Vergeltung: Die großen Western 307
Von Frank Wells
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Über dieses E-Book
Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen).
Drei Monate im Jahr ist Wells City eine wilde Stadt. Dann lösen drei Town-Marshals sich ständig ab, um die losgelassenen Männer der Treibherdenmannschaften halbwegs im Zaum zu halten. Wells City ist nämlich eine Rinderstadt, die Endstation der North-Western-Railway und Verladestation für zigtausend Rinder, die von allen Seiten herbeigetrieben werden. Die Stadt lebt von der Eisenbahn und von den Rindern. Die Leute leben vom Schnaps, vom Poker, von Tanzhallen und allen jenen Vergnügungen, die ausgehungerte Cowboys ersehnen. Drei Monate im Jahr ist Wells City das Eldorado der Glücksspieler und krummen Existenzen. Aber die übrigen neun Monate döst die Stadt vor sich hin und wartet auf die neue Saison. Die Sonne malt goldene Reflexe in den Fensterscheiben. Der Wind fährt mit streichelnder Hand durch Lightnings silberne Mähne. Der Hengst spielt ungeduldig mit den Ohren und bleckt die Zähne zu Cliff Barker herauf. Sie sehen beide nicht besonders gut aus nach diesem Ritt über fünfhundert Meilen. Ein bißchen mager und struppig sind sie beide, den rotbraunen Staub des Felsengebirges und der Alkali-Wüste in jeder Falte und Ritze, auf jedem Haar – bedeckt sie einfach überall. Und wenn alles stimmt, was Cassy Barker vor Jahr und Tag über das Puma-County geschrieben hat, dann ist es das Land, in dem Milch und Honig fließt. Cassy, das ist Cliffs Bruder. Genauer gesagt, sein Zwillingsbruder. Früher waren sie immer ein Herz und eine Seele – bis die Frau dazwischen kam. Cassy Barker hat sie geheiratet und ist glücklich. Virginia hat den ruhigen und besonnenen Mann gewählt, nicht den wilden Rowdy, der Cliff Barker damals gewesen ist. Das ist jetzt sieben Jahre her. Zeit genug, um zu vergessen.
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Vergeltung - Frank Wells
Die großen Western
– 307 –
Vergeltung
Frank Wells
Drei Monate im Jahr ist Wells City eine wilde Stadt. Dann lösen drei Town-Marshals sich ständig ab, um die losgelassenen Männer der Treibherdenmannschaften halbwegs im Zaum zu halten. Wells City ist nämlich eine Rinderstadt, die Endstation der North-Western-Railway und Verladestation für zigtausend Rinder, die von allen Seiten herbeigetrieben werden.
Die Stadt lebt von der Eisenbahn und von den Rindern. Die Leute leben vom Schnaps, vom Poker, von Tanzhallen und allen jenen Vergnügungen, die ausgehungerte Cowboys ersehnen.
Drei Monate im Jahr ist Wells City das Eldorado der Glücksspieler und krummen Existenzen.
Aber die übrigen neun Monate döst die Stadt vor sich hin und wartet auf die neue Saison.
Die Sonne malt goldene Reflexe in den Fensterscheiben. Der Wind fährt mit streichelnder Hand durch Lightnings silberne Mähne. Der Hengst spielt ungeduldig mit den Ohren und bleckt die Zähne zu Cliff Barker herauf. Sie sehen beide nicht besonders gut aus nach diesem Ritt über fünfhundert Meilen. Ein bißchen mager und struppig sind sie beide, den rotbraunen Staub des Felsengebirges und der Alkali-Wüste in jeder Falte und Ritze, auf jedem Haar – bedeckt sie einfach überall.
Und wenn alles stimmt, was Cassy Barker vor Jahr und Tag über das Puma-County geschrieben hat, dann ist es das Land, in dem Milch und Honig fließt.
Cassy, das ist Cliffs Bruder. Genauer gesagt, sein Zwillingsbruder. Früher waren sie immer ein Herz und eine Seele – bis die Frau dazwischen kam.
Virginia…
Cassy Barker hat sie geheiratet und ist glücklich. Virginia hat den ruhigen und besonnenen Mann gewählt, nicht den wilden Rowdy, der Cliff Barker damals gewesen ist.
Das ist jetzt sieben Jahre her. Zeit genug, um zu vergessen. Die alte Wunde schmerzt nicht mehr.
Und doch schlägt Cliff Barkers Herz einen Takt schneller, wenn er an Virginia denkt. Er hat sie geliebt, wie ein Mann nur einmal lieben kann.
Sie wird es nie erfahren. Auch Cassy wird es nie erfahren, denn sie sind die besten Menschen, die Cliff kennt – und sie verdienen alles Glück dieser Erde.
Sie haben sich im Schweiße ihres Angesichts eine neue Existenz aufgebaut, in einem neuen Land. Und Cliff ist in all diesen Jahren ruhelos von Ort zu Ort gezogen – ein Mann mit dem traurigen Ruf, schnell mit dem Revolver zu sein.
Wells City döst träge im Mittagsschlaf vor sich hin. Auf der Main-Street reiht sich Bar an Bar, Saloon an Saloon, Hotel an Hotel. Vor dem erstbesten Restaurant sitzt Cliff ab und führt seinen silbergrauen Hengst in den Stall.
Es scheint keines der üblichen Nepp-Lokale zu sein. Außer Cliff sind nur noch drei Gäste da, die ihn zunächst groß anstarren und dann weiter ihre Suppe löffeln.
Der behäbige Wirt kommt gemächlich hinter der Theke hervor und nimmt Cliffs Bestellung entgegen. Auch er mustert den Stranger scharf, schüttelt endlich den Kopf und sagt dann: »Ich will doch auf der Stelle tot umfallen, wenn Sie nicht Mr. Barker sind!«
»Hm«, brummt Cliff heiser, denn der Staub von fünfhundert Meilen kratzt in seiner Kehle, »und was wäre dabei?«
Der Wirt hebt die Schultern.
»Nichts natürlich. Nur, ich hätte tausend Dollar gewettet, daß Sie vor ’ner guten Stunde aus der Stadt geritten sind.«
Cliff grinst und schaut unwillkürlich in den großen Spiegel hinter der Theke. Früher einmal hat es kaum einen Menschen gegeben, der Cassy und ihn auseinanderhalten konnte.
Sogar ihre Mutter hat sich oft vertan. Cassy hat oft Prügel eingesteckt für die dummen Streiche, die Cliff ausgeheckt hatte. Das war ein Mordsspaß.
Well, jetzt liegt sein Gesicht unter einer dicken Staubschicht verborgen. Deshalb haben diese braven Leute ihn wohl auch alle so angestarrt. Sie sehen Cassy in ihm. Nun, warum soll er ihnen den Spaß verderben.
»Und wohin bin ich geritten?« fragt Cliff harmlos.
Auf die Art erfährt er auch gleich, wo die Ranch Cassys liegt.
Der Wirt ist ein wenig ratlos.
»Auf den Weg nach Altadena natürlich. Aber ich muß mich doch wohl geirrt haben. Natürlich habe ich mich geirrt, denn Sie sind ja ganz anders gekleidet als der Mann, den ich für Sie gehalten habe. Und außerdem so verstaubt. Wenn Sie sich vor dem Essen säubern möchten? War wohl ein schneller Ritt, wie?«
Wenn Cassy wirklich in der Stadt gewesen und jetzt auf dem Heimweg ist, kann er ihn vielleicht noch einholen. Es wäre schön, wenn sie die erste Stunde ganz für sich hätten.
»Geht’s schnell mit dem Essen?« fragt Cliff.
Der Wirt nickt. Cliff folgt ihm, um sich ein bißchen menschlich herzurichten.
Als er gewaschen und frisch rasiert in den Spiegel schaut, kommt er sich direkt zehn Jahre jünger vor. Nur in seiner Lederkleidung nistet noch der Staub.
Er nimmt seinen Fensterplatz wieder ein und macht sich über das Essen her.
Ein paar Reiter kommen den Weg von Westen herunter, von den sonnenverbrannten gelben Hügeln. Sie reiten struppige Gäule. Ihre Art, im Sattel zu sitzen, hat etwas Besonderes, das sofort Cliffs Aufmerksamkeit erregt.
»Stinger Dunn«, murmelt der Wirt neben ihm. »Ich wundere mich sehr, daß Sie ihn im Puma County dulden, Mr. Barker. Dem steht doch das Gewerbe auf dem Gesicht geschrieben!«
Cliff nickt automatisch.
Stinger Dunn! Der Name löst ein Alarmsignal in ihm aus, und die Narbe an seinem Hals beginnt wieder zu brennen. Dort hat ihn Dunns Kugel getroffen. Drei Jahre ist es her. Vor drei Jahren auf der Straße nach Silver Bow. Sie waren zu dritt, aber nur Stinger Dunn hat es überlebt – und Cliff Barker. Wenn dieses verdammte Loch in seinem Hals nicht gewesen wäre, hätte er sich auf Dunns Fährte gesetzt.
Stinger Dunn! Er ist ein Satan, nicht nur mit dem Colt. Er hat seinen Weg durch den Westen mit blutigen Meilensteinen markiert. Und jetzt ist er also im Puma County.
Es gibt keinen Zweifel darüber, daß er etwas im Schilde führt. Diese Sorte führt immer etwas im Schilde, so wie damals in Silver Bow, als Dunn mit seiner Bande der Schrecken der Prärie war.
Seine Suppe ist gegessen, als die vier Reiter auf der Straße vorbeiziehen.
Stinger Dunn reitet eine halbe Länge vor den drei anderen. Er ist wie damals in schwarzes glänzendes Leder gekleidet. Sein kaltes, arrogantes Gesicht mit dem dünnen Bart auf der Oberlippe sieht eher wie das eines erfolgreichen Geschäftsmannes als das eines Killers aus. Nur die harten kieselsteinartigen Augen verraten etwas von der Brutalität, die in ihm steckt. Er ist ein gnadenloser Mann.
Die drei Männer hinter ihm stehen ihm kaum nach. Ihre Kleidung ist allerdings verlotterter als die ihres Chefs. Sie sitzen sorglos in den Sätteln, aber ihre Augen wandern wachsam umher.
*
Es geschieht eine Viertelstunde später. Es geschieht ohne jede Vorankündigung, wie ein Blitz aus heiterem Himmel.
Cliff Barker sieht es von seinem Fensterplatz aus und kann gar nichts tun, gar nichts. Ein Mann mit leerer Hüfte ist in solcher Situation hilfloser als ein Baby.
Stinger Dunn und seine Komplicen sind in einem Hotel zwei Häuser weiter abgestiegen. Ihre Broncos stehen mit hängenden Köpfen an der Haltestange in der glühenden Mittagssonne.
Die Luftklappe am Fenster ist geöffnet, so daß jedes Geräusch ganz deutlich von der Straße hereinkommt.
So hört Cliff auch das Klappern der Tür, als auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein großer, wuchtiger Mann ein Haus verläßt. Das Schild an dem Haus kündet an, daß dort Otto Preminger, seines Zeichens Viehhändler, wohnt.
Aber der Mann, der die Straße jetzt überquert und zum Restaurant kommt, ist kein Viehhändler. Er ist Cowboy oder Rancher, das sieht man auf den ersten Blick.
Der schwere Mann ist noch drei Schritte von der Veranda entfernt, als Cliff die harte Stimme hört, die er seit Jahren im Ohr trägt und nie vergessen wird.
Stinger Dunns Stimme.
»Hallo – Dick Gregory!« sagt die Stimme. »Wenn du mich suchst – hier stehe ich.«
Der Schwere Mann bleibt plötzlich stehen und wirft den stiernackigen Schädel herum. Cliff sieht, wie er die Schultern vorschiebt, wie jäher Zorn sein Gesicht überflutet. Dieser Dick Gregory ist genau der Mann, der auf Dunns Herausforderung reinfallen muß.
»Dunn!« Die brüchige Stimme des Hünen Gregory dröhnt über die Straße. »Du hast meine Rinder gestohlen, Dunn! Du elende Beutelratte kommst nicht damit durch, nicht bei mir!«
»Wirklich nicht, Dick?«
Obwohl Cliff Stinger Dunn nicht sehen kann, weiß er, daß der Bandit jetzt wölfisch lächelt. Er sieht es, als stände er neben ihm. Er haßt diese Visage, diese gemeine Stimme, die gedehnt fortfährt: »Und deine Beweise?«
Dick Gregory dreht sich langsam. Die Sonne sticht ihm schräg von vorn ins Gesicht. Er achtet aber nicht darauf. Neben Cliff atmet der Wirt hastig und gepreßt. Er murmelt: »Mein Gott – er ist verloren! Sieht denn der Narr nicht, daß es eine Falle ist?«
Männer, die so zornig sind wie Dick Gregory, sehen nie eine Falle. Selbst wenn sie sie sehen könnten, würden sie stur weitermarschieren, denn Männer seiner Art haben Stolz, und ihr Stolz duldet nicht, daß sie auch nur einen Schritt zurückweichen.
»Ich habe Beweise!« brüllt Gregory. »Ich trage sie auf meiner Hüfte spazieren. Komm und hol sie dir!«
Well, das ist genau das, was Stinger Dunn sich vorgestellt hat. Jetzt tritt er hervor.
Er kommt vom Hotel und geht mitten auf die Straße. Er bewegt sich langsam, breitbeinig und ungeheuer selbstsicher. Er lächelt…
Nein, das ist kein Lächeln. Er zeigt nur alle Zähne wie ein Wolfsrüde, der schon Blut leckt, wenn er nur die Fährte des Schafes riecht. Er kommt