Intrigen um Tobias: Der Bergpfarrer 439 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Es war eine laue Vollmondnacht, als eine dunkel gekleidete Gestalt durchs schlafende Sankt Johann schlich. Immer wieder schaute sie sich um und vergewisserte sich, daß ihr niemand folgte. Alois Brandhuber, allgemein nur der »Brandhuber-Loisl« genannt, hatte seine Gründe dafür. zur Herstellung seiner Tees, Salben und Tinkturen benötigte. bestimmter Faktoren, von denen das gesamte Gelingen abhing. Zum einen mußte es der rechte Zeitpunkt sein – unbedingt Vollmond –, es mußten die richtigen Worte gesprochen werden, um die Pflanzenkräfte zu beschwören, und es durfte niemand dabeisein und die Zauberworte hören, der nicht ein Eingeweihter war. Deshalb schlich Loisl kurz nach Mitternacht los – in der Hand einen Korb aus Weidenruten – wenn er sicher sein konnte, daß die Leute friedlich in ihren Betten lagen und schliefen. Der Wunderheiler, wie er sich gerne von seinen Kunden nennen ließ, hatte schon sehnlichst auf diese Nacht gewartet, war sein Vorrat an Salben und Tees seit der letzten Dekade doch beträchtlich geschrumpft. Dies verdankte er weniger seinen dubiosen Künsten, als vielmehr seiner Fähigkeit, den Leuten Krankheiten einzureden, die sie gar nicht hatten, und ihnen dann seine Mittelchen zu verkaufen. Nicht wenige seiner »Patienten« sorgten durch Mundpropaganda für reißenden Absatz. Sehr zum Leidwesen des jungen Dorfarztes Dr. Toni Wiesinger. Der sympathische Mediziner hatte größte Mühe, die Leute davon zu überzeugen, daß er ein ›richtiger‹ Arzt war. In Sankt Johann war man der Meinung, wer keine grauen Haare hatte und nicht gebückt ging, konnte kein Arzt sein. So war nämlich das Bild des verstorbenen Arztes, Dr. Bechtinger, gewesen, der mehr als vierzig Jahre in Sankt Johann praktiziert hatte. Vor einem guten halben Jahr war Dr. Bechtinger gestorben, noch bevor er den verdienten Ruhestand antreten konnte, und Dr.
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Buchvorschau
Intrigen um Tobias - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 439 –
Intrigen um Tobias
Toni Waidacher
Es war eine laue Vollmondnacht, als eine dunkel gekleidete Gestalt durchs schlafende Sankt Johann schlich. Immer wieder schaute sie sich um und vergewisserte sich, daß ihr niemand folgte.
Alois Brandhuber, allgemein nur der »Brandhuber-Loisl« genannt, hatte seine Gründe dafür. Wieder einmal war es – nach den Geboten seines geheimnisvollen Zauberbuches – an der Zeit, auf die Suche nach Kräutern, seltenen Pflanzen und Wurzeln zu gehen, die der selbsternannte Wunderheiler des kleinen Bergdorfes
zur Herstellung seiner Tees, Salben und Tinkturen benötigte. Um die Wirksamkeit dieser Heilmittel zu garantieren, bedurfte es
bestimmter Faktoren, von denen das gesamte Gelingen abhing. Zum einen mußte es der rechte Zeitpunkt sein – unbedingt Vollmond –, es mußten die richtigen Worte gesprochen werden, um die Pflanzenkräfte zu beschwören, und es durfte niemand dabeisein und die Zauberworte hören, der nicht ein Eingeweihter war. Deshalb schlich Loisl kurz nach Mitternacht los – in der Hand einen Korb aus Weidenruten – wenn er sicher sein konnte, daß die Leute friedlich in ihren Betten lagen und schliefen.
Der Wunderheiler, wie er sich gerne von seinen Kunden nennen ließ, hatte schon sehnlichst auf diese Nacht gewartet, war sein Vorrat an Salben und Tees seit der letzten Dekade doch beträchtlich geschrumpft. Dies verdankte er weniger seinen dubiosen Künsten, als vielmehr seiner Fähigkeit, den Leuten Krankheiten einzureden, die sie gar nicht hatten, und ihnen dann seine Mittelchen zu verkaufen. Nicht wenige seiner »Patienten« sorgten durch Mundpropaganda für reißenden Absatz. Sehr zum Leidwesen des jungen Dorfarztes Dr. Toni Wiesinger.
Der sympathische Mediziner hatte größte Mühe, die Leute davon zu überzeugen, daß er ein ›richtiger‹ Arzt war. In Sankt Johann war man der Meinung, wer keine grauen Haare hatte und nicht gebückt ging, konnte kein Arzt sein. So war nämlich das Bild des verstorbenen Arztes, Dr. Bechtinger, gewesen, der mehr als vierzig Jahre in Sankt Johann praktiziert hatte. Vor einem guten halben Jahr war Dr. Bechtinger gestorben, noch bevor er den verdienten Ruhestand antreten konnte, und Dr. Wiesinger hatte die Praxis übernommen. Seitdem kämpfte er um seine Anerkennung gegen Aberglaube und Kurpfuscherei. Ein scheinbar aussichtsloser Kampf, denn immer wieder mußte er erleben, daß die Leute, anstatt zu ihm in die Praxis zu kommen, die armselige Tagelöhnerhütte aufsuchten, in der der Brandhuber-Loisl hauste.
Immerhin wurde Toni Wiesinger in seinem Kampf von Sebastian Trenker unterstützt. Der Pfarrer der St. Johanniskirche und der junge Dorfarzt waren sich schon beim ersten Augenblick ihres Kennenlernens sympathisch gewesen, und Pfarrer Trenker wurde nicht müde, von der Kanzel herunter gegen die Dummheit der Leute anzureden.
Doch nickten sie in der Kirche noch beifällig und schüttelten den Kopf über den Leichtsinn anderer, sich dem Loisl anzuvertrauen, so liefen sie bestimmt nach dem Kirchgang in seine Hütte, wenn ein Zipperlein sie plagte.
*
Toni Wiesinger wälzte sich schlaflos in seinem Bett hin und her. Das Haus mit der Praxis stand in einer kleinen Straße, die zum Kirchplatz führte, und genau darüber stand der volle Mond, dessen Licht in das Schlafzimmer des Arztes fiel.
Dr. Wiesinger sah auf den Wecker auf dem Nachtkästchen. Gerade Mitternacht vorbei. Vielleicht würde es etwas helfen, wenn er ein Glas Milch trank und dann noch ein wenig in der Zeitung blätterte. Seufzend warf er die Bettdecke ab und setzte sich auf. Die Hausschuhe standen vor dem Bett. Der Arzt schlüpfte hinein und ging hinunter in die Küche. Mit dem Milchglas in der Hand öffnete er die Tür zum Wohnzimmer. Den Lichtschalter brauchte er nicht zu betätigen, das Mondlicht erhellte den Raum genügend. Neben dem Fenster stand ein Tisch, auf dem allerlei Zeitungen und Illustrierte lagen, darunter auch eine medizinische Fachzeitschrift, die zu lesen Toni noch nicht die Zeit gehabt hatte.
Während er nach der Zeitschrift suchte, fiel sein Blick aus dem Fenster. Stirnrunzelnd nahm er die dunkle Gestalt wahr, die eben an seinem Haus vorbeischlich, in Richtung Kirche.
Dr. Wiesinger wurde sofort aufmerksam. Wenn jemand um diese Zeit so durch das Dorf ging, konnte das nichts Gutes bedeuten, und vor nicht allzu langer Zeit hatte es erst einen Einbruch in die Kirche gegeben, bei dem eine wertvolle Madonnastatue geraubt worden war.
Die Polizei hatte die Diebe zwar dingfest machen können, und die Statue war längst wieder an ihrem angestammten Platz, doch Nachahmer gab es immer wieder. Allerdings wollte der Doktor, ohne einen konkreten Verdacht, nicht gleich die Pferde scheu machen, darum beschloß er, die merkwürdige Gestalt zunächst einmal alleine zu verfolgen und herauszufinden, wer sie war und was sie vorhatte.
Er eilte ins Schlafzimmer und zog sich blitzschnell an. Dann rannte er die Treppe hinunter, schloß die Haustür auf und lief auf die Straße. Von der Gestalt war nichts zu sehen, doch der Arzt ahnte die ungefähre Richtung, in die sie gegangen sein mußte. Und richtig – als Toni Wiesinger an der Kirche um die Ecke bog, schlurfte sie in einigen Metern Entfernung vor ihm.
Die Kirche war also nicht das Ziel, dennoch war Toni neugierig geworden, zumal ihm die geheimnisvolle Gestalt zumindest von der Statur her bekannt vorkam. Der Arzt folgte in einigem Abstand und achtete darauf, immer im Schatten der Häuser und Bäume zu bleiben, an denen er vorüberkam.
Es war schon sehr merkwürdig, wie der Dunkelgekleidete sich verhielt. Ab und zu blieb er stehen, schaute sich um, warf einen Blick zum Himmel und schlurfte dann weiter, aus dem Dorf hinaus. Einmal, als er wieder zum Himmel hinaufschaute, drehte er sich dabei in Tonis Richtung, und der Arzt erkannte, wen er da vor sich hatte.
Den Brandhuber-Loisl!
Na, Bursche, dir bleib’ ich auf den Fersen, dachte der junge Mediziner, wenn du hier nächtens durch die Gegend schleichst – dann willst’ bestimmt irgendeinen Schabernack aushecken!
*
Der Brandhuber war an einer großen Wiese angekommen, die bis an den Berghang heranreichte. Unmengen von Blumen und Wildkräutern wuchsen auf ihr. Bärlauch und Enzian, Rittersporn und Fingergut, Ringelblumen. Loisl hüpfte von einer Stelle zur anderen, pflückte Pflanze um Pflanze und gab dabei ein beschwörend klingendes Gemurmel von sich.
Toni Wiesinger hatte sich hinter den Pfosten eines Weidezaunes gedrückt, der einen Teil der Wiese begrenzte. Zuerst konnte er gar nicht verstehen, was der Alte da vor ihm tat, doch dann dämmerte es ihm allmählich, und er wußte nicht, ob er lachen oder sich ärgern sollte. Schließlich war das, was Loisl da machte, auch gegen ihn, den Mediziner, gerichtet. In erster Linie sogar.
Nach einer guten Weile hatte der Wunderheiler offenbar seinen Korb gefüllt, denn er reckte und streckte sich, um seinen, vom vielen Bücken angestrengten Rücken zu entspannen. Dann jedoch machte er sich nicht auf den Heimweg, wie Toni annahm, sondern Loisl stellte den gefüllten Korb mitten auf der Wiese ab, so daß er vom vollen Licht des Mondes beschienen wurde, und tanzte dann einen sonderbaren Reigen um den Korb herum.