Nie mehr im Rollstuhl?: Dr. Laurin 158 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
»Das wäre es für heute«, sagte der Rechtsanwalt Dr. Jochen Forster zu seiner Sekretärin. »Sie können heimgehen, Anke.«
Das Mädchen sah ihn überrascht an. Es war gerade erst halb vier Uhr. Ihm aber fiel in diesem Augenblick auf, dass sie sehr blass aussah.
Die vertrauliche Anrede »Anke« durfte er sich erlauben. Sie war seit vier Jahren bei ihm. Gleich nach der Handelsschule war sie zur Ausbildung als Anwaltsgehilfin zu ihm gekommen, und sie hatte sich als überdurchschnittlich begabt für diesen Beruf gezeigt. Dr. Jochen Forster hatte sich bereits, obwohl erst zweiunddreißig Jahre, einen sehr guten Ruf als Patentanwalt erworben.
»Fehlt Ihnen etwas?«, erkundigte er sich nun besorgt.
»Nein, nein, es ist wohl nur der Föhn, der mir zu schaffen macht«, erwiderte Anke verlegen.
»Dann können Sie sich ja ausruhen«, erwiderte er geistesabwesend, denn er war selbst mit seinen eigenen Beschwerden beschäftigt. Anke hatte schon längst bemerkt, dass er sich beim Gehen schwer tat und das rechte Bein nachschleppte. Aber sie wagte nicht, ihm eine diesbezügliche Frage zu stellen.
Freundlich verabschiedete sich Dr. Forster von ihr und wünschte ihr ein erholsames Wochenende.
Aber er sollte sie schon eine Stunde später nochmals sehen – an einem Platz, wo er sie gewiss nicht erwartet hätte. Er sah sie nämlich, als sie die Prof.-Kayser-Klinik betrat, und da war er recht froh, dass sie ihn nicht bemerkte.
Er war bei Dr. Eckart Sternberg, dem Chefarzt der Chirurgischen Abteilung der Prof.-Kayser-Klinik, zu einer Untersuchung bestellt. Was aber machte Anke Moeller hier? Besuchte sie jemanden, oder nutzte sie die unerwartete Freizeit, um einen Arzt aufzusuchen?
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Nie mehr im Rollstuhl? - Patricia Vandenberg
Dr. Laurin
– 158 –
Nie mehr im Rollstuhl?
Erlebt Jochen durch Ankes Liebe ein Wunder?
Patricia Vandenberg
»Das wäre es für heute«, sagte der Rechtsanwalt Dr. Jochen Forster zu seiner Sekretärin. »Sie können heimgehen, Anke.«
Das Mädchen sah ihn überrascht an. Es war gerade erst halb vier Uhr. Ihm aber fiel in diesem Augenblick auf, dass sie sehr blass aussah.
Die vertrauliche Anrede »Anke« durfte er sich erlauben. Sie war seit vier Jahren bei ihm. Gleich nach der Handelsschule war sie zur Ausbildung als Anwaltsgehilfin zu ihm gekommen, und sie hatte sich als überdurchschnittlich begabt für diesen Beruf gezeigt. Dr. Jochen Forster hatte sich bereits, obwohl erst zweiunddreißig Jahre, einen sehr guten Ruf als Patentanwalt erworben.
»Fehlt Ihnen etwas?«, erkundigte er sich nun besorgt.
»Nein, nein, es ist wohl nur der Föhn, der mir zu schaffen macht«, erwiderte Anke verlegen.
»Dann können Sie sich ja ausruhen«, erwiderte er geistesabwesend, denn er war selbst mit seinen eigenen Beschwerden beschäftigt. Anke hatte schon längst bemerkt, dass er sich beim Gehen schwer tat und das rechte Bein nachschleppte. Aber sie wagte nicht, ihm eine diesbezügliche Frage zu stellen.
Freundlich verabschiedete sich Dr. Forster von ihr und wünschte ihr ein erholsames Wochenende.
Aber er sollte sie schon eine Stunde später nochmals sehen – an einem Platz, wo er sie gewiss nicht erwartet hätte. Er sah sie nämlich, als sie die Prof.-Kayser-Klinik betrat, und da war er recht froh, dass sie ihn nicht bemerkte.
Er war bei Dr. Eckart Sternberg, dem Chefarzt der Chirurgischen Abteilung der Prof.-Kayser-Klinik, zu einer Untersuchung bestellt. Was aber machte Anke Moeller hier? Besuchte sie jemanden, oder nutzte sie die unerwartete Freizeit, um einen Arzt aufzusuchen? Welchen?
Dr. Forster wollte seiner Sekretärin hier nicht begegnen. Aber er musste den Termin einhalten, den Dr. Friedrich Brink, ein Verwandter von Dr. Leon Laurin, vermittelt hatte. Die Schmerzen in seinem Bein plagten Dr. Forster zu sehr, als dass er noch länger warten wollte.
Seit dem Skiunfall im vergangenen Winter, bei dem er sich einen Meniskusriss zugezogen hatte, war es immer schlimmer geworden.
Dr. Friedrich Brink, mit dem er öfter zusammentraf, war es nicht entgangen, wie hart sich Dr. Forster beim Gehen tat, und er hatte den Kollegen daraufhin angesprochen.
Er hätte kein Vertrauen mehr zu den Ärzten, hatte Dr. Forster erwidert, aber als sein Knie immer dicker wurde, hatte er sich doch daran erinnert, dass Friedrich Brink ihm Dr. Sternberg als einen hervorragenden Arzt empfohlen hatte.
Momentan machte sich Dr. Forster jedoch mehr Gedanken über Anke Moeller als über sich selbst. Durch die Glastür beobachtete er, dass sie hinter einer weiß lackierten Tür verschwand, und er betrat nun auch so schnell, wie seine Behinderung es zuließ, die Klinik. Das nette junge Mädchen am Empfang wies ihm den Weg zur Chirurgischen Station.
Schnell gehen konnte er nicht, und er hoffte, dass Anke ihm nicht in den Weg laufen würde. An der Tür, hinter der sie verschwunden war, stand das Schild »Vorzimmer Dr. Laurin«.
Dr. Laurin war der Gynäkologe, das wusste Dr. Forster längst. Ein unbehagliches Gefühl erfasste ihn. Dass Anke verlobt war, wusste er auch, aber in letzter Zeit schien da etwas nicht zu stimmen, denn manchmal hatte man ihr angesehen, dass sie geweint hatte.
Er fühlte sich doch ein bisschen verantwortlich für das Mädchen, das ihm durch Dr. Brink vermittelt worden war. Ankes Eltern waren schon seit Jahren geschieden und beide auch wieder verheiratet. Um Anke kümmerte sich keiner. Während der Ausbildung hatte sie noch einen Zuschuss von ihrem Vater bekommen, aber sie hatte später einmal beiläufig geäußert, dass sie nun froh sei, auf eigenen Füßen zu stehen.
Dr. Forster wurde von Dr. Sternberg erwartet. Der Arzt machte einen sehr sympathischen Eindruck, und er war ein sehr interessanter Mann.
Dr. Sternberg verstand es, sich zu beherrschen, aber als er das Bein des Patienten sah, war er so entsetzt, dass er sekundenlang die Augen schloss.
»Dann werden wir Sie mal gründlich untersuchen«, sagte er mit gepresster Stimme.
Die Untersuchung begann mit der Blutabnahme. Dann wurde Dr. Forster zur Röntgenabteilung gebracht.
*
Währenddessen wartete Anke darauf, von Dr. Laurin empfangen zu werden. Sie war nicht zum ersten Mal in der Prof.-Kayser-Klinik. Als sie eben zu Moni Hillenberg gesagt hatte, dass sie ausnahmsweise früher Büroschluss gehabt hätte und dringend mit Dr. Laurin sprechen müsse, hatte es Moni nicht fertiggebracht, sie wegzuschicken. Aber Dr. Laurin war noch bei einer Entbindung.
Im Geburtszimmer hielt Dr. Leon Laurin ein schreiendes Bündel zwischen seinen schmalen und doch so kräftigen Fingern.
»Na, nun werden Sie doch endlich zufrieden sein, Frau Kerst«, sagte er lächelnd. »Es ist ein Mädchen. Sie haben Ihre Anne-Elisabeth.«
»Das wird gut sein«, murmelte die erschöpfte Frau. »Sagen Sie es nur gleich meinem Mann. Noch einen Buben hätte er nicht verkraftet.«
Astrid Kerst war eine der amüsantesten Patientinnen, die Dr. Laurin je begegnet war. Drei Buben hatte sie in der Prof.-Kayser-Klinik schon zur Welt gebracht. Immer in regelmäßigem Abstand von vierzehn Monaten. Sie schwärmte für das englische Königshaus, und demzufolge hatten ihre Kinder auch die dazu passenden Namen bekommen. Philipp, Karl-Georg, Andreas und nun die ersehnte Anne-Elisabeth, die endgültig den Abschluss des Kindersegens bilden sollte.
Wäre es nach Astrid gegangen, hätten die Buben ja Charles und Andrew geheißen, aber der stämmige Korbinian Kerst hatte dagegen Protest eingelegt. Er war ein gut betuchter Bauwarenhändler, der den Tick seiner Frau belächelte, sonst aber alles guthieß, was sie tat. Er war immer bereit, ihr Zugeständnisse zu machen. Er hatte sich vor sechs Jahren in die hübsche Dänin verliebt und trug sie buchstäblich auf Händen, und da sie beide eine große Familie wollten, hatten sie nun ihr Quartett zusammen.
Dr. Laurin konnte zufrieden sein. Er sah nur glückliche Gesichter, denn Astrid Kerst hatte sich schnell wieder erholt und schmuste schon mit ihrer niedlichen kleinen Tochter, als ihr Korbi mit einem dreikarätigen Brillantring anrückte. Ein Prachtexemplar wie seine Tochter. Glückliche Menschen, große Liebe, da fehlte nichts.
Ganz anders war es bei Anke Moeller. Da fehlte alles, die wahre Liebe, das Glück – aber auch sie erwartete ein Kind. Sie war im dritten Monat.
Dr. Laurin hatte schnell eine Tasse Kaffee getrunken, bevor er sie ins Sprechzimmer bitten ließ.
»Ich darf das Kind nicht bekommen, Herr Doktor«, sagte sie leise. »Mein Verlobter will es nicht. Er hat gesagt, dass ich ihn damit nur zur schnellen Heirat bewegen will«, schluchzte sie auf.
Dr. Laurin blickte sie forschend an. »Und Sie meinen dennoch, dass er der richtige Mann für Sie ist?«, fragte er nachdenklich.
»Ich liebe ihn doch«, erwiderte sie. »Er denkt jetzt zuerst an sein Weiterkommen. Er hat eine sehr gute Stelle im Ausland. Er möchte auch ein Haus für uns bauen, und da muss ich halt noch mitarbeiten.«
»Und Sie wollen auf das Kind verzichten?«, fragte Dr. Laurin ruhig.
»Ich will es nicht, aber was soll ich machen? Klaus will es.«
»Glauben Sie, dass er Sie genauso liebt wie Sie ihn?«, fragte Dr. Laurin.
»Er macht mir Vorwürfe, dass ich die Pille nicht genommen habe. Aber sie bekommt mir doch nicht«, erwiderte Anke.
»Sie sind jetzt im dritten Monat«, sagte Dr. Laurin. »Alles ist in Ordnung, und so weit ich mich erinnere, haben Sie sich doch auf das Kind gefreut.«
»Ich dachte nicht, dass Klaus so dagegen ist«, erwiderte sie heiser.
Dr. Laurin betrachtete sie. Ein hübsches Mädchen, intelligent, nicht etwa auf Äußerlichkeiten bedacht. Sie war nicht der Typ, der leicht über eine Abtreibung hinwegkommen würde.
»Wollen wir einmal vernünftig miteinander sprechen?«, fragte er. »Gerade ist hier ein kleines Mädchen zur Welt gekommen. Möchten Sie es sich einmal anschauen, Frau Moeller?«
»Dann wird es nur noch schlimmer«, sagte sie und lächelte.
Dr. Laurin wusste genug. »Dann sagen wir es einmal so: Sind Sie ganz sicher, dass es für Ihren Verlobten nicht nur ein Vorwand ist, sich um eine Heirat zu drücken?«
Sie starrte ihn aus tränenfeuchten Augen an. »Wie meinen Sie das, Herr Doktor?«, fragte sie leise.
»Ich gehe von dem Standpunkt aus, dass wahrhafte Liebe auch einer Bewährungsprobe bedarf. Es könnte ja sein, dass Ihr Verlobter frei sein will, aber auch nicht für ein uneheliches Kind sorgen möchte. Ich weiß, es klingt hart, aber ich habe meine Erfahrungen.«
Sie blickte zu Boden. »Ich habe mir schon meine Gedanken gemacht. Es ist nicht mehr so wie früher.