Die großen Western 151: Shane und die Rebellen
Von Joe Juhnke
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Über dieses E-Book
Obwohl der Himmel von düsteren Wolken verhangen ist, sind die Reiter deutlich zu erkennen. In breiter Kette heben sie sich vom Horizont ab, kommen heran und legen nicht die geringste Eile an den Tag. Offenbar wissen sie genau, daß ihnen ihr Wild nicht entgehen kann.
An der rechten Flanke der kleinen Herde sitzt Cass Deventer auf seinem Braunen. Er hat die Hände übereinander auf das Sattelhorn gestützt und späht aus zusammengekniffenen Augen zu dem schwach gewölbten Hügelrücken hinüber, hinter dem die Reiter offensichtlich auf der Lauer liegen.
"Da haben wir die Schweinerei also", knurrt er. "Ich habe bisher nicht glauben wollen, daß Elder Masters seine Drohung wahrmachen würde. Jetzt liefert er mir persönlich den Beweis."
Im gleichen Moment kommt von der Spitze der Herde ein Reiter zurückgaloppiert, bringt sein Pferd neben Cass Deventer zum Stehen und deutet mit einer hastigen Bewegung zu der Kette hinüber.
"He, soll das vielleicht ein Scherz sein, Cass? Oder vielleicht ein besonders zahlreiches Begrüßungskomitee? Dann vermisse ich die Blumensträuße."
"Ich auch", murmelt Cass Deventer düster. "Es sieht so aus, als ob Elder Masters nichts vom Sundown-Brand hielte. Das ist verdammt viel Aufwand für lausige hundert Kuhschwänze, meinst du nicht auch, Spud?"
"Dieser Weidepirat ist das also", erklärt der Angeredete grimmig. "Dann hat er uns bestimmt schon heimlich beobachten lassen, weil er mit seinem ganzen Aufgebot angerückt kommt. Das sind ja mehr als ein Dutzend Burschen. Was führen sie im Schilde?"
"Dreimal darfst du raten, Mister", entgegnet Cass verbissen. "Seit ungefähr drei Meilen befinden wir uns auf dem Gebiet, das Masters als seine
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Die großen Western
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Buchvorschau
Die großen Western 151 - Joe Juhnke
Die großen Western
– 151 –
Shane und die Rebellen
Joe Juhnke
Obwohl der Himmel von düsteren Wolken verhangen ist, sind die Reiter deutlich zu erkennen. In breiter Kette heben sie sich vom Horizont ab, kommen heran und legen nicht die geringste Eile an den Tag. Offenbar wissen sie genau, daß ihnen ihr Wild nicht entgehen kann.
An der rechten Flanke der kleinen Herde sitzt Cass Deventer auf seinem Braunen. Er hat die Hände übereinander auf das Sattelhorn gestützt und späht aus zusammengekniffenen Augen zu dem schwach gewölbten Hügelrücken hinüber, hinter dem die Reiter offensichtlich auf der Lauer liegen.
»Da haben wir die Schweinerei also«, knurrt er. »Ich habe bisher nicht glauben wollen, daß Elder Masters seine Drohung wahrmachen würde. Jetzt liefert er mir persönlich den Beweis.«
Im gleichen Moment kommt von der Spitze der Herde ein Reiter zurückgaloppiert, bringt sein Pferd neben Cass Deventer zum Stehen und deutet mit einer hastigen Bewegung zu der Kette hinüber.
»He, soll das vielleicht ein Scherz sein, Cass? Oder vielleicht ein besonders zahlreiches Begrüßungskomitee? Dann vermisse ich die Blumensträuße.«
»Ich auch«, murmelt Cass Deventer düster. »Es sieht so aus, als ob Elder Masters nichts vom Sundown-Brand hielte. Das ist verdammt viel Aufwand für lausige hundert Kuhschwänze, meinst du nicht auch, Spud?«
»Dieser Weidepirat ist das also«, erklärt der Angeredete grimmig. »Dann hat er uns bestimmt schon heimlich beobachten lassen, weil er mit seinem ganzen Aufgebot angerückt kommt. Das sind ja mehr als ein Dutzend Burschen. Was führen sie im Schilde?«
»Dreimal darfst du raten, Mister«, entgegnet Cass verbissen. »Seit ungefähr drei Meilen befinden wir uns auf dem Gebiet, das Masters als seine Randweide beansprucht. Jetzt holt er sich seinen Wegezoll.«
Der mit Spud angeredete Reiter fährt im Sattel herum und stiert Cass an.
»Davon hast du uns aber vorher gar nichts gesagt«, faucht er.
»Weil ihr sonst gar nicht erst mitgekommen wäret«, erwidert Cass mit beißender Ironie. »Jedermann im Long John Valley macht sich vor Elder Masters in die Hosen, und ihr seid keine Ausnahme, Spud.«
»Aber du rechnest dir noch eine Chance aus, wie?« zischt der Reiter giftig. »Bestimmt hätte es einen anderen Weg gegeben als den über Masters Weide.«
»Dann sieh dich doch um, du Narr«, erwidert Cass Deventer hart. »Wir hätten über die Wind River Range treiben müssen und in den zerklüfteten Bergen und Canyons womöglich die halbe Herde verloren. Auf der anderen Seite des Flusses zu treiben hätte keinen Sinn gehabt, weil wir dann keinen Übergang über die Schlucht mehr gefunden hätten. Ich mußte es einfach riskieren, zumal, da Masters ja keinen Schaden davon hat.«
»Nein, den werden wir haben«, sagt ein Mann, der inzwischen von der anderen Seite der Herde herübergekommen ist. »Ich habe genug von Elder Masters und seinen Methoden gehört. Aah, ihr armen Schweine. Jetzt wird er uns die Haut abziehen lassen.«
»Er wird mit sich reden lassen«, versichert Cass. »Ich bin für ihn nicht irgend jemand, sondern der Sohn seines Nachbarn.«
»Als wenn dieser Weidepirat danach fragte«, sagt Spud heiser.
»Nun…«, Cass Deventers Zögern ist kaum zu bemerken, »ich bin gewissermaßen mit seinen Kindern aufgewachsen. Dave, Vicky und Clay sind meine Freunde. Und dann habe ich noch einen besonderen Trumpf im Ärmel, mit dem Elder Masters bestimmt noch nicht gerechnet hat. Warten wir also ab.«
Offensichtlich sind die beiden Reiter von diesem Plan nicht sonderlich begeistert. Sie wechseln vielsagende Blicke, aber als Cass Deventer sein Pferd vorwärtstreibt, um zur Spitze der Herde und damit der Reiterkette entgegenzureiten, folgen sie ihm doch.
Cass Deventer erkennt seinen Widersacher schon auf große Entfernung. Elder Masters ist wirklich nicht zu übersehen. Wie ein Riese, der durch eine unverständliche Laune der Natur aus einer längst vergangenen Epoche übriggeblieben zu sein scheint, sitzt er im Sattel seines starkknochigen Fuchswallachs. Obwohl Cass das Gesicht des Weidepiraten noch nicht in seinen einzelnen Zügen unterscheiden kann, sieht er die verkniffene Miene und den grauhaarigen und mächtigen Schädel, der durch stark vorspringende Brauenwülste ständig einen drohenden und unwirschen Ausdruck erhält.
Ja, solange er denken kann, ist ihm Elder Masters schon bekannt, heute ist er der gefährlichste Mann im Long John Valley.
Die Herde ist inzwischen zum Stehen gekommen. Vor der Spitze hält das Trio und blickt den ankommenden Reitern entgegen. Die Bedrohlichkeit der Situation spiegelt sich in den Gesichtern der beiden angeworbenen Herdentreiber Cass Deventers wider.
Es ist offensichtlich, daß sie nicht die geringste Lust verspüren, sich in irgendeiner Form mit dieser Übermacht anzulegen, und selbst Cass kann die Sinnlosigkeit eines solchen Beginnens nicht übersehen. Aber trotz seiner Jugend wird er deshalb nicht kopflos. Mit seinen einundzwanzig Jahren ist er vielleicht noch kein fertiger Mann, jedoch macht sich bei ihm die harte Schule bemerkbar, die er durchgemacht hat.
Aber nun deutet nichts in seinem scharf geschnittenen, klaren und offenen Gesicht darauf hin, daß sich ihm der Magen zusammenkrampft und eine bleierne Lähmung seinen ganzen Körper zu erfüllen droht. Denn ganz im Gegensatz zu seinen optimistischen Worten ist er sich völlig darüber klar, daß alles auf des Messers Schneide steht. Elder Masters würde sicher nicht fast seine gesamte Mannschaft in die Sättel hetzen und sich mit ihr zwanzig Meilen von seinem Hauptquartier entfernt auf die Lauer legen, wenn er nicht die Absicht hätte, eine endgültige Klärung herbeizuführen.
Endgültig – dieses Wort hat für Cass einen bitteren Klang. Es erinnert ihn daran, daß diese hundert Rinder den Erlös von fünf Jahren harter Arbeit darstellen. Denn so lange hat es gedauert, um das zum Kauf dieser Herde erforderliche Kapital auf der Siedlerstelle im oberen Long John Valley zusammenzukratzen.
Für Bill Deventer, seinen Vater, bedeutete es einen letzten Versuch, aus der ewigen Misere herauszukommen. Das Land dort oben, das durch den breiten Gürtel der Triangel-M-Ranch von der Außenwelt abgeschlossen ist, schreit förmlich nach Viehwirtschaft. Es ist Grasland zum Anbau von Mais, Getreide und Kartoffeln nur stellenweise geeignet. Die Anmaßung von Elder Masters hat es jedoch verhindert, daß sie dort oben mit der Viehzucht beginnen konnten, obwohl das Gebiet der Siedlerstelle groß genug wäre für eine mehr als mittelgroße Ranch mit geradezu idealen Zuchtbedingungen.
Cass Deventer ist sich völlig darüber klar, daß die Kraft seines alternden Vaters zu einem neuen Anfang nicht mehr ausreichen wird. Nur auf diese Herde stützt sich ihre Hoffnung. Und nun?
Die Reiter sind inzwischen nahe herangekommen. Cass’ Hoffnung flackert noch einmal auf, als er links und rechts neben Elder Masters seine beiden Söhne Dave und Clay erkennt. Mag auch ihre Freundschaft während der letzten Jahre in zunehmendem Maße eingeschlafen sein, so verbinden sie doch so viele Kindheitserinnerungen, daß Cass sich nicht vorstellen kann, daß diese beiden sich an rauhen Dingen beteiligen würden.
Dave gleicht in vieler Hinsicht seinem Vater. Auch er ist grobschlächtig, hochgewachsen und schwergewichtig – ein Zweizentnermann mit kantigem Gesicht, das deutlich zeigt, daß er eines Tages die Nachfolge seines Vaters antreten wird.
Clay dagegen ist aus der Art geschlagen. Er ist schlank, beinahe feingliedrig und zweifellos gewandter und beweglicher als sein Bruder, aber trotzdem irgendwie kraftvoll und geschmeidig wie ein Panther. Sein blauschwarzes Haar und seine ständig lauernde Wachsamkeit lassen diesen Vergleich als treffend erscheinen. Um seine Lippen spielt immer ein spöttisch-verkniffenes und etwas leicht sinniges Lächeln.
Nur wenige Schritte von Cass Deventer entfernt hält Elder Masters seinen Riesengaul an und starrt finster herüber. Dave und Clay bleiben im Hintergrund, während drei Weidereiter sich links und rechts postieren, so daß sie das Trio jederzeit in die Zange nehmen können. Als Cass die Aufstellung bemerkt, kneift er bitter die Lippen zusammen
»Ihr armen Narren habt es also trotz meiner Warnung versucht«, grollt die Stimme des Alten. »Es ist schade um die Mühe, die ihr euch bei diesem Treiben gegeben habt. Ihr werdet sie nämlich nicht bezahlt bekommen.« Er läßt seine Blicke geringschätzig über die beiden Treiber schweifen und dann wieder zu Cass Deventer. »Also«, schnauft er, »hier seid ihr am Ziel. Verschwindet, Burschen, ihr werdet nicht mehr gebraucht.«
Bedrückt und ziemlich zaghaft blicken Spud und sein Kumpan einander an. Etwas unschlüssig murmelt der erstere:
»Wir haben unser Geld noch nicht bekommen, Mister. Deventer schuldet uns den Treiberlohn für drei Wochen.«
Als ob es ihm ausgesprochen lästig wäre, auf solche Dinge eingehen zu müssen, wendet sich der Alte erneut den beiden zu. Unwillig fährt er sie an: »Habt ihr mich verstanden? Ich habe gesagt, daß ihr die Mühe nicht bezahlt bekommt. Es ist euer Pech, wenn ihr euch von einem Schollenbrecher als Treiber anwerben läßt. Verschwindet also, bevor ich euch eine ganz besondere Art von Bezahlung angedeihen lasse!«
»Stop!« Diese scharf hervorgestoßenen Worte Cass Deventers reißen die beiden herum. In seine Augen ist ein harter Glanz getreten, den sie zuvor noch nicht bei ihm bemerkt haben.