Gaslicht 29: Pferdespuk in der Mondnacht
Von Mary Queens
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Der Mann war dunkelhaarig und irgendwie ein interessanter Typ. Er zog sie an und stieß sie gleichzeitig ab. Als er einen Schritt auf sie zu trat, war ihr erster Impuls wegzulaufen, doch die Füße gehorchten ihr nicht. Um ihr Zittern zu verbergen, preßte sie die Arme an die Brust. Dann stand er dicht vor ihr. Sein Lächeln war zu einem breiten Grinsen geworden. Er streckte die Hand aus. »Ich bin Horse!« Die Angst war plötzlich stärker als alles andere. Nur weg von hier! In Panik drehte sie sich um und begann zu laufen. In ihrem Rücken hörte sie sein hämisches Lachen, das sich mit dem Wiehern eines Pferdes vermischte. Sie rannte immer schneller, doch plötzlich begriff sie, daß sie nicht vor ihm davonlaufen konnte. Er rief hinter ihr her: »Wir sehen uns wieder!« »Nein!« schrie sie. Verzweifelt preßte sie die Hände an ihre Ohren, dann gaben ihre Füße nach, und sie fiel zu Boden…
Wütend drückte Simone Heigl ihre Knie in den Lenden ihres Pferdes, das nun davonstob. Simone ließ die Zügel locker. Sie war wütend, wütend auf ihren Vater, der sich schon wieder mit der Nachbarin traf. Im Grunde hatte sie nichts gegen Angelika Holgen, die ebenfalls eine sehr gute Reiterin war. Zu Beginn ihrer Bekanntschaft war sie auch sehr gerne mit ihr ausgeritten, denn Angelika war nur zehn Jahre älter als sie. Doch dann hatten sich ihre Gefühle gegenüber Angelika geändert, denn ihr war nicht entgangen, daß ihr Vater immer öfter Angelikas Gesellschaft suchte.
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Gaslicht 29 - Mary Queens
Gaslicht
– 29 –
Pferdespuk in der Mondnacht
Mary Queens
Der Mann war dunkelhaarig und irgendwie ein interessanter Typ. Er zog sie an und stieß sie gleichzeitig ab. Als er einen Schritt auf sie zu trat, war ihr erster Impuls wegzulaufen, doch die Füße gehorchten ihr nicht. Um ihr Zittern zu verbergen, preßte sie die Arme an die Brust. Dann stand er dicht vor ihr. Sein Lächeln war zu einem breiten Grinsen geworden. Er streckte die Hand aus. »Ich bin Horse!« Die Angst war plötzlich stärker als alles andere. Nur weg von hier! In Panik drehte sie sich um und begann zu laufen. In ihrem Rücken hörte sie sein hämisches Lachen, das sich mit dem Wiehern eines Pferdes vermischte. Sie rannte immer schneller, doch plötzlich begriff sie, daß sie nicht vor ihm davonlaufen konnte. Er rief hinter ihr her: »Wir sehen uns wieder!« »Nein!« schrie sie. Verzweifelt preßte sie die Hände an ihre Ohren, dann gaben ihre Füße nach, und sie fiel zu Boden…
Wütend drückte Simone Heigl ihre Knie in den Lenden ihres Pferdes, das nun davonstob. Simone ließ die Zügel locker. Sie war wütend, wütend auf ihren Vater, der sich schon wieder mit der Nachbarin traf. Im Grunde hatte sie nichts gegen Angelika Holgen, die ebenfalls eine sehr gute Reiterin war. Zu Beginn ihrer Bekanntschaft war sie auch sehr gerne mit ihr ausgeritten, denn Angelika war nur zehn Jahre älter als sie. Doch dann hatten sich ihre Gefühle gegenüber Angelika geändert, denn ihr war nicht entgangen, daß ihr Vater immer öfter Angelikas Gesellschaft suchte.
Wie kam Angelika nur dazu, ihrem Vater schöne Augen zu machen! Simone beugte sich tiefer über den Hals ihres Pferdes. Im vollen Galopp preschte sie nun über die Wiesen. Langsam wurde Simone ruhiger. Sie spürte den Wind in ihrem Haar und wurde nun völlig eins mit dem Pferd. Sie war mit Pferden aufgewachsen. Als andere Mädchen noch mit Puppen gespielt hatten, war sie schon damals stets auf der Weide gewesen oder hatte sich in den Ställen herumgetrieben. Für sie hatte es nie etwas Schöneres gegeben. Und auch jetzt, da sie in Hamburg studierte, war sie so oft wie möglich auf dem Gut.
Simone ließ zu, daß ihr Pferd über einen Graben hinwegsetzte, dann zog sie die Zügel an. »Du bist doch mein Bester!« Sie beugte sich erneut nach vorn und tätschelte dem Pferd den Hals. »Aber was mache ich nur mit Papa?« Sie seufzte und glitt aus dem Sattel. Jetzt holte sie ein Zuckerstück hervor und präsentierte es dem Hengst aus der flachen Hand. »Meinst du nicht auch, daß wir etwas unternehmen müssen?«
Der Hengst nahm den Zucker, dann wieherte er. Nun mußte seine Besitzerin lächeln. Sie legte die Stirn gegen den Kopf des Pferdes und meinte: »Du hast recht, wir müssen etwas unternehmen. Deswegen werden wir auch zurückreiten. Wenn mich nicht alles täuscht, dann treffen wir Papa noch an derselben Stelle wie zuvor an.« Sie blies die Backen auf. »Er kann sich von ihrem Anblick einfach nicht losreißen, das steht leider fest.«
Simone seufzte erneut. Als Gesprächspartner war Love sicher nicht der Richtige, obwohl sie bei seiner Geburt dabei gewesen war und darauf bestanden hatte, daß das Fohlen den Namen Love bekam. Auf den ersten Blick hatte sie sich in ihn verliebt, und so war Love ihr Pferd geworden.
»Ich werde mit Papa sprechen müssen«, entschied sie nochmals laut. Sie war es gewohnt, sich mit ihrem Pferd zu unterhalten.
Love stieß mit dem Kopf gegen sie, und da sie wußte, was er wollte, holte sie nochmals ein Zuckerstück hervor. Dann ritt sie langsam zurück. Diesmal verzichtete sie auf einen Galopp. In Gedanken überlegte sie sich all die Fragen, die sie ihrem Vater stellen wollte. Schon von weitem sah sie, daß ihr Vater noch immer auf der Bank saß.
»Hab’ ich es doch gewußt!« zischte sie durch die zusammengepreßten Zähne, denn neben ihrem Vater sah sie den Kopf von Angelika. Wie immer trug diese ihr langes schwarzes Haar hochgesteckt.
»Schon zurück?« fragte Elmar Heigl und wandte den Kopf. Da der kleine Weiher, an dem sie saßen, auf seinem Grund und Boden lag, war ihm klar, daß es sich bei der Herantrabenden nur um seine Tochter handeln konnte. »Wolltest du nicht einen längeren Ausritt machen?«
»Nachdem du es vorgezogen hast, mich nicht zu begleiten, habe ich es mir anders überlegt. Störe ich?« fragte sie und schwang sich aus dem Sattel. Dabei warf sie der Frau an der Seite ihres Vaters einen nicht gerade freundlichen Blick zu. Mit Befriedigung stellte sie dann fest, daß diese errötete.
»Eigentlich wollte ich schon vor einer halben Stunde gehen.« Unsicher lächelnd erhob sich Angelika Holgen.
»Und ich wollte dich begleiten.« Elmar Heigl erhob sich ebenfalls von der Bank. »Entschuldige uns also, Simone! Wir sehen uns dann zum Abendessen.«
»Nein!« stieß die Zwanzigjährige hervor, was ihr einen überraschten Blick des Vaters einbrachte. »Ich wollte mit dir sprechen.« Sie hatte jetzt die Haltung eines trotzigen Kindes angenommen, was auch nicht weiter verwunderlich war, denn bisher hatte der Vater ihr noch nie einen Wunsch abgeschlagen.
»Dazu haben wir am Abend noch genügend Zeit.« Elmar Heigl sagte es gleichgültig. Zum ersten Mal seit dem Tod seiner Frau war ihm seine Tochter nicht das Wichtigste. Er wandte sich ab und legte den Arm um Angelikas Taille. Diese fühlte sich jedoch nicht wohl in ihrer Haut. Sie mochte Simone, und nach einem Blick auf deren versteinertes Gesicht begriff sie, was in der Zwanzigjährigen vor sich ging. Seit Jahren gehörte Simone der Vater allein. Sie trat einen Schritt zur Seite.
»Ich habe es ja nicht weit.« Erneut versuchte sie es mit einem Lächeln. »Die paar Schritte kann ich wirklich alleine gehen.«
»Und wann sehen wir uns wieder?« Elmar Heigl griff nach dem Arm seiner Nachbarin.
»Morgen! Du wolltest doch…« Angelika brach ab und zögerte einen Moment. Dann sagte sie entschlossen: »Du solltest mit deiner Tochter sprechen. Jetzt hast du die Gelegenheit dazu.«
Mit leicht geöffneten Lippen stand Simone da. Ihr Blick ging zwischen dem Vater und der Nachbarin hin und her. Das Blut erstarrte in ihren Adern. Was hatte dies zu bedeuten? Da wandte sich Angelika aber schon ihr zu. »Ich würde mich freuen, wenn du mich morgen besuchen kommst, egal wann. Komm einfach einmal vorbei.«
Was sollte das? Simone sah Angelika nach, die sich nun zu
entfernen begann. Als sie ihren Vater seufzen hörte, wandte sie sich ihm zu. Dieser zeigte auf die Bank.
»Du bist erwachsen, mein Kind. Komm, setz dich! Hier sitzt es sich gut, und wir können über alles reden.«
»Auch ich wollte mit dir reden.« Simone streckte sich. »Merkst du eigentlich nicht, was für ein Spiel Angelika mit dir treibt? Sie hat es auf dich abgesehen.« Sie schnappte nach Luft, aber ihr Vater lachte nur.
»Das hoffe ich! Ich möchte Angelika nämlich heiraten. Vorhin habe ich sie gefragt, ob sie meine Frau werden will.«
Simones Beine gaben nach, und sie ließ sich auf die Bank fallen. Gleich darauf sprang sie jedoch wieder auf. »Du kannst diese Frau doch nicht heiraten! Denk an Mama! Außerdem bist du viel älter als sie.« Der Zwanzigjährigen fielen viele Argumente ein, die sie nun alle gleichzeitig loswerden wollte.
»Stop!« sagte ihr Vater. Er lachte nicht mehr, seine Stirn lag in Falten. »Deine Mutter ist