Unter den Sternen des Wachnertals: Der Bergpfarrer 153 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
»Hallo, da bist du ja endlich!«
Andrea Hofmann saß im Straßencafé in der Innenstadt von Nürnberg, und winkte der Freundin zu. Carla Wessel stellte ihre Einkaufstaschen ab und ließ ein deutliches Stöhnen hören.
»Puh, ist das eine Hitze heute«, sagte sie und schaute auf Andreas Cappuccinotasse. »Ich verstehe nicht, daß du so was bei diesem Wetter trinken kannst!«
Die Vierundzwanzigjährige schmunzelte.
»Was gut gegen die Kälte ist, ist auch gut bei Hitze«, meinte sie.
»Also ich brauche was Kaltes«, schüttelte die Freundin und Arbeitskollegin den Kopf. »Am besten einen Eiskaffee.«
Den brachte die Bedienung nach kurzer Zeit. Die beiden Frauen, die im Chefbüro eines Nürnberger Spielzeugfabrikanten arbeiteten, hatten die Mittagspause dazu genutzt, rasch in die Innenstadt zu fahren. Während Andrea gemütlich ihren Cappuccino trank, hatte Carla erklärt, sie müsse unbedingt drüben im Kaufhaus einen neuen Badeanzug kaufen.
Den Taschen nach zu urteilen, die sie angeschleppt hatte, war es allerdings mehr als nur ein Badeanzug geworden…
»Hier schau' mal«, sagte sie und zog eine geblümte Bluse hervor.
»Na, ich weiß ja nicht.« Andrea blickte etwas skeptisch auf das Kleidungsstück. »Wenn du das im Schwimmbad anziehst und damit ins Wasser gehst, kann man ja alles sehen.«
Sie lachten beide. Natürlich hatte Carla nicht vor, die Bluse zum Schwimmen anzuziehen. Die war ihr nur aufgefallen, als sie mit dem neuen Badeanzug in der Hand zur Kasse ging. Allerdings blieb es dann nicht bei den beiden Kleidungsstücken, in den anderen Tüten befanden sich noch eine Hose, ein paar Hemdchen und diverse Schminkartikel.
»Kein Wunder, daß es so lange gedauert hat«, sagte Andrea. »Du hast ja
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Der Bergpfarrer (ab 375)
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Buchvorschau
Unter den Sternen des Wachnertals - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 153–
Unter den Sternen des Wachnertals
… träumten wir einst vom gemeinsamen Glück
Toni Waidacher
»Hallo, da bist du ja endlich!«
Andrea Hofmann saß im Straßencafé in der Innenstadt von Nürnberg, und winkte der Freundin zu. Carla Wessel stellte ihre Einkaufstaschen ab und ließ ein deutliches Stöhnen hören.
»Puh, ist das eine Hitze heute«, sagte sie und schaute auf Andreas Cappuccinotasse. »Ich verstehe nicht, daß du so was bei diesem Wetter trinken kannst!«
Die Vierundzwanzigjährige schmunzelte.
»Was gut gegen die Kälte ist, ist auch gut bei Hitze«, meinte sie.
»Also ich brauche was Kaltes«, schüttelte die Freundin und Arbeitskollegin den Kopf. »Am besten einen Eiskaffee.«
Den brachte die Bedienung nach kurzer Zeit. Die beiden Frauen, die im Chefbüro eines Nürnberger Spielzeugfabrikanten arbeiteten, hatten die Mittagspause dazu genutzt, rasch in die Innenstadt zu fahren. Während Andrea gemütlich ihren Cappuccino trank, hatte Carla erklärt, sie müsse unbedingt drüben im Kaufhaus einen neuen Badeanzug kaufen.
Den Taschen nach zu urteilen, die sie angeschleppt hatte, war es allerdings mehr als nur ein Badeanzug geworden…
»Hier schau’ mal«, sagte sie und zog eine geblümte Bluse hervor.
»Na, ich weiß ja nicht.« Andrea blickte etwas skeptisch auf das Kleidungsstück. »Wenn du das im Schwimmbad anziehst und damit ins Wasser gehst, kann man ja alles sehen.«
Sie lachten beide. Natürlich hatte Carla nicht vor, die Bluse zum Schwimmen anzuziehen. Die war ihr nur aufgefallen, als sie mit dem neuen Badeanzug in der Hand zur Kasse ging. Allerdings blieb es dann nicht bei den beiden Kleidungsstücken, in den anderen Tüten befanden sich noch eine Hose, ein paar Hemdchen und diverse Schminkartikel.
»Kein Wunder, daß es so lange gedauert hat«, sagte Andrea. »Du hast ja deine ganze Mittagspause mit Einkaufen vergeudet.«
»Nicht vergeudet«, widersprach die Kollegin, »sondern sinnvoll investiert. Die Bluse zieh’ ich gleich heute abend zu der Party an. Du kommst doch auch?«
Irene Hessler, eine andere Kollegin, feierte Geburtstag und hatte das halbe Büro dazu eingeladen.
Andrea schüttelte den Kopf.
»Nein, du weißt doch, daß ich morgen früh gleich in Urlaub fahre«, erwiderte sie. »Da will ich ausgeschlafen sein. Ich hab’ mich schon bei Irene entschuldigt.«
Carla verzog den Mund zu einem spöttischen Grinsen.
»Na, da wird Kollege Brunner aber traurig sein«, meinte sie und verzog das Gesicht noch weiter.
»Wenn schon«, zuckte Andrea die Schultern. »Er wird schon damit fertig werden.«
Seit sie vor einem Jahr in der Firma angefangen hatte, machte Manfred Brunner, der Prokurist, ihr den Hof. Allerdings biß er dabei auf Granit, denn Andrea widerstand jedem seiner Annäherungsversuche.
»Und du willst wirklich in dieses Nest fahren?« fragte Carla. »Da ist doch bestimmt nix los.«
Plötzlich hellte sich ihre Miene auf.
»Ach, jetzt weiß ich, warum«, fuhr sie fort. »Wegen diesem Sepp. Sag’ mal, glaubst du etwa, daß der noch an dich denkt?«
Irgendwie bereute Andrea es jetzt, der Freundin einmal davon erzählt zu haben.
»Der ›Sepp‹ heißt Georg«, sagte sie, »und ich fahr’ nicht wegen ihm dahin, sondern weil’s in St. Johann schön ist.«
Im selben Moment wurde ihr klar, daß das nur die halbe Wahrheit war. Seit sie vor drei Jahren den jungen Bauern Georg Mäder kennen- und liebengelernt hatte, gab es keinen anderen Mann mehr in ihrem Leben. Es waren wunderschöne Wochen, die sie mit ihm verbracht hatte, und als ihr Urlaub damals zu Ende war, da schworen sie sich ewige Treue.
Aber natürlich kam es anders als gedacht. Schon aus dem Versprechen, gleich im nächsten Herbst zurückzukommen, wurde nichts. Andreas Mutter erkrankte schwer, und die Tochter mußte sie pflegen. Mehr als zwei Jahre siechte Helene Hofmann dahin. Andrea hatte in der ganzen Zeit gar nicht die Gelegenheit, wieder ins Wachnertal zu fahren. Bis auf ein einziges Mal, in einer Phase, als es ihrer Mutter etwas besser ging. Andrea wollte die Chance ergreifen und wenigstens übers Wochenende ins Wachnertal fahren. Sie mußten sich doch aussprechen können, dachte sie. Doch einen Tag, bevor sie abreisen wollte, bekam Helene Hofmann einen schlimmen Rückschlag, und an die Fahrt war nicht mehr zu denken. Zwar schrieb Andrea ihm die Gründe in einem langen Brief, aber eine Antwort hatte sie von Georg Mäder nie erhalten. Als sie dann einmal mit ihm telefonieren wollte, so wie sie es oft getan hatte, gab sich Georg Mäder recht abweisend und beendete das Gespräch rasch.
Vor einem halben Jahr war ihre Mutter verstorben, und so traurig das Ereignis auch war, für die arme Frau war der Tod eine Erlösung gewesen. Andrea hatte noch lange gezögert. Georg wieder anzurufen, wäre eine Möglichkeit gewesen, aber sie hatten seit damals nichts wieder voneinander gehört, und jetzt kam ihr ein Anruf einfach töricht vor. Außerdem hatte sie nicht vergessen, daß er sich bei ihrem letzten Telefonat so seltsam verhalten hatte. Deshalb überlegte sie sich etwas ganz anderes.
Heimlich wollte sie fahren und sich erst einmal erkundigen, was aus dem jungen Bauern geworden war. Vielleicht war er längst verheiratet, und dann wäre es für beide peinlich gewesen, stünde Andrea plötzlich vor der Tür.
Und morgen sollte es losgehen. Die hübsche Sekretärin würde lügen, wenn sie behauptete, daß sie nicht aufgeregt sei. Die letzten Stunden des Arbeitstages wollten nicht vergehen, und als sie am Abend ins Bett ging, konnte sie lange nicht einschlafen.
Wie wird’s wohl werden, unser Wiedersehen?
Diese Frage stellte sie sich, und sie ließ Andrea nicht mehr los.
*
»Na, Loisl, schaust ja schon wieder ganz gesund aus«, meinte Sebastian Trenker, als er den selbsternannten Wunderheiler von St. Johann im Krankenhaus besuchte.
Der Alte saß auf dem Bett, trug ein Nachthemd, das die Schwestern ihm gegeben hatten, und schaute den Bergpfarrer mit mürrischem Gesicht an.
»Das liegt ganz sicher net an der Medizin hier«, behauptete er. »Sondern daran, daß mein Körper all die Jahre ein gutes Immunsystem entwickelt hat, und das kommt allein’ von meinen Wundermitteln!«
Sebastian verkniff sich ein Lächeln. Daß der Brandhuber seine angeblich heilenden Salben, Tees und andere Mixturen an gutgläubige Menschen zu überhöhten Preisen verkaufte, war ihm von jeher ein Dorn im Auge. Aber daß der Quacksalber seine Mixturen selbst schluckte, glaubte er keinen Moment.
»Jetzt laß mal dein Kräuterzeugs«, entgegnete er, »und nimm brav, was die Schwestern dir verabreichen. Aber ich bin net hergekommen, um über Medikamente mit dir zu reden, sondern über die Behandlungskosten. Dr. Winkler hat mir die Summe genannt, die dein Aufenthalt hier ungefähr kosten wird. Da ich weiß, daß du net der arme Bursche bist, als den du dich ausgibst, würd’ ich gern’ von dir erfahren, wie du dir’s mit dem Bezahlen gedacht hast.«
Alois Brandhuber sah Sebastian an, als wäre der Geistliche der Teufel persönlich.
»Ich hab’ nix«, grantelte er. »Das hab’ ich doch schon gesagt.«
»Tisch mir hier keine Lügenmärchen auf«, sagte der gute Hirte von St. Johann heftiger, als er es eigentlich wollte. »Mit deinem Kräuterkram verdienst’ net schlecht, und ausgegeben wirst’ das Geld net haben. Überhaupt kannst froh sein, daß du noch am Leben bist. Das hast dem Dr. Wiesinger und den Ärzten hier zu verdanken.«
Der Brandhuber-Loisl hatte wirklich Glück gehabt. Toni Wiesinger, der Dorfarzt von St. Johann, hatte eigentlich vorgehabt, den Alten wegen eines Mittels zur Rede zu stellen, das Loisl an Grippekranke verkauft hatte. Einer von diesen Kunden war zu Toni in die Praxis gekommen und hatte gefragt, ob der Arzt ihm nicht nachträglich ein Rezept dafür ausstellen könne. Die Medizin sei doch so teuer, und er wollte versuchen, das Geld von seiner Krankenkasse zurückzubekommen.
Empört hatte Dr. Wiesinger das Ansinnen des Mannes zurückgewiesen und die Flasche gleich behalten, um deren Inhalt untersuchen zu lassen. Die Analyse hatte gezeigt, daß es sich keineswegs