Nur eine Winchester: Wyatt Earp 154 – Western
Von William Mark und Mark William
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Über dieses E-Book
Es war am späten Nachmittag. Rotgolden sank die Sonne im Westen hinter die blauschimmernden Guadelupe Mountains. Die Luft über dem gelben texanischen Sand schien stillzustehen. Kein Hauch regte sich. Die Hitze flimmerte über der Erde.
Die drei Reiter hatten einen weiten Weg hinter sich, sie kamen vom Rio Grande del Notte. Und jetzt schimmerte vor ihnen in der abfallenden Ebene das silberne Band des Rio Pecos.
Schweigend ritten die drei Männer nebeneinander her.
Der Reiter in der Mitte war ein hochgewachsener breitschultriger Mann mit wetterbraunem markant geschnittenem Gesicht und dunkelblauen Augen. Er hatte blauschwarzes Haar und trug einen schwarzen flachkronigen Hut, ein hellgraues Hemd, und hochhackige schwarze Stiefel. Um die Hüfte hatte er einen büffelledernen Waffengurt, der in beiden Halftern je einen schweren fünfundvierziger Revolver hielt. Dieser Mann war der berühmte Marshal Wyatt Earp. Er ritt einen hochbeinigen Schwarzfalben, dem man die edle Rasse und die ausdauernde Kraft ansah.
Links neben dem Missourier ritt ein sehr schlanker, ebenfalls hochgewachsener Mann mit scharfgeschnittenem, aristokratisch wirkendem Gesicht, das von einem eisblauen Augenpaar beherrscht wurde. Es war ein sehr eindrucksvolles, eigenwilliges Gesicht, das so leicht niemand vergaß, der einmal hineingesehen hatte. Es war das Gesicht des Doktors John Henry Holliday, jenes Mannes, dessen Namen in den siebziger und achtziger Jahren des ausgehenden Jahrhunderts im weiten Westen kaum weniger bekannt war als der des Marshals selbst. Der gefürchtete Spieler und Revolverschütze aus Georgia ritt seit einer Reihe von Jahren mit dem Marshal. Im Gegensatz zu Wyatt Earp war er stets sehr elegant in einen schwarzen Anzug gekleidet, und
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Nur eine Winchester - William Mark
Wyatt Earp
– 154–
Nur eine Winchester
William Mark
Es war am späten Nachmittag. Rotgolden sank die Sonne im Westen hinter die blauschimmernden Guadelupe Mountains. Die Luft über dem gelben texanischen Sand schien stillzustehen. Kein Hauch regte sich. Die Hitze flimmerte über der Erde.
Die drei Reiter hatten einen weiten Weg hinter sich, sie kamen vom Rio Grande del Notte. Und jetzt schimmerte vor ihnen in der abfallenden Ebene das silberne Band des Rio Pecos.
Schweigend ritten die drei Männer nebeneinander her.
Der Reiter in der Mitte war ein hochgewachsener breitschultriger Mann mit wetterbraunem markant geschnittenem Gesicht und dunkelblauen Augen. Er hatte blauschwarzes Haar und trug einen schwarzen flachkronigen Hut, ein hellgraues Hemd, und hochhackige schwarze Stiefel. Um die Hüfte hatte er einen büffelledernen Waffengurt, der in beiden Halftern je einen schweren fünfundvierziger Revolver hielt. Dieser Mann war der berühmte Marshal Wyatt Earp. Er ritt einen hochbeinigen Schwarzfalben, dem man die edle Rasse und die ausdauernde Kraft ansah.
Links neben dem Missourier ritt ein sehr schlanker, ebenfalls hochgewachsener Mann mit scharfgeschnittenem, aristokratisch wirkendem Gesicht, das von einem eisblauen Augenpaar beherrscht wurde. Es war ein sehr eindrucksvolles, eigenwilliges Gesicht, das so leicht niemand vergaß, der einmal hineingesehen hatte. Es war das Gesicht des Doktors John Henry Holliday, jenes Mannes, dessen Namen in den siebziger und achtziger Jahren des ausgehenden Jahrhunderts im weiten Westen kaum weniger bekannt war als der des Marshals selbst. Der gefürchtete Spieler und Revolverschütze aus Georgia ritt seit einer Reihe von Jahren mit dem Marshal. Im Gegensatz zu Wyatt Earp war er stets sehr elegant in einen schwarzen Anzug gekleidet, und man sah ihn nie ohne ein blütenweißes Hemd und die schwarze Samtschleife. Wenn die Witterung es nicht ausschloß, trug er dazu eine jener buntschillernden dezenten Westen, wie sie damals nur Leute trugen, die Geld hatten. Die Schöße des schwarzen Gehrocks waren im Schnitt so weit zurückgezogen, daß die elfenbeinbeschlagenen Knäufe der beiden großen Frontier-Revolver mit ihren vernickelten Metallbeschlägen deutlich zu sehen waren – vor allem aber schnell zu ziehen waren.
Und er zog sie schnell, der Doktor John Henry Holliday, schneller als sonst irgend jemand in Amerika zu irgendeiner Zeit. Seine Fähigkeit auf diesem Gebiet ist unbestritten und hat den Namen Doc Holliday neben dem des großen Marshals Earp weiterleben lassen, obgleich das Leben seines Trägers kurz war. Im Scheitelpunkt seines Daseins wurde der Georgier von dieser Welt abberufen, in den Stories und Berichten lebte er weiter und lebt heute noch.
Links neben dem Marshal ritt ein Mann, der weit über zwei Meter groß war und ein Kreuz wie ein Stalltor hatte. Sein dunkelbraunes Gesicht war ebenmäßig geschnitten, sehr sympathisch, und es wurde von einem blitzenden smaragdfarbenen Augenpaar hell überstrahlt. Es war etwas Wildes, Ungebärdiges, ja Abenteuerliches in diesem Gesicht. Der Riese trug einen weißen Stetsonhut, unter dem sein schwarzes Haar hervorblickte. Sein Hemd hatte eine leuchtendrote Farbe, das über der linken Schulter geknotete Halstuch war schwarz und die Hose ebenfalls. Um die Hüften hatte er einen Kreuzgurt, der zwei schwere Revolver hielt, und ihre roten Kolben standen seltsamerweise mit den Enden nach vorn.
Man hätte glauben können, daß ein Mensch einen Revolver, der verkehrt herum im Halfter stand, niemals schnell ziehen könnte. Aber weit gefehlt! Der texanische Abenteurer Luke Short zog seine Colts mit einer derartigen Schnelligkeit, daß außer Doc Holliday und dem Marshal selbst kaum jemand ihn übertraf.
Der Texaner war der einzige Mensch, dem die beiden schweigsamen Dodger erlaubten, hin und wieder mit ihnen zu reiten, und Luke Short machte gern Gebrauch davon. Unten am Ufer des Rio Grande del Norte war der Hüne im Finlay auf die beiden getroffen. Wyatt Earp und Doc Holliday waren auf dem Heimweg nach Kansas, und Luke Short hatte beschlossen, sie ein Stück zu begleiten.
In der Ferne tauchten jetzt die Wände eines weißen, verhältnismäßig hohen starkummauerten Gebäudes aus dem flimmernden Sand auf.
Der Marshal hielt seinen Hengst an und blickte prüfend nach Nordosten.
»Scheint ein Kloster zu sein«, meinte er.
Der Texaner nickte. »Ja, sieht so aus.«
Holliday nahm sein goldenes Etui aus der Tasche, zog eine seiner langen russischen Zigaretten daraus hervor und zündete sie sich an. »Schade, die Mönche werden ja schwerlich mit sich pokern lassen.«
»Kann man nicht wissen«, fand der Riese. »Ich habe unten an der mexikanischen Grenze zwei Tage und zwei Nächte mit einem Pater gepokert. Ich kann Ihnen sagen, an dem Jungen war alles dran! Er trank leider nicht mehr als eine Flasche!«
Auch Luke nahm etwas Rauchbares aus seiner Hemdtasche, nämlich eine lange Strohhalmzigarre, die er zwischen seine großen weißen Zähne schob.
»Well, bis zum Kloster reite ich noch mit euch, dann muß ich mich nach Osten hinüberwenden. Aber wie gesagt, es bleibt dabei: Weihnachten treffen wir uns in Dodge! Und ich hoffe, daß ich dann nicht umsonst komme!«
»Ja, hoffen wir es«, meinte der Missourier halblaut.
Auf der glatten Stirn des Texaners stand plötzlich eine Unmutsfalte.
»Was soll das heißen, Marshal? Sie werden doch einen alten Mann den weiten Weg durch den Sand hinauf zum Arkansas nicht umsonst machen lassen?«
»Ganz sicher nicht, Luke. Außerdem hoffe ich, daß wir uns vorher noch einmal sehen.«
»Ich bin sogar davon überzeugt«, meinte der Spieler mit spöttischem Lächeln.
Langsam ritten sie weiter.
Als sie die Klosterbauten deutlicher vor sich auftauchen sahen, bemerkten sie auch dicht daneben die Dächer einer Ortschaft.
»Das muß Angelas sein«, meinte der Marshal.
Eine halbe Stunde später hatten sie die äußere Umfassungsmauer des alten Klosters erreicht.
Es war eines jener prunkvollen Gebäude, die von den spanischen Mönchen errichtet worden waren, als sie im siebzehnten Jahrhundert aus dem Süden hier ins Land kamen, um die sieben goldenen Städte zu suchen. Der weißgetünchte Bau stach blendend gegen den tiefblauen Himmel ab.
Wenigstens sieben oder acht Yard hoch war die Außenmauer, an der die drei Männer jetzt entlangritten, um am Kloster vorbei zum Fluß hinunterzukommen.
Plötzlich hörten sie einen scharfen Peitschenknall und gleich darauf den wilden Aufschrei eines Kindes.
Unwillkürlich hatte der Marshal seinen Hengst angetrieben, schoß vorwärts und sah hinter der nächsten Ecke zwischen den schweren Torpfeilern einen kleinen Jungen am Boden liegen, das Gesicht zur Erde und die kleinen erdbraunen Fäustchen in den Sand gekrallt.
Eine blutige Strieme zog sich quer über seinen nackten Rücken.
So müde der Marshal auch von dem weiten Ritt war, den sie heute hinter sich gebracht hatten – mit einem raschen Sprung war er aus dem Sattel, kniete neben dem Kind, wollte es aufrichten, sah sich dann aber nach Holliday um, erhob sich wieder und lief in den äußeren Hof des Klosters, der hier vor ihm lag.
Doc Holliday war ebenfalls rasch vom Pferd gestiegen, und warf dem Texaner seine Zügelleinen zu.
Luke Short nahm auch die Zügel des Falben an sich, während der Georgier sofort neben dem Kind niederkniete, es aufrichtete und in seine Augen blickte. Dann nahm er es auf die Arme, trug es zu einem der schweren Steine, die rechts und links neben den Torpfeilern standen, und setzte es darauf nieder.
»Warte einen Augenblick, Boy, das kriegen wir gleich.«
Er ging zu seinem Pferd, schnallte die schwarze krokodillederne Arzttasche ab, die er auf all seinen Reisen mit sich führte, und holte ein paar Gegenstände heraus, die er zum Reinigen und Verbinden der Striemenwunde benötigte.
Der Kleine ließ alles schweigend geschehen. Als er das große Pflaster schließlich auf dem Rücken hatte, blickte er den Spieler aus runden Knopfaugen dankbar an.
Da erst bemerkte der Georgier, daß der Marshal nicht zurückgekehrt war. Er sah sich nach dem Texaner um und meinte:
»Wo ist er denn?«
Luke hob seine mächtigen Schultern und ließ sie wieder fallen.
»Keine Ahnung. Er ist da im Tor verschwunden. Soll ich mal nachsehen?«
»Nein, warten Sie, ich sehe selbst nach.«
Der Spieler trat in den Vorhof und sah sich nach allen Seiten um. Links war ein kleiner Bau zu sehen, der an die Außenmauer gelehnt war, rechts neben dem Torpfeiler sah er einen ganz ähnlichen Bau. Holliday blickte zu der zweiten Umfassungsmauer hin, die das eigentliche Kloster umgab, entschloß sich dann aber, links in dem Anbau nach dem Marshal zu sehen.
Er fand die Tür offen. Er blickte in einen kleinen kahlen Raum, dessen Fenster unverglast waren, sah auch im Nebenraum nach und erschien dann wieder im Vorhof. Er fand zwei alte schwere Wagen, die ein Stück von dem Anbau entfernt neben der Mauer standen, ging an ihnen vorbei und kam dann zum Tor zurück, um auf der anderen Seite nachzusehen.
Als er wieder zwischen den Torpfeilern erschien, knurrte der Riese: »Nanu? Nicht gefunden?«
»Nein.«
»Damned, ich habe gar nicht gesehen, wo er sich hingewandt hat. Ob er auf die Zwischenmauer zugegangen ist? Da muß doch irgendwo ein Tor sein?«
Holliday ging wieder in den Hof, näherte sich der zweiten Mauer, die noch höher war als die äußere, und ging an ihr entlang, um die Pforte zu suchen.
Sie war auf der Rückseite, dem äußeren Tor ganz entgegengesetzt – und sie war verschlossen.
Der Spieler fand einen messingnen Klingelzug und betätigte ihn.
Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis er drinnen am Tor ein Geräusch vernahm.
In Augenhöhe wurde eine kleine, nach außen vergitterte Klappe zurückgeschoben.
»Was wollen Sie?«
Holliday fragte, ob der Missourier hier gewesen sei.
Da erst