Die Frau aus einem fernen Land: Dr. Norden 111 – Arztroman
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
»Die Bank, die mit Leidenschaft Vertrauen schafft!«, tönte eine verführerische Männerstimme aus dem Hintergrund. Eine leicht bekleidete, schöne Frau lächelte lasziv in die Kamera und fuhr sich mit der Zungenspitze über die dunkelrot geschminkten Lippen. Dann war der Film aus, und der große Flachbildschirm wurde dunkel. Das aufflammende Deckenlicht brannte Patrick Haussmann in den ohnehin geröteten Augen. Seit Wochen fühlte er sich schlecht. Seine Glieder schmerzten, sein Kopf dröhnte, und er fühlte sich matt und schlapp. Aber das war alles. Husten und Schnupfen waren inzwischen verschwunden, und so machte er tapfer weiter. Der Auftrag war zu wichtig, um krank zu sein. »Und? Was sagen Sie?« Trotz seiner inneren Anspannung musste sich Patrick auf die Gesichter seines Kunden Maximilian Reich und dessen Assistenten konzentrieren. »Wie finden Sie den Werbespot?« »Sind Sie eigentlich verrückt geworden?«, donnerte der mächtige Mann unvermittelt los. Unter seiner dröhnenden Stimme zuckte Patrick zusammen. Er schwankte und hielt sich an der Schreibtischkante fest. Einen kurzen Moment lang wurde es ihm schwarz vor Augen. Glücklicherweise verlor er das Bewusstsein nicht.
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Buchvorschau
Die Frau aus einem fernen Land - Patricia Vandenberg
Dr. Norden
– 111 –
Die Frau aus einem fernen Land
Patricia Vandenberg
»Die Bank, die mit Leidenschaft Vertrauen schafft!«, tönte eine verführerische Männerstimme aus dem Hintergrund. Eine leicht bekleidete, schöne Frau lächelte lasziv in die Kamera und fuhr sich mit der Zungenspitze über die dunkelrot geschminkten Lippen.
Dann war der Film aus, und der große Flachbildschirm wurde dunkel. Das aufflammende Deckenlicht brannte Patrick Haussmann in den ohnehin geröteten Augen. Seit Wochen fühlte er sich schlecht. Seine Glieder schmerzten, sein Kopf dröhnte, und er fühlte sich matt und schlapp. Aber das war alles. Husten und Schnupfen waren inzwischen verschwunden, und so machte er tapfer weiter. Der Auftrag war zu wichtig, um krank zu sein. »Und? Was sagen Sie?« Trotz seiner inneren Anspannung musste sich Patrick auf die Gesichter seines Kunden Maximilian Reich und dessen Assistenten konzentrieren. »Wie finden Sie den Werbespot?«
»Sind Sie eigentlich verrückt geworden?«, donnerte der mächtige Mann unvermittelt los.
Unter seiner dröhnenden Stimme zuckte Patrick zusammen. Er schwankte und hielt sich an der Schreibtischkante fest. Einen kurzen Moment lang wurde es ihm schwarz vor Augen. Glücklicherweise verlor er das Bewusstsein nicht. »Aber warum denn?«, fragte er verdattert.
»Dieser Streifen erinnert mich an billige, einschlägige Filmchen«, fuhr Maximilian Reich unbarmherzig fort und sah sich nach seinem Assistenten um, der zustimmend nickte. »Aber ganz sicher nicht an den seriösen Werbefilm eines weltweit agierenden Geldinstituts. Von wegen Vertrauen! Unsere Kundinnen werden denken, dass es bei uns Geld für leichte Damen gibt. Das ist alles andere als geschäftsfördernd in einer gleichberechtigten Welt.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch, und Gläser und Flaschen auf dem Tisch klirrten leise aneinander.
»Aber ..., aber ..., aber Sie sagten doch, Sie wollten Ihre Kunden davon überzeugen, dass sie auf die leidenschaftlichen Anstrengungen Ihrer Berater vertrauen können, ihnen den Weg in ein schönes, aufregendes Leben zu ebnen«, verteidigte sich Patrick unter Aufbietung all seiner Kräfte. »Wenn das die einzige schöne Aufregung ist, die Sie sich vorstellen können, dann tun Sie mir leid«, erwiderte der einflussreiche Manager und erhob sich. Seine grau-schwarzen Augenbrauen thronten wie Gewitterwolken über den funkelnden Augen. »Wir werden eine andere Agentur mit der Ausführung unseres Auftrags betrauen«, sagte er zu seinem Assistenten.
Patrick meinte, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Diesen Auftrag zu verlieren war der schlimmste anzunehmende Unfall auf seinem Weg nach oben. Damit würde seine Karriere als erfolgreicher Grafikdesigner einen empfindlichen Rückschlag erleiden, von dem er sich so schnell nicht mehr erholen würde. Fassungslos sah er Maximilian Reich nach, wie er zur Tür ging. »Bitte, warten Sie!«, rief er und stolperte vor, um den Manager davon abzuhalten, auf Nimmerwiedersehen aus dem Besprechungsraum zu verschwinden. »Es handelt sich offenbar um ein Missverständnis. Jetzt habe ich verstanden, was Sie wirklich gemeint haben mit den aufregenden Dingen im Leben«, rief er hektisch und suchte in seinem dröhnenden Kopf verzweifelt nach den richtigen Worten. »Ich werde einen neuen Spot entwickeln und drehen lassen. Und ich kann Ihnen garantieren, dass ich diesmal ins Schwarze treffen werde. Bitte, Herr Reich. Geben Sie mir noch eine Chance.« Sein Auftraggeber hatte inzwischen die Tür erreicht. Er sah seinen Assistenten fragend an und haderte sichtlich mit sich. Die beiden steckten die Köpfe zusammen und tauschten ein paar Worte. Dann schien eine Entscheidung gefallen zu sein. Ohne die Spur eines Lächelns auf dem Gesicht drehte sich Maximilian Reich zu dem Grafikdesigner um. »Also schön. Ich will mal nicht so sein«, erklärte er herablassend und spielte mit dem dicken goldenen Ring an seinem Finger. »In zwei Wochen findet im Hotel ›Bayerischer Hof‹ eine Präsentation unseres Geldinstituts mit anschließender Party statt. Wenn Sie unser Konzept wirklich kennenlernen wollen, kommen Sie und hören sich die Vorträge unserer Spezialisten an. Danach sind hoffentlich keine Fragen mehr offen!« Er nickte seinem Assistenten zu und ging an ihm vorbei aus dem Raum. »Ich werde dafür sorgen, dass Sie zwei Eintrittskarten per E-Mail erhalten«, erklärte der schmallippig, und nickte Patrick noch einmal herablassend zu. Dann wandte auch er sich ab. Schwer atmend stand der Grafikdesigner in der Tür und sah den beiden nach.
»Das ist ja gerade noch mal gut gegangen!«, seufzte er, als er spürte, wie der Boden unter ihm nachgab. Ehe Patrick begriff, was passierte, ehe er überhaupt darüber nachdenken konnte, sich hinzusetzen, wurde es Nacht um ihn.
*
»Shari, geh und weck Alisha! Sie muss zur Arbeit«, rief Lani Deshpade ihrer jüngsten Tochter aus der Küche zu. »Alisha, du musst zur Nachtschicht in die Klinik. Aufstehen!«, dachte die Achtzehnjährige gar nicht daran, ihren bequemen Platz vor dem Fernseher aufzugeben.
Alisha, die schon vom Wecker geweckt worden war, stöhnte und drehte sich noch einmal auf die andere Seite. Doch es nützte alles nichts. Wenn sie nicht zu spät zu ihrem Dienst in der Behnisch-Klinik kommen wollte, musste sie langsam aber sicher aufstehen. »Guten Morgen!«, begrüßte sie ihre Familie gut gelaunt, als sie ein paar Minuten später aus ihrem Zimmer in den großen Wohnraum trat, der der Familie Deshpade als Aufenthaltsraum, Wohn- und Esszimmer diente. »Für dich ist es Morgen. Für uns Abend!« Ihre Mutter steckte den Kopf aus der Küche und hielt ihrer älteren Tochter zuerst die eine, dann die andere Wange hin. Alisha küsste sie lächelnd, während Lanis tadelnder Blick auf die Beinkleider ihrer Tochter fiel. »Du willst doch nicht etwa in Hosen auf die Straße gehen?«, fragte sie unwillig. »Amma!« Alisha verdrehte die Augen, als sie das indische Wort für »Mutter« aussprach. »Wir sind in München und nicht in Lahore. Das solltest du doch langsam wissen. Außerdem trage ich in der Arbeit einen Kittel.«
Während sie sprach, drehte sich ein Schlüssel im Schloss. Govinda Deshpade kehrte von der Arbeit nach Hause zurück. »Hallo, Abba!« Sogar Shari, die sich bis jetzt nicht vom Fernseher wegbewegt hatte, erhob sich, um das Familienoberhaupt zu begrüßen. »Wie war dein Tag?«, fragte Alisha und setzte sich an den Tisch, um Cholay mit Puri – Kichererbsen mit Curry und frittiertem Brot – zu essen, das ihre Mutter ihr serviert hatte. Govinda warf einen missmutigen Blick zuerst auf den Teller und dann auf seine Tochter.
»Mein Tag wäre eindeutig besser, wenn die ganze Familie wieder einmal zusammen am Tisch sitzen und gemeinsam essen würde«, murrte er unwillig und ließ sich seufzend und müde von seinem anstrengenden Tag in einen Sessel fallen. »Ihr könntet früher zu Abend essen«, machte Alisha einen Vorschlag, von dem sie wusste, dass er nicht auf die Zustimmung ihres Vaters stieß. »Zumindest manchmal. Dann wären wir alle zusammen.« »Ich kann nicht schon abends um sechs zu Abend essen«, behauptete Govinda mürrisch.
Ungerührt zuckte Alisha mit den Schultern und strich das lange lockige Haar in den Nacken. Ihre graubraunen Augen strahlten unbekümmert. »Und ich kann nicht erst um halb neun bei der Arbeit auftauchen«, entgegnete sie und brach ein Stück von dem knusprigen Brot, um es in die cremige, scharfe Currysauce zu tauchen. Ihr Vater sah ihr beim Essen zu, und die Falte zwischen seinen Augen wurde