Christiane galoppiert ins Glück: Fürstenkrone 268 – Adelsroman
Von Sina Holl
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Über dieses E-Book
Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit.
"Fürstenkrone" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
Die Gegend um Elmenhorst war schon immer ein stiller Winkel gewesen. Die aufregenden Ereignisse der Weltgeschichte waren vorbeigegangen, ohne tiefere Spuren zu hinterlassen. Es war, als gingen die Uhren etwas langsamer als im Rest der Welt. Rhythmus des Landes war ruhig geblieben, fast wie zu der Zeit, als die Tagelöhner auf den großen Landgütern noch in Katen lebten, deren Fußböden aus gestampftem Lehm bestanden. Obstbäume warfen ihre Schatten auf die kopfsteingepflasterte Landstraße, Enten schnatterten am idyllischen Dorfteich und eine Katze döste auf dem Fensterbrett eines reetgedeckten Bauernhauses. Irgendwo krähte ein Hahn, und ein Hund bellte, als Christiane die Tür ihrer kleinen Praxis schloß. Sie blickte sich um und atmete tief die Landluft ein. Wie hatte ihr das alles gefehlt! Kein Vergleich zum quirligen Hamburg, dem hektischen Treiben der Großstadt. Noch prangte das Schild von Dr. Röder neben der Tür, aber Dr. Röder hatte sich zur verdienten Ruhe gesetzt. Der Preis, den er für seine kleine Tierarztpraxis haben wollte, erschien Christiane akzeptabel, so daß sie spontan zugesagt hatte, als Dr. Röder ihr das Angebot unterbreitete. Es war natürlich auch kein Vergleich zu der modernen Praxis, in der sie bisher gearbeitet hatte. Doch hier würde sie wohl kaum einen überfressenen Hund, eine gelangweilte Katze oder eine liebesunwillige Riesenschlange zu behandeln haben. Hier mußte sie Kühe, Pferde, Schafe und Kaninchen behandeln, einem Hofhund die Zecken entfernen und einer Stallkatze die Ohren gegen Milben auspinseln. Und sie würde Pferde behandeln, die Pferde aus der wunderbaren Zucht des Grafen von Lüthmers. O ja, sie kannte diese Zucht. In der großen Tierklinik, in der sie jahrelang praktiziert hatte, hatte sie die vielen wertvollen Erfahrungen gesammelt, auf die es bei der Behandlung der sensiblen Tiere ankam.
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Buchvorschau
Christiane galoppiert ins Glück - Sina Holl
Fürstenkrone
– 268 –
Christiane galoppiert ins Glück
Unveröffentlichter Roman
Sina Holl
Die Gegend um Elmenhorst war schon immer ein stiller Winkel gewesen. Die aufregenden Ereignisse der Weltgeschichte waren vorbeigegangen, ohne tiefere Spuren zu hinterlassen. Es war, als gingen die Uhren etwas langsamer als im Rest der Welt. In der sanftgewellten Hügellandschaft lagen die verschlafenen kleinen Dörfer verstreut zwischen Feldern, der
Rhythmus des Landes war ruhig geblieben, fast wie zu der Zeit, als die Tagelöhner auf den großen Landgütern noch in Katen lebten, deren Fußböden aus gestampftem Lehm bestanden.
Obstbäume warfen ihre Schatten auf die kopfsteingepflasterte Landstraße, Enten schnatterten am idyllischen Dorfteich und eine Katze döste auf dem Fensterbrett eines reetgedeckten Bauernhauses. Irgendwo krähte ein Hahn, und ein Hund bellte, als Christiane die Tür ihrer kleinen Praxis schloß. Sie blickte sich um und atmete tief die Landluft ein. Wie hatte ihr das alles gefehlt! Kein Vergleich zum quirligen Hamburg, dem hektischen Treiben der Großstadt. Noch prangte das Schild von Dr. Röder neben der Tür, aber Dr. Röder hatte sich zur verdienten Ruhe gesetzt. Der Preis, den er für seine kleine Tierarztpraxis haben wollte, erschien Christiane akzeptabel, so daß sie spontan zugesagt hatte, als Dr. Röder ihr das Angebot unterbreitete. Es war natürlich auch kein Vergleich zu der modernen Praxis, in der sie bisher gearbeitet hatte. Doch hier würde sie wohl kaum einen überfressenen Hund, eine gelangweilte Katze oder eine liebesunwillige Riesenschlange zu behandeln haben. Hier mußte sie Kühe, Pferde, Schafe und Kaninchen behandeln, einem Hofhund die Zecken entfernen und einer Stallkatze die Ohren gegen Milben auspinseln. Und sie würde Pferde behandeln, die Pferde aus der wunderbaren Zucht des Grafen von Lüthmers. O ja, sie kannte diese Zucht. In der großen Tierklinik, in der sie jahrelang praktiziert hatte, hatte sie die vielen wertvollen Erfahrungen gesammelt, auf die es bei der Behandlung der sensiblen Tiere ankam.
Doch vorerst blieb das Telefon still. In den nächsten Tagen würde sie einmal dem Grafen einen Besuch abstatten. Ob er sie wiedererkennen würde? Damals hatte er sie häufig vom Hof gejagt, wenn sie sich die Nase an den Boxengittern der Pferde plattgedrückt hatte, bis sich der Stallmeister ihrer erbarmte. Sie durfte die Boxen einstreuen, die Pferde putzen, und als besondere Höhepunkte sogar reiten.
Wie lange war das her! Sie lächelte versonnen. Doch dann verdüsterte sich ihr Gesicht. Sie dachte an ihre Pflegemutter, und ihr Schritt beschleunigte sich. Es waren nur wenige Meter bis zu dem kleinen Backsteinhaus, das sich unter dem mächtigen Reetdach duckte.
In der kleinen Stube mit der niedrigen Decke lag Friederike Remkow auf dem Kanapee, die Beine mit einer großkarierten Decke verhüllt. Sie schien zu schlafen. Doch als Christiane ihr sanft eine Strähne des grauen Haares aus der Stirn strich, öffnete sie die Augen. Ein gequältes Lächeln lag auf ihrem Gesicht. »Hast du Schmerzen, Mutter?« wollte Christiane wissen.
Tapfer schüttelte Friedrike Remkow den Kopf, doch die zwei scharfen Falten um ihren Mundwinkel straften sie Lügen. Besorgt blickte Christiane auf die alte Frau hinab. Sie war nicht ihre leibliche Mutter, doch Friederike hatte sie wie ein eigenes Kind aufgezogen. Wer ihre Eltern waren, was aus ihnen geworden war, darüber sprach Friederike nie. Nur ein einziges Mal, am Tage ihrer Konfirmation, hatte Christiane etwas erfahren. Ihre Mutter sei kurz nach ihrer Geburt verstorben, ihr Vater unbekannt. Damit ihr das Waisenhaus erspart bliebe, hatte die damals bereits fünfundvierzigjährige Friederike die kleine Christiane zu sich genommen. Auch Fritz Remkow, Friederikes Mann, hatte versucht dem Kind ein Vater zu sein. Er war damals fast fünfzig Jahre alt und mit der kleinen bäuerlichen Wirtschaft beschäftigt, die sie betrieben. Christiane wuchs ohne Reichtum und Luxus auf, aber wohlbehütet und zutiefst geliebt. Deshalb gab es für sie auch kein Zögern, als Fritz Remkow eines Tages in Hamburg anrief und mit stockender Stimme erzählte, daß es Friederike nicht gut ging. Christiane gab ihre gutbezahlte Arbeit auf, verließ Hamburg und kümmerte sich um ihre alten Pflegeeltern.
Friederike litt an schmerzhaftem Rheuma, das ihr an manchen Tagen jede Bewegung zur Qual werden ließ. Doch Christiane unterstützte sie, so gut es ging. Daß sie ihre Arbeit vermißte, ließ sie sich nicht anmerken. Friederike spürte es sehr wohl. Sie fühlte sich schuldig, Christianes Karriere als Tierärztin zerstört zu haben. Christiane wollte davon jedoch nichts hören. Und als sich die Gelegenheit bot, Dr. Röders Praxis zu übernehmen, griff sie sofort zu. So konnte sie als Tierärztin arbeiten und sich trotzdem um ihre Pflegeeltern kümmern. Sie bewohnte ihr altes Kinderzimmer, das sie sich etwas moderner einrichtete.
Nur zögerlich kamen die Dorfbewohner, um ihre Tiere von Christiane behandeln zu lassen. Eine Frau als Viehdoktor war in diesem gottverlassenen Winkel eben keine Selbstverständlichkeit.
Sie zuckte zusammen, als das Telefon im kleinen Flur des Hauses klingelte. Sie hatte das Telefon in der Praxis auf das Haustelefon umgeleitet, so daß sie ständig zu erreichen war.
»Hallo, hier ist Schloß Lüthmers, der Stallmeister Brüsing. Sagen Sie bitte Dr. Röder, er muß umgehend zum Stall kommen. Eine unserer Stuten hat eine schwere Kolik.«
»Dr. Röder ist nicht mehr da. Ich…«
»Dann suchen Sie ihn, es ist dringend!«
Mit einem lauten Krachen fiel der Hörer in die Gabel, Christiane blickte mit zusammengezogenen Brauen auf ihr Telefon. Es ging also los! Jetzt mußte sie sich beweisen. Sie atmete tief durch, dann ging sie zurück zu Friederike. »Brauchst du deine Medizin?« fragte sie besorgt.
»Aber nein, mein Kind. Ich habe sie ja schon genommen. Wir bekommen nur anderes Wetter, deswegen geht es mir nicht besonders. Laß dich nicht von deiner Arbeit abhalten. War das ein Patient?«
Christiane lachte. »Der Besitzer eines Patienten. Ich bin schon unterwegs!«
*
Als Christiane den Wagen in die schnurgerade Allee lenkte, schlug ihr Herz schneller. Wie sehr hatte sich dieser Anblick in ihrer Seele festgesetzt. Viele Jahre ihres Lebens, ihrer Kindheit und ihrer Jugend hatte sie hier verbracht. Unbewußt fühlte sie eine leise Wehmut in sich aufsteigen. Die Kinder- und Jugendjahre waren vorbei. Was würde sich wohl alles hier verändert haben? Hatte sich überhaupt etwas verändert?
Langsam rollte der Wagen zwischen den beiden Reihen hoher Linden hindurch, die sich wie das Gewölbe eines Doms mit ihren Kronen berührten und eine wunderschöne, erhabene Kathedrale der Natur bildeten. Unwillkürlich ergriff jeden, der sie entlangging, eine eigenartige Stimmung. Auch Christiane spürte diesen Zauber.
Dann erreichte sie das große, eiserne Tor, und der faszinierende Bau des Schlosses Lüthmers zu Birgenweiher lag vor ihr. Es war ein über zweihundert Jahre altes Barockschloß. Den Mittelpunkt bildete das etwas zurückgesetzte Hauptgebäude mit dem eindrucksvollen Portal. Darüber erhob sich das Giebeldreieck mit dem schön plastisch gestalteten gräflichen Wappen und dem vergoldeten Spruch Respice finem. Symmetrisch schlossen sich die um eine Etage niedriger als das Haupthaus gehaltenen Verbindungsflügel und die quadratischen Eckpavillons mit den Türmchen an. Wie hatte Christiane dieses wunderschöne Schloß geliebt und sich als Kind gewünscht, seine Herrin zu sein. In ihren Träumen schritt sie die breite Schloßtreppe hinab, die vom Spiegelsaal aus in den Park führte. Dann war sie eine Prinzessin mit einer goldenen Krone auf dem Kopf, in ein wallendes Kleid gewandet, mit feinen seidenen Schuhen an den Füßen. Im Schloßteich wohnte der Froschkönig und im Gartenhäuschen die Hexe, die Hänsel gefangen hielt. Unter den mächtigen Bäumen hausten Zwerge und Elfen, und auf der kleinen Insel im Teich