Lady Janes Geheimnis: Regency Roman
Von Liz Levoy
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Über dieses E-Book
Lady Janes Geheimnis
Regency Roman
Nachdem Lady Jane von ihrem ehemaligen Verlobten verraten worden ist, hat sie das Interesse an Männern verloren. Zu allem Unglück hat ihr Vater das Familienvermögen verspielt und Jane sieht sich genötigt zu arbeiten um Ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Sie lässt sich bei Charles Wellington, dem Grafen von Southwell, als Gouvernante für die zwei sechsjährigen Zwillingstöchter anstellen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, jede Gouvernante, die sich bewirbt, abzulehnen. Aber die Mädchen mögen sie und auch der Graf scheint eindeutig von ihr angetan, obwohl sie ihm ihre wahre Herkunft verschweigt.
Gerade in dem Augenblick als sich die beiden zu ihrer Liebe bekennen, taucht Janes Ex-Verlobter, Albert auf, der sie vor Jahren hat sitzen lassen. Albert findet schnell heraus, dass zwischen Jane und Charles mehr los ist als nur eine geschäftliche Beziehung und wird eifersüchtig. Er versucht erneut, ihr Herz zu gewinnen.
Als Jane Albert schließlich ablehnt, rächt er sich indem er Charles über ihre Herkunft und die finanzielle Situation ihrer Familie informiert. Charles sieht sich in seinem Verdacht bestätigt, dass es Jane lediglich auf sein Vermögen abgesehen hat und entlässt sie.
Wird die Wahrheit am Ende herauskommen und werden Charles und Jane zueinander finden?
Über die Autorin
Liz Levoy ist eine amerikanische Bestseller-Autorin, die seit ihrem letzten Jahr in der High School Liebesromane schreibt. Sie ist eine leidenschaftliche Erzählerin, die es versteht, ihre eifrigen Leser zu locken, indem sie die Erfahrungen ihrer Weltreisen in ihren Geschichten verarbeitet.
Ihre Bücher sind durchdrungen von Gefühlen und vom Begehren nach Liebe. Aber genau das macht ihre Figuren lebendig, die alle nur eines suchen: die große Liebe!
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Buchvorschau
Lady Janes Geheimnis - Liz Levoy
Kapitel 1
1819
Loughborough, England
„Glaubt mir, das hier ist nur für kurze Zeit. Schon bald werden wir wieder auf dem Damm sein. Wir brauchen nur auf die Erträge aus der Investition bei Chalain zu warten. Damit werden wir dann weiter investieren, und dadurch werden wir sehr bald wieder da sein, wo wir einst hingehörten", versicherte Lord Hathaway seiner kleinen dreiköpfigen Familie, als sie ihr Landhaus betraten.
Jane Hathaway, sein einziges Kind, verdrehte die Augen. Wie oft hatte sie das schon gehört! Seit ihr Vater begonnen hatte, sein Vermögen zu verspielen und Schulden anzuhäufen, sang er dieses Lied. Zunächst hatte es geheißen: „Beim nächsten Spiel werde ich alles zurückgewinnen." Also hatte er weitergemacht und noch mehr Geld in das nächste Spiel gesteckt in der Hoffnung, das Verlorene zurückzubekommen und obendrein noch mehr, aber nur, um wieder alles zu verlieren. Er hatte so weitergemacht, bis er alles verloren hatte, was sie besaßen: Vermögen, Immobilien, Ländereien, Firmenanteile mehrerer Unternehmen, ihr Stadthaus in London– all das verlor er, bis sie keine andere Wahl mehr hatten, als in dieses Haus hier zurückzukehren.
Der schwerste Schlag war der Verlust ihres Stadthauses. Es war prachtvoll gewesen, und für jemanden wie Jane, der großartige Architektur liebte, war es eine Freude gewesen, darin zu wohnen. Das Haus war im klassizistischen Stil erbaut und hatte einen kleinen Garten. Es war ein zweistöckiges Gebäude mit Dachgeschoss und etwa dreißig Räumen. Auf jeder Seite des Hauses stand ein Pavillon, aber der in der Mitte war höher als der auf den anderen Seiten. Die Fenster waren groß und mit Sprossen versehen. Ihr Vater hatte gesagt, dies senke die geltende Fenstersteuer. Sie hatte es geliebt, aus den Schiebefenstern hinauszuschauen, besonders, da sie auf der Höhe ihrer Taille begannen, was ihr einen leichten Blick hindurch ermöglichte. Von dort aus konnte sie die Straßen von London sehen, die kleine Stallung und den Garten, den ihre Mutter oft mit soviel Sorgfalt und Hingabe pflegte. Ihr Zimmer hatte wie die anderen, ebenfalls eleganten Räume einen schmiedeeisernen Balkon. Das Haus war aus Ziegelsteinen errichtet, war aber weiß angestrichen und besaß eine Stuckfassade, was zu seiner Pracht beitrug. Von außen sah es aus wie ein kleines Schloss – stolz, erhaben und von wunderschönen grünen Wiesen gesäumt. Auch das elegante Interieur wäre eines Königs würdig gewesen mit den hochwertigen Böden, Verzierungen an der Decke, Ornamenten in Gold und Silber an den Wänden, großen Kaminen, wunderschönen Steinen und Porzellanvasen und zahllosen Kunstobjekten, um nur einiges zu erwähnen. Es war wirklich prachtvoll.
Nun war sie immerhin zurück in einem anderen prächtigen Haus – einem, das sich sogar mehr wie Zuhause anfühlte als das, das sie verlassen hatte. Dieses hier hatte einen typisch gotischen Stil, es war über Generationen hinweg vererbt worden. Seine roten Ziegelsteine waren zwar ein wenig bräunlich verwaschen, doch es stand immer noch stattlich und fest. Großmutter hatte gesagt, es sei fast hundert Jahre alt und werde noch lange bestehen. Es war eine Schönheit, größer als ihr Haus in London, das ihr Zuhause gewesen war. Es war fast wie eine Festung erbaut worden und hatte während des Napoleonischen Kriegs und während der Kriege davor zuverlässig Schutz gewährt.
Jane glaubte, dass sie dieses Haus einzig und allein deshalb immer noch hatten, weil ihre verstorbene Großmutter, Gott hab sie selig, sich geweigert hatte, es ihrem Sohn zu überschreiben. Hätte sie es getan, hätte ihr Vater es schon längst bei einer Wette verloren, war sie überzeugt, und dann hätten sie jetzt wahrhaftig keinen Ort zum Leben mehr gehabt und wären obdachlos geworden, nicht besser dran als die Armen, die auf der Straße lebten. Es war schon erbärmlich, dass ein Viscount, der so viele Reichtümer von seinen Vorvätern ererbt hatte, in eine derart niedere Lage geraten war, bloß weil er seine Süchte nicht im Zaum halten konnte.
Sie seufzte. Es war eine schlimme Krankheit, nur war er nicht bereit, dies einzusehen. Und ehe er das nicht war, konnten sie auch kein Heilverfahren für ihn suchen. Wie sollte man einen kranken Menschen dazu bringen, seine Medizin einzunehmen, wenn er sich selbst nicht für krank hielt? Es gab so Vieles, von dem sie wünschte, sie könnte es ihrem Vater sagen. Doch sie wusste, für sie war es am besten zu schweigen.
Ihr Vater litt nicht nur an der Spielsucht, sondern auch an Hochmut. Er war sicherlich nicht das einzige Problem, das sie hatte. Hätte sie nicht ihre Großmutter gehabt, hätte sie sich endlos Gedanken über die Wahrheit ihrer leiblichen Eltern gemacht, denn sie hatte noch nie jemanden gesehen, der so verschieden von den Menschen war, die sie auf die Welt gebracht hatten. Sie hatte ihrer Großmutter für viele Dinge zu danken. Ganz besonders dafür, dass sie sie in ihre Obhut genommen hatte, bis sie eine junge Dame von siebzehn war, bereit, in die Gesellschaft einzutreten. Das war vor fünf Jahren gewesen. Seitdem lebte sie bei ihren Eltern Vor vier Jahren war Großmutter gestorben.
In den letzten Jahren hatte sie sich nur noch für sie geschämt. Oft hatte sie sich gewünscht, keine Frau zu sein, die nur als Ehefrau eines Mannes das Haus ihres Vaters verlassen konnte. Wäre sie ein Mann, wäre sie ganz gewiss schon vor langer Zeit gegangen. Doch leider Gottes war sie eine Lady, und es gab keinen anderen Ausweg als durch Heirat. Nach ihrer gescheiterten Verlobung würde es dazu aber wahrscheinlich niemals kommen. Das bedeutete, dass sie dazu verdammt war, den Rest ihres Lebens mit diesen Menschen zu verbringen. Wenn sie 30 geworden und Jungfrau geblieben wäre, würde man ihr vielleicht gestatten, ihr eigenes Leben zu führen.
„Natürlich, Evans, ist das hier nur für eine kurze Weile. Wir werden wieder zurück nach London gehen, wir werden unser Haus zurückkaufen, ja sogar ein noch größeres, und all diejenigen, die sich das Maul über mich zerfetzt haben, besonders Cecilia Jones, werden dazu gebracht werden, ihre Worte zu widerrufen. Sie müssen bloß abwarten, dann werden sie schon sehen." Amalia Hathaway weinte und bekräftigte die närrischen Träume ihres Mannes.
Jane ignorierte sie einfach, als sie sich auf ihr Zimmer begab – das Zimmer, das sie schon als kleines Mädchen hatte, als sie bei ihrer Großmutter wohnte. Es fühlte sich gut an, wieder in diesem Haus zu sein, schon allein der kostbaren Erinnerungen wegen, auf die sie überall in diesem Haus stieß– an Großmutter, die ihr Geschichten erzählte, daran, wie sie zusammen nähten, miteinander scherzten oder über die Zerrüttung der gesellschaftlichen Normen diskutierten, was niemand wahrhaben wollte. Hier hatte sie ihre schönsten Jahre verbracht, und sie war sehr froh, dass sie dieses Haus noch besaß, in das sie zurückkehren konnte.
Als die Dienstmädchen ihre Kisten abstellten, schickte sie sie fort und ließ sie wissen, dass sie sie selbst auspacken wollte. Bevor sie nach Loughborough gekommen waren, hatten sie in London ihr Personal entlassen müssen, bis nur noch der Butler übrig war. Sie hatte sich daran gewöhnt, Dinge selbst zu tun. Es fiel ihr leicht, denn Großmutter hatte sie nie mit vielen Dienstmädchen verwöhnt, die einen großen Wirbel um sie machten. Sie hatte gelernt zu kochen, sauber zu machen, sich selbst anzukleiden, und all das hatte sie genossen. Glücklicherweise hatte Großmutter eine Möglichkeit gefunden, das Personal dieses Haushalts zu halten, indem sie einen Finanzplan für sie erstellt hatte. Sie hatte die Dienstboten behalten wollen, damit sie nicht arbeitslos wurden und dieses Haus jederzeit bereit für sie war und ihnen zur Verfügung stand. Es war, als hätte Großmutter diese Zukunft hier vorausgesehen. Wenn man ihren Vater so gut kannte wie seine Mutter, war es wiederum leicht abzusehen, dass er an irgendeinem Punkt dahingelangen würde, wo er jetzt war.
Als sie die Tür hinter sich zuzog, hörte sie die Stimme ihrer Mutter den Flur entlanghallen. Amalia war nicht besser als ihr Mann. Während er spielte, vergeudete sie eine Menge Geld für Unnötiges, kaufte teure Schmuckstücke und Kleider, konnte aber dennoch mit den Damen von Stande nicht mithalten. Sie gab der selbstzerstörerischen Art ihres Mannes die Schuld daran und verlangte nach Veränderung. So wie Jane es sah, waren sie beide vom gleichen Schlage - zwei Blinde, die sich gegenseitig zu führen versuchten, was natürlich nicht funktionieren konnte.
Erneut entfuhr ihr ein Seufzer, und sie drehte sich um und betrachtete ihr Zimmer. Es war noch genauso, wie sie es in Erinnerung hatte. Ihr Himmelbett stand in der Mitte und war mit exotischen Bezügen bedeckt. Von den vier Bettpfosten hingen Vorhänge aus feinstem, besticktem Leinen. Es war ein Bett wie für eine Prinzessin. Außerdem gab es einen Schminktisch, der ebenso wie der dazu passende Stuhl aus erlesenstem Holz geschnitzt war, ferner ein Sofa und einen Tisch direkt gegenüber des Bettes, an dem sie zu lesen und zu essen pflegte. Der Boden bestand aus feinen Holzdielen. Sie hatte einen Kleiderschrank, in dem sie ihre Garderobe unterbringen konnte, sowie ein behelfsmäßiges Bad, in dem eine Wanne stand. Auf der anderen Seite des Raums befand sich ein großes Fenster, aus dem man auf das unterhalb gelegene Dorf hinausschaute. Das Dorf … Begierig, den lange vermissten Ausblick wieder zu sehen, ging sie zum Fenster hinüber und zog die Vorhänge und Gardinen weg. Dann öffnete sie den Riegel, der das Schiebefenster verschloss und stieß das Fenster auf.
Sie steckte den Kopf hinaus und sog bei geschlossenen Augen die frische Landluft in sich ein. Als sie ihre Lungen füllte, stieß sie all ihren Überdruss mit einem langen Luftstrom aus. In dem Moment öffnete sie die Augen und sie schaute. Fünf Jahre war es her, und anscheinend hatte sich seitdem eine Menge verändert. Das hatte sie zwar schon auf der Hinfahrt bemerkt, doch wurde es erst bei dem Blick von diesem Standort aus wirklich offenkundig, und es war so schön, dass es ihr den Atem nahm.
Dort, wo vorher freie Flächen gewesen waren, standen nun Gebäude, Verkaufsstände, Häuser. In der Ferne sah sie den Marktplatz. Die Straßen waren erfüllt von Kutschen, Pferden und Menschen, die zu Fuß umherliefen. All dies sah so klein, aber perfekt aus und wirkte trotz der Geschäftigkeit anhemelnd ruhig. Ein Lächeln stieg aus ihrem Herzen auf, landete auf ihren Lippen und liftete ihre Mundwinkel. Hierher zurückzukehren war vielleicht schließlich trotz allem doch ein Segen. Sobald sie sich von der langen Reise von London hierher ein wenig erholt haben würde, wollte sie ins Dorf und auf den Markt gehen. Sie wollte nachschauen, wie viel noch unverändert geblieben war und an wie viele Leute sie sich noch erinnern konnte.
Lange blieb sie am Fenster stehen, und als ihre Augenlider sich zu senken begannen, stand sie von dem Stuhl auf, den sie näher herangezogen hatte, und ging hinüber zum Bett. Sie kümmerte sich nicht darum, die Kleider, in denen sie gereist war, auszuziehen, sondern gab sich ganz ihrer Erschöpfung hin.
Als Jane am nächsten Tag erwachte, fühlte sie sich erquickt und wie neu geboren – wobei sie nicht von jenem Moment am Tag zuvor bis jetzt geschlafen hatte. Nein, sie war zum Dinner erwacht, hatte ihr Bad genommen, ihr Nachtgewand übergezogen, ehe sie sich endgültig zu Bett begab. Heute Morgen fühlte sie sich so viel besser. Die Straßengeräusche drangen an ihre Ohren, und sie traf spontan den Entschluss, sich ins Dorf zu begeben. Sie zog die Glocke an ihrem Bett, und kurz darauf war ein Klopfen an der Tür zu hören.
„Herein", rief sie.
Knarrend öffnete sich die Tür, und ein Dienstmädchen trat ein. Sie erkannte sofort, wer es war. Glück erfüllte ihr Herz in dem Augenblick, als sie Abigail erkannte, eine der wenigen Freundinnen, die sie in ihrer Kindheit gehabt hatte. Als Jane hier früher gelebt hatte, hatte Abigail hier zusammen mit ihrer Mutter Regina gearbeitet. Tags zuvor war sie zu müde gewesen, um nach ihr zu fragen.
„Abigail", schrie sie auf, sprang aus ihrem Bett und drückte das Mädchen in einer herzlichen Umarmung an sich.
„Ich traue meinen Augen nicht!, rief sie aus, „du bist es wirklich!
Voller Freude betrachtete sie das Mädchen, beide mit einem Grinsen im Gesicht.
„Wer sollte es auch sonst sein, Lady Jane? Gewiss doch, ich bin es. Als bekannt wurde, dass der Lord für eine Weile ins Haus ziehen wird, hoffte ich, dass du mit deinen Eltern zurückkehren würdest. Nie hörte ich etwas von einer Hochzeit, so dass ich nicht wusste, ob du verheiratet wärst oder nicht. Es tut mir leid, dass ich bei eurer Ankunft nicht hier war. Mutter wurde vor ein paar Tagen krank, und ich war bei ihr. Ich habe erst gestern Abend erfahren, dass du auch kommen würdest. Als es dunkel wurde, war ich auf dem Weg hierher, begierig, dich zu sehen. Das Mädchen hielt inne und senkte plötzlich den Kopf, während sie an ihren Fingern fummelte. Dann fügte sie leise hinzu: „Ich hatte Angst, du würdest dich nicht mehr an mich erinnern.
Bei diesem Satz weiteten Janes Augen sich. Wie konnte Abigail nur glauben, sie könne sie je vergessen? Sie hatten die besten Zeiten zusammen verbracht. Dann trat sie in der Absicht, sie zu necken, einen Schritt zurück und blinzelte, während sie sie taxierte. Abigail sah noch genauso aus, wie sie sie in Erinnerung hatte, obwohl ihr Gesicht natürlich über die Jahre hinweg ausgeprägter geworden war und ihre Züge ein wenig verhärmter erschienen, zweifellos durch harte Arbeit. Sie war aber immer noch so groß wie Jane, nämlich eins siebzig, ihr Haar war noch genauso schwarz wie der Nachthimmel und reichte bis zur Taille. Im Morgenlicht konnte Jane ihre braunen Augen sehen. In dem Kleid, das das Mädchen trug, sah ihre Taille