Man nannte sie die Mörderbraut: Gaslicht 69
Von Barbara Branch
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Plötzlich gingen alle Lichter auf einen Schlag aus. Zwei, drei Sekunden später brannten sie wieder. Ein Kurzschluss!, dachte Camilla und wollte ins Zimmer zurückgehen. Da wurde es drüben wieder dunkel, unmittelbar darauf hell. Das Ganze wiederholte sich mehrfach. Endlich blieb alles dunkel. Fast im selben Moment, als die Lampen erloschen waren, drang ein markerschütternder Schrei durch die Nacht. Camilla hielt sich am Fensterkreuz fest. Angstschauer jagten ihr über den Rücken. Ihr Verstand sagte ihr, dass sie etwas unternehmen müsste. Weit außerhalb des kleinen Dorfes Farlington lagen noch drei Häuser am Waldrand. In der düsteren Beleuchtung des regnerischen Tages sahen sie fast unheimlich und völlig verlassen aus. Erst beim Näherkommen merkte Camilla Weiller, dass an den Fenstern des Fachwerkhauses Gardinen hingen und ein paar Blumentöpfe auf dem Balkon standen. Also musste das wohl das Haus von Mrs Beaton sein. Camilla parkte ihren kleinen Wagen auf dem holprigen Waldweg und öffnete die Gartenpforte. Seltsamerweise hatte sie plötzlich Angst. Dabei ging es doch nur darum, ein Haus zu kaufen, das in einer Zeitungsanzeige als »romantisch« angepriesen worden war. Eine schwarze Katze kam ihr entgegen und machte einen Buckel.
Ähnlich wie Man nannte sie die Mörderbraut
Titel in dieser Serie (79)
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Buchvorschau
Man nannte sie die Mörderbraut - Barbara Branch
Gaslicht
– 69 –
Man nannte sie die Mörderbraut
Barbara Branch
Plötzlich gingen alle Lichter auf einen Schlag aus. Zwei, drei Sekunden später brannten sie wieder. Ein Kurzschluss!, dachte Camilla und wollte ins Zimmer zurückgehen. Da wurde es drüben wieder dunkel, unmittelbar darauf hell. Das Ganze wiederholte sich mehrfach. Endlich blieb alles dunkel. Fast im selben Moment, als die Lampen erloschen waren, drang ein markerschütternder Schrei durch die Nacht. Camilla hielt sich am Fensterkreuz fest. Angstschauer jagten ihr über den Rücken. Ihr Verstand sagte ihr, dass sie etwas unternehmen müsste. Aber sie war wie gelähmt …
Weit außerhalb des kleinen Dorfes Farlington lagen noch drei Häuser am Waldrand. In der düsteren Beleuchtung des regnerischen Tages sahen sie fast unheimlich und völlig verlassen aus. Erst beim Näherkommen merkte Camilla Weiller, dass an den Fenstern des Fachwerkhauses Gardinen hingen und ein paar Blumentöpfe auf dem Balkon standen.
Also musste das wohl das Haus von Mrs Beaton sein.
Camilla parkte ihren kleinen Wagen auf dem holprigen Waldweg und öffnete die Gartenpforte. Seltsamerweise hatte sie plötzlich Angst. Dabei ging es doch nur darum, ein Haus zu kaufen, das in einer Zeitungsanzeige als »romantisch« angepriesen worden war.
Eine schwarze Katze kam ihr entgegen und machte einen Buckel. Grüne Augen funkelten die junge Frau giftig an. Sekunden später war die Katze im dichten Gebüsch verschwunden.
Camilla klingelte mehrfach, bis ihr endlich geöffnet wurde.
»Wer sind Sie?«, fragte eine Frau mit mürrischem Gesichtsausdruck. Sie war groß, hager und sicher sechzig Jahre oder gar älter. Allerdings wirkte sie gepflegt und hellwach.
»Ich bin Camilla Weiller«, stellte sich die Besucherin vor. »Wir haben schon am Telefon miteinander gesprochen. Darf ich mir das Haus ansehen?«
»Ja, sicher. Bitte, kommen Sie herein.«
Camilla wurde in ein behagliches, freilich altmodisch eingerichtetes Zimmer geführt. Die Katze – oder eine sehr ähnliche – lag auf dem mit grünem Plüsch bezogenen Sofa und nahm keine Notiz von dem Gast. Mrs Beaton bot Sherry und kleine Salzstangen an. Sie wirkte sachlich. Nur der lauernde Gesichtsausdruck störte Camilla.
Nach ein paar Minuten wusste sie, wie groß das Haus war, wie die Heizung funktionierte und wo die nächste Einkaufsmöglichkeit im Dorf war.
»Warum wollen Sie eigentlich hier draußen leben?«, fragte Mrs Beaton neugierig. »Wir sind ziemlich weit weg von allem, was für junge Leute heute als interessant gilt. Oder möchten Sie gar nicht selbst in mein Haus ziehen?«
»Doch. Ich suche Ruhe und …« Sie strich das lange dunkle Haar mit einer bewussten Geste aus dem Gesicht. Vor dem rechten Ohr war eine hässliche, entstellende Narbe zu sehen. »So möchte ich mich im Augenblick nicht unter Menschen sehen lassen«, sagte sie zögernd.
»Das heilt doch wieder.«
»Sicher. Aber es ist nicht schön, dauernd gefragt zu werden: Wie geht es dir? Hast du den Unfall gut überstanden? Es geht nicht nur um diese Verletzung, sondern auch um eine große Enttäuschung. Aber das wird Sie kaum interessieren.«
»Wollen Sie allein hier leben?«
»Ja. Ich habe die Absicht, ein Buch zu schreiben und brauche Zeit und Ruhe, um mich zu konzentrieren. Es handelt sich um einen bestimmten Götterkult der Inkas.«
»Was haben die Inkas mit Cornwall zu tun?«
»Nichts. Wollen wir nicht lieber über die Einzelheiten des Verkaufs sprechen? Vor allem möchte ich jetzt definitiv wissen, welchen Preis Sie verlangen.«
»Hunderttausend Pfund«, sagte Mrs Beaton gelassen.
Camilla musste schlucken.
»Dafür bekomme ich ja ein Haus in der Stadt oder eine Villa in einem Kurort. Nein, tut mir leid, das kann und will ich nicht bezahlen.«
Seltsamerweise wurde Mrs Beaton von diesem Augenblick an sehr viel freundlicher.
»Ja, Sie haben natürlich recht«, stimmte sie zu. »Der Preis ist zu hoch. Aber ich habe bestimmte Gründe, warum ich ihn verlangen muss. Sind Sie ganz sicher, dass Sie ihn nicht akzeptieren wollen?«
»Absolut sicher. Selbst wenn mir dieses Haus so gut gefiele, dass ich es unbedingt haben möchte, könnte ich das gar nicht bezahlen. Das übersteigt meine Möglichkeiten bei weitem. Fünfzigtausend ist schon sehr viel für mich.«
»Dann kommen wir nicht zusammen. – Darf ich Sie zu einer Tasse Tee einladen? Ich habe selten Gäste und freue mich immer, wenn ich mal jemanden bewirten kann.«
Camilla hätte sich lieber verabschiedet, aber sie wollte nicht unfreundlich sein. So blieb sie.
Wie sich herausstellte, besaß Mrs Beaton sogar drei Katzen, alle überwiegend schwarz. Auch die Tiere bekamen Kuchen und zu Camillas Erstaunen Tee – jede in einem kleinen Schüsselchen für sich.
»Mögen denn Katzen nicht lieber Milch?«, fragte sie unsicher.
»Sie sollen nicht zu viel Milch bekommen. Und meine Mutter hatte sie an Tee gewöhnt. Wissen Sie, ich habe das Haus nämlich erst vor gut zwei Jahren von meiner Mutter geerbt. Mama war körperlich behindert und konnte nicht mehr allein zum Einkaufen gehen. Vielleicht hat sie den Katzen deswegen Tee gegeben. Das war für sie einfacher als immer Milch zu besorgen.«
»Haben Sie damals nicht hier gelebt?«, fragte Camilla, um das Gespräch weiterzuführen. Im Grunde war es für sie völlig uninteressant. Aber was soll man mit jemandem reden, den man praktisch gar nicht kennt?
»Ich habe mehr als dreißig Jahre in London gewohnt. Auch nach dem Tod meines Mannes. Als Mama kränklich wurde, habe ich gelegentlich daran gedacht, wieder hierher zurückzukommen. Aber es war mir zu einsam. In London habe ich viele Freunde.«
»Ach so, Sie wollen das Haus verkaufen, weil Sie nicht dauernd auf dem Lande leben möchten.«
»Jetzt bleibe ich hier!«, sagte Mrs Beaton in einem fast aggressiven Ton. »Ich bin hier und bleibe hier«, bestätigte sie noch einmal.
»Verzeihen Sie …, Sie wollten das Haus doch verkaufen …«
»Nein, das will ich nicht.«
»Die Anzeige in der Zeitung? Habe ich das missverstanden? Warum haben Sie mir nicht gleich gesagt, dass Sie nicht an einem Verkauf interessiert sind? Wenn ich nun Ihren Preis akzeptiert hätte?« Camilla zweifelte allmählich an Mrs Beatons Verstand.
»Dann hätte ich die Polizei angerufen«, erklärte Mrs Beaton mit dem Funkeln ihrer grünen Augen, das sie den Katzen noch ähnlicher machte.
»Warum Polizei?«
»Das kann ich Ihnen nicht erklären«, Mrs Beaton starrte zu einer Tür, die offenbar in ein anderes Zimmer führte. Sie wirkte völlig geistesabwesend.
»Ich fürchte, ich muss mich jetzt verabschieden«, sagte Camilla. »Mir ist noch ein anderes Haus angeboten worden. Wenn ich es noch bei Tageslicht besichtigen will, muss ich gehen.«
»Ja, ja, ich verstehe.« Mrs Beatons Gesichtsausdruck wurde wieder freundlich. »Viel Glück bei der Suche. Ich wünsche Ihnen, dass Sie etwas Passendes finden. Und ich sollte Ihnen wohl doch sagen, warum ich jetzt hierbleiben will: Mein Sohn ist vor zwei Jahren hier in diesem Haus ermordet worden. Dort nebenan im damaligen Schlafzimmer seiner Großmutter.«
Camilla erschrak.
»Ihr Sohn und Ihre Mutter sind ermordet worden?«
»Mama nicht. Sie lag um diese Zeit im Krankenhaus. Allerdings ist sie fast zur selben Zeit gestorben wie mein unglücklicher Timothy. Jedenfalls, wenn man den Ärzten glauben will. Ich habe meinen Jungen hier tot gefunden, als ich wegen der Beisetzung meiner Mutter hergekommen bin.«
»Das tut mir sehr leid.« Camilla stand auf. Sie wollte weg, möglichst rasch dieses unheimliche Haus und diese seltsame Frau verlassen.
Mrs Beaton begleitete sie bis zur Tür und winkte ihr sogar freundlich nach.
Es gab in dieser Gegend kein weiteres Haus, das Camilla ansehen wollte. Die Umgebung gefiel ihr, sie wäre gern geblieben. Aber auf gut Glück zu suchen, hatte ja auch keinen Sinn.
Als sie unten im Dorf tankte, wurde sie von einem älteren, sehr netten Mann bedient und kam mit ihm ins Gespräch.
»Wer wohnt eigentlich in den Häusern oben am Berg?«, fragte sie. »Ich weiß, dass das Fachwerkhaus einer Mrs Beaton gehört. Aber die beiden anderen wirken völlig verlassen.«
»Das eine ist auch eine bessere Ruine, sieht nur von außen noch ganz gut aus. Das Tannenhaus gehört einer Familie Jennings in Plymouth. Aber von denen wohnt schon lange niemand mehr hier.«
»Ist das Haus zu verkaufen? Warum nennen Sie es übrigens Tannenhaus? Ist es aus Holz gebaut?«
»Nein, nein, ist ein gutes, solides Steinhaus. Aber jeder sagt hier das Tannenhaus, weil ringsum die Tannen stehen, nur Tannen und Gebüsch.« Der Tankwart hatte inzwischen auch noch den Ölstand geprüft und sah fragend auf Camilla. »Wollen Sie etwa hier ein Haus kaufen?«
»Ja. Deswegen bin ich in Farlington. Mrs Beaton hatte ihr Haus in einer großen Londoner Zeitung angeboten. Ich war eben bei ihr, aber sie hat einen Fantasiepreis genannt.«
»Die hat sowieso nur Stroh im Kopf«, sagte der alte Mann verächtlich. »Seit ihre Mutter und ihr Sohn am selben Tag gestorben sind, spinnt sie. Na ja, die alte Frau war sehr krank, aber der Timothy, der war noch jung und kerngesund. Ein netter Bursche. Alle hier mochten ihn gern. Im Gegensatz zu der Beaton ist er auch oft zu der alten Großmutter zu Besuch gekommen.
Er wollte wohl etwas für seine Großmutter aus dem Haus oben holen und ist dabei