Wir haben einen großen Bruder: Mami 1950 – Familienroman
Von Gisela Reutling
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Buchvorschau
Wir haben einen großen Bruder - Gisela Reutling
Mami
– 1950–
Wir haben einen großen Bruder
Sie hatten von Stefan nichts gewusst
Gisela Reutling
Die halbe Nacht lag Beate wach, grübelte, stellte sich hundert Fragen, ohne doch eine Antwort darauf zu finden.Wie sollte sie ihn begrüßen, wenn es denn wirklich zu einem Treffen kam?
Wie einen Fremden, der er ja war?
Einfach Hallo sagen, wie es ein Achtzehnjähriger gut fände?
Ihr war heiß vor innerer Bedrängnis.
Sie warf die Decke zurück, tappte auf bloßen Füßen zum Fenster und sah in die Dunkelheit hinaus. Der Himmel war schwarz und ohne Sterne. Im Garten bewegten sich die Blätter der Bäume im Wind. Es war wie ein Raunen, ein Wispern in der Stille.
Aber Antwort gaben sie nicht.
Hinter ihr bewegte sich ihr Mann in seinem Bett. Beate hielt den Atem an. Sie wollte nicht, daß er aufwachte.
Da kam seine schlaftrunkene Stimme: »Was ist – warum stehst du da am Fenster?«
»Es ist nichts«, sagte Beate rasch und leise. »Schlaf weiter.«
Rolf drehte sich auf die andere Seite. »Du warst den ganzen Tag schon so unruhig«, murmelte er noch und zog die leichte Decke hoch.
Sie verharrte unbeweglich, bis seine ruhigen Atemzüge ihr zeigten, daß er wieder eingeschlafen war.
In den anderen Zimmern schliefen die Kinder, Silke und Lukas, jedes hatte ein Zimmer für sich. Sie wußten nichts von den Nöten ihrer Mutter. So wenig, wie Rolf etwas davon wissen durfte. Beate legte sich wieder nieder. Den verhängnisvollen Brief hatte sie in ihrer Nachttischschublade versteckt. War es nicht, als sende er Signale aus?
Hinter geschlossenen Lidern sah sie die Worte vor sich, die auf dem Blatt mit einer jungen, noch unfertigen Schrift geschrieben standen. Ohne Anrede. Er mochte lange überlegt haben, wie er sie anreden sollte und schließlich darauf verzichtet haben.
Mir ist der Brief vom Jugendamt ausgehändigt worden. Ich möchte Dich kennenlernen. Wenn Du es auch willst, rufe mich über mein Handy an.
Es folgte die Nummer, darunter sein Name: Stefan.
Vielleicht, dachte Beate, während ihre Gedanken nun doch verschwammen, ja, vielleicht würde sie ihn anrufen, irgendwann, wenn sie sich über manches klargeworden war...
Als um halb sieben der Wecker schrillte, kam sie wie von weither aus einem bleiernen, dumpfen Schlaf. Der Kopf war ihr schwer, sie schüttelte ihn, als sie sich aufsetzte, fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht.
»Du hast wohl schlecht geschlafen, Beate«, sagte Rolf, sich unter seiner Decke dehnend. Sekunden später sprang er auf und ging als erster ins Bad.
Der geschäftige Alltag begann.
Beate weckte die Kinder. Ihre ›Große‹ – Silke war dreizehn – fand immer schlecht aus dem Bett. Lukas dagegen spazierte umher und verkündete, daß er heute wohl keine Lust haben würde, in den Kindergarten zu gehen.
»Meinste, ich hätte Lust, in die Schule zu gehen und eine blöde Englischarbeit zu schreiben?« murrte seine Schwester und verschränkte die Arme unter dem Kopf.
Aber als sie endlich, frisch gewaschen und gekämmt, alle um den gedeckten Frühstückstisch saßen, hob sich die Stimmung, nicht zuletzt dank dem munteren Zureden der Mutter.
»Seht nur, wie schön die Sonne scheint! Da geht Anne sicherlich mit euch auf den Waldspielplatz, Lukas, und ihr werdet eine Menge Spaß haben.«
»Na ja«, machte das rundwangige Bürschlein gedehnt, »vielleicht überleg’ ich mir’s doch.«
»Du wirst sowieso nicht gefragt, mein Sohn«, sagte Rolf Sailer amüsiert. Wenig später verfrachtete er ihn in sein Auto, um ihn am Kindergarten abzuliefern, bevor er zu seinem Büro im Finanzamt fuhr.
»Packst du mir das Geburtstagsgeschenk für Patricia noch hübsch ein, Mama?« bat Silke, als sie ihre Schultasche schulterte. »Um halb drei bin ich eingeladen.«
»Mach’ ich«, nickte ihre Mutter. »Und toi-toi-toi für die Englischarbeit.«
»Hm, wird schon hinhauen«, sagte das Mädchen lässig. Noch ein »tschüs«, und Beate sah ihrer Tochter nach, wie sie auf langen, noch ein bißchen staksigen Beinen in hellblauen Jeans davoneilte, um zwei Ecken weiter eine Mitschülerin an der Bushaltestelle zu treffen.
Es waren die Vormittagsstunden, in denen Ruhe in die Wohnung einkehrte und Beate sich ihrer Hausarbeit widmen konnte. Heute war Markttag, sie mußte auch einkaufen gehen. Sie wollte sich aufschreiben, was sie alles brauchte, damit sie nichts vergaß.
Seit gestern irrten ihre Gedanken doch umher, ließen sich nur mühsam zurückdrängen.
Und als sie am Tisch saß, einen Zettel vor sich, den Bleifstift in der Hand, überfiel es sie wieder.
Ob der Junge wirklich auf einen Anruf wartete? Ach, schon kein Junge mehr, ein Mann war er geworden. Und mit welchen Gefühlen dachte ein junger Mann an eine Mutter, die er nie zu Gesicht bekommen hatte?
Sie hatte ihr Kind einmal gesehen. Ein paar Stunden nach der Geburt war die Hebamme mit dem Baby an ihr Bett gekommen, aber als sie den Kopf wegdrehte, um zu weinen, trug die Hebamme es schnell davon.
Danach wurde ihr Sohn zur Adoption freigegeben.
Sein Erzeuger war ein Achtzehnjähriger aus dem Jugendheim. Schlimmer hätte es kaum kommen können.
Der Vater regelte alles. Termine beim Jugendamt, der Adoptionsstelle, dem Arzt, dem Notar und der Schule. Walter Krüger war ein harter, strenger Mann mit Grundsätzen. Seine blasse, stille Frau duckte sich vor ihm, und auch sie, das Kind, das Mädchen, das sie damals gewesen war.
Beate, vor sich hinstarrend am Tisch, konnte sich die Szenen von damals noch heute abrufen. Sie saß vor riesigen Schreibtischen, wurde von Erwachsenen vor die Tür geschickt, dazugeholt, wenn es um die Unterschrift ging. Zettel über Zettel lagen vor ihr, Einverständniserklärungen, Abtretungsurkunden. Beate unterschrieb sie alle und wagte nicht, etwas zu sagen.
Dabei hatte sie sich alles ganz anders vorgestellt.
Sie dachte, ihre Großmutter mütterlicherseits, die ihr herzlich zugetan war, könnte auf das Kind aufpassen, sie weiter zur Schule gehen, um das Abitur zu machen und dann einen Beruf zu erlernen. Irgendwie würde sie es schaffen. Im Krankenhaus nahm sie sich jeden Tag vor, ihren Vater anzusprechen. Aber jedes Mal, wenn er ging, hatte sie nichts gesagt.
Sie hatte den Zeitpunkt verpaßt.
Acht Wochen nach der Geburt leistete sie die letzte Unterschrift. Danach war das Thema tabu. Sie ging wieder in die Schule. Alle taten, als wäre nichts gewesen. Da war sie achtzehn. Sie hatte das Leben noch vor sich.
Aber ein andauernder Schmerz blieb. Sie flüchtete sich damit zu ihrer Großmutter. Hedwig Lobwitz war eine einfache Frau, doch sie hatte Herz und Verstand, sie fühlte mit ihr.
»Was wird sein«, klagte ihr Beate, »wenn der Junge groß sein wird und erfahren muß, daß seine leibliche Mutter ihn fortgegeben hat? Wird er es nicht als einen Makel empfinden, der an ihm haftet, weil er in mir, die ihn geboren hat, einen schlechten Menschen sehen wird?«
»Schreib auf, wie alles gewesen ist«, schlug ihr die Großmutter nach längerem Überlegen vor. »Hinterlege den Brief beim Jugendamt, bis zu seiner Großjährigkeit. So Gott will, wird er einsehen, daß du nicht aus Schlechtigkeit gehandelt hast.«
Das hatte sie getan. Heimlich natürlich, die Eltern durften es nicht wissen. Ein klein wenig hatte es ihr Herz erleichtert.
Nach dem Schulabschluß machte sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau. Sie bekam eine Anstellung im Sekretariat einer Großfirma. Durch eine Kollegin, Lisa Matthes, mit der sie auch privat gelegentlich zusammenkam, lernte sie Rolf Sailer kennen. Er war ein Cousin von Lisa, sieben Jahre älter als sie, Beate. Er verliebte sich in sie. Es schien ihm zu gefallen, daß sie eher scheu und zurückhaltend blieb. Obwohl doch eine kleine zaghafte Freude in ihr war, wenn er sie mit seinen braunen Augen voller Wärme und mit einer gewissen Nachdenklichkeit ansah.
»Du bist so anders als die jungen Frauen von heute es sonst sind«, sagte er einmal. »Nicht von so schneidigem Selbstbewußtsein. Du rührst etwas an, das Beschützerinstinkte in einem Mann weckt.«
Sie war gern mit ihm zusammen. Manche Stunden ihrer Freizeit verbrachten