Bedrohtes Kinderglück: Sophienlust Bestseller 137 – Familienroman
Von Susanne Svanberg
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Über dieses E-Book
Das Kinderheim Sophienlust erfreut sich einer großen Beliebtheit und weist in den verschiedenen Ausgaben der Serie auf einen langen Erfolgsweg zurück. Denise von Schoenecker verwaltet das Erbe ihres Sohnes Nick, dem später einmal, mit Erreichen seiner Volljährigkeit, das Kinderheim Sophienlust gehören wird.
Der Tierarzt Dr. Hans-Joachim von Lehn war verärgert. Wieder einmal hatte ihn die Frau des reichen Fabrikanten Kunzemüller unnötig zu ihrem Königspudel gerufen. Sie hatte ihm die Schmerzzustände des Tieres so drastisch geschildert, dass er die Sprechstunde abgesagt hatte. Doch dann hatte sich herausgestellt, dass dem Hund überhaupt nichts fehlte. Hans-Joachim stellte den Wagen vor der Garage ab und ging auf das helle Haus zu, das ihm gehörte. Ein Motorengeräusch veranlasste ihn, sich rasch noch einmal umzudrehen. Eben bog Andrea, seine Frau, mit ihrem kleinen Wagen um die Ecke. Wieder einmal fuhr sie viel zu schnell. Die Reifen quietschten, eine kleine Staubwolke wirbelte auf. Dann stand das Fahrzeug. Schon stieg die junge attraktive Frau aus. Sie trug Jeans und eine Karobluse und sah so schlank und mädchenhaft aus, dass man sie für eine Gymnasiastin hätte halten können. Hans-Joachim ging ihr lächelnd entgegen. Er liebte Andrea. Ihre frische natürliche Art begeisterte ihn jeden Tag von Neuem. »Hallo, Liebster!« Andrea fiel ihrem Mann um den Hals, als hätte sie ihn nicht nur wenige Stunden, sondern einige Tage lang nicht gesehen. Ungeniert küsste sie ihn auf den Mund. Der junge Tierarzt hielt seine temperamentvolle Partnerin fest und sah ihr liebevoll in die strahlenden blauen Augen.
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Sophienlust (ab 351)
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Buchvorschau
Bedrohtes Kinderglück - Susanne Svanberg
Sophienlust Bestseller
– 137 –
Bedrohtes Kinderglück
Susanne Svanberg
Der Tierarzt Dr. Hans-Joachim von Lehn war verärgert. Wieder einmal hatte ihn die Frau des reichen Fabrikanten Kunzemüller unnötig zu ihrem Königspudel gerufen. Sie hatte ihm die Schmerzzustände des Tieres so drastisch geschildert, dass er die Sprechstunde abgesagt hatte. Doch dann hatte sich herausgestellt, dass dem Hund überhaupt nichts fehlte.
Hans-Joachim stellte den Wagen vor der Garage ab und ging auf das helle Haus zu, das ihm gehörte. Ein Motorengeräusch veranlasste ihn, sich rasch noch einmal umzudrehen.
Eben bog Andrea, seine Frau, mit ihrem kleinen Wagen um die Ecke. Wieder einmal fuhr sie viel zu schnell. Die Reifen quietschten, eine kleine Staubwolke wirbelte auf. Dann stand das Fahrzeug. Schon stieg die junge attraktive Frau aus. Sie trug Jeans und eine Karobluse und sah so schlank und mädchenhaft aus, dass man sie für eine Gymnasiastin hätte halten können.
Hans-Joachim ging ihr lächelnd entgegen. Er liebte Andrea. Ihre frische natürliche Art begeisterte ihn jeden Tag von Neuem.
»Hallo, Liebster!« Andrea fiel ihrem Mann um den Hals, als hätte sie ihn nicht nur wenige Stunden, sondern einige Tage lang nicht gesehen. Ungeniert küsste sie ihn auf den Mund.
Der junge Tierarzt hielt seine temperamentvolle Partnerin fest und sah ihr liebevoll in die strahlenden blauen Augen. Aller Ärger war verflogen. »Hast du etwas Hübsches eingekauft?«
»Du wirst staunen. Ich glaube, du errätst es nicht!«
Andrea lachte. Ihre gleichmäßigen weißen Zähne schimmerten im Licht. Wunderschön sah sie aus mit dem schulterlangen dunklen Haar und der makellosen braunen Haut. »Wie geht’s dem ›Baron‹ von Frau Kunzemüller?«
Dr. von Lehn, der seine Frau um fast einen Kopf überragte, zog eine Grimasse. »Dem Baron fehlt überhaupt nichts. Er hatte sich nur überfressen und war daher zu faul, sich zu bewegen.«
Andrea blies die Backen auf. »Wie kannst du so etwas von einem derart vornehmen Hund sagen«, rügte sie mit schelmischem Augenzwinkern.
»Wenn mich Frau Kunzemüller noch einmal umsonst ruft, sage ich noch ganz andere Dinge«, erwiderte Hans-Joachim grimmig. »Zum Beispiel, dass sie das arme Tier mit Filetstücken überfüttert, dass es viel zu wenig Bewegung hat, weil es nur im Mercedes fährt, und dass es auf seinen Seidenkissen viel zu weich liegt.«
»Du wirst doch deine beste Kundin nicht verärgern? Denke ans Honorar! Du weißt doch, wie gerne ich in Maibach einkaufe. Also, rate, was ich mitgebracht habe.« Herausfordernd sah Andrea ihren Mann an. Sie liebte seine korrekte pflichtbewusste Art, obwohl sie ihn manchmal ein wenig damit ärgerte. Doch meist ließen ihr Charme und ihr Humor eine Verstimmung gar nicht erst aufkommen.
»Ein neues Kleid.« Hans-Joachim unterdrückte einen Seufzer.
»Falsch. Du weißt doch, dass ich viel lieber Hosen trage.«
»Also, eine neue Hose. Wahrscheinlich auch eine passende Bluse dazu.«
»Auch falsch.« Andrea lachte silberhell.
»Ein neues Kleidungsstück für unser Peterle.«
»Das wäre Verschwendung. Du weißt doch, dass Mutti ihm fast jede Woche etwas kauft. Bei so süßen kleinen Sachen kann sie einfach nicht widerstehen.«
»Ich glaube eher, es liegt daran, dass der Bengel so goldig darin aussieht.« Wenn es um den kleinen Sohn ging, kannte Hans-Joachims Stolz keine Grenzen.
»Na, Kunststück. Er ist unser Sohn!« Andrea versuchte ein sehr würdevolles Gesicht zu machen, was ihr jedoch völlig misslang.
Hans-Joachim schmunzelte. Mit Andrea wurde der Alltag keinen Augenblick langweilig.
»Du lenkst ab. Wann errätst du endlich, was ich mitgebracht habe?«
»Du wirst doch nicht für mich …« Der junge Tierarzt tat erstaunt.
»Ein Hemd und einen Schlips. Schließlich musst du ordentlich aussehen, wenn du in die Villa Kunzemüller gehst.«
»Ich werde nicht mehr …« Hans-Joachim gab seine Frau frei.
»Du weißt doch, das Honorar, Liebster. Überhaupt habe ich noch etwas viel Interessanteres mitgebracht.«
»Erzähl schon. Ich möchte nicht mehr raten.« Der junge Tierarzt ließ den Kopf hängen, wie ein Schüler, der nichts weiß.
»Du bist ein Feigling. Das ist alles.« Andrea sagte das jedoch so charmant, dass ihr niemand hätte böse sein können. »Komm einmal mit!« Beschwingt und graziös ging sie voraus zum Auto. »Schau einmal hinein!«
Hans-Joachim bückte sich. Kopfschüttelnd starrte er auf das bunte Federknäuel, das wie ein Häuflein Elend auf dem Rücksitz saß.
»Du hast einen Papagei gekauft?« Hans-Joachim hatte es schon lange aufgegeben, sich über die Einfälle seiner Frau zu wundern.
»Nicht gekauft, gefunden.« Andrea konnte ihre Freude darüber nicht verbergen. Sie liebte Tiere und konnte nie genug um sich haben. Im Tierheim, das der Praxis angegliedert war, fanden sich Vierbeiner aller Art.
»Aber, Andrea, ein Papagei geht doch nicht verloren wie ein Regenschirm.«
»Aber er entfliegt. Und das muss hier der Fall gewesen sein. Jedenfalls saß er auf dem Dachständer meines Autos, als ich mit Taschen beladen zum Parkplatz zurückkam.« Stolz reckte Andrea den Kopf.
»Du hättest Nachforschungen anstellen müssen, wem das Tier gehört«, meinte der sympathische Mann mit dem kurz geschnittenen blonden Haar.
»Habe ich. Ich habe in sämtlichen umliegenden Häusern nachgefragt, war bei der Polizei und beim Fundbüro. Niemand hatte einen Papagei vermisst. Da habe ich ihn eben mitgenommen. Ich konnte doch das arme Tier nicht auf dem Parkplatz zurücklassen. Außerdem ist es hungrig. Ich werde Janosch bitten, den Findling zu versorgen.«
Janosch, das war der alte Tierpfleger, der bei dem jungen Ehepaar eine neue Heimat gefunden hatte und der sich aufopfernd um die vielen verschiedenen Tiere kümmerte.
»Ein sehr schönes Tier«, murmelte Hans-Joachim. »Aber wir werden es sicher nicht behalten können. Der Eigentümer meldet sich bestimmt.«
»Inzwischen soll der Papagei es gut haben.« Andrea öffnete die Tür des Autos und griff nach dem bunten Vogel.
»Er wird dir wegfliegen«, prophezeite Hans-Joachim.
»Er ist ganz zahm.« Andrea hielt dem Papagei den Finger hin. Tatsächlich krabbelte er darauf und hielt sich fest. »Er ist froh, dass ich ihn mitgenommen habe.«
»Es scheint wirklich so.« Hans-Joachim schüttelte den Kopf. Immer wieder musste er feststellen, dass Andrea eine außergewöhnliche Begabung hatte, mit Tieren umzugehen. Die Tiere hatten Vertrauen zu ihr, waren in ihrer Nähe sanft und fügsam.
In diesem Augenblick kam Marianne, das Hausmädchen, ins Freie. Sie trug einen hübschen blonden Jungen auf dem Arm. Neben ihr drängte ein rothaariger Langhaardackel aus der Tür. Freudig bellend rannte er zu Andrea und deren Mann.
Peterle strebte zappelnd vom Arm der Betreuerin. »Mami, Mami«, krähte er und streckte verlangend die Patschhändchen aus.
Marianne stellte den Kleinen auf die Füße, blieb aber dicht hinter ihm, um ihn auffangen zu können, falls er stolperte.
Peterles kurze Beinchen wurden immer schneller. Ohne Zweifel hätte Marianne eingreifen müssen, wenn der kleine Kerl jetzt nicht sein Ziel erreicht hätte. Jauchzend stürzte er sich in die offenen Arme seiner Mami.
Andrea nahm ihn hoch und drückte ihn voll Zärtlichkeit an sich. »Peterle, mein Peterle!« Für einen Moment schloss sie die Augen. Sie war glücklich mit ihrem Mann und dem Kind. So glücklich, dass ihr manchmal ganz schwindlig wurde.
Hans-Joachim beugte sich vor und ließ sich von seinem kleinen Sohn ins Gesicht patschen. Er wusste ja, dass es zärtlich und liebevoll gemeint war.
Jetzt entdeckte Peterle den bunten Vogel, den Andrea rasch wieder ins Auto gesetzt hatte.
»Oh, piep-piep!« Der kleine Junge klatschte verlangend in die Händchen.
*
»Und wir sind doch besser als die B-Klasse!«, empörte sich Nick, ein bildhübscher großer Junge mit fast schwarzem Haar und blitzenden dunklen Augen.
»Warum habt ihr dann verloren?«, erkundigte sich Henrik, sein jüngerer Halbbruder, scheinheilig. Henrik gönnte dem großen Bruder die Niederlage ein bisschen. Denn überall stand Nick vorn. Alles konnte er besser, immer wusste er jede Neuigkeit, und manchmal durfte er abends aufbleiben, wenn die Eltern Besuch hatten oder wenn eine interessante Sendung im Fernsehen lief.
»Ach, du verstehst ja davon nichts.« Nick winkte geringschätzig ab.
Henrik stemmte die Arme in die Seiten und sah den Älteren herausfordernd an. »Ich soll nichts vom Fußball verstehen? Und wer spielt den Mittelstürmer in unserer Klasse?«
»Im Kindergarten, wolltest du sagen.« Nick war so aufgebracht, dass er im Augenblick bereit war, mit allen und jedem zu streiten. Dabei war er sonst ein verträglicher Junge, der sich besonders für die Interessen der jüngeren Kinder in Sophienlust einsetzte.
Sophienlust, das war das ehemalige Gutshaus, das nach dem Tod von Nicks Urgroßmama in ein Heim für elternlose Kinder umgewandelt worden war. Schon viele kleine Waisen hatten hier eine neue Heimat gefunden. Später einmal sollte der Besitz mit all seinen Ländereien Nick gehören. Bis zu seiner Volljährigkeit verwaltete seine Mutti das Anwesen. Obwohl die Familie auf dem benachbarten Gut Schoeneich wohnte, waren Nick und Henrik tagsüber meistens in Sophienlust.
»Streitet doch nicht«, bat Pünktchen, ein blondes Mädchen mit langen blonden Haaren und reizvollen Sommersprossen auf dem Stupsnäschen. Diesen Sommersprossen hatte Angelina Dommin ihren Spitznamen zu verdanken. Sie war noch sehr klein gewesen, als ihre Eltern bei einem Zirkusbrand ums Leben gekommen waren. Seither lebte sie in Sophienlust und war glücklich hier.
»Deine Klasse war tatsächlich besser, Nick. Es lag nur an der Ungerechtigkeit