Die Quinns: Ronan
Von Kate Hoffmann
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Über dieses E-Book
Auf der malerischen Kleinstadt Sibleyville, in die Ronan von seinem Großvater geschickt wird, lastet ein Fluch: Niemand soll jemals innerhalb der Stadtgrenzen Liebe finden! Können Ronan und die schöne Austernfischerin Charlotte mit ihrer heißen Affäre den Bann brechen?
Kate Hoffmann
Seit Kate Hoffmann im Jahr 1979 ihre erste historische Romance von Kathleen Woodiwiss las – und zwar in einer langen Nacht von der ersten bis zur letzten Seite – ist sie diesem Genre verfallen. Am nächsten Morgen ging sie zu ihrer Buchhandlung, kaufte ein Dutzend Liebesromane von verschiedenen Autorinnen und schmökerte sie begeistert durch. Zehn Jahre später entschloss sie sich, selbst eine Romance zu schreiben. Kate hatte als Lehrerin, Verkäuferin, Werbekauffrau und in ehrenamtlichen Jobs gearbeitet – aber so richtig glücklich war sie in diesen Jobs nicht. Drei Jahre versuchte sie sich an einem historischen Liebesroman, bis sie zu dem Schluss kam, dass sie dafür nicht die Richtige sei. In dem folgenden halben Jahr verfasste sie eine zeitgenössische Romance, und das gelang ihr auf Anhieb so gut, dass das Manuskript von dem Verlag Harlequin gekauft wurde. Im Jahr 1993 erfüllte sich dann ihr großer Traum: Sie wurde hauptberuflich Romance-Autorin. Kein Wecker, der sie morgens aus dem Schlaf reißt, keine seriösen Kostüme mehr – stattdessen allerdings lange und harte Stunden am Computer. Zurzeit arbeitet sie an ihrem 25. Liebesroman. Sie schreibt für verschiedene Reihen, ist jedoch dem zeitgenössischen Genre treu geblieben. Kate teilt ihr gemütliches kleines Haus mit ihren beiden Katzen Tansing und Tibriz. Sie leben in einem malerischen Dorf im amerikanischen Bundesstaat Wisconsin.
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Buchvorschau
Die Quinns - Kate Hoffmann
IMPRESSUM
Die Quinns: Ronan erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2012 by Peggy A. Hoffmann
Originaltitel: „The Mighty Quinns: Ronan"
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY SEXY
Band 89 - 2013 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Übersetzung: Andrea Cieslak
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.
Veröffentlicht im ePub Format in 10/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733758561
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
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PROLOG
Im Wandschrank war es dunkel und still. Ronan Quinn umklammerte die Taschenlampe, die mit ihren alten Batterien nur für einen schwachen Lichtstrahl sorgte. Er schloss die Augen und versuchte, die furchterregenden Bilder zu vergessen.
Die Träume hatten erst vor ein paar Monaten angefangen, gleich nach der Party zu seinem achten Geburtstag – der ersten Familienfeier seit dem Verschwinden seiner Eltern im Jahr zuvor.
Natürlich war es nicht dasselbe gewesen. Niemand konnte so tolle Geburtstagspartys veranstalten wie seine Mutter. Sie konnte einen gewöhnlichen Tag in das wunderbarste Ereignis im Leben eines Menschen verwandeln. Zu seinem siebten Geburtstag war sie mit ihm und seiner Pfadfindergruppe ins Aquarium gegangen. Sie hatten die seltsamsten Dinge bestaunt, Spiele gespielt und Cupcakes gegessen, die mit ihren langen Tentakeln aus Lakritz wie Tintenfische aussahen. Es hatte sogar eine Piñata, eine Figur aus Pappmaschee, in Form eines Fischs gegeben, gefüllt mit Weingummi und Wunderkugeln und all seinen Lieblingssüßigkeiten.
Nach der Party, als er ganz erschöpft von der ganzen Aufregung gewesen war, hatte er sein Geschenk bekommen: ein schönes Aquarium, das auf einem Gestell direkt neben seinem Bett stand. Er erinnerte sich, dass er die ganze Nacht wach geblieben war, nur um zu beobachten, wie die Fische im bläulichen Licht hin und her schwammen.
Das Aquarium war jetzt leer, alle Fische waren tot, das Wasser abgelassen. Es gehörte zu den Dingen, die in Vergessenheit geraten waren, nachdem seine Welt aus den Fugen geraten war. Nie war Zeit gewesen, neue Fische zu kaufen. Niemand wollte sich die Mühe machen, das Aquarium sauber zu halten.
Dieses Jahr hatten sein Großvater und seine älteren Brüder eine Party auf dem Segelboot der Familie geplant und zehn von Ronans Klassenkameraden eingeladen. Doch Ronan hatte sich geweigert, das Boot zu betreten.
Furcht war in ihm aufgestiegen, als er auf das dunkle Wasser starrte, das gegen den Rumpf schlug. Ihm hatte sich der Magen umgedreht, und seine Hände waren eiskalt geworden. Er war davon überzeugt gewesen, dass die See ihn verschlingen und nicht wieder hergeben würde.
Dermot war mit ihm an Land geblieben, während der Rest der Geburtstagsgesellschaft ablegte. Und auch wenn sein älterer Bruder sich bemüht hatte, ihn zu beruhigen, dass es in Ordnung wäre – Ronan hatte die Blicke seiner Freunde gesehen. Er war ohnehin schon als anders gebrandmarkt, seit seine Eltern verschollen waren. Von nun an würde er völlig allein sein, Gegenstand von Getuschel und Mitleid.
Ronan schaute auf das Buch, das er an seine Brust gepresst hatte. Das große Bilderbuch mit Meeresfischen war ein Geschenk seiner Mutter. Eines Morgens hatte es neben seinem Frühstück gelegen. Es war nicht sein Geburtstag oder Weihnachten oder irgendein Feiertag gewesen. Sie hatte einfach beschlossen, dass er dieses Buch haben sollte.
Er richtete den Strahl der Taschenlampe auf die bunten Abbildungen. Aber als er die Seite umblätterte und das Kapitel mit den Haien anfing, schlug er das Buch zu, zog die Beine an und umklammerte seine Knie.
Haie tauchten immer in seinen Albträumen auf. Haie, die im dunklen Wasser kreisten. Er versuchte nicht daran zu denken, was seinen Eltern passiert sein könnte, doch in seinen Albträumen kam es immer wieder hoch.
Er hatte Fragen gestellt, die sein Großvater und seine Brüder sich weigerten zu beantworten. Wie lange können sie im Wasser überleben? Wie weit können sie schwimmen? Wenn sie im Rettungsboot sitzen, werden sie dann nicht an Land getrieben? Aber es gab nie Erklärungen. Ihm wurde nur gesagt, dass er die Tatsache akzeptieren sollte, dass seine Mutter und sein Vater nicht mehr da waren.
Doch er wollte es nicht akzeptieren. Es gab immer noch die Chance, dass sie gefunden wurden. Vielleicht auf einer Insel. Oder vielleicht trieb ihr Boot auf dem Meer, die Segel zerrissen oder verloren. Warum wollte niemand diese Möglichkeiten sehen?
„Ronan?"
Er hielt den Atem an und starrte auf die Schatten. Ein paar Sekunden später schwang die Tür auf. Sein ältester Bruder Cameron stand vor ihm.
„Was machst du da?"
„Nichts", antwortete Ronan.
„Du hast ein Buch. Hast du gelesen?"
Er schüttelte den Kopf.
„Na komm, sagte Cameron. „Du musst wieder ins Bett.
„Ich kann nicht. Ich werde wieder schlecht träumen."
Cameron hockte sich hin und tätschelte Ronans Knie. „Du hast Albträume?"
Ronan nickte. „Ganz schlimme. Mit Haien. Und Mom und Dad schwimmen und versuchen wegzukommen. Aber das Wasser ist dunkel, und sie können nichts sehen. Cameron streckte die Arme aus, und Ronan schmiegte sich an ihn. „Ich will nicht schlafen gehen.
„Was hältst du davon, wenn du heute mit in meinem Bett schläfst?", schlug Cameron vor.
„Okay." Eine Welle der Erleichterung durchflutete ihn. Cameron würde ihn vor den bösen Träumen beschützen können. Sein großer Bruder konnte alles.
„Möchtest du dein Buch mitnehmen?, fragte Cameron. „Du magst es sehr, nicht wahr?
„Mom hat es mir geschenkt."
„Du magst Fische? Vielleicht können wir mal zusammen angeln gehen."
Ronan runzelte die Stirn. Er wollte niemals wieder in die Nähe des Meers. „So mag ich Fische nicht, sagte er. „Ich will nicht ans schwarze Wasser. Es könnte mich verschlucken und runterziehen.
„Davor brauchst du keine Angst zu haben", meinte Cameron.
In dem Punkt war Ronan anderer Meinung. Er würde niemals wieder ans Meer gehen. „Ich mag meine Zierfische", äußerte er vorsichtig.
„Du hast keine mehr", entgegnete Cameron.
„Ich weiß. Aber ich mochte sie. Sie haben mir beim Einschlafen geholfen."
„Nun, wir könnten Grandpa fragen, ob wir dir neue Fische besorgen dürfen. Würdest du dich dann besser fühlen?"
Ronan würde sich dann besser fühlen, wenn seine Mutter da wäre, um ihn zuzudecken, und sein Vater, um ihm einen Gutenachtkuss zu geben.
Vielleicht kamen seine älteren Brüder ohne das aus. Cameron war zwölf, und die Zwillinge, Kieran und Dermot, waren neun, fast zehn. Vielleicht waren Umarmungen und Küsse nicht mehr wichtig, wenn man älter wurde. Aber es war doch kein Babykram, sich Umarmungen und Küsse zu wünschen, oder?
Ronan griff nach der Hand seines Bruders und hielt sie fest, während sie über den Flur gingen. Er musste in Zukunft tapferer sein. Das erwartete man von großen Jungs. Es war Zeit, erwachsen zu werden.
1. KAPITEL
Die Sonne ging auf, als der Bus die Grenze von New Hampshire nach Maine passierte. Nach vier Tagen auf der Straße, quer durchs Land reisend und in Gesellschaft völlig fremder Leute, war Ronan kurz vor seinem Ziel.
Der Sonnenaufgang war ein wichtiges Ereignis für ihn geworden, etwas, auf das er sich freute, da es sonst kaum etwas gab, woran man das Verstreichen der Zeit festmachen konnte. Doch hier, an der Atlantikküste, sah er einen ganz anderen Sonnenaufgang als unterwegs: ein glühendes Farbenspiel über dem blauen Meer.
Wie in Seattle dominierte das Meer die Landschaft, und Ronan spürte eine gewisse Vertrautheit in dieser fremden, neuen Gegend. Die Orte entlang der Strecke waren geprägt von weißen Schindelhäusern und roten Backsteinkirchen, hohen Laubbäumen und sauberen Marktplätzen sowie Häfen mit schaukelnden Segelbooten."
„Danke, Grandpa", murmelte er vor sich hin. Er konnte sich nicht vorstellen, dass seine Brüder an ihren Zielen – New Mexico, Kentucky und Wisconsin – auch nur annähernd so schöne Natur vorfanden, wie er hier.
Die Busfahrt selbst war gar nicht mal so unangenehm gewesen. Als Kind hatte er sich viel allein beschäftigt, unterwegs mit dem Fahrrad oder Skateboard. Später war er wandern und klettern gegangen, hatte sich Skifahren und Snowboarden beigebracht, aber immer allein. Trost findend, in der Stille auf dem Gipfel eines Berges oder inmitten eines üppigen Waldes.
Seine Vorliebe für die Einsamkeit hatte ihn ein wenig zum schwarzen Schaf unter seinen Brüdern gemacht, die sich unglaublich nahestanden. Ronan hatte nie den richtigen Platz für sich gefunden. Sein ältester Bruder, Cameron, war der Verantwortungsvolle, betraut mit der Aufgabe, den Rest ihrer Familie zusammenzuhalten. Dermot war der Charmeur und Kieran der Ruhige. Ronan war der Außenseiter.
Es war nicht gerade von Vorteil, dass Ronan der einzige der vier Jungs war, der eine unüberwindbare Angst vor Wasser hatte. Schwierig in einer Familie, in der sich alles um Boote und ums Segeln drehte. Cameron, Dermot und Kieran verbrachten ihre Freizeit auf dem Meer, während Ronan sich zwangsläufig allein an Land hatte beschäftigen müssen.
Ronan wusste, dass seine Angst vor Wasser mit dem zu tun hatte, was seinen Eltern zugestoßen war. Er konnte sich kaum an Einzelheiten aus der düsteren Zeit entsinnen. Doch bis zu diesem Tag erinnerte er sich an die Albträume von endlos tiefem, kaltem Wasser und hohen Wellen, unaufhörlich tobenden Stürmen und übermächtigem Verlustgefühl.
Die Mutter, die ihn getröstet hatte, der Vater, den er bewundert hatte – sie waren auf einmal fort, und niemand hatte ihm jemals richtig erklärt, wie das hatte passieren können. Er war derjenige gewesen, der sich am längsten an die Hoffnung geklammert hatte, dass seine Eltern eines Tages wieder zur Tür hereinkamen und das Leben wieder normal wurde.
Ronan störte es nicht, dass er als der sonderliche kleine Bruder galt. Es war sein Platz in der Geschwisterhierarchie, auf dem er sich ausruhen konnte, während seine Brüder sich durch gegenseitige Konkurrenz anspornten. Es machte ihm nichts aus, dass er nur schwer Kontakte knüpfte. Oder dass er mit sechsundzwanzig weder eine feste Freundin hatte, noch im familieneigenen Jachtbaubetrieb einen Job gefunden hatte, der ihn dauerhaft ausfüllte.
Er wollte nicht planen oder langfristige Bindungen eingehen. Niemand konnte wissen, was die Zukunft brachte, deshalb dachte er nicht darüber nach. Er lebte einfach in den Tag hinein.
Aber letzte Woche hatte sein Großvater sie alle aufgefordert, ein anderes Leben auszuprobieren, die Verpflichtungen, die sie als Kinder übernommen hatten, zu vergessen und ihre Träume zu leben. Zu Ronans Überraschung verblasste die Vergangenheit immer mehr, je weiter er sich von Seattle entfernte.
Der einzige Traum, den er je gehabt hatte, war eher eine Fantasie, in der seine Eltern auf magische Weise wieder in seinem Leben auftauchten. Vielleicht wurde es tatsächlich Zeit, einen Plan für die eigene Zukunft zu machen, sich auf ein Ziel zu konzentrieren und auf dessen Verwirklichung hinzuarbeiten. Ohne seine Familie im Hintergrund war er nicht mehr das schwarze Schaf. Er war nur Ronan Quinn, ein unbeschriebenes Blatt, bereit für einen Neuanfang.
Als der Busfahrer „Sibleyville" rief, sprang Ronan auf. Sechs Wochen lang würde er nun nach dem Willen seines Großvaters ein anderes Leben führen, genau wie seine Brüder. Das bedeutete, dass er sich von diesem Moment an um einen Job und eine Unterkunft kümmern musste.
Der Bus hielt vor einem Drugstore. Ronan schwang sich seinen Seesack über die Schulter und ging nach vorn. „Danke", sagte er