Fang mich auf, wenn ich falle: Dr. Norden Extra 132 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben.
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
Wie gebannt saß Asta Scherff vor dem Fernseher und starrte auf den Bildschirm. Mit angehaltenem Atem verfolgte sie den Mann, der eben seine Wohnung betrat. Obwohl er arbeitslos war, machte er einen müden, erschöpften Eindruck wie nach einem langen Arbeitstag. Bartstoppeln bedeckten sein Kinn wie ein dunkler Schatten, seine Schultern waren vorn übergebeugt, als er seine Frau begrüßte, die schon vor einer Stunde von ihrer schweren Arbeit in der Fischfabrik zurückgekehrt war. Voller Mitgefühl verfolgte Asta die Bilder, die vor ihren Augen abliefen. Im Gegensatz zu dem müden Mann im Film wußte sie, dass seine Frau ihren Koffer gepackt hatte, der verborgen neben dem Sofa stand. Ihr Herzschlag drohte zu stocken, als die beiden sich jetzt begrüßten. Schon wollte die Frau den Mund öffnen, um ihrem Mann zu sagen, dass sie ihn verlassen würde, dieses Leben keine Sekunde länger mehr ertrug. Doch ein Blick in sein hoffnungsloses Gesicht ließ sie schweigen. Astas Augen schwammen in Tränen, als sich die beiden in die Arme fielen und aneinander Halt suchten. Schniefend suchte sie nach einem Papiertaschentuch, als sie deutlich einen Blick im Rücken fühlte. Asta drehte sich um und erkannte verschwommen das Gesicht ihres Mannes Carsten, der breit grinste, dass seine weißen Zähne blitzen. »Typisch meine Frau!« lachte er jetzt und ging auf Asta zu, um sie zu begrüßen. »Heult wegen einem Film. Liebling, das sind doch nur Geschichten, die sich jemand ausgedacht hat, keine Realität.« »Und ob das die Wirklichkeit ist«, verteidigte sich Asta energisch. »Wir leben nur in einer ganz anderen Welt, um dieses Drama der Arbeitslosigkeit wirklich verstehen zu können. Diese armen Leute, die über ihrer Verzweiflung auch noch ihre Liebe verlieren!«
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Buchvorschau
Fang mich auf, wenn ich falle - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Extra
– 132 –
Fang mich auf, wenn ich falle
Ich habe doch nur dieses eine Leben
Patricia Vandenberg
Wie gebannt saß Asta Scherff vor dem Fernseher und starrte auf den Bildschirm. Mit angehaltenem Atem verfolgte sie den Mann, der eben seine Wohnung betrat. Obwohl er arbeitslos war, machte er einen müden, erschöpften Eindruck wie nach einem langen Arbeitstag.
Bartstoppeln bedeckten sein Kinn wie ein dunkler Schatten, seine Schultern waren vorn übergebeugt, als er seine Frau begrüßte, die schon vor einer Stunde von ihrer schweren Arbeit in der Fischfabrik zurückgekehrt war. Voller Mitgefühl verfolgte Asta die Bilder, die vor ihren Augen abliefen. Im Gegensatz zu dem müden Mann im Film wußte sie, dass seine Frau ihren Koffer gepackt hatte, der verborgen neben dem Sofa stand. Ihr Herzschlag drohte zu stocken, als die beiden sich jetzt begrüßten. Schon wollte die Frau den Mund öffnen, um ihrem Mann zu sagen, dass sie ihn verlassen würde, dieses Leben keine Sekunde länger mehr ertrug. Doch ein Blick in sein hoffnungsloses Gesicht ließ sie schweigen. Astas Augen schwammen in Tränen, als sich die beiden in die Arme fielen und aneinander Halt suchten. Schniefend suchte sie nach einem Papiertaschentuch, als sie deutlich einen Blick im Rücken fühlte. Asta drehte sich um und erkannte verschwommen das Gesicht ihres Mannes Carsten, der breit grinste, dass seine weißen Zähne blitzen.
»Typisch meine Frau!« lachte er jetzt und ging auf Asta zu, um sie zu begrüßen. »Heult wegen einem Film. Liebling, das sind doch nur Geschichten, die sich jemand ausgedacht hat, keine Realität.«
»Und ob das die Wirklichkeit ist«, verteidigte sich Asta energisch. »Wir leben nur in einer ganz anderen Welt, um dieses Drama der Arbeitslosigkeit wirklich verstehen zu können. Diese armen Leute, die über ihrer Verzweiflung auch noch ihre Liebe verlieren!« Sie warf einen letzten Blick auf den Bildschirm, wo der Abspann des preisgekrönten spanischen Melodrams lief und drückte dann auf den Knopf der Fernbedienung.
»Du scheinst es auf jeden Fall verstanden zu haben, sonst würdest du nicht heulen wie ein Schlosshund, oder?«
»Nichts verstehen wir. Diese Leute haben nichts, verstehst du, kein schönes, gepflegtes Haus wie wir, kein schickes Auto vor der Tür. Nein, ich bleibe dabei, in diese Situation können wir uns nicht versetzen.«
»Ehrlich gesagt will ich das auch gar nicht«, wandte Carsten ein, dem diese Diskussion auf die Nerven zu gehen begann. »Ich hatte mich auf eine nette Begrüßung meiner Frau und meines Sohnes gefreut, auf ein schönes, kühles Bier nach meinem anstrengenden Arbeitstag, vielleicht eine kleine Massage … und was muss ich tun? Über einen sozialkritischen Film diskutieren.«
Beschämt blickte Asta zu Boden.
»Es tut mir leid, Carsten, wirklich. Wie geht es dir denn?« schlug sie dann einen versöhnlichen Ton an und schmiegte sich eng an ihn. Das wirkte. Zufrieden lockerte er seine Krawatte und setzte ein mitleidheischendes Lächeln auf.
»Das erzähle ich dir gleich. Ich gehe nur schnell nach oben und ziehe mich um.«
Asta nickte und blickte Carsten nach, wie er mit athletischen Sprüngen die Treppe hinaufsprang. Obwohl sie schon seit so vielen Jahren verheiratet waren, war er in ihren Augen immer noch der Traummann schlechthin, mit einer durchtrainierten Figur, und mit inzwischen leicht angegrauten Schläfen, was seiner Attraktivität keinen Abbruch tat, ganz im Gegenteil. Ihr gemeinsames Leben erfüllte sie immer noch mit großer Zufriedenheit, auch wenn sie sich seit der Geburt ihres einzigen Kindes Kai vor dreizehn Jahren hauptsächlich um Sohn und Haushalt kümmerte. Sie war kein besonders ehrgeiziger Mensch und hatte ihren Beruf als Goldschmiedin ohne Wehmut aufgegeben. Seitdem fand sie ihre Erfüllung darin, ihrer Familie ein gemütliches Nest zu bieten. Carsten begrüßte und unterstützte die Einstellung seiner Frau. Jedes Mal, wenn er im Kollegenkreis von Asta berichtete, erntete er ungläubiges Staunen und neidische Blicke. Viele seiner Kollegen mussten neben ihrem anstrengenden Beruf auch noch einen Teil der Hausarbeit übernehmen, weil ihre Frauen in die Arbeitswelt zurückgekehrt waren.
»Meine Frau ist vollkommen glücklich zu Hause«, pflegte er in selbstherrlichem Ton zu verkünden. »Sie liebt es, sich um Kind, Haus und Garten zu kümmern und uns das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Asta braucht diesen ganzen Quatsch wie Selbstbestätigung nicht. Meine Liebe ist ihr Bestätigung genug.«
»Du Glücklicher«, schallte es dann jedes Mal von allen Seiten. »So schön möchte ich es auch mal haben.«
Unwillkürlich musste Carsten lächeln, wenn er daran dachte. Auch jetzt, als er die Treppe wieder herunterkam. Asta stand inzwischen an der Küchenzeile, die den Mittelpunkt des modern gestalteten Wohnbereichs des Einfamilienhauses bildete, und hob die Augen, als sie ihn bemerkte.
»Was ist, warum grinst du so vor dich hin?«
»Ach, ich dachte nur gerade daran, wie schön ich es hier mit dir und unserem Sohn habe«, gab Carsten zurück und lugte neugierig über den Tresen, um in den halb geöffneten Topf zu schauen. »Apropos Sohn, wo steckt denn Kai überhaupt? Immerhin ist es schon nach acht Uhr.«
»Er ist mit Freunden ins Kino gegangen«, erklärte Asta und rührte in dem Topf, in dem sie eine cremig weiße Soße für die Nudeln wärmte.
»So spät noch?«
»Carsten, erstens ist heute Freitag und außerdem ist dein Sohn kein kleines Kind mehr. Immerhin ist er dreizehn. Die anderen Jugendlichen dürfen schon viel mehr als er.«
»Du weißt, dass mich die anderen nie sonderlich interessiert haben. Wir haben unsere eigenen Erziehungsmethoden«, verfiel er in einen strengen Tonfall, aber Asta hob nur ungerührt die Augenbraue.
»Moment, darf ich dich an unsere Vereinbarung erinnern? Du kümmerst dich um deinen Beruf, und ich kümmere mich um das, was hier passiert. In Ordnung?«
»Also schön.« Carsten lachte gutmütig. Eigentlich hatte er tatsächlich keine Lust, sich mit Kindererziehung zu beschäftigen. Viel lieber wollte er Asta von seinem Alltag erzählen. Er holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank, setzte sich an den Esstisch und sah durch die großzügigen Glasfronten nach draußen in den dämmrigen Garten. Nur hier und da waren noch schemenhaft einige Umrisse zu erkennen, ließ sich die japanische Statue erahnen und die Holzbrücke, die über einen länglich angelegten Teich führte. All das war Astas Werk, die sich schon seit Jahren ausgiebig mit japanischer Gartenkunst beschäftigte und jeden Sommer mit Eifer an der Vervollkommnung ihres Kunstwerks arbeitete. »Schön, wirklich sehr schön haben wir es hier. Eine Oase der Ruhe und des Friedens. Was für ein Glück habe ich doch«, murmelte Carsten zufrieden, während Asta ihm das Abendessen servierte.
»War es denn wieder so hektisch bei dir?« erkundigte sie sich mitfühlend und setzte sich mit einem Glas Weißwein zu ihm, um ihm Gesellschaft zu leisten.
»Als Bezirksleiter einer Bausparkasse kann man sich niemals auf seinen Lorbeeren ausruhen. Außerdem war heute Wolf da, um eine neue Mitarbeiterin aus der Hauptstelle vorzustellen. Agnes Schöne heißt sie, scheint eine recht ehrgeizige Person zu sein.« Nachdenklich drehte Carsten eine Nudel um seine Gabel und tauchte sie in die Soße. »Banklehre, anschließendes Studium, Abteilungsleiterin. Und jetzt der Job bei uns«, murmelte er vor sich hin. »Und das alles in Rekordzeit. Bin gespannt, wo die noch hin will.«
»Es ist doch schön, wenn sich auch Frauen in dieser harten Berufswelt behaupten. Vor diesen Leuten habe ich großen Respekt.«
»Ach was«, unwillig schüttelte Carsten den Kopf. »Das könntest du auch. Aber ich bin froh, dass du es nicht tust. Deine Arbeit hier ist mindestens genauso viel wert. Denk doch allein an die Verantwortung, ein Kind zu erziehen und es zu einem nützlichen Mitglied der Gesellschaft zu machen. Das ist eine wahre Leistung, auf die man stolz sein kann.«
»Dann betrachtest du deinen Beruf auch als nebensächlich?« lächelte Asta anzüglich und nahm einen Schluck Wein. Sie wußte, damit hatte sie Carsten