Wir sind zwei: Kinderärztin Dr. Martens Classic 32 – Arztroman
Von Britta Frey
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Über dieses E-Book
Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen liebenswerten Charme.
Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert!
»Ich habe eine Überraschung für dich, über die du dich bestimmt freuen wirst, Mona«, sagte Alexander Bischoff an einem sonnigen Freitag, ein paar Tage nach dem Beginn der Schulferien, zu seiner Frau. Die Blicke des großen breitschultrigen Mannes waren bei seinen Worten ebenso kühl wie das Lächeln, das dabei um seine Lippen spielte. Überhaupt lag in der Gestik des schwarzhaarigen Mannes etwas Herrisches, Beherrschendes. Mona Bischoff, eine hübsche junge Frau von sechsunddreißig Jahren, warf mit einer für sie typischen Kopfbewegung das lange hellblonde Haar in den Nacken und fragte mit gleichgültiger Stimme: »Eine Überraschung, über die ich mich freuen würde? Was sollte das wohl sein? Mach es nicht so spannend, ich möchte mit Manuela zum Arzt fahren. Du weißt ja, daß ich mir schon seit längerem große Sorgen um sie mache.« »Du solltest deine Tochter nicht zu sehr verhätscheln, dann brauchst du dir auch keine Sorgen zu machen.« »Meine Tochter, du brauchst es nicht immer zu betonen, Alexander. Ich weiß schon lange genug, daß du das Mädel im Inneren deines Herzens, wenn du überhaupt ein Herz hast, ablehnst. Ich war nur zu dumm und naiv, diesen Umstand früh genug zu erkennen. Ich möchte mich aber nicht schon wieder darüber mit dir streiten. Sag, welche Überraschung du für mich bereithältst.« »Gut, also hör zu. Ich muß zu Beginn der kommenden Woche in die Lüneburger Heide. Genauer gesagt, nach Celle, zu einer geschäftlichen Besprechung mit einem neuen Kunden. Ich habe mich dazu entschlossen, diese Geschäftsreise mit einem kurzen Urlaub zu verbinden. Du bekommst dadurch die Gelegenheit, außer deiner Mutter auch deine alte Heimat wiederzusehen. Vielleicht bekommt dieser Urlaub auch Manuela.
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Kinderärztin Dr. Martens Classic
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Buchvorschau
Wir sind zwei - Britta Frey
Kinderärztin Dr. Martens Classic
– 32 –
Wir sind zwei
Wenn man plötzlich eine Schwester hat
Britta Frey
»Ich habe eine Überraschung für dich, über die du dich bestimmt freuen wirst, Mona«, sagte Alexander Bischoff an einem sonnigen Freitag, ein paar Tage nach dem Beginn der Schulferien, zu seiner Frau.
Die Blicke des großen breitschultrigen Mannes waren bei seinen Worten ebenso kühl wie das Lächeln, das dabei um seine Lippen spielte.
Überhaupt lag in der Gestik des schwarzhaarigen Mannes etwas Herrisches, Beherrschendes.
Mona Bischoff, eine hübsche junge Frau von sechsunddreißig Jahren, warf mit einer für sie typischen Kopfbewegung das lange hellblonde Haar in den Nacken und fragte mit gleichgültiger Stimme: »Eine Überraschung, über die ich mich freuen würde? Was sollte das wohl sein? Mach es nicht so spannend, ich möchte mit Manuela zum Arzt fahren. Du weißt ja, daß ich mir schon seit längerem große Sorgen um sie mache.«
»Du solltest deine Tochter nicht zu sehr verhätscheln, dann brauchst du dir auch keine Sorgen zu machen.«
»Meine Tochter, du brauchst es nicht immer zu betonen, Alexander. Ich weiß schon lange genug, daß du das Mädel im Inneren deines Herzens, wenn du überhaupt ein Herz hast, ablehnst. Ich war nur zu dumm und naiv, diesen Umstand früh genug zu erkennen. Ich möchte mich aber nicht schon wieder darüber mit dir streiten. Sag, welche Überraschung du für mich bereithältst.«
»Gut, also hör zu. Ich muß zu Beginn der kommenden Woche in die Lüneburger Heide. Genauer gesagt, nach Celle, zu einer geschäftlichen Besprechung mit einem neuen Kunden. Ich habe mich dazu entschlossen, diese Geschäftsreise mit einem kurzen Urlaub zu verbinden. Du bekommst dadurch die Gelegenheit, außer deiner Mutter auch deine alte Heimat wiederzusehen. Vielleicht bekommt dieser Urlaub auch Manuela. So, das war es, was ich dir sagen wollte. Jetzt entschuldige mich bitte, ich muß noch einmal in die Firma fahren.«
Abrupt wandte sich Alexander Bischoff ab, und er verließ mit langen Schritten den großen Wohnraum. Hätte er auch nur noch einen einzigen Blick in das Gesicht seiner jungen Frau geworfen, ihm wäre der Schreck in ihrem schmalen Gesicht nicht verborgen geblieben.
Mona war nach seiner Eröffnung einige Sekunden wie erstarrt. Sie nahm noch nicht einmal bewußt wahr, daß er einen Augenblick später mit seinem Wagen davonfuhr. Hinter ihrer Stirn begannen die Gedanken zu arbeiten. Was hatte Alexander da gerade gesagt? Urlaub in der Heide wollte er mit ihr und Manuela machen?
Mona schloß die Augen, und ihre Finger krallten sich in die Lehne des Sessels, suchten daran Halt. Bilder aus ihrer Vergangenheit tauchten vor ihr auf. Sie war damals vierundzwanzig Jahre alt gewesen, als sie sich zum ersten Mal richtig verliebt hatte. Es war ihre erste große Liebe gewesen, als sie Gernot kennen- und liebengelernt hatte. All seinen Versprechungen und Liebesschwüren hatte sie blindlings vertraut. Gernot war als Montagearbeiter einer Schweißfirma nach Celle gekommen, wo er über einen Zeitraum von einem Monat einen Auftrag durchzuführen hatte. Es wurde ein herrlicher, unvergessener Monat für ihn und für Mona. Ein Abschied voller Tränen war gefolgt, bei dem Gernot ihr versprochen hatte, zu ihr zurückzukommen und dann auch mit ihren Eltern über eine Heirat zu sprechen. Alles hatte sie geglaubt.
Nach weiteren vier Wochen, die sie voller Ungeduld auf ihn gewartet hatte, um ihm ein süßes Geheimnis anzuvertrauen, war für sie der Sturz aus dem Himmel der Liebe in die Hölle der Schmach und Enttäuschung gekommen. Da Gernot sich nicht wie versprochen bei ihr gemeldet hatte, hatte sie über seine Firma seine Telefonnummer erfahren und versucht, ihn anzurufen. Doch nicht er hatte sich am Telefon gemeldet, sondern eine Frau, seine Frau. Damit war für sie alles zu Ende gewesen, ein Traum war zerbrochen. Nein, die durfte nicht an die Zeit denken, die danach gefolgt war.
»Mutti, du sagst ja gar nichts, was ist denn mit dir? Du wolltest doch heute noch mit mir zum Doktor fahren«, holte eine helle Mädchenstimme Mona jäh aus ihren Gedanken heraus.
Wie aus einem Traum erwachend sah Mona erst jetzt ihre Tochter vor sich stehen.
»Manuela, Liebling, ich habe gar nicht gehört, daß du ins Haus gekommen bist. Wolltest du etwas?« Mit einer liebevollen Geste fuhr Mona der Elfjährigen über die blonden, kurzgeschnittenen Locken.
»Ich hatte gesagt, daß du doch heute noch mit mir zum Doktor wolltest. Wann fahren wir denn endlich? Oder hast du es schon wieder vergessen?« Mit ihren hellen blauen Augen sah Manuela ihre Mutter an.
»Ich habe es ganz gewiß nicht vergessen, Liebling. Wir fahren in einer halben Stunden zu Dr. Hilbig, damit er dich noch einmal untersucht. Komm, setz dich zu mir, ich möchte dir zuerst etwas sagen.«
»Was denn, Mutti?« Neugierig sah Manuela sie an.
»Was würdest du denn dazu sagen, wenn wir mit Vati in den Urlaub fahren würden?«
»Mit Vati, Mutti? Warum denn nicht wir zwei allein? Vati ist immer so schlecht gelaunt, mit ihm macht es keinen Spaß. Ich habe längst schon gemerkt, daß er mich gar nicht leiden kann.« Die blauen Augen sahen Mona voller Traurigkeit an.
»Geh, Liebling, so etwas darfst du nicht denken. Vati hat dich bestimmt lieb. Er kann es nur nicht so zeigen. Außerdem wollen wir auch zur Oma in die Lüneburger Heide fahren. Die Oma magst du doch, oder?«
»Ja, die Oma hab ich sehr lieb, Mutti. Sie war schon so lange nicht mehr bei uns.«
»Na, siehst du, dann sehen wir sie bestimmt bald wieder. Es wird ganz bestimmt sehr schön werden. Jetzt gehst du zu Nina in die Küche und läßt dir von ihr ein Glas Milch geben. Danach fahren wir zu Dr. Hilbig. Einverstanden?«
»Ja, Mutti, mir ist auch wieder ganz komisch.«
Sorgenvoll sah Mona ihrer Tochter nach, die mit müden Schritten den Raum verließ. Manuela war sehr sensibel. Mit sicherem Instinkt fühlte ihr Mädchen, daß es von Alexander abgelehnt wurde, daß er ihm keine warmen Gefühle entgegenbrachte. Es war auch etwas, was sie selbst sich einmal anders vorgestellt hatte. Alexander hatte sie vor ungefähr elf Jahren geheiratet, obwohl er von Manuela wußte. Er hatte ihr versprochen, ihr ein guter Vater zu werden. Doch schon bald nach ihrer Heirat mit Alexander Bischoff, dem wohlsituierten Schuhfabrikant aus Nürnberg, war alles anders geworden. Sie hatte erkannt, wie kalt und gefühllos er in Wirklichkeit war. Doch da war es schon zu spät gewesen. Was einst Glück sein sollte, war wie eine Seifenblase zerplatzt. Um Manuela kümmerte er sich überhaupt nicht, und das traf sie tief. Mona sah es all die vergangenen Jahre als Strafe für etwas, was vor ihrer Heirat geschehen war und was sie seitdem Nacht für Nacht quälte und nicht mehr zur Ruhe kommen ließ.
*
Wie schon einige Male zuvor konnte Dr. Hilbig bei Manuela keine organische Erkrankung feststellen.
»Ich verstehe das aber nicht, Herr Dr. Hilbig: Warum fühlt sich Manuela denn immer so müde und schlapp? Es muß doch dafür einen Grund geben?« fragte Mona nach der Untersuchung.
»Ich würde Ihnen gern eine andere Auskunft geben, Frau Bischoff. Manuela ist nun mal ein sehr zartes Mädchen. Sie ist ein wenig blutarm, doch das kann man mit gewissen Aufbaupräparaten ausgleichen. Ich schreibe Ihnen da verschiedenes auf, was das Mädel regelmäßig einnehmen sollte. Kommen Sie am Montagmorgen noch einmal mit dem Mädel zu mir, damit ich eine Blutprobe entnehmen kann. Nach Möglichkeit sollte sie jedoch nüchtern sein. Wenn Sie schon vor acht Uhr kommen, braucht Manuela nicht zu warten. Mehr kann ich im Augenblick nicht tun.«
»Ich hätte noch eine Frage, Herr Doktor.«
»Ja, fragen Sie, Frau Bischoff.«
»Kann es schaden, wenn wir mit Manuela für ein paar Tage in die Heide fahren? Mein Mann möchte dort Urlaub machen.«
»Warum sollte es schaden, Frau Bischoff? Wann wollen Sie denn fahren?«
»Schon zu Beginn der kommenden Woche. Möglicherweise gleich am Montag.«
»Kommen Sie trotzdem vor Beginn Ihrer Reise kurz für die Blutentnahme vorbei. Das Ergebnis erfahren Sie, wenn Sie zurück sind. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie ein paar erholsame Tage. Und du, Manuela, freust du dich denn schon auf die Reise in die Heide?« wandte sich der grauhaarige Arzt mit einem gutmütigen Lächeln an die Elfjährige.
»Ja, wir fahren zu meiner Oma. Ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen.«
»Schön, Manuela, dann erhole dich recht gut, damit du wieder rote Wangen bekommst.«
Mona verabschiedete sich mit Manuela von Dr. Hilbig und verließ die Praxis.
*
Mona schaffte es wirklich übers Wochenende, sich auf die Urlaubsreise einzustellen. Die Koffer für Alexander, Manuela und für sich waren gepackt, als sie um sechs