der Lieutenant mit einem leidenschaftlichen Glänzen in den Augen.

    „Wer ist sein Auftraggeber?", wollte Tony Cantrell wissen.

    „Tito Villari", sagte Rollins.

    „War das nicht die rechte Hand von Hugh Dehner?", fragte Carol Cantrell.

    „Meine Hochachtung, Carol. Stimmt genau", erwiderte Rollins.

    „Hugh Dehner, sagte Silk nachdenklich. „Sein letzter Coup war die Sache mit dem Falschgeld.

    Rollins nickte grimmig.

    „Er hat damit ein Vermögen gemacht. Und niemand konnte ihm etwas nachweisen. Kurz darauf wurden er und sein Leibwächter von einem Killer der Konkurrenz im Schlafwagen liquidiert. Man hatte damals keine Kosten und Mühen gescheut, um Hugh Dehner aus dem Weg zu räumen. Wir wissen heute genau, wie es die Konkurrenz gemacht hat. Wir konnten die Tat bis ins kleinste Detail rekonstruieren. Trotzdem fehlen uns die Beweise, um den Leuten, die diese Aktion durchgeführt haben, den Mord anzuhängen."

    „Sehr clever", meinte Butch.

    „Noch etwas!, sagte Harry Rollins ernst. „Als der Zug in Chicago hielt, gab es verständlicherweise große Aufregung um die beiden Leichen. Und in diesem Trubel, der vielleicht sogar inszeniert worden war, verschwand Hugh Dehners Leiche spurlos.

    „Wer tut denn so etwas Sinnloses?", fragte Butch.

    Rollins zuckte die Achseln.

    „Wir haben keine Ahnung, wer das getan hat. Entweder wurde Dehners Leiche von seinen eigenen Leuten fortgeschafft oder die Konkurrenz hat es arrangiert. Das erscheint mir allerdings unsinnig."

    „Warum transportiert überhaupt jemand einen Toten ab, wenn er nicht von Beruf Leichenbestatter ist?", fragte Silk.

    „Ich denke sehr oft an diesen rätselhaften Fall, sagte Rollins. „Obwohl die Sache schon ein halbes Jahr zurückliegt, schmeckt sie mir immer noch nicht.

    „Ist zu viel Salz drin, wie?", meinte Butch.

    Harry Rollins wurde nachdenklich. Cantrell gab ihm eine Zigarette. Carol gab ihm Feuer. Er musste den Glimmstängel nur noch selber rauchen.

    Lieutenant Rollins blies den Rauch über den Tisch. In Butchs Richtung.

    „Hugh Dehner war ein übler und raffinierter Gangster, sagte der Lieutenant mit gedämpfter Stimme, als wollte er eine spannende Geschichte erzählen. „Ehrlich gesagt, mich würde es nicht allzu sehr wundern, wenn mir jemand sagt, dass Dehner noch am Leben ist. Seine Gang arbeitet auf einmal wieder völlig reibungslos.

    Max Jay hatte dem Lieutenant vertraulich mitgeteilt, dass Vincent Anderson nur einer von vielen war, die zur Kasse gebeten

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