Vergiß die bösen Träume: Dr. Norden Bestseller 212 – Arztroman
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Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration.
Dr. Daniel Norden war zu Henriette de Bloom gerufen worden, schon zum dritten Mal innerhalb einer Woche. Das gab ihm zu denken, denn die alte Dame war alles andere als wehleidig. Die strengen Maßstäbe, die sie an andere Menschen legte, waren auch für sie selbstverständlich.
Sie war eine Respekt einflößende Persönlichkeit von ganz besonderer Eigenart. Aus baltischem Adel stammend, in großartigen Verhältnissen aufgewachsen, hatte sie sich in weitaus bescheidenere hineinleben müssen. Der Vater war gefallen, aber weitsichtig genug, hatte er seine Frau und seine Kinder bereits vorher nach Schweden geschickt. Allzu viel hatten sie nicht mitnehmen können, aber doch genug, um nicht in Armut leben zu müssen.
Resolut hatte die erst siebzehnjährige Henriette dann der lebensfremden, verwöhnten Mutter alles abgenommen, auch die Erziehung der beiden jüngeren Geschwister. Die Mutter konnte den Verlust des Besitzes, den Tod des Mannes nicht verwinden. Sie starb, als Henriette zwanzig war.
Ohne lange zu überlegen, hatte sie den doppelt so alten Großkaufmann Haldan de Bloom geheiratet, einen Dänen, der auch für ihren Bruder Rasmus und ihre Schwester Freda sorgte. Sie hatte es nicht bereut. Es ging besser, als sie geglaubt hatte, und als sie ihrem Mann den Sohn Marian schenkte, beherrschte sie ihn völlig. Dies alles wusste Dr. Norden nicht von ihr. Marian de Bloom hatte es ihm erzählt, als seine Frau starb. Da war seine Tochter Bianca zehn Jahre alt, und Marian de Bloom sagte, welch ein Glück es sei für das Kind, dass seine Mutter schon immer bei ihnen gelebt hätte.
So lange kannte Dr. Norden diese
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Buchvorschau
Vergiß die bösen Träume - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 212 –
Vergiß die bösen Träume
Patricia Vandenberg
Dr. Daniel Norden war zu Henriette de Bloom gerufen worden, schon zum dritten Mal innerhalb einer Woche. Das gab ihm zu denken, denn die alte Dame war alles andere als wehleidig. Die strengen Maßstäbe, die sie an andere Menschen legte, waren auch für sie selbstverständlich.
Sie war eine Respekt einflößende Persönlichkeit von ganz besonderer Eigenart. Aus baltischem Adel stammend, in großartigen Verhältnissen aufgewachsen, hatte sie sich in weitaus bescheidenere hineinleben müssen. Der Vater war gefallen, aber weitsichtig genug, hatte er seine Frau und seine Kinder bereits vorher nach Schweden geschickt. Allzu viel hatten sie nicht mitnehmen können, aber doch genug, um nicht in Armut leben zu müssen.
Resolut hatte die erst siebzehnjährige Henriette dann der lebensfremden, verwöhnten Mutter alles abgenommen, auch die Erziehung der beiden jüngeren Geschwister. Die Mutter konnte den Verlust des Besitzes, den Tod des Mannes nicht verwinden. Sie starb, als Henriette zwanzig war.
Ohne lange zu überlegen, hatte sie den doppelt so alten Großkaufmann Haldan de Bloom geheiratet, einen Dänen, der auch für ihren Bruder Rasmus und ihre Schwester Freda sorgte. Sie hatte es nicht bereut. Es ging besser, als sie geglaubt hatte, und als sie ihrem Mann den Sohn Marian schenkte, beherrschte sie ihn völlig. Dies alles wusste Dr. Norden nicht von ihr. Marian de Bloom hatte es ihm erzählt, als seine Frau starb. Da war seine Tochter Bianca zehn Jahre alt, und Marian de Bloom sagte, welch ein Glück es sei für das Kind, dass seine Mutter schon immer bei ihnen gelebt hätte.
So lange kannte Dr. Norden diese Familie. Marian de Bloom war Wissenschaftler. Er hatte eine Berufung als Professor nach München bekommen. Sie lebten in einer alten schönen Villa, zurückgezogen und durchaus nicht hochherrschaftlich. Aus Erfahrung klug geworden, hatte Henriette immer für Notzeiten gespart und über den zweiten Krieg hinweggerettet, was ihnen auch weiterhin ein Leben ohne materielle Nöte gestatten sollte.
Ihre beiden Geschwister waren längst gestorben. Dass ihr einziger Sohn einen Beruf ergriff, der seinen Neigungen entsprach, hatte sie gelassen hingenommen, und dass ihre Schwiegertochter Edda eine ansehnliche Mitgift in die Ehe einbrachte, hatte sie damit versöhnt, dass sie so labil wie ihre eigene Mutter war. Dass sie nur einer Tochter das Leben schenkte und dann kraftlos dahinkränkelte, verzieh ihr die so kraftvolle Henriette auch, da Bianca dann ihr so ähnlich wurde. Sie sah sich selbst in ihr wiedergeboren.
Ob dies nun wirklich ein Glück für das Mädchen Bianca war, wagte Dr. Norden zu bezweifeln, da er Bianca nun bereits neun Jahre kannte und sie heranwachsen sehen konnte, mochte es auch von Vorteil für dieses Mädchen sein, eine so dynamische Großmutter zu haben, anstelle einer ewig dem Verlorenen nachjammernde.
Obgleich Henriette de Bloom nun fast achtzig Jahre alt war, konnte man sie noch immer als eine schöne Frau bezeichnen. Sie hatte alle Höhen und Tiefen ihres Lebens bewältigt, nicht verzagt, und auch die Schicksalsschläge mit Würde ertragen.
Sie hatte auch keine Angst vor dem Tode. Oft hatte sie das zu Dr. Norden gesagt. Sie wollte ihr Haus nur wohlbestellt wissen, denn auch dieses Haus betrachtete sie als das ihre.
Dr. Norden sah sie an diesem Tage zum ersten Mal richtig leiden. Ihre Augen waren tief umschattet und ihr Blick weltenfern.
»Es geht zu Ende, lieber Dr. Norden«, sagte sie mit ungewöhnlich sanfter Stimme. »Ich möchte, dass Bianca zurückkommt, so bald wie möglich, nicht erst in einer Woche. Ich möchte sie noch einmal sehen.«
Bianca weilte seit drei Wochen bei der Familie von Henriettes verstorbenem Bruder Rasmus, der sich in der neuen Heimat nur Halden genannt hatte und nicht mehr Baron von Halden. Er hatte eine tüchtige Farmerstochter geheiratet, und da etwas von der Großgrundbesitzersart in ihm verwurzelt war, hatte er es weit gebracht. Ihm war allerdings auch nur ein Sohn geschenkt worden, aber mit drei Enkeln war er reicher gesegnet.
Vor zehn Jahren hatte Henriette ihren Bruder und seine Familie noch besuchen können, und sie konnte sich freuen, dass es ihnen gutging. Freda war unverheiratet gestorben, schon sehr früh und genauso kraftlos, wie es die Mutter gewesen war.
Dann aber war ihre Schwiegertochter gestorben. Henriette musste für Bianca sorgen. Sie wollte sich nicht von ihrem Sohn und der Enkeltochter trennen, und einen weiten Flug wollte sie auch nicht mehr wagen. Aber nachdem Bianca ein so gutes Abitur gemacht hatte, war sie dann doch einverstanden gewesen, dass das Mädchen die Verwandten in Amerika besuchte. Dr. Norden hatte auch schon ein gutes Wort eingelegt.
Als Henriette de Bloom so entsagungsvolle Worte ausgesprochen hatte, kam ihm zuerst der flüchtige Gedanke, dass sie einfach nur Sehnsucht nach Bianca hatte, aber dann sagte Henriette einiges mehr, was ihn in tiefe Bestürzung geraten ließ.
»Es wird etwas passieren«, murmelte die alte Dame. »Bibi darf nicht erst nächste Woche fliegen. Mein Sohn wird mir das ausreden wollen. Er belächelt meine Ahnungen. Sie müssen mir helfen, Dr. Norden. Dem Kind darf nichts geschehen. Denken Sie nicht, dass ich eine alte Egoistin bin, schon recht spinnös, und dass ich es dem Kind nicht gönne, schöne Tage zu erleben. Ich bin des Kampfes müde. Ich möchte Bibi noch einmal sehen, lebend wiedersehen.« Sie deutete auf das Telefon. »Bitte, rufen Sie an. Jetzt ist da noch Vormittag. Tun Sie mir diesen Gefallen.«
»Warum rufen Sie nicht selbst an, gnädige Frau?«, fragte Dr. Norden.
»Ich kann nicht. Ich würde weinen oder dummes Zeug reden, all das, was mir durch den Sinn geht. Bibi darf nicht am nächsten Donnerstag fliegen. Sie werden sich daran erinnern, was ich jetzt sage und mich dann verstehen. Ich werde am nächsten Donnerstag nicht mehr leben.«
Ein eisiges Frösteln kroch über Daniel Nordens Rücken. Dann griff er zum Telefon und wählte die lange Durchwahlnummer.
»Hello«, sagte dann eine helle Mädchenstimme.
Er brachte sein Anliegen in englischer Sprache vor, ganz deutlich.
»Oh, Dr. Norden, hier ist Cindy. Bibi hat viel von Ihnen erzählt«, tönte es an sein Ohr.
»Kann ich sie sprechen?«, fragte er.
»Sie ist gerade mit Jerry zum Fischen gefahren. Ist was los?«
»Die Granny ist krank. Bianca möchte mich bitte anrufen«, sagte er.
»Okay, aber wir möchten gern, dass sie noch länger bleibt.«
»Sie kann doch mal wieder zu Ihnen kommen«, sagte er.
»Ist es schlimm?«, fragte Cindy Halden.
»Ich denke ja.«
Cindy Halden war reizend, sechzehn Jahre jung und ein richtiger lustiger Teenager. Aber jetzt war ihr sommersprossiges Gesicht überschattet.
»Mummy, die Granny scheint wirklich krank zu sein«, sagte sie leise zu ihrer Mutter. »Dr. Norden hat angerufen.«
Dolly Halden runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, was ich denken soll. Bibi fühlt sich bei uns wohl. Vielleicht hat die Granny Angst, dass sie gern noch länger bleiben würde.«
»Aber dann hätte doch nicht der Doc angerufen, Mummy«, sagte Cindy. »Die Granny ist doch schon sehr alt. Vielleicht kommt Bibi zu uns, wenn sie nicht mehr lebt. Wir verstehen uns doch so gut.«
Ja, sie verstanden sich, und vor allem mit Jerry, der nur ein paar Monate jünger war als Bianca, verstand sich Bibi besonders gut, denn er war ein sehr ernsthafter Junge und ihr ähnlich wie ein Zwillingsbruder, während Ron und Cindy nach der Mutter geraten waren mit ihren rostbraunen Haaren und den Sommersprossen.
Sie brauchten gar nicht miteinander zu reden, wie jetzt beim Fischen. Sie verstanden sich auch so, wenn sie mal einen Blick tauschten.
Aber dann fragte Jerry: »Kannst du nicht länger bleiben, Bibi? Es gefällt dir doch bei uns.«
»Ja, es gefällt mir sehr, Jerry. Ich hätte gern Geschwister gehabt, aber Granny wäre sehr traurig, wenn ich noch länger bleiben würde. Aber ich komme gern wieder. Und wenn du das College hinter dir hast, kannst du ja auch mal nach München kommen. Ihr alle! Habt ihr denn dazu