Dr. Norden Bestseller 97 – Arztroman: Was geschah mit Katja Linden?
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"Was wäre das Leben ohne Hoffnung", sagte Lenni, als sie die Kaffeekanne auf den Frühstückstisch stellte. Dr. Daniel Norden blickte bestürzt auf, und Fee schüttelte leicht den Kopf, als sie Lenni anblickte. "Was ist denn, Lenni? Haben Sie schlecht geträumt?" fragte sie. "Heute ist der dreiundzwanzigste Januar", erwiderte Lenni leise. "Oh", entfuhr es Fee Norden, und Daniel preßte die Lippen aufeinander. Zu überlegen brauchten sie nun nicht mehr, denn dieser Tag vor zwei Jahren hatte in ihrem Leben eine besondere dramatische Bedeutung gehabt, und Lenni konnte ihn auch nicht aus dem Gedächtnis streichen, so wenig wie alle, die sich in diesem Raum nun stumm anblickten, Katja Linden vergessen konnten. Vier Tage vorher hatte sie sich von den Nordens verabschiedet, um nach Interlaken zu fahren, denn dort sollte ihre Hochzeit mit dem Industriellensohn Jean-Claude Collande am achtundzwanzigsten Januar gefeiert werden Katja Linden, selbst im Luxus aufgewachsen, bildhübsch, verwöhnt und dennoch bezaubernd natürlich, hatte gewiß sein können, daß die Nordens ihr alles erdenkliche Glück wünschten. Am dreiundzwanzigsten Januar vor zwei Jahren herrschte dann aber in den Familien Linden und Collande blankes Entsetzen, denn Katja kam von einem Einkaufsbummel nicht zurück. Sie war entführt worden. Die Entführer forderten drei Millionen Franken Lösegeld. Es wurde bezahlt, und die Angehörigen erhielten die Nachricht, daß sie Katja in einem Haus am Genfer See finden würden. Aber dort wurde Katja nicht gefunden, und bis zum heutigen Tag gab es noch immer keine Spur von ihr. Gab es eine Gedankenübertragung zwischen den Nordens und den Lindens?
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Dr. Norden Bestseller 97 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller -97-
Was geschah mit Katja Linden?
Roman von Patricia Vandenberg
»Was wäre das Leben ohne Hoffnung«, sagte Lenni, als sie die Kaffeekanne auf den Frühstückstisch stellte.
Dr. Daniel Norden blickte bestürzt auf, und Fee schüttelte leicht den Kopf, als sie Lenni anblickte.
»Was ist denn, Lenni? Haben Sie schlecht geträumt?« fragte sie.
»Heute ist der dreiundzwanzigste Januar«, erwiderte Lenni leise.
»Oh«, entfuhr es Fee Norden, und Daniel preßte die Lippen aufeinander. Zu überlegen brauchten sie nun nicht mehr, denn dieser Tag vor zwei Jahren hatte in ihrem Leben eine besondere dramatische Bedeutung gehabt, und Lenni konnte ihn auch nicht aus dem Gedächtnis streichen, so wenig wie alle, die sich in diesem Raum nun stumm anblickten, Katja Linden vergessen konnten.
Vier Tage vorher hatte sie sich von den Nordens verabschiedet, um nach Interlaken zu fahren, denn dort sollte ihre Hochzeit mit dem Industriellensohn Jean-Claude Collande am achtundzwanzigsten Januar gefeiert werden
Katja Linden, selbst im Luxus aufgewachsen, bildhübsch, verwöhnt und dennoch bezaubernd natürlich, hatte gewiß sein können, daß die Nordens ihr alles erdenkliche Glück wünschten.
Am dreiundzwanzigsten Januar vor zwei Jahren herrschte dann aber in den Familien Linden und Collande blankes Entsetzen, denn Katja kam von einem Einkaufsbummel nicht zurück. Sie war entführt worden.
Die Entführer forderten drei Millionen Franken Lösegeld. Es wurde bezahlt, und die Angehörigen erhielten die Nachricht, daß sie Katja in einem Haus am Genfer See finden würden. Aber dort wurde Katja nicht gefunden, und bis zum heutigen Tag gab es noch immer keine Spur von ihr.
Gab es eine Gedankenübertragung zwischen den Nordens und den Lindens? Als das Telefon läutete und Fee Norden sich meldete, erschrak sie, denn es war Paul Linden, der sich mit heiserer Stimme zu erkennen gab.
»Könnte Ihr Mann sofort kommen, Fee«, bat er erregt, »meine Frau ist wieder zusammengebrochen.«
»Ja, er kommt sofort, Paul«, erwiderte Fee.
»Linden?« fragte Daniel überrascht. »Wie eigenartig.«
»Biggi ist hier. Es geht ihr schlecht«, flüsterte Fee. »Sie überwindet es nicht, Daniel.«
Aber welche Mutter, die ihr Kind so heiß geliebt hatte wie Biggi Linden ihre Tochter Katja, konnte solchen Verlust verwinden?
Was wäre das Leben ohne Hoffnung, hatte Lenni gesagt, aber in diesem Fall gab es wohl keine Hoffnung mehr.
Daniel Norden fuhr zum Hause Linden. Man kannte sich gut, man nannte sich beim Vornamen. Oft genug wurde Dr. Nordens ärztlicher Beistand während der letzten zwei Jahre in diesem Haus gebraucht. Nie wieder seit jenen Tagen hatte Biggi Linden ihre Schweizer Heimat besucht.
Die damals noch so reizvolle, charmante und geistreiche Frau des Konzernchefs Paul Linden war nur ein Schatten ihrer selbst. Und Paul Linden, der einst so kraftvolle, vitale Mann, jetzt um Jahre gealtert, mit schmalgewordenem, schmerzgezeichnetem Gesicht, zuckte nur die Schultern, als er Daniel begrüßte.
»Alles würde ich geben, wenn wenigstens Biggi endlich ins Leben zurückfinden würde«, murmelte er. »Aber sie lebt ja nur noch in der panischen Angst, daß uns Marcus auch noch genommen werden könnte.«
Dr. Norden konnte diese Sorge verstehen, wenn auch alles unternommen worden war, um den jetzt fünfundzwanzigjährigen Sohn und Erben zu schützen. Er hatte unter falschem Namen in England studiert, er war bewacht worden wie ein Staatsmann, wenn er seine Eltern an geheimgehaltenen Orten traf. Daniel Norden wagte nicht, daran zu denken, wie sich das auf sein psychisches Befinden auswirken mochte.
»Marcus kommt heute«, erklärte Paul Linden, »und nun zittert Biggi wieder vor Angst.« Leise fuhr er fort: »Wir haben unsere Katja verloren, soll uns unser Sohn fremd werden? Ich halte diesen Zustand auch nicht mehr aus, Daniel. Warum haben diese Gangster uns unsere Katja nicht zurückgegeben?«
Darauf wußte Daniel freilich auch keine Antwort. Nicht die kleinste Spur hatte man von den Verbrechern oder von Katja gefunden. Alles, was man gefunden hatte, war ihr Wagen mit allen Papieren. Drüben in Frankreich, nahe der Schweizer Grenze.
»Ich muß jetzt zum Flughafen fahren, um Marcus abzuholen«, sagte Paul Linden. »Geben Sie Biggi bitte ein Beruhigungsmittel, Daniel. Nur gut, daß unsere Tilla wenigstens die Ruhe behält.«
»Was haben Sie sich jetzt zum Schutz von Marcus ausgedacht?« fragte Daniel nachdenklich.
»Er kommt mit einem Freund, mit Nicolas Fauré. Ein untadeliger junger Mann. Sie haben die Namen getauscht. Nicolas weiß, welche Sorgen wir haben. Er ist bereit, jedes Risiko einzugehen, um Marcus zu schützen. Da sie eine gewisse Ähnlichkeit miteinander haben, wird uns die Täuschung wohl gelingen, da Marcus hier öffentlich kaum in Erscheinung getreten ist. Aber auch er ist willens, ein Risiko einzugehen, um seiner Mutter neuen Lebensmut zu geben. Ihnen gegenüber brauche ich wohl nicht zu betonen, daß wir gelernt haben, mit der Angst zu leben. Aber die Ungewißheit über Katjas Schicksal ist das Schlimmste, was uns widerfahren konnte.«
Von den drei Millionen, die er für nichts und wieder nichts bezahlt hatte, sprach er nicht. Und in diesem Augenblick fragte sich Daniel Norden, wie es den Gangstern möglich gewesen sein konnte, mit dieser Summe, mit Geldscheinen, deren Nummern notiert waren, spurlos zu verschwinden. Immerhin hätte doch innerhalb von zwei Jahren dieser oder jene Schein auftauchen müssen, hätte man wenigstens einen Hinweis bekommen müssen, da so hohe Belohnungen ausgesetzt worden waren.
Er setzte sich zu Biggi Linden ans Bett, nachdem Paul das Haus verlassen hatte. Er war informiert, daß Biggi noch nichts von der Heimkehr ihres Sohnes wußte.
»Sie dürfen nicht so verzweifelt sein, Biggi«, sagte
er.
»Heute vor zwei Jahren«, murmelte sie, »es verfolgt mich. Wie konnte ich es vergessen, Daniel?«
»Paul braucht Sie, und Marus braucht Sie auch.«
»Marcus ist wie mein Vater, hart im Nehmen. Er kann sich wehren und ist gewarnt, Daniel.«
»Dann brauchen Sie doch um ihn nicht solche Angst zu haben, Biggi«, sagte Dr. Norden.
»Es ist die Unsicherheit, die mich quält. Warum haben sie uns Katja nicht zurückgegeben? Wir haben doch bezahlt. Wir hätten auch nochmals bezahlt.« Sie schluckte die aufsteigenden Tränen herunter. Sie wollte tapfer sein. »Es ist so schrecklich, daß die Collandes sagen, Katja sei durchgebrannt.«
»Aber das können sie doch nicht sagen«, fiel ihr Daniel erschrocken ins Wort.
»Sie haben es gesagt. Claude hat Caroline d’Aubert geheiratet, schon vor einem Jahr. Wußten Sie das nicht, Daniel?«
»Nein.«
»Er hat Katja schnell vergessen, aber vielleicht hat ihn das Gerede seiner Eltern entnervt.«
»Sagen Sie mir doch genau, was seine Eltern sagten.«
»Katja wäre öfter mit so einem Gammler gesehen worden, er ist jedoch kein richtiger Gammler, sondern ein Junge aus guter Familie. Charly soll er heißen. Und sie behaupten, daß die ganze Entführung von ihm und Katja inszeniert worden sei, um zu Geld zu kommen. Aber Katja hätte uns das nicht angetan. Sie hätte wenigstens mit mir gesprochen, wenn sie sich nicht sicher gewesen wäre, daß Claude der richtige Mann für sie ist.«
»Das hätte sie bestimmt getan, Biggi«, sagte Daniel. »Sie war sicher, daß Claude der Richtige ist. Sie strahlte, als sie sich von uns verabschiedete. Sie sagte auch…«, er unterbrach sich.
»Was sagte sie?« fragte Biggi erregt. »Bitte, erinnern sie sich, Daniel.«
»Genau weiß ich es nicht mehr. Sinngemäß etwa so: Claude hat seine Mucken, und ein bißchen ist er auch ein Muttersöhnchen, aber ich liebe ihn, und er wird schon noch ein richtiger Mann werden…«
Biggi blickte an ihm vorbei. »Vielleicht war Caroline für ihn die richtige Frau. Sie hat Ehrgeiz. Aber für mich ist es schlimm, daß die Collandes sich so unfair verhalten haben.«
»Leiden Sie deshalb, Biggi?« fragte Dr. Norden.
»Ich leide, weil ich nicht weiß, was mit Katja geschehen ist. Mein Gott, wir haben doch alles versucht, um dieses unheilvolle Geschehen aufzuklären. Wenn ich wenigstens an ihr Grab gehen könnte, wenn ich wüßte, wo es ist. Warum hat man sie entführt, nicht mich? Für mich hätte die Familie doch auch gezahlt. Und wenn man die Entführungsfälle der letzten Jahre betrachtet, ganz gleich in welchem Land, die meisten Opfer kamen doch zu ihren Familien zurück. Katja war nicht schwach, nicht ängstlich, sie war klug.«
Dr. Norden hielt ihre Hände. »Sie wissen, wie gern wir Katja hatten, Biggi, aber Sie müssen jetzt auch an Ihren Mann und Ihren Sohn denken.«
Er wußte wirklich nicht, was er sonst sagen sollte. Jeder Trost schien ihm so billig, wenn er diese verzweifelte, gebrochene Frau betrachtete.
»Möchten Sie nicht doch mal einige Wochen auf der Insel der Hoffnung verbringen, Biggi?« fragte er, als
er ihr die Spritze gab. »Anne würde sich so sehr freuen.«
Biggi schloß die Augen. »Vielleicht«, flüsterte sie. »Paul zuliebe. Er redet mir immer zu.«
»Er liebt Sie sehr, Biggi."
»Ja, er liebt mich. Claude kann Katja nicht so geliebt haben.«
Es tat ihr weh. Daniel fühlte es. Es schmerzte sie tief, daß der Mann, den Katja geliebt hatte und den sie hatte heiraten wollen, so bald eine andere geheiratet hatte.
»Er ist ein Schwächling«, flüsterte sie. »Ich hätte es Katja sagen müssen, daß ich ihr einen anderen Mann wünschte, aber für mein Kind war mir ja keiner gut genug.«
Dann begann die Spritze schon zu wirken. – Biggi schlief ein.
Draußen wartete Tilla, schon an die Siebzig, klein und hager.
»Dieser Tag, dieser verfluchte Tag«, murmelte sie, als Dr. Norden aus